ARD-Politikmagazin "Kontraste" - Woidke nennt Brandanschlag auf Kirche in Spremberg "niederträchtig"

Do 13.07.23 | 20:04 Uhr | Von Daniel Donath und Simone Brannahl
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Vor dem Hintergrund des Brandanschlags auf eine Kirche im südbrandenburgischen Spremberg hat das Bündnis #unteilbar-Spremberg am Samstag ein Fest für Solidarität und Vielfalt organisiert. (Foto: dpa)
Audio: radioeins | 01.07.2023 | Christian Find | Bild: dpa

Der Brandenburger Ministerpräsident Woidke hat einen Brandanschlag auf eine Kirche in Spremberg scharf verurteilt. Die Polizei spricht derweil erstmals von einem möglichen rechtsextremen Hintergrund. Von Daniel Donath und Simone Brannahl

In der Nacht auf den 24. Juni 2023 warfen Unbekannte einen Molotowcocktail auf den Giebel des Glockenturms der Sankt Michael-Kirche in Spremberg (Spree-Neiße). Kurz zuvor war dort eine Regenbogenfahne aufgehängt worden. Verletzt wurde dabei niemand, aber die Unsicherheit in der Gemeinde ist seither groß.

Nun hat sich erstmals Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dazu geäußert. Im Gespräch mit dem ARD-Politikmagazin "Kontraste" nannte er den Angriff auf die Kirche "niederträchtig und verabscheuungswürdig. Alle, die sich mit Engagement und mutig dem Rechtsextremismus entgegenstellen, gilt unsere Unterstützung", so Woidke.

Bischof Stäblein: "Angriff auf Grundwerte unseres Miteinanders"

Die Pfarrgemeinde setzt sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus ein. Pfarrer Lukas Pellio hat das "Unteilbar"-Bündnis in Spremberg mit aufgebaut, das sich gegen Rassismus engagiert. Sein öffentlicher Einsatz für Menschen, die von Rassismus oder Queerfeindlichkeit betroffen sind, macht Pellio schon länger zu einer Zielscheibe der rechten Szene.

Als "abstoßend und kriminell" bezeichnete Bischof Christian Stäblein den Anschlag. "Das ist ein Angriff auf die Grundwerte unseres Miteinanders", so Stäblein, der der zuständige Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ist.

Für Jette Förster, Pfarrerin der angegriffenen Sankt Michael-Kirche, ist der Brandanschlag ein Angriff auf die Kirche insgesamt. "In der Kirche treffen sich Menschen, die sich für ein solidarisches Spremberg einsetzen und diese Menschen haben jetzt das Gefühl, dass es ein Angriff auf sie ist", so Förster im Interview mit "Kontraste". Bischof Stäblein sagt, er vermute, dass der Anschlag dem demokratiefeindlichen und rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sei.

Staatsschutz schließt rechtsextremen Hintergrund nicht aus

Inzwischen hat der Staatsschutz Ermittlungen wegen des Verdachts auf eine politisch motivierte Straftat aufgenommen. Auf "Kontraste"-Anfrage heißt es aus der Polizeidirektion Cottbus Süd, man könne von einem homophoben Hintergrund der Tat ausgehen.

Auch einen rechtsextremen Hintergrund der Tat schließt die Polizei aufgrund des gesellschaftlichen Engagements des Pfarrers nicht aus. Am Abend vor dem Anschlag hatte die Kirche den Dokumentarfilm "Nelly & Nadine" gezeigt, in dem es um zwei lesbische Frauen geht, die 1944 im KZ Ravensbrück interniert waren.

Die Regenbogenfahne an der Sankt Michael-Kirche in Spremberg war Teil einer Aktion des Christopher Street Day Cottbus (CSD), der damit auf die Belange von queeren Menschen aufmerksam machen will. Dazu hängen die Mitglieder des Vereins derzeit in der Region insgesamt 365 Regenbogenfahnen an öffentlichen Gebäuden auf. "Viele Menschen in der Region haben Angst, eine Regebogenfahne aufzuhängen", sagt CSD-Vorstandsmitglied Christian Müller. Dieser Angriff sei kein Einzelfall.

Woidke: Klare Kante gegen Rechtsextremismus

Direkt nach dem Anschlag, also vor gut zwei Wochen, fragte "Kontraste" bereits bei Ministerpräsident Woidke nach einem Statement zu dem Brandanschlag. Doch damals wollte sich Woidke nicht äußern. Jetzt bewertet er die Tat indes umso deutlicher. "Ob auf der Straße, in Vereinen, Schulen oder Betrieben: In Brandenburg darf es keinen Ort geben, in denen Rechte Ängste schüren und Andersdenkende vertreiben wollen", so Woidke. "Gerade jetzt: Wir brauchen klare Kante gegen Rechtsextremismus. Das ist Heimatschutz für Brandenburg."

Am Mittwoch wurde bekannt, dass zwei Lehrer, die rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule in Burg öffentlich gemacht haben, die Schule verlassen. Seit ihrem offenen Brief werden sie angefeindet und fühlen sich im Ort nicht mehr sicher.

Bundespolitik schweigt bislang zum Brandanschlag

"Kontraste" fragte vor zwei Wochen auch bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einer Bewertung des Brandanschlags. Doch aus ihrem Ministerium hieß es: "In diesem Fall sind nun die Ermittlungsbehörden des Landes Brandenburg verantwortlich, alle Hintergründe zu ermitteln. Aktuell äußert sich die Bundesinnenministerin daher noch nicht zu dem Fall.”

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollte sich auf "Kontraste"-Anfrage nicht zum Brandanschlag äußern. Eine erneute Anfrage an diesem Donnerstag blieb bislang unbeantwortet.

Sendung: Das Erste, 13.07.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Daniel Donath und Simone Brannahl

57 Kommentare

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  1. 57.

    Warum? Nennen Sie mir eine verfassungsfeindliche Einstellung von mir!

    Gegen Nazis, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit etc. zu sein ist im Grundgesetz sogar verankert.

    Geil wie Nazis immer alles umdrehen. Die Drmokratie wird zur Diktatur erklärt, die Nazi Diktatur zur Erfüllung des wahren Volkswillen. Und nachher sind wieder alle Opfer und keiner will was gewusst haben.

  2. 56.

    Zitat: "Das ist ja nichts neues und wurde von *20 Crusader schon erwähnt und dargelegt. Gleichzeitig wundern sich viele über den Vertrauensverlust in der sog. Demokratei. Bei solchen Machenschaften kein Wunder."

    Der User "Crusader" stellt eine unhaltbare Behauptung auf, und Sie nehmen diese als zumind. eine Erklärung und Begründung für die Demokratieverdrossenheit vor allem in den ostdeutschen Bundesländern her? Die "Ossis" hadern sicher nicht mit der Demokratie, weil den Rechten angebl. zu viele Straftaten "zugeschustert" werden. Der Sachverhalt dürfte sich etwas komplizierter gestalten, Olaf.

  3. 55.

    Zitat: "Grundsätzlich werden alle Straftaten, nach meiner Kenntnis, die nicht aufgeklärt werden, und die eventuell politsch oder auch ganz anders motiviert sein könnten, automatisich in der Statistik als rechte Straftaten geführt. Natürlich nicht ohne Hintergedanken . . ."

    Wie kommen Sie auf dieses schmale Brett? Ja, es soll schon vorgekommen sein, dass bspw. ein an die Fassade eines AfD Büros gesprühtes Hakenkreuz zunächst als rechtsmotivierte Straftat eingestuft wurde, was offensichtlich falsch war. Und auch, dass die polizeiliche Statistik zu antisemitischen Vorfällen bei ungeklärtem Hintergrund mglw. nicht immer "zu recht" im rechtsextremen Lager verortet wird, ist sicher diskussionswürdig. Aber dass Sie hier behaupten, ALLE nicht aufgeklärten Straftaten, die politische motiviert oder auch nicht gewesen sein könnten, werden - mit "Hintergedanken" - den Rechten untergeschoben, ist schon nicht wenig realitätsfern.

  4. 54.

    "Nein, das sind absichtliche Verleumdungen wie sie in ihren Kreisen üblich sind." erst informieren, dann schreiben. habe für sie mal die Info rausgesucht.
    Auszug aus der PMK : eine antisemitische Tat wird automatisch rechts zugerechnet, wenn sich keine Hinweise auf eine Täterschaft aus einem nichtrechten Spektrum (beispielsweise von links, ein islamistischer Hintergrund etc.) ergeben.

  5. 53.

    Man Leute jetzt ist aber langsam mal gut hier, ihr macht ja so als wenn hier nur Nazis rum laufen und jeden Montag in den Städten und Gemeinden Fackelmärsche stattfinden.
    Ihr wollt mir doch nicht erzählen das BRBG das einzige BL ist wo es Nazis gibt auch bei euch gibt es Sie ,darüber wird halt nicht berichtet. Auch in den alten Bundesländern sind die Straftaten von Rechtsextremen in den letzten Jahren angestiegen, wäre morgen Bundestagswahl würde die AfD 2 stärkste Partei sein und auch in den alten Bundesländern sind die Prozente der AfD nach oben geklettert also kein reines Ost Problem. Wenn euch die Zustände die in Berlin herrschen ,Freibäder, Clankriminalität usw gefallen bitte schön ist schön für euch. Was ihr hier betreibt ist Diskriminierung und Ausgrenzung einer ganzen Region und somit seid ihr nicht besser als die gegen die ihr hier schwadroniert.

  6. 52.

    Sie wissen nicht, dass die Zeigefingermethode noch nicht einmal im Kinderzimmer funktioniert?

  7. 49.

    Unbekannte ABER Rechtsextreme, bloß keine linksextremen? Naja Woidke ist quasi nach den neuesten Umfragen nicht mehr Nr. 1 im Land, jetzt muss Stimmung gemacht werden, da hilft jedes Ereignis.

  8. 48.

    Verfolgen Sie die Diskussion?
    Die Ursachen wurden doch benannt. In Kommentar 4 und ...

  9. 47.

    Ach stimmt. Die armen Brandenburger, denen geht es so schlecht, da hat man gar keine andere Wahl als rechtsextrem zu werden.

    Fördergelder umlenken, soll die regionale Nazizone im eigenen selbstverschuldeten Saft schmoren.

  10. 46.

    Stimmt, diese bösen Altparteien und diese politische Verfolgung von Rechtsextremen.

    Dabei machen die doch kaum was. Nur ein paar Mordserien (NSU, Hanau, Halle,...) und Umsturzpläne (Nordkreuz mit Todeslisten, etc.) und so.

    Vollkommen harmlos...

  11. 45.

    Wieviel % machen denn die antisemitischen Straftaten an der Gesamtzahl der rechtsextremen Straftaten?

    Das lassen Sie geschickt weg. Und tatsächlich gibt es durchaus Anlass für diese Einteilung, wie besonders gewalttätige Vorfälle zeigen, z.B. wenn ein Rechtsextremer in eine Synagoge eindringen will.

    Auch bei Gewalttaten zeigt die Aussage des Opfers oft auf eine Tätergruppe. Bei Schmierereien ist das grundsätzlich schwieriger, aber auch da gibt es szenetypische Sprüche.

  12. 44.

    Meinen Sie mit betroffenen die Straftaten oder dieOpfer?

    Die Opfer bemängeln nämlich sehr oft das Gegenteil von dem was Sie behaupten!

  13. 43.

    "Grundsätzlich werden alle Straftaten, nach meiner Kenntnis, die nicht aufgeklärt werden, und die eventuell politsch oder auch ganz anders motiviert sein könnten, automatisich in der Statistik als rechte Straftaten geführt."

    Nein, das sind absichtliche Verleumdungen wie sie in ihren Kreisen üblich sind.

  14. 42.

    So Manches, was Rechsaußen ermutigt.

    Wie war das doch mit den Landespolizisten, die in Cottbus eine rechtsextreme Schmiererei übermalen sollten und es so taten, daß ihre Wirkung noch verstärkt wurde? Die wurden nicht etwa vom Innenminister, der den Mund beim "Kampf gegen Rechtsextremismus" immer sehr voll nimmt, nicht aus dem Dienst entfernt, sondern in den Landesnorden versetzt.

  15. 41.

    achja - gähn - die armen Rechtsradikalen, die außer Verfassungsfeindschaft nicht wirklichen was sie eigentlich wollen - sind keine Träne wert.

  16. 40.

    Scherzkeks. In ganz Deutschland geht die größte Gefahr vom Rechtsextremismus aus. Wie in Brandenburg die Zivilgesellschaft versagt ist aber beispiellos. Wieso versuchen Sie abzulenken?

  17. 39.

    Und was bitte wird/wurde Ihrer Meinung nach "unter den Tisch gekehrt"...?

  18. 38.

    Vielleicht sollte sich der MP mal fragen, wie groß die Mitverantwortung seiner Landesregierungen für das Erstarken der braunen Flut ist. Wenn man immer versucht, Alles bestmöglich unter den Tisch zu kehren, ermutigt man die Täter.
    Probleme gehören gelöst, nicht verdrängt.

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