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Audio: Antenne Brandenburg | 11.09.2023 | Aline Anders-Lepsch | Quelle: rbb/Anders-Lepsch

Strukturwandel-Leuchturmprojekt

Wissenschaftsrat prüft vor Ort, ob Unimedizin nach Cottbus kommen kann

Von ihm hängt viel ab: Der Wissenschaftsrat nimmt in der Lausitz alle Akteure unter die Lupe, die das "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus" mit aufbauen wollen - bevor er dann eine finale Empfehlung ausspricht. Von Aline Anders-Lepsch

Für das geplante "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus" (IUC) sind zwei entscheidende Tage angebrochen. Seit Monaten liegt das Konzept des Strukturwandelprojekts vor, nun klärt der Wissenschaftsrat vor Ort offene Fragen.

Am Montag ist er für zwei Tage in die Lausitz gekommen, um "alle Akteure, die beim Aufbau des IUC beteiligt sind, auf Herz und Nieren prüfen", hatte das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) im August angekündigt.

Der Wissenschaftsrat berät Bundes- und Landesregierungen zur Entwicklung von Wissenschaft, Forschung und des Hochschulbereiches. Von den Erkenntnissen hängt ab, ob der Rat eine Empfehlung für die erste staatliche Medizinerausbildung in Brandenburg gibt. Zu dieser würde dann eine neue Uni in Cottbus gehören. Das Carl-Thiem-Klinikum (CTK) Cottbus soll zum Universitätsklinikum und "Digitalen Leitkrankenhaus" ausgebaut werden.

200 Studierende pro Jahr

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Seit Jahren wird von einem Medizinstudium in Cottbus gesprochen, zuletzt war offen, ob es unter dem Dach der BTU stattfindet oder nicht. Nun wurden die konkreten Pläne für das bisher teuerste Strukturwandelprojekt in der Lausitz vorgestellt.

Wie machbar und notwendig ist das Projekt?

Bei dem Vor-Ort-Termin am Montag am CTK war die Anspannung förmlich spürbar. Auf dem Gang vor dem Konferenzraum warteten der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (beide SPD) mit ihren Referenten, die kurz danach Fragen der Kommission des Wissenschaftsrats beantworten sollten. Dazu gehörten Fragen zur Finanzierung, der Ausrichtung, der Machbarkeit und der Notwendigkeit einer Unimedizin in Cottbus.

Das prinzipielle Konzept ist dem Rat bekannt. Die Expertenkommission des Landes hatte es in einem Papier mit über 1.000 Seiten zusammengefasst. "Mit dem hat sich der Wissenschaftsrat auseinandergesetzt", sagte Götz Brodermann, einer der Geschäftsführer des CTKs. "Da ist das wissenschaftliche Konzept und das Lehrkonzept für die Universitätsmedizin drin. Es geht jetzt in den zwei Tagen hauptsächlich darum, zu übrprüfen: Passt das, was im Konzept steht zum CTK und passen wir zusammen und macht das Ganze Sinn?"

Viele Gespräche mit Detailfragen

Um sich darüber klar zu werden, interviewt der Wissenschaftsrat die Geschäftsleitung und einige Mitarbeiter des Klinikums, der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU), umliegender Krankenhäuser sowie Professoren und den Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD).

"Die Luft und die Atmosphäre war gut", sagte in einer Gesprächspause Schick dem rbb, "aber es wurde sich eben auch wirklich ausgetauscht." Dass der Wissenschaftsrat Detailfragen habe, wertet der Oberbürgermeister als positiv, sagte er.

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Hoffnung auf mehr Mediziner in der Region

Vom Wissenschaftsrat und den Ministern gibt es während des Prozesses keine Statements. Es entsteht der Eindruck, dass sich niemand die Finger verbrennen will. Es hänge einfach zu viel dran, hieß es von allen Beteiligten im Gespräch abseits des Mikrofons.

"Natürlich ist das eine tolle Chance für die Lausitz, für Cottbus aber auch für uns als CTK", sagte der zweite CTK-Geschäftsführer Sebastian Scholl. Er verwies darauf, wie schwierig es sei, in der Region und am CTK an neue Ärzte zu kommen. "Ich glaube, da ist in der Organisation eine große Hoffnung verbunden, dass wir, wenn wir so ein einmaliges Konzept umsetzen können, dann auch mehr Mediziner für die Region und das CTK gewinnen können."

Die Aufgabe der Wandlung vom kommunalen Klinikum zur Universitätsstruktur ist enorm. Die beiden CTK-Geschäftsführer hoffen dabei auch auf Tipps vom Wissenschaftsrat, auf "ein paar Anregungen", so Brodermann. "Was sollen wir in dem Transformationsprozess berücksichtigen? Was erscheint dem Wissenschaftsrat als unabhängigem Gremium wichtig, damit wir tatsächlich ein tolles Universitätsklinikum werden?"

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Uni nach und nach aufbauen

Für das Projekt steht schon Geld bereit. Rund 80 Prozent der Gesamtkosten für den Aufbau in Höhe von 2,1 Milliarden Euro kommen vom Bund im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen bis 2038.

Das IUC gilt als ein Leuchtturmprojekt im Lausitzer Strukturwandel. Nach aktuellem Plan soll der Universitätsbetrieb zum Wintersemester 2026/2027 starten. "Wir reden im ersten Semester von 36 Studierenden und dann wird es über die weiteren Semester einen gewissen Hochlauf geben", so CTK-Geschäftsführer Sebastian Scholl. Auch die Flächen, die für die Lehre gebraucht werden, werden sich laut Scholl nach und nach aufbauen.

Nach seinem Besuch in der Lausitz will der Wissenschaftsrat seine Empfehlung zu den Plänen im Frühjahr 2024 abgeben. Dieser müssen der Bund und die Bundesländer nicht nachgehen. Es ist aber damit zu rechnen, dass sie der Empfehlung folgen.

Hinweis: Wir haben den Zuständigkeitsbereich von Ministerin Manja Schüle (SPD) korrigiert. Sie ist Wissenschaftsministerin, aber nicht Bildungsministerin.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.09.2023, 14:40 Uhr

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