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Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 27.10.2023 | Katrin Neumann | Quelle: dpa/M. Matthey

Beschluss in Cottbus

Erfolgreicher Antrag von CDU und AfD begrenzt Aufnahme von Flüchtlingen

AfD und CDU wollen in Cottbus gemeinsam dafür sorgen, dass die Stadt nur noch das Mindestmaß an Geflüchteten aufnimmt und haben damit Erfolg. Der SPD-SVV-Vorsitzende vermittelt vor dem Beschluss - ein Beispiel aus der kommunalen Realpolitik.

"Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben", erklärte der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz erst im Sommer. Dass die Realität anders aussieht, beweist ein aktuelles Beispiel aus der Cottbuser Kommunalpolitik.

Am Mittwoch ist ein gemeinsamer Antrag von AfD und CDU in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung angenommen worden. Mit dem Beschluss war ein vorhergehender Beschluss aus dem Jahr 2021 teilweise verändert worden, mit dem sich die Stadt zu einem sogenannten "sicheren Hafen" erklärte.

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Nur gesetzlich vorgeschriebene Aufnahme

Teil des damaligen Beschlusses waren einerseits Erklärungen zur humanitären Notwendigkeit der Aufnahme von Geflüchteten, andererseits erklärte die Stadt darüberhinaus, freiwillig mehr Geflüchtete aufnehmen zu wollen, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Der zweite Teil ist nun durch die Stadtverordneten verändert worden.

Dem Beschluss war eine längere Verständigung der Fraktionsvorsitzenden vorausgegangen, wie der Vorsitzende der Stadtverodnetenversammlung, Reinhard Drogla, erklärte. In dem nun gefassten Beschluss wird betont, dass sich die Stadt zu dem damaligen Beschluss grundsätzlich bekennt. Der Punkt, der die freiwillige Aufnahme zusätzlicher Geflüchtete erklärt, wurde nun allerdings geändert. Jetzt verpflichtet sich die Stadt zwar weiterhin zur Aufnahme von Flüchtlingen, allerdings ausdrücklich nur in dem Maß, das gesetzlich vorgeschrieben ist.

Ideelle Werte und ein klarer Sachverhalt

Im ursprünglich allein von der AfD-Fraktion eingebrachten Antrag war gefordert worden, den Beschluss aus 2021 aufzuheben - darin hatte sich Cottbus zur Aktion "Seebrücke - Schafft sichere Häfen" bekannt. Nach Beratungen der Fraktionsvorsitzenden war dieser Antrag aber zurückgezogen und stattdessen ein gemeinsamer Antrag von AfD und CDU eingebracht worden.

Die Situation sei schwierig gewesen, erklärte Drogla in der Versammlung. Einerseits seien damals ideelle Werte beschlossen worden, andererseits aber auch ein klarer Sachverhalt: die freiwillige zusätzliche Aufnahme von Geflüchteten. Der Beschluss war 2021 mit nur einer Stimme Mehrheit angenommen worden. Mittlerweile habe sich die Situation aber geändert, erklärte Drogla. Es habe damals noch keinen Krieg in der Ukraine gegeben, außerdem auch keinen offenen Nahost-Konflikt. Drogla sprach in dem Zusammenhang von einer "Systemüberlastung" in Deutschland aufgrund der Geflüchteten.

"Die Situation hat sich geändert und es ist legitim, über alte Beschlüsse nachzudenken", sagte Drogla, bevor er den neuen Antrag vorstellte. Drogla selbst ist Teil der SPD-Fraktion.

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Keine Gesamtaufhebung, kein kompletter Rückzug des Antrags

Eine grundsätzliche Diskussion zu dem Thema fand am Mittwoch nicht statt. Drogla betonte vor der Abstimmung noch einmal, dass der alte Beschluss nicht aufgehoben werde.

Auf rbb-Nachfrage erneuerte Drogla diese Sichtweise. Man habe sicherstellen wollen, dass der humanistische Anteil des alten Antrags nicht auch aufgehoben wird. "Die Aufgabe bestand darin, dass wir eine Gesamtaufhebung des damaligen Beschlusses nicht gutheißen können", so Drogla. "Wir können andererseits nicht die Augen vor der Realität verschließen, die wir in Cottbus haben", sagte der Vorsitzende und wiederholte, dass die verschiedenen Systeme in Cottbus an der Belastungsgrenze seien, zum Teil bereits überlastet seien. Drogla nannte in dem Zusammenhang Schulen, Kitas oder das Gesundheitswesen.

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Antrag angenommen, bei vielen Enthaltungen

Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung habe geahnt, wie eine generelle Diskussion zwischen den Stadtverordneten über das Thema ablaufen werde, sagte er am Donnerstag. "Die Diskussion ufert dann aus und ist auch von den Fraktionsvorsitzenden kaum noch einzufangen", so Drogla. Er habe deshalb im Voraus eine Vermittlung angestrengt. Anschließend verlas er am Mittwoch den neuen Antragstext: "Die Stadtverordnetenversammlung bekennt sich zum Antrag/Beschluss 6/21. Punkt 2 dieses Beschlusses wird so geändert, dass sich die Stadt Cottbus auch künftig zur Aufnahme von Geflüchteten im gesetzlichen Rahmen verpflichtet und an geltendes Recht gebunden bleibt."

Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen: 19 Abgeordnete stimmten dafür, sechs dagegen. Die SPD-Fraktion und die Mitglieder der Linkspartei enthielten sich mehrheitlich. Das Ziel der AfD, die mit ihrem ursprünglichen Antrag die weitere freiwillige Aufnahme von Geflüchteten verhindern wollten, ist damit erreicht worden - mit Hilfe der Cottbuser CDU. Warum aber beispielsweise kein eigener CDU-Antrag eingebracht worden war und stattdessen bewusst ein Antrag gemeinsam mit der AfD gestellt wurde, ist unklar. Der Fraktionsvorsitzende und auch der Kreisvorsitzende der Cottbuser CDU waren für den rbb nicht zu erreichen.

Kritik gab es am Donnerstag von der Jugendorganisation der Brandenburger SPD, den Jusos. Die stellvertretende Landesvorsitzende Johanna Seidel erklärte in einer Mitteilung, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass der Beschluss nun in Teilen aufgeweicht worden sei. "Die wahre Größe einer Kommune zeigt sich darin, auch in den großen Krisen die Fahne der Menschlichkeit hochzuhalten. Cottbus hat sie gestern eingerollt", so Seidel. "Besonders frappierend" sei es, dass die Brandenburger CDU vor der Zusammenarbeit mit einer in Teilen rechtsextremen Partei nicht zurückschrecke.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 27.10.2023, 19:30 Uhr

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