Lehre unter drohendem Öl-Embargo - PCK-Azubis hoffen auf Strukturwandel für Zukunft am Standort Schwedt

Fr 24.06.22 | 12:54 Uhr
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Auszubildene in der PCK Raffinerie Schwedt
Bild: rbb

Wirtschaftsminister Habeck hat sich mehrfach für den Industriestandort Schwedt ausgesprochen. Nach seinen Visionen soll dort ein Wandel vollzogen werden. Viele Industriearbeiter sehen die Zukunft mit Sorgen entgegen - aber auch als Chance.

Fast 60 Jahre lang hat die PCK Raffinerie in Schwedt (Uckermark) russisches Erdöl verarbeitet. Zum Jahresende soll angesichts des Krieges in der Ukraine damit Schluss sein, da die Bundesregierung sich vom russischen Öl unabhängig machen will. Die Sorgen unter den Einwohnerinnen und Einwohnern von Schwedt vor allem um Arbeitsplätze sind groß. Das betrifft auch die junge Generation.

PCK als Ausbildungsstandort attraktiv

Janning Kalinowski ist im ersten Lehrjahr und lernt derzeit den Umgang mit dem Einstechmeißel. Das Arbeiten an der Drehbank ist ein Teil seiner Industriemechaniker-Ausbildung. Für viele junge Menschen ist ein Job in der PCK Raffinerie Schwedt ein Traum. "Hier hat man halt die besten Möglichkeiten, weil man sämtliche technische Bereiche abdecken kann. Vor allem als Industriemechaniker hat man die All-Rounder-Möglichkeiten: Schweißen, Drehen, Fräsen, Herstellung, Teilemontieren und Austauschen. Das war passend für mich."

Industriemechaniker Janning Kalinowski an der Werkbank
Lehrling Janning Kalinowski an der WerkbankBild: rbb

Jedes Jahr werden in der Raffinerie 30 Azubis ausgebildet. Die Spanne vom Industriemechaniker über den Elektriker bis zum Chemikanten ist groß. Nicht nur die Ausbildungsbedingungen seien den Lehrlingen zufolge gut, die PCK zahlt auch überdurchschnittlich hohe Löhne. Es spricht also viel für den Standort.

Hoffnung auf alternative Kraftstoffe

Mitten in der Ausbildung zum Chemikanten ist auch Benjamin Kühling. Er arbeitet aktuell an einen Kurzvortrag über die Trennung von Zusatzstoffen in der Erdöl-Verarbeitung. Zwar wird gerade in Schwedt das Öl-Embargo und dessen Folgen heiß diskutiert. Angst um ihre Zukunft haben Benjamin und seine Klassenkameraden jedoch erst einmal nicht. "Es ist doch auch so, dass für viele Fahrzeuge Wasserstoff benötigt wird. Man kann nicht einfach ein Flugzeug oder einen LKW mit E-Batterien versorgen. Und gerade da sage ich persönlich, dass wir mit synthetischen Kraftstoffen oder auch Wasserstoffen eine gute Zukunft haben werden und es auch auf jeden Fall weitergehen wird."

Eine halbe Million Euro wird gerade in die Ausbildungsstätte investiert - eine Investition in die Zukunft. Das alte Lehr-Technikum – eine Art Modell-Raffinerie - wird mit neusten Gerätschaften ausgestattet. Die Azubis lernen im Kleinen, wie die Raffinerie im Großen funktioniert. "Wenn wir auch perspektivisch weniger Rohöl verarbeiten, dann wird es trotzdem neue Anlagen für grünen Wasserstoff, Pilotanlagen für synthetische Kraftstoffe geben müssen", sagt Ausbildungsleiter der PCK Raffinerie Kai Tauchert. "Und die, die in den nächsten Jahren eine neue Ausbildung bei uns anfangen, sind vielleicht schon die ersten Anlagenfahrer, die die neuen Pilotanlagen betreiben können."

Lehr-Technikum der PCK Raffinerie
Lehr-Technikum zur Ausbildung in der RaffinerieBild: rbb

Strukturwandel als Chance für Schwedt

Eine Zukunft ohne die PCK Raffinerie möchten sich in Schwedt die wenigsten vorstellen. Doch vor allem junge Menschen sehen in den Strukturwandel aber auch eine Perspektive für ihre Stadt. Einer von ihnen ist Robert Adamczyk – ebenfalls angehender Azubi Chemikant. "Es ist ja kein Geheimnis, dass viele junge Leute wegziehen. Ich glaube, das kann man auch als Chance sehen, wenn hier auch was Neues entsteht, dass da auch wieder Zuwachs an jungen Leuten ist, die Ideen haben. Das ist eine ganz gute Chance für Schwedt."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 24.06.2022, 19:30 Uhr

Mit Material von Riccardo Wittig

6 Kommentare

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  1. 6.

    Ich schließe mich Ihrer Einschätzung an. Die Tatsache, dass man die Breite vieler Bildungsprofile einschränkt um Geld und Zeit zu sparen erzeugt "Fachidioten", die auf einen schmalen Sektor des eigentlichen Fachbereiches "dressiert" werden. Aber es scheint so gewollt zu sein.

  2. 5.

    Nutzen Sie doch das Internet und informieren Sie sich über die Ausbildung eines Chemikanten. Man bekommt nicht ohne Grund einen Facharbeiterbrief, auch die Qualitätsanalyse ist ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung.

  3. 4.

    Also mit anderen Worten ein Anlagenfahrer, wie es früher genannt wurde. Chemikant klingt natürlich gewichtiger, aber ob die besser ausgebildet werden wie früher die Anlagenfahrer? Die hatten zumindest noch ein Praktikum als Laborant zu absolvieren, damit sie verstehen was Qualität im eigentlichen Beruf bedeutet.

  4. 3.

    Chemikanten steuern und überwachen Maschinen und Anlagen für die Herstellung, das Abfüllen und das Verpacken chemischer Erzeugnisse.

  5. 2.

    Gibt es. Ist eigentlich der Chemieverfahrenstechniker, der früher viel umfassender und länger ausgebildet wurde. Das gleiche wie die Masterabschlüsse, die früher breiter und länger ausgebildet zum Dipl.-Ing. führten.
    Es soll alles schneller gehen und weniger kosten. Unterm Strich erzeugt man aber "Spezialisten", mit einseitigem Profil.

  6. 1.

    "Die Spanne vom Industriemechaniker über den Elektriker bis zum Chemikanten ist groß."
    Könnte man das Berufsbild "Chemikant" mal erklären oder ist es ein Tippfehler?

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