rbb-Podcast "Feld, Wald & Krise" - Folge 8 - Bäumchen wechsel dich - der Wald im Klimawandel

Do 20.10.22 | 15:30 Uhr
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Selbst Wälder, die eben noch als musterwürdig galten, leiden jetzt unter Klimastress. Welchen Bäumen geht's besonders schlecht, und welche können ihnen folgen? In dieser Folge geht es um Vorschläge aus der Wissenschaft und die Mühen der Umsetzung.

Für die Forstwissenschaft ist der Wald der Zukunft noch vage, zu komplex sei das Ökosystem, um alle Einflussgrößen zu kalkulieren, sagt Forstwissenschaftler Prof. Dr. Jens Schröder von der Hochschule für nachhaltige Entwickung Eberswalde. "Klar ist aber: So wie es jetzt ist, wird es nicht weitergehen." Die Fichte zum Beispiel werde auf vielen Flächen in Deutschland verschwinden, prognostiziert der Forstwissenschaftler. "Sie hat die Grenze ihrer Anpassungsfähigkeit erreicht."

Das Comeback der Hainbuche

Deshalb suchen die Forschenden Baumarten, die mit Hitze und Dürre besser klarkommen. Außenseiter, die jahrzehntelang den bisherigen Wirtschaftsbäumen weichen mussten. "Die Hainbuche zum Beispiel zeigt gerade hier im Nordosten im Moment so richtig, was in ihr steckt: Sie ist verjüngungsfreudig und zieht auf Flächen, auf denen die Buche nicht mehr so produktiv ist, an der Buche vorbei. Ein anderes Beispiel ist die Elsbeere, von der früher einmal Früchte und Holz genutzt wurden. Sie hat sich lange gehalten hat, auch ohne forstlichen Anbau. Jetzt zeigt sich, dass sie mit mehr Wärme und Trockenheit umgehen kann. Auch bei einigen Linden- und Ahornarten sehen wir plötzlich, dass sie an der Verjüngung des Waldes stärker beteiligt sind; sie setzten sich durch, wachsen freudig vor sich hin. Auch von denen werden uns einige in der Zukunft helfen."

Prof. Jens Schröder
Der Forstwissenschaftler Jens Schröder von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde | Bild: HNEE

Bäume aus dem warmen Süden

Um den Brandenburger Wald klimagerecht umzubauen, erprobt die Forstwissenschaft auch Bäume aus wärmeren Regionen, sogenannten Analogklimaten. Für Brandenburg seien Südeuropa und Nordafrika Regionen, aus denen Baumarten den hiesigen Wald verstärken könnten. Als möglichen Zuzügler nennt Schröder die Esskastanie, die einst von den Römern nach Süddeutschland gebracht worden war und stellenweise überdauert hat. Auch die Baumhasel könnte den Brandenburger Wald verstärken. Die Liste hoffnungsstiftender Baumarten ist lang, das Ziel: Ein Dauerwald, in dem viele standortangepasste Arten in allen Altersklassen vorkommen, "Risikostreuung", sagt Jens Schröder.

Wald vor Wild

Der Forstwissenschaftler fordert für den Waldumbau deutlich mehr Personal. "Es fehlen Leute, die die jungen Bäume säen oder pflanzen. Wir sollten nicht nur auf die natürliche Verjüngung setzen, denn da, wo kein Laubbaum im Umkreis von zwei Kilometern vorhanden ist, kann man lange auf natürliche Aussaat warten." Mehr Einsatz wünscht sich der Forstwissenschaftler auch beim Wildmanagement. "Gerade in den Regionen, in denen wir den Wald verändern wollen durch natürlich Verjüngung von Laubbäumen, schadet das Wild. Es müsste viel häufiger heißen "Wald vor Wild".

Jagdreform gefordert

Diese Forderung teilt auch Monique Müller, Försterin im Wald der August-Bier-Stiftung in Sauen. "Wenn Buchen oder Eichen, die ursprünglich hierhergehören, keine Chance haben, größer als zwei Meter zu werden, dann stimmt etwas nicht am System." Monique Müller fordert eine Änderung des Jagdgesetzes, um den Waldbesitzern mehr Möglichkeiten zu geben, selbst für Ordnung zu sorgen. Bislang sind entsprechende Reformversuche politisch gescheitert.

Musterwald von August Bier

Der 1912 vom Chirurgen und Waldpionier August Bier angelegte Musterwald bei Beeskow hat sich in vielen Komponenten bis heute als stabil gezeigt. Der Klimawandel macht allerdings auch vor dem Sauener Forst nicht halt. Das betrifft Baumarten, die vor wenigen Jahren noch gut zurechtkamen. Vor allem die Rotbuche.

Um den Sauener Forst klimagerecht umzubauen, ergänzt Monique Müller mit ihrem Team die Mischung mit robusteren Baumarten wie Esskastanie und Roteiche. Allerdings räumt sie auch ein, dass sie zu den eigentlichen Waldumbau-Arbeiten oft gar nicht kommt, da sie mit akuten Notfällen ausgelastet ist, etwa mit dem Ersatz von Flächen, die wegen Schädlingsbefall gerodet werden mussten.

Linktipp

Forschungen zu Waldmanagement und Ökosystemleistungen (externer Inhalt)

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