CeresAward - Wie ein Landwirt aus Briesen mit Agroforst "Landwirt des Jahres" werden will

Mi 13.07.22 | 15:23 Uhr
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Symbolbild: Agroforst Hafer in Villmar am 29.06.2022. (Quelle: dpa/Ute Grabowsky)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.07.2022 | Elke Bader | Bild: dpa/Ute Grabowsky

Der ehemalige Investmentbanker Benedikt Bösel hat vor sechs Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen und ihn den tockenen Bedingungen Brandenburgs angepasst. Er setzt vor allem auf wissenschaftliche Erkenntnisse.

Auf dem Acker von Benedikt Bösel in Alt-Madlitz, einem Ortsteil von Briesen (Oder-Spree), stehen Bäume und Sträucher. Auf rund 1.000 Hektar betreibt der Betrieb "Gut&Bösel" Ackerbau, wo auch friedlich 150 Rinder grasen. Was auf den ersten Blick wie eine normale Brandenburger Landwirtschaft wirkt, erweist sich bei genauerem Hinsehen jedoch als etwas Besonderes.

Denn Bösel hat den einstigen elterlichen Betrieb nach seiner Übernahme 2016 in Richtung eines innovativen Konzeptes umgebaut, bei dem Wissenschaft im Mittelpunkt steht. Das zeigt sich beispielsweise an 19 schmalen Baumstreifen, die das Feld in einzelne Abschnitte unterteilen.

Zur Person

Landwirt Benedikt Bösel aus Briesen, Brandenburg, im Juli 2022. (Quelle: rbb)
rbb

Benedikt Bösel hat 2016 den elterlichen Betrieb in Alt-Madlitz in Briesen (Oder-Spree) übernommen. Der heute 37-Jährige hatte dafür noch einmal an der Berliner Humboldt-Universität einen Master in Agrarökonomie studiert. Ursprünglich war Bösel zehn Jahre als Investmentbanker aktiv, bevor er vor sechs Jahren nach Briesen, wo er aufgewachsen war, zurückkehrte. Sein Betrieb "Gut&Bösel" setzt seitdem auf wissenschaftliche Erkenntnisse und nachhaltiges Ressourcen-Management.

Ökosystem zum Vorteil des Ackerbodens

"Diese Baumstreifen haben verschiedene Ökosystemleistungen, die sie erfüllen", sagt Bösel im Gespräch mit dem rbb. Das habe zur Folge, dass selbst bei geringem oder gar keinem Niederschlag die Pflanzen beziehungsweise der Boden länger Feuchtigkeit aufnehmen können. Da Nussbäume und Obststräucher dort eng beieinanderstehen, können sie demnach besser Wasser und Nährstoffe über ihre Wurzeln miteinander austauschen, wie der Landwirt erklärt. Dadurch entstehe in seinem Betrieb ein intaktes Ökosystem zum Vorteil des Ackerbodens.

Die Folge: Seine Flächen brauchen keine Bewässerung, keinen Dünger, keinen Pflanzenschutz, wie Bösel sagt: "Es funktioniert, weil die Natur eben auch in dieser Komplexität funktioniert und sich die einzelnen Komponenten gegenseitig unterstützen können", sagt Bösel.

Agroforst nennt sich dieses Systems aus Ackerbau und Forstwirtschaft. Denn auch weitere 2.000 Hektar Forst gehören zu seinem Landwirtschaftsbetrieb dazu. Ein Konzept, das sich auch in Fachkreisen rumgesprochen hat.

Einer von drei Finalisten für den CeresAward

"Die Bewerbung von Herrn Bösel war für uns insofern besonders, als dass er hier mit sehr, sehr schwierigen Bedingungen umgehen muss", sagt Johanna Michel. Sie ist Redakteurin bei der Fachzeitschrift "agrarheute" und Jury-Mitglied des CeresAward - der Wahl zum "Landwirt des Jahres".

Benedict Bösel ist mit seiner innovativen Landwirtschaft einer von drei bundesweiten Finalisten in der Kategorie "Manager" und hatte deswegen Besuch von mehreren Juroren, die sich seine Landwirtschaft im Oderbruch einmal genauer anschauen wollten. Insgesamt zehn Kategorien gibt es. Neben dem "Manager" werden auch in den Rubriken "Junglandwirt", "Unternehmerin" oder "Energielandwirt" die Besten des Jahres gekürt.

Landwirt Benedikt Bösel (Mitte) zeigt im Juli 2022 den Jurymitgliedern des Ceres-Award seine Landwirtschaft in Briesen. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Heutzutage rücke die Landwirtschaft immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit – nachhaltige Ressourcen-Nutzung, Umwelt- und Klimaschutz seien nur einige der Themen, die im Rahmen der Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung in aller Munde sind, heißt es auf der Interseite zur Leitidee des CeresAward [ceresaward.de]. Genau diese Themen werden von Benedikt Bösel in seiner Landwirtschaft umgesetzt.

Trockenster Standort in Deutschland

Als im Dürrejahr 2018 die landwirtschaftliche Produktion im trockenen Ostbrandenburg an ihre Grenzen geriet, habe Bösel gewusst, dass nur unter grundlegenden Veränderungen sein Betrieb überleben kann, sagt er. An diesem trockenen Standort, "gepaart mit diesem sandigen Boden, sind wir halt der Meinung, dass wir unseren Fokus auf Bodengesundheit und Ökosystemgesundheit lenken müssen", sagt er. Daher habe er sich dazu entschieden, Tierhaltung und Bäume in den Ackerbau zu integrieren, um damit Lebensmittel zu erzeugen, die gleichzeitig auch den Boden und die Biodiversität aufbauen, berichtet er.

Es funktioniert, weil die Natur eben auch in dieser Komplexität funktioniert und sich die einzelnen Komponenten gegenseitig unterstützen können

Landwirt Benedikt Bösel

Aus diesem Grund arbeitet Bösel mit wissenschaftlichen Einrichtungen wie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (Barnim) oder dem Leibniz-Institut für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Märkisch-Oderland) zusammen. Zudem gehören auch Wissenschaftler zu seinem 30 Mitarbeiter starken Team.

Wissenschaftliche Daten werden genutzt

Einer von ihnen ist Max Küsters, der sich als Head of Data and Science um die wissenschaftliche Datenanalyse kümmert. "Teile der wissenschaftlichen Erhebungen dienen Forschungszwecken", sagt er. Die würden dann mit den Partnerinstitutionen ausgewertet und veröffentlicht. Zudem nutze "Gut&Bösel" einen Teil der Daten selbst, um beispielsweise konkrete Ertragsschätzungen erstellen zu können, so Küsters weiter.

"Das ist uns auch sehr wichtig, dass wir eine Mehschichtigkeit im System haben", sagt auch Agrarforstmanagerin Rosanna Gahler. Der Betrieb möchte so beispielsweise auf Monokulturen verzichten. "Wir haben immer einen Strauch, Kräuter oder andere Baumarten dazwischen", sagt sie. Das sei extrem wichtig für die Stabilität des Ökosystems.

Preisverleihung im Oktober

Mit diesem Konzept will Benedikt Bösel mit seinem Team nun den CeresAward gewinnen. Bis Anfang September sind die Experten der Jury noch in Deutschland unterwegs und schauen sich die landwirtschaftlichen Betriebe der einzelnen Finalisten an. Mitte Oktober soll dann die feierliche Preisverleihung stattfinden.

Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 12.07.2022, 15:10 Uhr

Mit Material von Elke Bader und Jakub Paczkowski

7 Kommentare

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  1. 7.

    Man wünscht ihm, dass er davon gut leben kann. Denn das muss er, um höhere Bepflanzungskosten und höheren Aufwand für die Bewirtschaftung zurückverdienen zu können. Langfristige Kapital- und Flächenbindung durch die vergleichsweise langsam wachsenden Gehölze bewirken längeres Investreturn. Und es wird Überraschungen geben: Gehölzwurzeln können über Jahre Schaden anrichten, die nicht nur andere Nutzpflanzen behindern, durch Konkurrenz, sondern auch Dränagesysteme verstopfen.
    Aber: Durch eine der Flächenanlage vorausschauende Anlage, ist mit wissenschaftlicher Begleitung ein guter Weg eingeschlagen. Das durchzuhalten ist nicht leicht. Was daraus geworden ist wäre gut zu hören, auch Jahre später. Besser als könnte-Artikel...

  2. 6.

    Täusche ich mich oder verkauft man da alten Wein in neuen Schläuchen?
    Früher, also in der Zeit, in der nicht XTonnenschwere Landmaschinen quadratkilometergroße Flächen bearbeiteten, waren kleinstrukturierte Flächen mit Hecken und Bäumen als Trenner eher die Regel als die Ausnahme.
    Das war damals, als noch nicht die Kubikmeterweise Ausbringung von Ackerchemikalien alles Leben jeneits des genormten Maiskolbens abtötete.
    Aber schön, das man sich langsam wieder daran erinnert.

  3. 5.

    Wenn die Juroren ins Oderbruch fahren und dort Alt-Madlitz oder Briesen suchen, könnte es länger dauern.
    Im Oderbruch ist trocken und sandig auch eher die Ausnahme.
    Ansonsten Hut ab und wie immer in Brandenburg geht was, auch wenn es viele nicht glauben und fleißig ihre Vorurteile pflegen.

  4. 4.

    "Agroforst nennt sich dieses Systems aus Ackerbau und Forstwirtschaft. Denn auch weitere 2.000 Hektar Forst gehören zu seinem Landwirtschaftsbetrieb dazu."
    Agroforst nennt sich Ackerbau und/oder Tierhaltung in Kombination mit Gehölzen.
    Dass er noch 2000 ha Forst besitzt hat damit nichts zu tun. Das bedeutet lediglich, dass er zusätzlich Forstwirtschaft betreibt. Hoffentlich nicht mit Kiefermonokultur.

  5. 2.

    Ich finde solche Landwirte gut und wichtig, weil sie weit über den Tellerrand schauen und Neues bzw Anderes wenigstens probieren und Erfahrungen sammeln, und diese auch weitergeben wollen. Aber die meisten Bauern wollen statt Veränderungen lieber ein Weiterso und immer mehr und jammern dann nach mehr Subventionen. Ein Weiterso geht meist nicht, irgendwann ist Schluss. Da sind Landwirte, die andere Wege gehen immer im Vorteil.

  6. 1.

    Das Institut heißt: Leibniz-Zentrum für Agrarlandwirtschaftsforschung Müncheberg

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