Thementag Bahnfahren - Wie eine Zugbegleiterin ihren Arbeitsalltag in Brandenburg erlebt

Mo 04.09.23 | 06:13 Uhr | Von Michael Lietz
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Der Regionalexpress RE1 der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) hält am Bahnhof Fangschleuse auf seiner Fahrt in Richtung Frankfurt (Oder). (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 | 04.09.2023 | Michael Lietz | Bild: Patrick Pleul

Die Strecke des RE1 zwischen Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel zählt zu den meistgenutzten Verbindungen in Brandenburg. Heike Hoffmann ist eine ständige Begleiterin. Michael Lietz war mit ihr einen Tag lang unterwegs.

Es ist 10 Uhr. Für Heike Hoffmann geht es heute bereits zum zweiten Mal auf der Strecke des Regionalexpress 1 von Frankfurt (Oder) nach Brandenburg an der Havel - und zurück. Ihre erste Zugfahrt um 6 Uhr war bereits sehr voll. Aufräumen im Eiltempo bleibt der Zugbegleiterin der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (Odeg) aber auch vier Stunden später nicht erspart: "Es kommt auf die Tageszeiten an, es kommt aufs Wochenende an", sagt sie gutgelaunt, da heute kein Festival stattfindet. Denn: "Dann sehen die Züge manchmal katastrophal aus."

Fast wie ein Lottogewinn

Davon ist aber heute keine Rede. Über Lautsprecher wendet sie sich daher ebenfalls gutgelaunt an die Mitreisenden im Zug: "Das Zugpersonal der Odeg begrüßt Sie auf der Fahrt mit dem Regionalexpress 1", ist sie in jedem Wagon gut und deutlich zu hören.

Ihr Arbeitsplatz im RE1 ist für Heike Hoffmann fast wie ein Lottogewinn. Die Arbeitssituation stehe nicht im Vergleich zur Strecke vorher, als sie noch jeden Tag zwischen Frankfurt und Cottbus pendeln musste, gesteht sie. Immerhin habe sie nun mindestens zwei Stunden mehr Freizeit.

In Zeiten der Work-Life-Balance ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt. Auch Hoffman hat dadurch immer wieder mal einen Moment Zeit für einen freundlichen Plausch: "Einen schönen guten Tag, den Fahrschein bitte", wendet sie sich auch jetzt höflich an die Reisenden.

Auch Schattenseiten gehören dazu

Bei der Odeg ist Heike Hoffmann nun bereits seit zwei Jahren als Zugbegleiterin beschäftigt. Der Job mache ihr Spaß, weil er mehr biete als reine Fahrkartenkontrolle: "Na gucken Sie mal in Ruhe, ich gehe schon mal ein Stück weiter", entgegnet sie einem Kunden, der mühsam seinen gültigen Fahrausweis sucht.

Zugbegleiterin im RE1 zwischen Frankfurt und Brandenburg an der Havel.

Doch hat auch der Beruf des Zugbegleiters Schattenseiten, wie die 59-Jährige berichtet. Gerade nachts oder am Wochenende, wenn viele angetrunken im Zug sitzen, könne es brenzlig werden. Manchmal verzichtet sie dann sogar auf die Kontrolle. Seit kurzem fährt zu solchen Zeiten ein Sicherheitsdienst mit.

Das beruhige die Situation, erklärt sie. Denn Spätabends oder auf dem Nachhauseweg würden einige das Zugpersonal mit ihren Kontrollen als störend empfinden. Nicht so wenn der Sicherheitsdienst mitfährt: "Da läuft es echt super. Da werden die Fahrscheine rausgeholt und die Fahrkartenkontrolle geht etwas entspannter."

Von der Großhandelskauffrau zur Zugbegleiterin

Heike Hoffmann ist Quereinsteigerin. Ursprünglich hatte sie Großhandelskauffrau gelernt. Später hat sie nochmal auf der Schulbank Platz genommen und daraufhin bei der Odeg angefangen. Eine nicht ungewöhnliche Karriere, berichtet auch Odeg-Personalmanagerin Nikolett Buda. Und auch weiterhin werden Quereinsteiger wie Hoffmann dringend gesucht.

"Selbstverständlich in jedem Bereich suchen wir tatkräftige Unterstützung, aber in erster Linie in unseren Zügen", erklärt Buda. Das betreffe Lokführer, Servicemitarbeiter und somit die Zugbegleiter, die händeringend für alle Linien der Odeg gesucht werden.

Aber merken das auch die Kunden? Nicht unbedingt, nein, meint Personalerin Buda: "Bis jetzt haben wir zum Glück selten Beschwerden gehabt, dass Personal gefehlt und deshalb in den Zügen etwas gefehlt hat."

Zugbegleiterin im RE1 zwischen Frankfurt und Brandenburg an der Havel. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Dabei war die Streckenübernahme der Odeg zum Fahrplanwechseln im Dezember vergangenen Jahres oftmals von Zugausfällen begleitet. Den Grund dafür sieht die Odeg-Spitze jedoch nicht bei sich. Bauarbeiten und Streckensperrung sowie Streiks hätten insbesondere zu Einschränkungen im Zuständigkeitsbereich der Deutschen Bahn geführt, hieß es dazu immer wieder.

Den Frust der Reisenden erleben dennoch in erster Linie Zugbegleiter wie Heike Hoffmann. Aber nicht heute. "Ein schönen guten Tag", sagt sie weiterhin gutgelaunt abschließend. Sie hat nach acht Stunden Arbeit nun Feierabend. Morgen ist die Zugbegleiterin dann wieder zwischen Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel im RE1 unterwegs.

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.09.2023,

Mit Material von Michael Lietz

Der Beitrag ist Teil des ARD-Thementags #Bahnfahren.

Beitrag von Michael Lietz

29 Kommentare

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  1. 29.

    Nun ja, das Problem liegt genau am Wohnort und der Arbeitsstätte begründet. Wenn man auf dem Land wohnt und zur Arbeit muß, ist das Auto zum größten Teil nicht wegzudenken. Warum? Weil die Arbeit nämlich „weggezogen“ ist. Wenn man immer den gleichen Anfangspunkt hat,die gleiche Anfangszeit und den benötigten Parkplatz hat,ist das auch alles kein Thema. Allerdings ist das bei der Odeg z.b. nicht der Fall wie im Übrigen bei so ziemlich allen EVU in Berlin. Vor ca.20 Jahren brauchte man als Beschäftigter der DB z.b.kaum bis gar nicht ein Kfz jeglicher Form um zum Dienst zu kommen und wieder nach Hause als Berliner bzw. sehr dichte dran.
    Dank des allgemeinen Sparwahns und Gewinnmaximierung in den Unternehmen durch die politischen Entscheider ist es eben so wie es ist. Dienstbeginn 3:30 keine Seltenheit.
    Und es gibt keine billigen Kfz.. Es gibt maximal Preiswerte.
    Nebenbei bemerkt, gibts EVU welche ihren Mitarbeitern Kfz zur Verfügung stellen. Auch zur privaten Nutzung.

  2. 28.

    Antwort auf Bine
    Meine eine Tochter arbeitet auch als Krankenschwester aber die Arbeitszeiten sind 6,14,22 Uhr also erreichbar wenn der normale öffentliche Verkehr fährt.
    Und nicht zu Zeiten wo nichts fährt und bei Noteinsätzen bekommt Sie Coupon zur Taxenbenutzung.
    Aber als Servicemitarbeiter soll man eben als erster auf dem Zug sein bevor eben der ÖPNV fährt und mit Nachtbussen kommt man nicht zu deren Ziel.

  3. 27.

    Können Sie mal chronologisch aufführen, wo Sie schon, wann und wie lange , gearbeitet und sich eingebracht haben? Wenn man all Ihre Kommentare liest, haben Sie schon in wahnsinnig vielen Berufen mit wahnsinnig vielen Arbeitsjahren mit wahnsinnig viel Kompetenz und Erfahrung wie viele Arbeitsjahre erlebt? Wie alt sind Sie?
    Mal Butter bei die Fische….nicht nur Phrasen!

  4. 26.

    Ich bin da ganz bei "Teichert ". Genau so muss es sein. Dienstwagen ist bei Erscheinen zu Unzeiten zu stellen. Fordert es ein! Wir haben einen ArbeitNEHMER-Markt. Wer zu unmöglichen Bedingungen arbeitet, muss sich die Frage stellen lassen, weshalb er/sie das macht...

  5. 25.

    Erstens muss ein Auto nicht teuer sein. Zweitens bin z.B. ich zig Jahre um 4:15 aus dem Bett, 5:00 los zur Arbeit. Mit meinem AUTO! Wo liegt Ihrer Meinung das Problem, dass auch ein Arbeitnehmer sich einbringt…..? Oder ist Ihrer Meinung nach „der Staat“ in der Pflicht? Mal wieder andere, nur nicht ich. Ist schon eine politische Richtung mit Beigeschmack.

  6. 24.

    Diese Frage ist echt ohne Worte! Und hat mit dem Beitrag als solches nichts zu tun. Hört sich aber an, als hätte ein „Nichtfreund“ vom PKW hier nachgefragt. Völlig daneben.

  7. 23.

    Wenn man nicht weiß, wie man den künftigen Arbeitsplatz "selbstständig" erreicht, kann man sich auch eine Bewerbung schenken!

  8. 22.

    Antwort auf Biggi
    Genau so ist es wenig Verdienst Zwang eines eigenen Autos um dort arbeiten zu dürfen.
    Die Bahnunternehmen sind nicht bereit für Ihre Mitarbeiter Dienstautos zu stellen.
    Dazu fehlende Parkplätze usw.
    Genau deshalb habe ich nirgends dort einen Arbeitsvertrag unterschrieben.

  9. 21.

    Ihr Kommentar war doch sicher nur ein ironischer Scherz.
    Anderenfalls kann man nur sagen, selten so einen Quatsch gelesen. Eine Bekannte ist Krankenschwester. Mit Früh-, Spät- und Nachtdienst. Und nun raten Sie mal, wie die an ihren Arbeitsplatz kommt. Richtig. Mit ihrem eigenen Auto.

  10. 20.

    Ein Beitrag des rbb, der keinen Informationellen Mehrwert hat. Warum wurde keine zugbegleiterin an einem Freitag um 16:36 von Südkreuz nach Rostock begleitet, um das politische Versagen der beteiligten Besteller-Bundesländer aufzuzeigen?

    Nein, es wird eine Verbindung im 20 Minuten takt vorgestellt. Alles super. Bis auf abends.

  11. 19.

    In anderen Branchen bekommen die Mitarbeiter in höheren Gehaltsklassen vielleicht einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt, aber üblich ist es auf keinen Fall. Oder glauben Sie der U-Bahnfahrer aus Pankow fährt morgens mit dem Dienstwagen zum Theo um dort um 03:20Uhr die U-Bahn einzusetzen.....wohl kaum. Und bei der S-Bahn oder anderen öffentlichen Betrieben sieht es genauso aus.

  12. 18.

    Antwort auf Momo
    Diese Antwort bekam ich bei der NEB worauf ich auch dort keinen Arbeitsvertrag unterschrieben habe.
    Die Deutsche Bahn garantiert nicht ,das man nach Dienstende auch wieder in Berlin ist, kann dann sein man muss woanders schlafen,war also auch nichts für mich.
    Habe Dienstleister gefunden und heute Vertrag bekommen und unterzeichnet.
    Ab Oktober mache ich Berlin unsicher oder lieber sicher Stammkunden die mich jedenfalls kennen freuen sich das ich wieder in Berlin fahre.

  13. 17.

    Antwort auf Karo wenn ich der erste auf dem Zug sein soll und Personal ausbilde, sollte ich dann auch die Voraussetzungen schaffen wie das Personal morgens um 3 Uhr von Marzahn nach Brandenburg als ein Beispiel kommt.
    Ich hatte bei solchen Arbeitszeiten erwartet ,daß man nicht noch von mir verlangt, daß ich mir teures Auto kaufe.

  14. 16.

    Die Info vermisse ich nicht - es soll ja Menschen geben die sich um ihren Arbeitsweg selbst Gedanken machen müssen. Ich weiß ja nicht in welcher Welt sie leben (habe soetwas ja schon häufiger von ihnen gelesen!), aber ich kenne keine Arbeitgeber die dafür ihren Mitarbeitern Dienstwagen zur Verfügung stellen. Ganz im Gegenteil- mir sind Beschäftigte bekannt, die arbeiten in zwei Halbtagsschichten mit drei Stunden Freizeit dazwischen weit entfernt vom Wohnort!

  15. 15.

    Ein völlig unnötiger Beitrag. Der rbb sollte der Politik zeigen, was beim derzeit nicht ausreichend-finanzierten öpnv nicht funktioniert. Zugfahrten bei einem 20 min zwischen Frankfurt oder und Brandenburg an der Havel sind vorgelebter Luxus. Begleitet doch mal freitags 16:36 uhr von Südkreuz eine zugbegleiterin. ^^

  16. 14.

    Ich weiß ja nicht in welchen Branchen sie zuhause sind, aber da ich dies schon mehrfach von ihnen gelesen habe: sie haben es irgendwie mit Dienstwagen für den Arbeitsweg? Diese „Fürsorge“ hab weder ich noch irgendjemand in meinem Bekanntenkreis in all den Jahren von keinem Arbeitgeber erlebt…

  17. 13.

    "Ich vermisse bei dem Bericht wie kommt die Mitarbeiterin denn zum Zug dazu muss Sie nämlich ein eigenes Auto haben bzw. sich kaufen."

    Na mit dem Lastenfahrrad natürlich!
    Darin lassen sich dann auch gleich frische Brötchen und Kaffee transportieren...

    Ansonsten - ohne Worte.

  18. 12.

    Das tut mir sehr leid, dass Sie offensichtlich schlechte Erfahrungen bei ihren Fahrten mit der Bahn gemacht haben. Ihr Urteil ist aber, glaube ich, sehr von Unzufriedenheit geleitet. Die Fahrpersonale ( Lokführer und Kundenbetreuer )arbeiten im unregelmäßigen ( für die Gesundheit nicht förderlichen ) Schichtdienst. Da kommt es nicht selten vor, das die Personale bei "Frühschichten" um ein oder zwei Uhr die Nacht aufstehen müssen und bei "Spätschichten" erst zu diesen Zeiten zuhause sind. Da fährt kein ÖPNV ! Die Personale, die sich also täglich um die Belange der Reisenden kümmern, die auch den (oft verständlichen) Frust über Verspätungen und Zugausfälle abbekommen, können NICHT den ÖPNV nutzt, sondern müssen mit dem Auto zur Arbeit. Das ist bei wenig Schlaf, aufgrund der Arbeitszeiten, nicht leicht. In dem Vergleich der Belastung zur Bezahlung ist der Verdienst gering ! Ich hoffe das Sie bei Ihren zukünftigen Fahrten weniger Verspätungen und Zugausfälle erleben und auf Verständnis.

  19. 11.

    Auch im Tarifbereich des VBB gibt es solche Verbote. Es setzt nur Keiner durch und deswegen interessiert es auch keinen. Sagen sie mal einem Wegbiertrinker, dass er das im Zug nicht darf, aber passen sie auf Ihre Gesundheit auf, denn die könnte darunter leiden.

  20. 10.

    Sorry, aber wenn ich da den ersten Satz der Meldung höre bzw. das dann in der Art auch so lese: Sind die Zugbegleiter/Zugführer inzwischen auch die Reinigungskräfte dort???

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