Bund will 44 Millionen GAK-Mittel streichen - Bauern, Waldbesitzer und Kommunen fürchten um zahlreiche geförderte Projekte

Do 24.08.23 | 12:50 Uhr | Von Tony Schönberg
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Ein Traktor fährt auf einem kleinen Feldweg. (Quelle: dpa/Simon Kremer)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.08.2023 | Catarina Zanner | Bild: dpa/Simon Kremer

Brandenburg soll vom Bund 40 Prozent weniger Geld zur Förderung des ländlichen Raums bekommen. Damit werden Projekte in Kommunen, der Land- und Forstwirtschaft etwa für mehr Tierwohl oder dem Naturschutz finanziert. Gegen die Spar-Pläne regt sich Widerstand.

Land- und Forstwirte reagieren mit Unmut auf die Pläne des Bundes, Fördermittel für die sogenannte "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) zu kürzen. Wie das Landwirtschaftsministerium des Landes Anfang August mitgeteilt hatte, könnten Brandenburg im kommenden Jahr nur noch 56 Millionen Euro und damit 44 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. Das entspricht einer Kürzung um 40 Prozent.

Weniger Geld für artegrechtere Tierhaltung und Feldwirtschaft?

Das bringe zahlreiche Projekte in Gefahr, sagt der Chef des Kreisbauernverbandes Oder-Spree Hartmut Noppe am Dienstag dem rbb und nennt Beispiele. "Die Gewässer-Entwicklung bei Abfluss und Rückhaltung könnte wegfallen. Das Programm "Schweine auf Stroh", aber auch die sogenannte Sommerweidehaltung, bei der Mutterkühe auf die Weide gehen, werden mit GAK-Mitteln finanziert.

Auch umweltschonendere Feldwirtschaft könnte sich mit Streichung der Mittel für die Bauern immer weniger lohnen. Dort nennt Noppe etwa Agroforstsysteme. Dabei werden Ackerflächen mit Baum- oder Strauchreihen gegliedert, um beispielsweise Bodenerosion zu verhindern. "Blühstreifen könnten ebenfalls auf der Kippe stehen", sagt der Landwirt aus Sauen. "Betriebe könnten sagen, dass, wenn sie dafür nicht entschädigt werden, wieder normaler Ackerbau betrieben wird, und keine Blumenwiese."

Allgemein ist die Verunsicherung bei den Landwirten groß, so Hartmut Noppe weiter. Es fehle an Planungssicherheit, da viele sich im Zuge von Projekten ihre Bewirtschaftung umgestellt hätten. Das Vertrauen in die Politik werde erschüttert.

Waldeigentümer fürchten hohe Kosten

Doch nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch für die Wälder gibt es Befürchtungen um die Folgen der Kürzungen. Angesichts des Klimawandels und dessen Folgen zeigt der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Brandenburg, Thomas Weber vom Forstbetrieb Fürstenwalde wenig Verständnis. "Direkt für den Forst-Bereich betrifft das den Vertragsnaturschutz im Wald oder die Förderung von Maßnahmen zur Bewältigung von Extremwetterereignissen. Waldeigentürmer, die durch Trockenheit und Käfer geschädigt sind, könnten mit den Folgen alleingelassen werden."

Auf dem Spiel stehe zudem die Zukunft von forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen. Durch Zuschüsse habe sich die Zahl der privaten Waldeigentümern, die gemeinsam wirtschaften, in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, so Weber. In der "Forstwirtschaftlichen Vereinigung Prignitz" sind aktuell beispielsweise zehn Forstbetriebsgemeinschaften mit insgesamt rund 17.000 Hektar Fläche organisiert. Dort werden eigene Förster beschäftigt, sagt Geschäftsführer Thomas Meyer. "Ein Teil dieser Personalkosten wird mit der GAK-Förderung abgedeckt. Wenn wir unser Personal behalten wollen, müssten wir die Gebühren für unsere Mitglieder dann drastisch erhöhen, und das macht so einen Zusammenschluss unattraktiv."

Dem pflichtet auch der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Weber bei. "Die Wald-Pflege kann so nicht mehr stattfinden. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir in Brandenburg 660.000 Hektar Privatwald haben, ist die Kürzung von Mitteln nicht verständlich."

Zahlreiche kommunale Projekte auf der Kippe

Die Kommunen könnten die Sparpläne ebenfalls treffen, da mit den Geldern Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raums finanziert werden, sagt Hartmut Noppe. Neben seiner Funktion im Kreisbauernverband ist er auch in der "Lokalen Arbeitsgruppe Oderland" tätig. Eigenen Angaben zufolge unterstützt und berät der Verein dabei, Förderungen in den Kommunen umzusetzen. "Es gibt bei der GAK Fördersätze von 45 bis 75 Prozent. Und wenn diese wegfallen, ist es den Kommunen nicht mehr gewährleistet, bestimmte Maßnahmen durchzusetzen. Dabei geht es um energetische Programme, Daseins-Vorsorge, Sportplätze, Kindergärten, Dorfgemeinschafts-Häuser."

Widerstand gegen Pläne des Bundes

Nach Bekanntwerden der Mittelkürzungen durch den Bund hatte das Landes-Agrarministerium vor Kurzem vorsorglich einen teilweisen Bewilligungsstopp für Anträge auf GAK-Fördermittel verhängt, die nach dem 25. Juli eingereicht wurden. Davon ausgenommen sind Maßnahmen zur Wolfs-Prävention und Projekte, die mit EU-Mitteln zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) kofinanziert werden. Von einem Sprecher hieß es am Montag dem rbb gegenüber, dass an bereits bewilligten, längerfristigen Projekten festgehalten werden soll. Allgemein suche man nach Lösungen. Wie viele Projekte künftig auf der Strecken bleiben könnten, sei noch nicht abzusehen.

Minister Axel Vogel (Grüne) hatte sich einer Mitteilung zufolge unmittelbar nach dem Haushaltsentwurf gemeinsam mit seinem sächsischen Amtskollegen Günther an den Bund gewandt. Vogel wolle auch weitere Vertreter der Länder und im Bundestag für Änderungen der Pläne kontaktieren. Die sieben Brandenburgischen Verbände des ländlichen Raumes fordern eine Abkehr von den Plänen. Darüber soll auch am Freitag bei der Vorstands- und Mitgliederversammlung des Forums Natur Brandenburg in Potsdam diskutiert werden, bestätigt Sprecherin Sabine Buder. Dort treten unter anderem die Präsidenten zusammen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.28.2023, 14:40 Uhr

Beitrag von Tony Schönberg

11 Kommentare

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  1. 11.

    Schön, dass wir und einig sind. Es gibt ja für den ganz großen Katzenjammer noch Getränke aus Getreide, quasi wenn das Maß voll ist und manchmal hilft auch ein Kurzer. Betonung liegt auf Singular. :-))

  2. 10.

    Man kann die fehlenden Gelder aus eigener Kraft aufbringen: Wenn die Steuereinnahmen der vielen (?) Gewerbebetriebe eingehen. Z.B. von Tesla. Oder ist es denkbar, dass gar nicht mehr eingenommen wird?

  3. 9.

    Ach Dorftrulla... die Wege des Getreides sind unergründlich... Getreide aus der Ukraine spielt auf unserem Markt hier eher eine Nebenrolle.
    Bio hin oder bio her... es ist eh nie drin, was drauf steht.

  4. 8.

    Das würde bedeuten, es gäbe nur Bio-Getreide für den europäischen Markt.
    Das stimmt nicht.
    Wenn Tierfutter nicht Bio ist, sondern aus konventionellem Anbau, wie das aus der Ukraine, dann sind Fleisch, Milch und alle daraus verarbeiteten Produkte auch nicht Bio.
    Als das Mehl knapp war, haben alle Mühlen gemahlen, was da war und nach Ihren Ausführungen muss ich davon ausgehen, dass Sie nicht darüber informiert wurden. Es hatte übrigens Gründe, dass z.B. Polen Angst um seine Landwirtschaft hatte - wegen ukrainischem Getreide. Vielleicht ist Protest anderswo nicht so geräuscharm wie in Deutschland.

  5. 7.

    Ehrlich Steffen: Faktenresistenten Menschen wie Ihnen kann man nicht helfen. Glauben Sie einer gefühlten Wahrheit und wählen vielleicht die blaue Zukunft.
    Beispiel Ende 2. Weltkrieg: Deutschland in Schutt und Asche - übrigens durch die Ursachen der davor brauen Machthaber. Der Marshallplan zum Wiederaufbau Westdeutschlands waren alles Kredite, kein geschenktes Geld! Die USA als Kreditgeber hatten diese Gelder bis zu den 1970er Jahren inkl Zinsen zurück von der Bundesrepublik. So funktionierts!
    Andere Sache: Dieser Krieg Ukraine ist gerde mal knapp 1000 km von Deutschland weg. Nicht mal eine Stunde Flug oder wie nach Italien 12 Std. Autofahrt. Halloo!!! Polen ist EU. Gleich nebenan schlagen Putins Bomben ein. Da stellt sich die Effizienz von Hilfsgeldern eigentlich gar nicht.
    Und was heißt hier überschwämmt mit billigem Getreide? Das ist Weltmarktpreis und wurde schon immer mehr nach Afrika oder für Tierfutterv verkauft, weils kein BioGetreide für den europäischen Markt ist.

  6. 6.

    Na wenn Sie's glauben...Die UA ist das ärmste Land Europas. Kredite wird sie in hundert Jahren nicht zurückzahlen. Die EU freut sich schon auf ein neues Billiglohnland. Und die Bauern hier "freuen" sich bestimmt auch schon darauf, wenn die UA den Markt mit ihren billigen Agrarprodukten überschwemmt.

  7. 5.

    Die werden hier mit unserem Steuergeld aufgearbeitet und so bleibt zumindest das Geld ja auch im Land.
    Geschenkt ist in einem Krieg nie was. Wenn die Ukraine wieder oben auf ist, kommts zurück durch einen lukrativen Handelspartner. Das Aufbauen geht dann auch über Kredite. Ganz so arm und ohne Rohstoffe bzw. Waren ist die Ukraine nämlich nicht. Linders Sparplan hat mit den vorhandenen Etatlöchern zu tun und weniger mit den derzeitigen Ausgaben für Hilfeleistungen. Dadurch dass Steuereinnahmen nicht sofort ins Säckl fließen, sondern erst mit mindestens einem Jahr Verzögerung wirklich im Bundeshaushalt berechbar sind, kommt jetzt die Katerstimmung aus den Corona Jahren und dem ersten Kriegsjahr Ukraine. Dass da was noch nach kommt, war jeder Hausfrau mit Wochenetat bewusst bei dem Geld, das alles in 2020, 2021 und 2022 rausgehauen wurde.

  8. 4.

    Vielleicht sind die Kürzungen genau da angesetzt, weil die Blumenwiesenstreifen den einheimischen Insekten nicht helfen und der globale Handel uns viele invasive Arten und Pflanzenkrankheiten herbeischafft, denen wir nicht mehr Herr werden.
    Tierwohl wird verlangt, mit endlosen Debatten ein Kompromiss erreicht, der nun nicht finanzierbar ist. Aber die Preise für Lebensmittel und Sprit bleiben stabil oben, die Einkünfte der Landwirte stabil unten. In unserem Land werden bald nicht mehr nur die Wölfe heulen.

  9. 3.

    Das glauben Sie. Was Sie schreiben sind Bausteine der Hilfe, da gibt es aber noch mehr. Die Leos und Geparden, die aufgearbeitet werden z.B. Die sind ja längst ausgemustert und im Besitz der Industrie. Die Flugabwehrsysteme wurden auch nicht ausgemustert. Die Munition wird auch neu hergestellt usw.

  10. 2.

    >"weil er das Geld für die Ukraine ausgibt. Wir wissen es alle."
    Sie denken das vielleicht. Von Allgemeinwissen kann keine Rede sein. Weils rational betrachtet nicht stimmt. Die Sparerei jetzt sind Nachwirkungen von Zusatzausgaben der Corona-Zeit und solchen Konzerngeschenken wie Tankrabatt und Gaspreisbremse.
    Die Kriegshilfen für die Ukraine werden anders finanziert. Von der USA aus über das "Leih- und Pachtgesetz 2022 zur Verteidigung der Demokratie in der Ukraine" und von Europa aus über Sachwerte, die hier in unserer Wirtschaft eingekauft werden. Beispiel: Ukraine bekommt ältere Panzer, Bundeswehr kauft sich neue. Die Bundeswehr hätte eh neue Panzer gebraucht. Nun kommen die schneller an die Truppe und das Geld bleibt im Land.

  11. 1.

    Der Bund streicht Gelder weil er das Geld für die Ukraine ausgibt. Wir wissen es alle.

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