Gazprom drosselt Lieferung - Berliner Wirtschaftssenator sorgt sich um Gasversorgung im Winter

Do 16.06.22 | 21:14 Uhr
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An einer Gasheizung werden die Daten abgelesen. (Quelle: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert)
Bild: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Der russische Energiekonzern Gazprom hat seine Gaslieferungen nach Deutschland weiter gedrosselt. Noch gibt es in Berlin keine Engpässe, doch vor dem Winter müssen die Speicher wieder gefüllt werden. Das aber könnte zum Problem werden.

Der Berliner Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Stephan Schwarz (parteilos), sorgt sich mit Blick auf den kommenden Winter um die Gasversorgung der Stadt.

Derzeit gebe es zwar noch keine Engpässe, sagte Schwarz am Donnerstag der rbb24 Abendschau. Wegen der Drosselung der Gaslieferungen aus Russland könnten die Speicher aber nicht so stark gefüllt werden wie in den vergangenen Monaten. Derzeit lägen die Füllstände bei 50 Prozent, im Winter sollten es aber dann 90 Prozent sein.

Schwarz appellierte an die Berlinerinnen und Berliner, Energie zu sparen. Man müsse alles dafür tun, um im Winter nicht böse überrascht zu werden.

EWE-Vorstandschef: Alternative Lieferländer am Limit

Der EWE-Konzern lässt derzeit seine Erdagsspeicher auffüllen, darunter auch am Standort Rüdersdorf (Märkisch-Oderland). Dort sei man momentan bei 77 Prozent, konzernweit liege der Füllstand bei 72 Prozent und in ganz Deutschland bei rund 55 Prozent, sagte Stefan Dohler, EWE-Vorstandsvorsitzender, rbb24 Brandenburg Aktuell.

Auch er sehe Probleme, wenn es darum geht, die Speicher zu füllen. Man beziehe sehr große Gasmengen aus Russland; das sei nicht so leicht zu ersetzen. Alternative Lieferländer wie Norwegen seien bereits am Limit, erklärte Dohler. Daher müsse man schon jetzt Gas sparen, um im Winter gerüstet zu sein - sowohl im Industriebereich als auch bei den Verbrauchern.

Auch sollte die Füssiggas-Infrastruktur ausgebaut werden. Es müssten Terminals aufgebaut werden, um Flüssiggas-Importe für die Einspeisung ins heimische Netz aufzubereiten, sagte der EWE-Vorsitzende.

Habeck vermutet politische Entscheidung hinter reduzierten Gaslieferungen

Der russische Energieriese Gazprom hat wie angekündigt in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert. Russland schließt ein komplettes Runterfahren der wichtigsten Versorgungsleitung für Deutschland nicht aus. Der russische EU-Botschafter betonte am Donnerstag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, wegen der Probleme bei der Reparatur von Turbinen in Kanada könne die Leitung komplett stillgelegt werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte die Situation ernst. Seinem Ministerium zufolge ist die sichere Versorgung mit Gas aber weiter gewährleistet. "Aktuell können die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Das Ministerium beobachte die Dinge sehr genau.

Entgegen der Darstellung Gazproms, der Grund für die Drosselung seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten, vermutet Habeck dahinter eine politische Entscheidung. Ebenso äußerte sich Schwarz: "Es ist offensichtlich ja nicht technisch, sondern politisch bedingt, was hier passiert", sagte er der rbb24 Abendschau.

Sendung: Abendschau, 16.06.2022, 19:30 Uhr

63 Kommentare

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  1. 63.

    Um ihre Frage zu beantworten. Im Wahlprogramm der Grünen war der Ausstieg aus der heimischen Braunkohle nachzulesen. Kohle ist Böse und damit nicht mehr akzeptabel auf Grund der immensen Zerstörung der Erdatmosphere dürch das böse Treibgas CO². Da wurde auf Gas als Zwischentechnologie verwiesen. Klappt ja nun auch nicht mehr. Aber die Verteuerung der Energieträger ist ebenfalls grünes Programm. Also läuft doch.

  2. 62.

    "Das ist schlichtweg falsch. " Das ist schlichtweg falsch. In der Forschungsabteilung, in der ich damals gearbeitet hatte, wurde mit genau dieser Begründung eine Weiterführung vom Bundesministerium als Fördergeber eingestampft - ich war davon direkt betroffen - kein Wikipedia-Wissen.

  3. 61.

    "CCS waren politsch nicht mehr gewollt" Das ist schlichtweg falsch.
    Die Geschichte um das CCS-Gesetz (je Jahr 1,3 Mio to Speicherkapazität) und die "besorgten Bürger" die selbst Jahre später noch immer keine Ruhe geben, hab ich 'grad eben nochmal bei Wikipedia nachgelesen.

    Zitat: In einem 2012 veröffentlichten Positionspapier kritisiert der Energieversorger EnBW die CCS-Technologie. Zur Zeit gebe es in der Bevölkerung keine Akzeptanz für die unterirdische Speicherung von CO2 und außerdem „ist die CCS-Technologie mit erheblichen Kosten verbunden, die perspektivisch die Förderkosten der Erneuerbaren inklusive Photovoltaik deutlich übertrifft“.

  4. 60.

    Pardon … Aber nicht "die Politiker“ sind hier an irgendetwas Schuld, sondern „die Versorger“ … Wir haben schließlich keine rein staatlich geführte Energie-Wirtschaft … Dies mal zur Erinnerung … Und „die Politiker“ bügeln hier gerade etwas (für uns alle) aus, was "die Versorger" uns eingebrockt haben !

  5. 59.

    Gute Frage!
    Ich denke mal zu dieser Zeit lernten die Kinder von den Eltern/Großeltern wie man überlebt, sprich Holz sammelt, den Ofen anzündet, Kohlen aus dem Keller holt, sich im Winter warm anzieht und nicht die Fenster offen lässt wenn der Ofen bullerte. Es war eine andere Zeit, damals wär man auch mit nem Blackout eine Woche lang klargekommen.
    Ok, die globale Erwärmung kommt also nicht, bleiben nur noch Freunde die ein Haus mit Kamin, ne Laube mit Ofen oder ne Whg mit Ofenheizung haben.
    Bin gespannt wie bei steigender Inflation, hohen Energiekosten und ner kalten Bude der Winter verläuft!


  6. 58.

    Wieso nutzt man nicht wieder Braunkohle ist Rohstoff im eigenen Land.

  7. 57.

    Warum sollen denn die Verbraucher sparen wenn die Politiker zu dumm sind rechtzeitige Maßnahmen zu ergreifen. Das hat man doch gewusst.
    Es nun mal so dass wir von russischen Lieferungen abhängig sind da kann man nichts schönreden.
    Man sollte sich schnellstens am Verhandlungstisch setzen und nicht die Wunschliste an Waffen durchgehen.

  8. 56.

    https://freedomhouse.org/countries/nations-transit/scores
    Ukraine steht dort etwa vergleichbar mit Kosovo und Bosnien-Herzegowina im Demokratieindex.

  9. 54.

    Der Korruptionsindex gibt den Korruptionsgrad wider und nicht den Demokratiegrad, sonst würde er Demokratieindex heißen. Hoher Demokratiegrad heißt nicht automatisch wenig Korruption.

  10. 53.

    Wie konnten unsere Großeltern ohne diesen Luxus nur überleben? Oder denken Sie an den Winter 1945/46 oder die Berlinblockade!

  11. 52.

    Es ist eine Sache bestehende Verträge nicht zu verlängern, oder wie Gazprom es tut Verträge zu brechen!

  12. 51.

    "Carbon-Capture" und auch CCS waren politsch nicht mehr gewollt in D und die Projekte (die durchaus erfolgreich waren in Piloteinsätzen) dazu wurden beendet und keine neuen mehr gefördert. Das know-how dazu müßten wir uns wahrscheinlich jetzt aus dem Ausland zukaufen, wenn es plötzlich wieder gemacht werden sollte.

  13. 50.

    Es ist eine Sache bestehende Verträge nicht zu verlängern oder wie in diesem Fall Gazprom vertragsbrüchig zu werden. In dennVerträgen sind Liefermengen festgeschrieben und die sind einzuhalten. Neben Nord Stream 1 gibt es ja noch zwei weitere Leitungen, aber auch hier ist eine Reduzierung der Gasmenge feststellen. Es können ja nicht überall die Turbinen defekt sein. Im übrigen lesen Sie mal die Wirtschaftsnews, Gazprom reduziert die Lieferungen an Länder Europas. Ein Schelm wer Böses denkt.

  14. 49.

    Ein Glück haben wir diese (billigen) Kohle-Kraftwerke noch … Könnte man die jetzt bitte noch sauberer und noch effizienter machen … Carbon-Capture, Kraft-Wärme-koppeln bis zu geht nicht mehr, neue und mehr Turbinen und so was alles … Und dann auf ewig in Reserve halten, bitte ... Und ich hoffe mal, dass die Verstromung von Gas jetzt erstmal auf das technisch notwendige, aber gleichzeitig absolute Minimum zurückgeführt wird ... Wir brauchen das woanders.

  15. 48.

    Tja dann bleibt uns zur Rettung nur noch die globale Erwärmung:
    keine Heizkosten mehr, warmes Wasser aus dem Wassertank auf dem Dach, keine Standheizung im Auto, keine dicken Klamotten, Urlaub am Wannsee unter Palmen, Bananenstauden am Straßenrand usw usw.!
    Die CO2 Einsparung in Dtschl. wäre gigantisch.

  16. 47.

    Keine Panik auf der Titanik.

  17. 46.

    Habeck wird uns schon retten. Gibt es kein Brot dann nimm Kuchen, sprich, ist die Wohnung zu kalt geh ins Hotel :-))))

  18. 45.

    Immer schön wenn andere Schuld sind, oder? Erstens ist die Ukraine erst auf dem Weg zu einem demokratischen Staat, zweitens, wir wollten doch eh jeglichen Bezug von Rohstoffen aus Russland abstellen und drittens haben wir aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine mit einem Wirtschaftskrieg gegen Russland begonnen. Kein Wunder also, wenn Russland reagiert.

  19. 44.

    "Wer hören konnte, war eigentlich seit 2020 vorgewarnt und konnte schrittweise vorsorgen - so war es wohl auch gedacht."
    Solche Empfehlungen gibt es schon lange, die wurden nur 2020 mal wieder publik, weil keiner wusste ob und wie lange ein Lockdown drohen würde. Dass Putin Russland vergrößern will, weiß man nicht erst seit 2020, die Energie von dort zu beziehen war bisher aber einfach zu bequem und billig, als man das hätte ändern wollen. Müsste man seinem Volk ja auch erklären, warum man diversifizieren will und es dadurch teurer wird, aber wer will das schon machen, wenn das nach der Legislaturperiode auch andere machen können. Hören will das eh keiner, wenn bisher alles so schön bequem und billig ist. Warnungen wurden stets belächelt und Vorsorgemaßnahmen hätten nie Mehrheiten gefunden. Tja, Demokratie halt...

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