Grundstücksmarktbericht für Brandenburg - "Das ist auch deutschlandweit nicht normal"

Di 02.08.22 | 17:19 Uhr | Von Andreas B.Hewel
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Die Altstadt von Jüterbog in Brandenburg (Quelle: dpa/Sergey Kohl)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | Di 02.08.22 | Katrin Neumann | Bild: dpa/Sergey Kohl

Die Grundstücks- und Immobilienpreise in Brandenburg sind erneut durch die Decke gegangen. Nirgendwo sonst in Deutschland stiegen die Preise so stark an. Ein Experte sieht allerdings Hinweise darauf, dass sich der Markt stabilisieren könnte. Von Andreas B. Hewel

So teuer war‘s noch nie. Nun, das ist an sich keine ungewöhnliche Entwicklung und schon gar nicht bei Immobilien. Doch der Traum vom eigenen Haus ist in Brandenburg gerade im vergangenen Jahr besonders kostspielig geworden. So bezahlte man 2021 im Durchschnitt für ein freistehendes Ein- oder Zweifamilienhaus 361.000 Euro, ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020.

Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich hier fort. Seit 2018 stiegen die Hauspreise Jahr für Jahr stark an. Absoluter Spitzenreiter ist Potsdam mit durchschnittlich 740.000 Euro pro Haus, gefolgt von Potsdam-Mittelmark und dem Havelland. Die günstigsten Preise zahlte man mit 109.000 Euro für ein Haus im Durchschnitt in Elbe-Elster. In der Prignitz und im Landkreis Spree-Neiße liegt man bei gut 150.000 Euro.

Preisexplosion im gesamten Land

Es gibt also einen großen Unterschied zwischen den Regionen nahe bei Berlin, dem sogenannten Speckgürtel und den Regionen, die weiter von Berlin entfernt liegen. Eines aber ist beiden Regionen gemeinsam, die Preise stiegen fast überall, und das deutlich. Das spiegelt sich schon beim Kauf eines Baugrundstücks wider. So zahlt man im Berliner Umland für ein Baugrundstück im Durchschnitt 365 Euro für den Quadratmeter und in den entfernteren Regionen von Berlin noch 102 Euro.

Doch beiden Regionen gleich ist eine regelrechte Preisexplosion von 23 beziehungsweise 26 Prozent im Vergleich zu 2020. Noch deutlicher wird das, wenn man für alle Hausarten, also auch von Mehrfamilien- oder Reihenhäusern die Baugrundstückspreise bilanziert. Dann kommt man auf einen Durchschnittspreis von 215 Euro pro Quadratmeter, ein Plus sogar von 29 Prozent.

30 Prozent, das ist nicht normal

Jürgen Kuse beobachtet seit Jahrzehnten die Entwicklungen bei Immobilienpreisen. Er ist der Vorsitzende des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückwerte in Brandenburg und hat jetzt den neuen Jahresbericht für den Grundstücksmarkt in Brandenburg vorgelegt. Noch 2013, gesteht Kuse, hätte er bei einer Preissteigerung der Bodengrundstücke von nur zwei Prozent im Jahr von einem wahnsinnigen Zuwachs gesprochen und sich gefragt, wer das bezahlen solle.

"Jetzt reden wir über 30 Prozent. Das ist nicht normal. Das ist auch deutschlandweit nicht normal. Das gibt es nur in unserer Region". Wir hätten bestimmte Nachholeffekte, was die Metropolregion anginge, so Jürgen Kuse weiter und verweist auf die anderen Metropolen in Deutschland wie Hamburg, Frankfurt am Main oder München. Dort bezahle man noch viel mehr, aber das schon seit langem. Die jährlichen Steigerungsraten gäbe es nur hier in Brandenburg.

Auch Eigentumswohnungen stark nachgefragt

Noch vor zehn Jahren hätte man in Brandenburg ab circa 30 Kilometer Entfernung von Berlin Grundstückspreise von zehn Euro pro Quadratmeter finden können. "Das gibt es nicht mehr und das wird es auch zukünftig nicht wieder geben", sagt Jürgen Kuse. Man käme von einem unglaublich niedrigen Niveau und hätte stark zugelegt. Irgendwann aber sei dann Schluss, weil es dann nicht mehr finanzierbar sei, spekuliert er.

Unterdessen werden auch Eigentumswohnungen in Brandenburg immer beliebter. Lange führten sie eher ein Schattendasein bei Immobilienkäufen in Brandenburg. Vergangenes Jahr nun aber wurden fast 5.000 Eigentumswohnungen verkauft, ein Plus von 19 Prozent. Und nimmt man nur die neu gebauten Eigentumswohnungen, die erstmals auf den Markt kamen, so ist es gar ein Zuwachs von 64 Prozent im Vergleich zu 2020. Auch ein durchschnittlicher Kaufpreis von 405.000 Euro schreckt da nicht.

Immobilienkauf oft für Eigenbedarf

Bei solchen Preissteigerungen wäre es nicht verwunderlich, wenn mit Häusern und Wohnungen zunehmend spekuliert würde, Immobilien oder Grundstücke also nur gekauft würden, um sie nach kurzer Zeit deutlich teurer wieder zu verkaufen. Das aber ist scheint laut Kuse noch nicht in nennenswerter Menge der Fall zu sein. "Wir haben den Eindruck, ohne das verifizieren zu können, dass wir relativ viele Menschen sehen, die für den Eigenbedarf im Wohnungsbau kaufen."

Bleibt also die Frage, wird es mit den Preisen so weitergehen? Da scheint sich zumindest in diesem Jahr abzuzeichnen, dass die Preise nicht gestiegen sind oder nur noch gering steigen. Das zumindest würden die Zahlen aus dem ersten Halbjahr dieses Jahres ergeben, sagt Grundstücksgutachter Jürgen Kuse. Auch wenn er sich mit Prognosen zurückhalten wolle, könne schon jetzt festgestellt werden, dass die Menschen bei Immobilienkäufen vorsichtiger würden.

Bauland ist seit Jahren knapp

Die Vorlaufzeiten eines Kaufes würden wachsen, stellt Kuse fest. "Das spricht dafür, dass sich die Entwicklung (dieses Jahres, Anmerkung Redaktion) fortsetzen könnte. Das heißt also, wenn den Maklern bisher alles aus den Händen gerissen wurde, was überhaupt nur auf den Markt kam und die Leute jetzt ein bisschen mehr nachdenken, spricht das natürlich dafür, dass die Dynamik nachlässt". Der Markt scheint sich zu stabilisieren. Einen Rückwärtstendenz aber sei nicht erkennbar. Billiger also wird es offenbar nicht.

Ein Problem aber bleibt in jedem Fall. Schon seit Jahren werden gemessen am Bedarf zu wenige Grundstücke als Bauland ausgewiesen. Gemeinden im Berliner Speckgürtel meldeten oft inzwischen "voll", so Kuse, da sie mit der nötigen Infrastruktur wie Schulen und Kitas nicht mehr hinterherkämen. Auch engt der gemeinsam mit Berlin aufgestellte Landesentwicklungsplan zum Teil die Gemeinden ein, beim Wunsch, neues Bauland auszuweisen. Eines aber könne und müsse sofort geschehen, Planungsverfahren müssten deutlich schneller werden. "Da fehlt uns ein bisschen Dynamik in der Entwicklung", formuliert Jürgen Kuse diplomatisch, "insbesondere was die Planungsausweisungen angeht in diesen Gemeinden. Da sind wir zu langsam".

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 02.08.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Andreas B.Hewel

39 Kommentare

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  1. 39.

    Nö, bei uns hat sich der Bodenrichtwert in den letzten gut 15 Jahren mehr als vervierfacht. Wenn da einer meine Hütte nicht haben will ziehe ich eben 50 Riesen für den Abriss ab- sofern sich kein anderer Käufer findet.

  2. 37.

    In den USA machen sich inzwischen Großunternehmen daran den Immobilienmarkt leer zu kaufen. Die haben das Geld und der Mittelstand nicht. Passiert das zufällig auch in Deutschland gerade? Na dann, gut Nacht.

    @RBB Könnt ihr mal recherchieren ob Großunternehmen den Markt begrenzen durch massive flächige Aufkäufe (Höchstwahrscheinlich versteckt durch undurchsichtige Strukturen)?

  3. 36.

    @Kathrin, sehr gut zusammengefasstund auf den Punkt gebracht. Dies ist auch mein Eindruck. Bei NULL-%-Finanzierung mit 1-2 %Tilgungsrate konnte fett gebaut werden - hoher, grösser als Freunde/Nachbarn. Auch ohne Gaskrise/Inflation wäre für viele derer nach 10 Jahren Zinsbindung das Projekt gescheitert. Nur so geht's jetzt halt schneller und trifft viel mehr. Traurig? Ich weiß nicht so recht....

  4. 35.

    Ist es fatal, nicht massenhaft andere Kommentare zu kommentieren?

    Ich habe die Ausführungen eines Mannes gesehen, der beruflich selbst am System verdient. Respekt, wenn selbst er davon spricht "nicht normal".
    Aber um himmelswillen, wer sind die, die Unsummen bezahlen, sicher auch im Wissen, die Blase muss doch irgendwann platzen. Stichwort Wiederverkaufswert, z.B. wenn man sich trennen...

    Spekulantenmasse? Das mit investieren in Betongold, mag ich nicht glauben.

  5. 34.

    Gut, dann sind die Immobilienpreise bei Ihnen ja schon negativ, weil man für den Abriss noch zahlen muss. Das ist wahrscheinlich nicht, was sich Hausbesitzer wünschen.

  6. 32.

    Macht Sinn, wenn alle weniger Geld in der Tasche haben, weil das Päkchen Butter jetzt über drei Euro kostet, geben Sie einfach das Geld, was fehlt, für den Kauf von Immobilien aus

  7. 31.

    Das wäre, wenn es so kommt, gar nicht so schlimm.

    Denn es gibt genügend wartende Käufer, die in der Lage sind, zu bezahlen.

    Neue Häuser sind ein Traum vieler Familien und Banken.

    Die Häuser bleiben, die Kredite auch.

    Lediglich die Bewohner wechseln.

  8. 30.

    Das haben Sie sehr gut beobachtet. Nur wenn ein Abriss versagt werden kann o. gar wird, gibt es schon Probleme. Ich bin zu einer anderen Krisenzeit Zeuge eines "Verkaufs"-Dramas geworden, eines Hauses, Modell "Wie ich es will", bei dem sich alle ganz schwer taten. Es hat fast 10 Jahre gedauert, "die Hütte" an den Mann/Frau zu bringen. Mit leider auch erhebl. Einbußen für den zwangsweise Verkaufenden und ob der Käufer mit seinem Schnäppchen glücklich wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Dennoch wurde im Forum zu Recht die Frage gestellt, wer einmal in die EFH ziehen könnte. Stelle ich mir in Zukunft nicht ganz einfach vor. Da wird sich auch in einem längeren Prozess herausstellen, wie klug die Entscheidungen der Kommunen und Häuslebauer waren. S.o. Bsp., war so ein Fall. Das Land ist verbraucht/verbaut... ???

  9. 29.

    Übrigens werden weder der Mann noch die Frau im Beitrag dazu gezwungen, ihre billig gekaufte Immobilie teuer weiterzuverkaufen. Sie könnten stattdessen auch einer jungen Familie ihr Häuschen günstiger verkaufen. Nur mal so, wenn die so "betroffen" tun.

  10. 28.

    Die Lösung: Einfach weiter raus ziehen spart im Schnitt richtig Geld beim Immobilienkauf.

  11. 27.

    War doch schon immer so, dass 1A Lage teurer ist als Hinterposepuckel. Neue Erkenntnisse = 0 .

  12. 26.

    Genau so ist es.
    Deshalb soll, wie ich kürzlich hier gelesen habe, in Berlin "die anhaltend hohe Nachfrage nach Eigentumswohnungen" mit entspr. Neubau (Herr Geisel) befriedigt werden. Tolle Aussichten für Mieter in Berlin und anderswo. Und v.a. wird in diesen Wohnungen schon jetzt Energie gespart. Man weiß nicht, ob man lachen o. weinen soll.
    So lange es wie von Ihnen beschrieben, so bleibt oder gar noch gefördert wird, werden wir das Wohnungsproblem nicht "in den Griff kriegen". Wenn dann gefordert wird zu enteignen, muss man sich nicht wundern. Ich bin gespannt, was Berlin mit diesem Votum machen wird. Dazu gab es in den berühmten 3. Progr. eine sehr interessante Film-Dokumentation.

  13. 24.

    Das sehe ich genau so.

    Hinzu kommt, dass die Kaufpreise derart günstig waren/sind, dass Zweitwohnsitze durch vorhandenes Vermögen ohne Finanzierung erworben wurde, also kein Finanzierungsrisiko.

    Die Vorteile eines ländlichen Zweitwohnsitzes sind unbestritten und viele werden es nicht mehr hergeben wollen, warum auch?

    Es bedeutet nicht selten auch ein Plus an Lebensqualität, einfach mal raus aus Berlin - das hat was und macht nicht unglücklich.

  14. 23.

    Bei der Inflation geschieht eher das Gegenteil.

    Preise für Bestandsimmobilien werden steigen, schneller als bei günstigen Zinsen.

  15. 22.

    Nachfrage regelt das Angebot und dieser Aspekt regelt den Preismarkt. Alles in der Marktwirtschaft korrekt, wenn nur der Osten endlich nach 33 Jahren gleiche Löhne und auch Renten bekommen würden, dann wäre vielleicht die Steigerung noch vertretbar, noch !!!

  16. 21.

    Der Bodenrichtwert hat nichts mit dem Kaufpreis zu tun. Es ist eben nur ein "Richtwert". Der Kaufpreis ist allerdings meistens höher, Angebot und Nachfrage.

  17. 20.

    "Die letzten zehn Jahre" sind wohl kaum ein repräsentativer Zeitraum. Das ist als hätten Sie (Anfang des Jahres) nach Aktienindexen gefragt, die auch mal mehr als 10% des Wertes verlieren.

    Fakt ist doch, dass die Verstädterung weltweit zunimmt, auch in Deutschland. Fakt ist auch, dass die Bevölkerung allgemein älter wird, und umso älter ist, je weiter man von einer Stadt weg ist. Wenn die Babyboomer, denen die Häuser auf dem Land gehören, so langsam das zeitliche segnen steigt das Angebot auf dem Land massiv an. Gleichzeitig sind das meist Häuser, die aufwendig renoviert werden müssen, um bezahlbar Heizen zu können. Das sind alles keine guten Voraussetzungen um hohe Verkaufspreise zu erzielen.

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