Nachforderungen trotz Preisgarantie - Kostensteigerungen beim Hausbau werden immer häufiger

Mo 26.09.22 | 06:11 Uhr
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Baustelle einer neuen Wohnsiedlung mit 14 Eigentums-Einfamilienhäuser, zwei erste Gebäude stehen im Rohbau. (Quelle: Jochen Tack/dpa)
Video: rbb Super.Markt | 26.09.22 | | Bild: Jochen Tack/dpa

Trotz Preisgarantien steigen die Kosten beim Hausbau in letzter Zeit häufiger an: Baufirmen erklären, der Ukraine-Krieg habe einen unvorhersehbaren Einfluss auf die Preisentwicklung bei Baustoffen. Für Betroffene steigen die Kosten oft um zehn Prozent.

Nach einer Recherche des rbb häufen sich zurzeit Fälle, in denen Baufirmen Nachforderungen an ihre Kunden stellen. Begründet wird das etwa mit Beschaffungsschwierigkeiten von Baumaterialien, Kostensteigerungen oder der "Störung der Geschäftsgrundlage".

Teilweise verlangen Firmen bis zu über zehn Prozent mehr als die vorab verabredete Summe. Der Traum vieler Eigenheimbauer ist in Gefahr. In sogenannten Preisanpassungsschreiben berufen sich Firmen mitunter auch auf den Ukraine-Krieg, der einen "unvorhersehbaren Einfluss auf die Preisentwicklung bei Baustoffen" hätte. Dieser sei bei der Vertragsunterzeichnung nicht absehbar gewesen.

Betroffene sollten den Anspruch erst prüfen

In der Kanzlei des Berliner Rechtsanwalts Wendelin Monz geht es derzeit bei 80 Prozent der Anfragen von Verbrauchern darum, dass Baufirmen mehr Geld als ursprünglich vereinbart fordern. Betroffenen rät der Experte im Verbrauchermagazin SUPER.MARKT zur Vorsicht: "Wenn Verbraucher ein solches Preiserhöhungsschreiben bekommen, müssen sie als erstes klären lassen, ob der Anspruch der Baufirma besteht oder nicht. Dann muss man sich als nächstes überlegen: wie viel Streit mit der Baufirma kann man sich wirtschaftlich leisten oder will man sich auch leisten? Denn klar ist: in der Regel will der Verbraucher, dass das Haus möglichst schnell fertig wird." Weiter rät der Experte des Bauherren-Schutzvereins, sich beraten zu lassen und mit der Baufirma einen Kompromiss zu suchen.

Ob Unternehmen bei privaten Bauverträgen, in denen Formulierungen wie Pauschal- oder Festpreis verwendet werden, nachträglich Preiserhöhungen durchsetzen können, ist nicht pauschal zu beurteilen. In einigen Verträgen bieten bestimmte Klauseln auch Schlupflöcher für die Firmen. In einem dem rbb vorliegenden Fall beruft sich ein Hersteller zum Beispiel nicht auf den eigentlichen Vertrag, sondern auf Paragraf 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Hier geht es um die Störung der Geschäftsgrundlage.

Bislang keine rechtskräftigen Urteile

Claudia Stoldt, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht erklärt dazu gegenüber dem rbb: "Paragraf 313 BGB bedeutet: wenn sich nach Vertragsabschluss Umstände schwerwiegend geändert haben, die sich auf diesen Vertrag auswirken, kann ich eine Vertragsanpassung verlangen. Grundsätzlich ist es erstmal richtig, wenn die Firma sagt, dass sich nach Vertragsabschluss schwerwiegende Umstände geändert haben. Das sind einmal die Beschaffungsprobleme bei Materialien und das zweite die extrem steigenden Kosten." Rechtskräftige Urteile bei Verbraucherbauverträgen im Zusammenhang mit dem Paragrafen gibt es bislang allerdings nicht, so die Anwältin weiter gegenüber dem rbb.

Die unvorhergesehenen Preissteigerungen für Baumaterialien stellt auch Wendelin Monz nicht in Abrede. Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht urteilt dennoch anders: "Die Preise sind deutlich gestiegen, aber das geht eben noch nicht so weit, dass man schon von einer Störung der Geschäftsgrundlage nach Paragraf 313 BGB sprechen könnte. Sondern im Moment ist es noch so, dass die Firmen eben gebunden sind an die Preise. Und dieses Risiko haben sie eben mit dem Festpreis übernommen."

Sendung: Super.Markt, 26.09.2022, 20:15 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Dann vielleicht nicht neu bauen, sondern lieber ein Bestandsobjekt kaufen: Wer nämlich ein bisschen raus ins Ländlichere ziehen kann und will, der bekommt Immobilien jetzt so günstig wie lange nicht. Am stärksten gefallen sind die Preise laut Immobilienportalanalyse im Brandenburger Kreis Oberspreewald-Lausitz (100 Kilometer südlich von Berlin). Von Januar bis Juli brachen die Preise für Eigentumswohnungen dort um mehr als 30 Prozent ein. Selbst in Potsdam sind die Preise um 8,3 Prozent gefallen.

  2. 37.

    ...oder bestätigt nur das Machtgefälle zwischen Mieter und Vermieter in Verbindung mit einem Gesetz, welches für Gesetzesbruches keine empfindliche Saktion vorsieht.

  3. 36.

    Ein Gesetz, welches Übertretungen erlaubt und als maximale Sanktion die Nichtigkeit der Übertretung vorsieht ... keine Ordnungsgelder, keine Strafen ... ist ein zahnloses Gesetz.

    Ein Ordnungswidrigkeits- oder strafbewehrter Gesetzesbruch würde das Geschäftsmodell des von Ihnen genannten Legaltechs doch empfindlich stören.

  4. 35.

    „Und woran liegt das?

    Die Leute gehen lieber auf die Straße und protestieren für niedrigere Mieten, als sich gegen den Vermieter zur Wehr zu setzen.

    Weil sie froh sind, überhaupt eine Wohnung zu haben?

    Es ist einfach, auf die Straße zu gehen und Dampf abzulassen. Effektiver aber ist es, gegen den eigenen Vermieter vorzugehen, zu sagen: Rüge, Klage, ich lass mir das nicht mehr gefallen. Aber es ist eben auch psychologisch kompliziert.“

    Der wirkliche Mietervertreter(nicht der Mieterverein !), bringt das Verhalten linker Mitbürger auf den Punkt.

  5. 34.

    Ihr Zitat: „Einer zahnlosen Mietpreisbremse“

    Ihr überholtes, linkes Märchen von der zahnlosen Mietpreisbremse möchte ich gerne durch ein aktuelles Zitat/Link eines „Mietervertreters per excellence“ widerlegen:

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/daniel-halmer-der-robin-hood-der-berliner-mieter-hat-viele-feinde-li.268578

    „ Die Mietpreisbremse jährte sich das erste Mal. Die Presse war voller Häme. Mietpreisbremse ist eine Totgeburt, hieß es überall. Ich holte Freunde vom Flughafen ab und las in der Zeitung, dass der erste Fall vor Gericht gewonnen worden war. Ich dachte, es scheint doch zu funktionieren, das Gesetz, es ist gar keine Totgeburt.“

    Was entgegnen Sie dem Juristen, Mietervereter und Chef von wenigermiete.de/Conny?

  6. 33.

    Da liegen Sie m. E. leider tendenziell falsch.

    Unzufriedenheit resultiert aus leeren, linken Versprechungen, s. Mietendeckel.

    DW und Co. enteignen warb beim Normalbürger an den Ständen für Unterschriften nachweislich mit der Absenkung der bestehenden Mieten.

    Das dies wirtschaftlich nicht funktionieren würde, war jedem nicht verblendeten Mitbürger klar, Verweis auf durchschnittlich günstige Mieten bei DW.

    Ein gutes Gesetz, also nicht eines wie beim Mietendeckel, muss also vorab von wirklichen Experten erörtert und gerichtsfest formuliert sein, sonst droht eine die nächste Schlappe - das wäre dann ein großer Vertrauensverlust.

    Last but not least bekommt die Initiative genau das, was von ihr bestellt wurde.

    Über ein fertiges Gesetz hätte die Initiative höchstpersönlich im Rahmen des Vorgangs abstimmen lassen können.

    Dafür war DW und Co. enteignen aber zu ängstlich, schwach.

    Lieber warb man mit Lügen, den sinkenden Mieten!

    Jetzt verlassen sie das sinkende Schiff.

  7. 32.

    Sie führen Materialpreise in die Argumentation, sauber bis zum Schluss wäre die Betrachtung, welchen Anteil diese am Gesamtpreis ausmachen vor dem Hintergrund weiterer benötigter Materialien, Personalkosten, Kosten für Bautechnik.

  8. 31.

    Mein Beitrag bezog sich auf Verträge, und die grundsätzliche gesetzliche Regelung , die der Vertragsfreiheit.
    In dem rbb24 Beitrag geht es um Verträge zwischen Baufirma und Bauherren in Sachen Eigenheim.

    Diese Nebenthemen, die haben keinen Bezug zum Thema, und außerdem gibt es hierzulande immer einen Rechtsweg, und .das ist die Realität auch der rechchtswidrige Mietpreisdeckel ist ein Beispiel von vielen.



    .

  9. 30.

    Genauso sieht’s aus ich brauchte damals kein Rentenbescheid vorlegen weil wir vorher fertig sind.

    Alles richtig gemacht mit der Immobilie.

  10. 29.

    Na Sie kennen sich anscheinend aus mit den löchrigen Regelungen beispielsweise einer Makler- und Bauträgerverordnung. Einer Marktmacht der Immowirtschaft, der Sie als Einzelner sehr nackt gegenüberstehen. Einer zahnlosen Mietpreisbremse.

    Da nicht auf Rechtsmittel zu setzen, wie hier im Beitragsbaum empfohlen, grenzt schon an starke Realitätsverweigerung.

  11. 28.

    Vielmehr ein Regierungshandeln, welches ein Votum mit den möglichen Mitteln versucht zu übergehen. M.E. ein weiterer Nährboden für Unzufriedenheit, die leider irgendwann ihren Ausdruck nicht mehr in "linker" Wirtschaftsystemkritik sucht. Sich stattdessen dem unheilvollen anderen systemkritischen Extrem zuwendet.

    Jenen, die auch hier im Forum fischen.

    Geholfen ist damit nur sehr wenigen.

  12. 27.

    Normalerweise finanziert man so, dass bis spätestens zum Renteneintritt die Immobilie bezahlt ist.

    In Zukunft wird die Immobilie für viele Bürger als zusätzlicher Baustein zur Rente immer wichtiger werden.

    Aber wieso bauen? Aktuell kann man bei Zwangsversteigerungen sehr gute Schnäppchen machen. Habe ich gerade getan und eine tolle Immobilie sehr günstig erworden. Der bisherige Eigentümer muss eh ausziehen. Allerdings sollte man das Gutachten vorher lesen.

  13. 25.

    Nur ist es in der Baubranche üblich, dass Zug um Zug bezahlt wird. Wenn ein Bauabschnitt fertig ist, wird bezahlt

    Wenn die Baufirma während des Baus pleite geht und Zahlung bei Übergabe vereinbart wurde, wird der Insolvenzverwalter den Kaufpreis trotzdem fordern.

    Auf den Vorschlag, erst bei Übergabe zu zahlen, lässt sich niemand ein. Welche Firma kann vorfinanzieren?

  14. 24.

    Ein schönes Beispiel wie Stahl alleine die Baukosten in die Höhe treibt.

    Durch die europaweit einheitlichen Baunormen ist vieles komplizierter geworden. Dadurch muss mehr Stahl in Geschossdecken verbaut werden, und zwar nicht, weil das besser ist, sondern es einheitlicher. Die Berechnung für alle europäischen Statiker wird einfacher, jedoch führt mehr Stahl nicht zu mehr Sicherheit oder anderem.

    Seit vier Monaten kann man von einer Stahlkrise sprechen. Letzten Herbst kostete die Tonne Baustahl noch 700 Euro, vor vier Wochen waren es 1400 Euro. Dabei ist Baustahl eine Massenware.

    Oder nehmen Sie den Schallschutz: Wenn die europäische Normen vorschreiben, dass in Gebäuden statt einer 18er Decke jetzt eine 24er Decke gefordert ist, dann bedeutet das 30 Prozent mehr Materialeinsatz, dies führt zu 30 Prozent höhere Kosten.

    Alleine die beiden Beispiele zeigen, wie ungemein der Neubau sich verteuert.

  15. 23.

    Wir haben in Deutschland die Vertragsfreiheit, und das bedeutet, keiner muss riskante Verträge abschließen, und dass auch das Kleingedruckte ein fester Bestadteil des Vertrages ist, das versteht sich von selbst.
    Ergo, keiner ist hier ausgeliefert.

  16. 22.

    „Oder sollte der Beitrag ironisch gemeint sein!?“

    Sie haben es erkannt.

    Ich wollte nur linkserleuchtet einen auf DW und Co. enteignen machen und damit deren Ideologie der Lächerlichkeit preisgeben. ;-)

    Taheri überlegt derzeit, da das Schiff sinkt, den Ausstieg der Initiative aus der Expertenkommission, s. gestriger Beitrag im Tagesspiegel.

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-jahr-nach-dem-enteignungs-volksentscheid-ich-glaube-nicht-dass-er-umgesetzt-wird-8682292.html?commentId=04369bdf-135f-466a-a3fd-75656e2da51e

    Nun ja, dann wäre es wohl wirklich eine Expertenkommission.

    Also viel heiße linke Luft und dann, wenn es nicht läuft, weglaufen (hier sogar bevor das Schiff sinkt).

    Viele Grüße

  17. 21.

    Genau mein Humor: Enteignung von Baufirmen mit allem was da noch dran hängt. Man muss sich solche abstrusen Vorstellungen einfach mal auf der Zunge zergehen lassen, ein staatliches Baukombinat baut mein Einfamilienhaus. Oder sollte der Beitrag ironisch gemeint sein!?

  18. 20.

    Man kann nur immer wieder raten, erst bei Abnahme und Schlüsselübergabe zu zahlen. Von einer Firma, die soweit nicht im voraus bauen und planen kann, sollte man die Finger lassen! Leicht erkennbar an Hochglanzprospekten und Preisen wie z.B. 237.479,60 Euro!

  19. 19.

    Ergänzend: Es muss zwischen vorhandenem Eigenkapital und eingesetztem Eigenkapital unterschieden werden. Gerade auch weil Fremdkapital ein Inflationsschutz darstellt. Als Eigentümer sollte man jedoch immer genug liquide Mittel in der Hinterhand behalten.

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