Vergleichsweise hohe Strompreise - Brandenburg drängt auf niedrigere Netzentgelte im Norden

Mo 17.10.22 | 19:43 Uhr
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Jörg Steinbach (SPD), Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg. (Foto: Bernd Settnik/dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 17.10.2022 | O-Ton Jörg Steinbach (SPD) | Bild: Bernd Settnik/dpa

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) berät mit Vertretern mehrerer Bundesländer, in denen viel Ökostrom produziert wird, wie hier die Stromkosten für die Bürger gesenkt werden könnten. Das sagte Steinbach am Montag dem rbb. Im Fokus seien dabei die Netzentgelte - also die Gebühren für das Stromnetz.

Jeder Nutzer des Stromnetzes in Deutschland muss einen Betrag an die Netzbetreiber zahlen. Dieses Netzentgelt kann für Verbraucher allerdings höher ausfallen, wenn in seiner Region mehr Strom produziert wird, als über die Netze abgeführt werden kann. Dann wird "abgeregelt" - also Anlagen, beispielsweise Windkraftanlagen, werden abgeschaltet. Der Stromproduzent kann dann für seine Einnahmenverluste Entschädigungszahlungen verlangen - und zwar über das Netzentgelt vom Verbraucher.

Auch in Brandenburg werde viel Ökostrom produziert, der wegen fehlender Netze oft nicht in Richtung Süddeutschland weitergeleitet werden könne, erläuterte Steinbach. Dann werde abgeregelt und die Verbraucher zahlten hier über höhere Netzentgelte einen höheren Strompreis. "Fair ist das ganz bestimmt nicht", sagte Steinbach am Montag dem rbb. "Im Moment werden wir ein bisschen dafür bestraft, dass wir vorbildlich sind, was den Ausbau der erneuerbaren Energien betrifft."

Mehrere Bundesländer im Norden und Osten - darunter neben Brandenburg auch Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern - drängen daher darauf, dass in Ländern, in denen viel Ökostrom produziert wird, die Netzentgelte anders berechnet werden.

Steinbach: Kernenergie vor allem im Süden erzeugen

Zum Streit um die Weiternutzung der Kernenergie sagte Steinbach, diese müsste vor allem im Süden erzeugt werden, wo es derzeit wegen fehlender Lieferungen aus Frankreich zu wenig Strom gebe. Zusätzlicher Atomstrom im Norden würde dagegen die Überschussmenge erhöhen und den Strompreis damit eher noch verteuern.

Im Atomstreit der Ampel-Koalition hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag angekündigt, dass alle drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 laufen sollen, wie es in einem am Montag veröffentlichten Schreiben von Scholz an das Bundeskabinett heißt. Der Kanzler berief sich dabei auf seine Richtlinienkompetenz innerhalb der Bundesregierung. "Es wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis längstens zum 15.4.2023 zu ermöglichen", heißt es in dem Schreiben.

Sendung: rbb24 Spätausgabe, 17.10.2022, 21:45 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Diese Gefahr besteht nicht. EEG-Anlagen haben Vorrang in der Einspeisung. Erst wenn von diesen Anlagen nicht genug Strom ins Netz abgegeben wird, kommen die Konventionellen zum Zuge. Das wird alles durch die Netzbetreiber austariert, aber immer zum Vorteil der Erneuerbaren. Das ist gesetzlich so geregelt. Also keine Angst: die EEG-Konzerne kommen auf ihre fest eingeplante Rendite, auch wenn der in den Spitzen anfallende Überstrom nicht abgenommen werden kann.

  2. 11.

    Der Strompreis koennte sofort massiv sinken, wenn die Merritt Order bei der Preisbildung endlich außer Kraft gesetzt wuerde

  3. 10.

    Wir bekommen hier nur Halbwahrheiten zu hören. "Hintergrund ist, dass die Strompreise in Brandenburg unter anderem wegen der Netzentgelte so hoch sind. Diese steigen, weil überschüssiger Strom, der über die Netze nicht abgeführt werden kann, abgeriegelt werden muss. "
    Die derzeitige Explosion der Kosten hat nur indirekt Kosten für Netzabregelungen zu tun, es sind die hohen Börsenpreise, die derzeit explosiv steigend letztendlich für den Redispatch und Netzentgelte anfallen.
    Hinzu kommt, dass bewusst die Kabellösungen für das HöS-Netz mit fast 8-fachen Kosten gegenüber einer Freileitung politisch gewollt waren. Netzplanungen unter rot-grün wurden bewusst zeitlich begrenz angesetzt und so nur 800km Netzausbau prognostsiziert. Jahre später waren es dann bereits 400okm, weil man so weit nicht schauen wollte und logsicherweise auch nicht mit den Planungen für solche Netz begonnen.
    Letztendlich sind politische Entscheidungen, die jetzt betriebswirtschaftliche Folgen zeigen.

  4. 9.

    "Die Fehler (wie haben Sie das ermittelt?) im System lassen sich nicht so einfach beheben, da hier immer noch Interessen von einzelnen Lobbyisten (die Bedeutung von Lobbyisten ist unstrittig und als "Schimpfwort" ungeeignet) überwiegen."

    Die Komponenten Zeit und Geld wiegen so stark, dass Sie sie keinesfalls außer Acht lassen sollten: Leitungen müssen her...

  5. 8.

    Dann würde es in meiner Kommune ganz schön dunkel aussehen. Sie ist schuldenfrei, will aber nicht in EE investieren und auch kein Programm für die vielen optimal ausgerichteten Dächer auflegen. Lieber schwimmt man weiter im Geld.

  6. 7.

    Nach dem Machtwort des Kanzlers, sind die erhöhten Entgelte jetzt doch hinfällig!

  7. 6.

    Seit Jahren fordere ich Ökostrom da zu erzeugen wo er genutzt wird vor Ort und nicht nach kapitalistischen Gewinnlmaximierungsgesichtspunkten dort wo er am billigsten ist. Geht nicht immer aber immer öfter. Es fehlt nur am politischen Willen.

    Energie gehört in kommunale Hände.

  8. 5.

    Deshalb wird derzeit die Anbindung der Uckermark nach Neuenhagen von 220 kV auf 380kV neu gebaut. Das sollte das Problem sehr bald lösen. Dann steht auch der polnische Markt besser zur Verfügung.
    Hauptproblem für den Nordosten Deutschlands bleibt aber Südostlink bzw. das Fehlen dieser Verbindung.

  9. 4.

    Windkrafträder werden auch von großen Konzeren gebaut und betrieben und diese drängen mit ihrer Lobby noch mehr Windkrafträder zubauen, auch dort wo jetzt schon massive Überproduktion ist und der Strom nicht nicht wegkommt.
    Laut einen älteren Artikel exportiert die Uckermark 80% Strom und es sollen noch mehr WKR gebaut werden und werden auch gebaut. Was machen die dann, die Hälfte ist aus dem Wind gedreht weil der Strom nicht gebraucht wird. Trotzdem sollen immer mehr gebaut werden. Wieso steht im Artikel WKR Lobby , Große Konzerne und something for nothing.

  10. 3.

    Scheiß Physik ;-) wir haben zur falschen Zeit zuviel Strom und zur falschen Zeit zu wenig Strom. Ein Speicher für die erneuerbaren Energien ist dringend notwendig, und das ist nicht das Netz!

  11. 2.

    Sagen Sie doch so wie es ist! Wir brauchen die Reserveblöcke in Jänschwalde nicht, da man die Energie nicht dort hin bekommt wo man sie benötigt. Vornehmlich werden regenerative Quellen aus dem Netz verdrängt. Windräder und PV-Anlagen werden vom Netz genommen und die Betreiber werden Entschädigt ohne etwas geleistet zu haben. Hier geht es im Prinzip doch nur um die Interessen großer Konzerne unliebsame Quellen aus dem Netz zu verdrängen und andere dafür zahlen zu lassen.

    Das gleiche Problem besteht um die Diskussion um das dritte AKW welches die FDP führt. Die Fehler im System lassen sich nicht so einfach beheben, da hier immer noch Interessen von einzelnen Lobbyisten überwiegen. Vielleicht sollte auch Herr Steinbach erkennen das diese ganz schlechte Berater sind!

  12. 1.

    " weil überschüssiger Strom, der über die Netze nicht abgeführt werden kann "

    wer blickt da noch durch ? alles irre... zur Stromerzeugung wird Gas verbrannt und hier ist von überschüssigem Strom
    die Rede und von Netzentgelten

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