Berliner Senat und schwedischer Energiekonzern - Berlin kauft Fernwärmenetz von Vattenfall
Das Land Berlin übernimmt das Fernwärmenetz der Hauptstadt vom schwedischen Energieversorger Vattenfall. Man habe sich auf einen Kauf des Netzes durch den Berliner Senat geeinigt, teilten beide Seiten am Dienstag mit.
- Berlin kauft Fernwärmenetz von Vattenfall - Deal zwischen Senat und Konzern
- Finanzsenator geht von 1,6 Milliarden Euro aus - entspräche der Forderung Berlins
- Abgeordnetenhaus muss noch zustimmen
Das Land Berlin kauft das Fernwärmenetz der Hauptstadt vom Energieversorger Vattenfall. Das teilten der Berliner Senat und der schwedische Konzern Vattenfall am Dienstag mit. Das Parlament muss dem noch zustimmen.
Beide Seiten einigten sich auf einen Kauf durch den Berliner Senat, wie der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU) und Vattenfall mitteilten. "Wir werden uns [...] bei 1,6 Milliarden Euro einpendeln", sagte der Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zum Kaufpreis. Das Finanzierungskonzept werde der Senat im ersten Quartal 2024 im Abgeordnetenhaus vorlegen. Vollzogen werde die Transaktion im Frühjahr.
Wegner: "Historischer Tag"
Wegner sprach von einem historischen Tag für Berlin. Der Deal umfasse auch eine Option auf die Übernahme der Vattenfall-Anteile am Gasnetzbetreiber Gasag, hieß es.
Wegners Stellvertreterin und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) sagte am Mittwochmorgen im rbb24 Inforadio, mit der Entscheidung sei eine der wichtigsten energie- und klimapolitischen Weichenstellungen dieses Jahrzehnts gelungen. "Es geht darum, dass Berlin den Einfluss auf die Versorgungssicherheit und auch auf die Preisstabilität gewinnt. Das ist ganz anders möglich, als wenn irgendein Fonds mit höchstmöglicher Renditeerwartung unsere Berliner Fernwärme in den Händen hält", sagte Giffey.
Man habe schon sehr gute Erfahrungen gemacht, als Wasser und Strom wieder in Landeshand zurückgekommen seien, so Giffey. Bei der Preisgestaltung sei man natürlich von den Entwicklungen des Weltmarkts abhängig. "Aber Berlin wird die Preise immer unter dem Aspekt des unbedingt Erforderlichen gestalten und nicht aufgrund des Aspekts der höchstmöglichen Renditeerwartung", sagte Giffey.
Berlin war einziger Bieter
Vattenfall hatte im Mai 2022 verkündet, sein Geschäft mit Fernwärme für 1,4 Millionen Wohnungen in Berlin auf den Prüfstand zu stellen. Der Berliner Senat hatte daraufhin sein Kaufinteresse bekundet und beteiligte sich am Bieterverfahren, das Vattenfall Anfang Dezember 2022 begonnen hatte. Ende Oktober dieses Jahres nahmen der Senat und Vattenfall exklusive Verhandlungen auf - Berlin war einziger Bieter.
Ein zentraler Punkt in den Verhandlungen war der Preis: Der Senat hatte laut Insidern stets klar gemacht, dass der von Vattenfall avisierte Preis von drei bis vier Milliarden Euro nicht akzeptabel sei. Berlin strebte eine Summe von weniger als zwei Milliarden Euro an.
Außerdem wollte der Senat das Geschäft mit einer Übernahme der Gasag verknüpfen. Vattenfall müsste dafür seine Anteile an der Gasag abtreten, während Berlin im Gegenzug etwas mehr als 50 Prozent der Anteile übernehmen und Mehrheitseigner der Gasag werden würde. Die beiden bisherigen Mit-Eigentümer, das Unternehmen Eon und der französische Energiekonzern Engie, müssten ihre Anteile von jeweils rund 30 Prozent entsprechend anpassen.
Seit Jahren arbeitet die Berliner Landesregierung daran, sämtliche Energie- und Versorgungsinfrastrukturen in öffentlicher Hand zu betreiben. Das Strom- und Wassernetz gehört bereits dem Land, nun kommt das Fernwärmenetz hinzu. Das Gasnetz bleibt hingegen auf absehbare Zeit weiter privat.
Vattenfall will sich von fossilen Energieträgern verabschieden und stellte sein Geschäft mit Fernwärme in Berlin auf den Prüfstand. Doch eine endgültige Entscheidung über einen Verkauf stand bis zuletzt aus. Dennoch hatte das Unternehmen erst kürzlich Investitionen von
200 Millionen Euro in das Netz angekündigt. Sowohl eine Industrie-Wärmepumpe als auch eine neue Dampfturbine sollen am Standort Reuter West installiert werden.
Sendung: rbb24 Abendschau, 19.12.2023, 19:30 Uhr