Umbenennung am 21. August - Berlin bekommt einen Rio-Reiser-Platz

Di 02.08.22 | 12:46 Uhr
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Blick auf den Heinrichplatz im Berliner Bezirk Kreuzberg. Der Platz soll bald in Rio-Reiser-Platz umbenannt werden. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Audio: Inforadio | 02.08.2022 | Lukas Kuite | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Die Planung laufen schon länger, nun sind auch Anwohner-Einsprüche aus dem Weg geräumt. Rio Reiser, Musiker und Frontsänger von Ton Steine Scherben, wird in Berlin mit einem nach ihm benannten Platz geehrt. Das ist aber noch nicht alles.

Der vor fast 26 Jahren gestorbene Musiker Rio Reiser bekommt offiziell einen nach ihm benannten Platz: Am 21. August soll der Heinrichplatz in Berlin-Kreuzberg mit einer Feier umbenannt werden, wie der Bezirk am Montag bekanntgab.

"Der Rio-Reiser-Platz erinnert uns nicht nur daran, wie Musik eine ganze Generation und einen Stadtteil prägen kann, sondern auch daran, dass die Stadt den Menschen gehört", teilte Clara Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, mit.

Auch die Buslinie M29 vollzieht die Wandlung in Kreuzberg direkt mit. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen die Haltestelle zeitgleich von Heinrichplatz in Rio-Reiser-Platz umbenennen.

Widersprüche wegen Unzulässigkeit abgewiesen

Die Pläne des Bezirksamtes waren im April des vergangenen Jahres im Amtsblatt veröffentlicht worden. Von Anwohnerseite gab es daraufhin vier Widersprüche. Diese wurden im Oktober als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen habe es innerhalb der entsprechenden Fristen keine Klagen beim Verwaltungsgericht gegeben, sagte eine Sprecherin der dpa in Berlin. Somit ist die Ehrung von Reiser (1950-1996) durch. Die Entscheidung war umstritten, etwa weil die männerlastige Liste von Straßen und Plätzen eigentlich durch Frauennamen aufgelockert werden soll.

Der in der Szene populäre Platz an der Oranienstraße mit vielen Kneipen, Bars und Clubs heißt bisher Heinrichplatz. Er ist benannt nach Heinrich von Preußen (1781-1846), einem jüngeren Bruder des Königs Friedrich Wilhelm III. (1770-1840).

Archivbild: Der Sänger Rio Reiser, aufgenommen im Dezember 1987 (Quelle: dpa/Horst Galuschka)Rio Reiser und die Bandmitglieder lebten in den 1970er Jahren in einer WG in Kreuzberg

Einweihungsfest mit Ton Steine Scherben

Auf dem Einweihungsfest sollen den Angaben zufolge Reisers Band Ton Steine Scherben sowie Il Civetto, Bungalow-Gang und "Mein Name ist Mensch" auftreten. Die Schauspielerin Laura Tonke soll Texte von Rio Reiser lesen.

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth wird erwartet. Die Grünen-Politikerin war in den 1980er Jahren einige Jahre Managerin von Ton Steine Scherben. "Mit dieser Einweihung feiern wir die symbolische Rückkehr von Rio Reiser nach Hause, in einen Bezirk, in dem er jahrelang zuhause war", sagte Roth nun zur Umbenennung des Platzes. Es sei seine politische Überzeugung gewesen, sich offen und selbstbewusst zur eigenen Homosexualität zu bekennen.

Umbenennung bereits 2019 beschlossen

Die Umbenennung des Heinrichplatzes war bereits im November 2019 von der Bezirksverordnetenversammlung mit großer Mehrheit beschlossen worden. Die Bandmitglieder lebten in den 1970er Jahren in einer WG in Kreuzberg.

Mit Songs wie "Keine Macht für niemand" oder "Macht kaputt, was euch kaputt macht" wurden die Scherben zu Idolen der linken Szene. 1985 zerbrach die Band, Reiser startete eine erfolgreiche Solokarriere ("König von Deutschland", "Junimond"). Ralph Möbius, so sein bürgerlicher Name, starb 1996 im Alter von nur 46 Jahren.

Sendung: rbb24 Abendschau, 02.08.2022, 19:30 Uhr

27 Kommentare

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  1. 27.

    @ Kurt, mir ist Reiser bekannt als Musiker mit Texten, die wahrscheinlich nicht jedem genehm waren. Aber wann und wo war er denn ein Krawallmacher. Ich lasse mich da gerne belehren.

  2. 26.

    @ Heidemarie, einen Mehrwert für die allermeisten Berliner haben doch viele Kommentare und Kommentatoren auch nicht und trotzdem dürfen sie (Sie).

  3. 25.

    Völlig überflüssig einen Linksradikalen Krawallmacher so ehren zu wollen. Ach ja, Musik hat er ja auch gemacht.

  4. 24.

    Das ist mir alles klar. Dennoch offenbart sich für mich in dem Aktionismus der Umbenennung von Straßen und Plätzen eine Fokussierung auf im Grunde Nebensächliches.
    Ein bestimmtes Klientel wird in seiner Wohlfühlblase bedient.
    Ich bezweifle einen Mehrwert für die allermeisten Berliner.

  5. 23.

    Sind Sie schon einmal auf die Idee gekommen, dass man einen Platz umbenennen und dennoch an der Lösung anderer Probleme arbeiten könne? Weder das Bezirksamt noch die Bezirksverordnetenversammlung werden von einer einzigen Person betrieben. Im Übrigen stehen bei Ihren Gegenbeispielen unterschiedliche politische Ebenen in der Verantwortung. Wer das vermischt, sollte nicht erwarten, dass solche Argumente ernst genommen werden.

  6. 22.

    Na, Sie sind ja mal ein ganz Schlauer. Aber dem Kommentator ging es in seiner Antwort auf GMA um die Postanschrift, die kein dort ansässiger Bewohner ändern muss, da es diese eben nicht gibt.

  7. 21.

    Heinrichplatz, Berlin
    https://maps.app.goo.gl/qjeNmZKye8Fscape8

  8. 20.

    Berlin hätte so viele Probleme zu lösen. Die jahrelang verschobene Sanierung von Schulen oder öffentlichen Gebäuden, U-Bahnhöfen usw. Oder die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Berliner Behörden.
    Aber anscheinend ist es wichtiger, "Zeichen zu setzen".
    Ein bestimmtes Klientel soll in Kreuzberg offenbar bei Laune gehalten werden. Kostet ja auch nichts...

    Enttäuschend!

  9. 18.

    "... die Mutigsten aber kämpfen ihr Leben lang." So wurde es heroisch beschworen und genau diese Einstellung war dann auch der Grund, weshalb bestimmte Menschen trotz aller Veränderungen aus ihren Kampfanzügen nicht mehr herauskamen. Irgendein Feind wird doch noch zu finden sein.

    Das war das Schicksal von Robert Mugabe und auch von Daniel Ortega.

    Klar ist: Das Wesentliche ist immer noch ungelöst: Die Waren- und Geldwirtschaft ist immer noch vorrangig gegenüber der menschlichen Achtung in all ihren Facetten. Dieser Platz im Kiez könnte Anlass sein, genau das als kulturpolitischen, weniger aber parteipolitischen Anstoß zu nehmen.

  10. 17.

    Wird echt schlimm, wenn die neue BVG Stimme die Haltestelle ansagen wird. Beim Anton Saefkow Platz klingt das, als wenn sie einen sowjetischen General benennt (keinen Widerstandskämpfer). - Ich hätte Rio einen richtigen Platz gewünscht.

  11. 16.

    FALSCH! RICHTIG ist, dass Sie lediglich DENKEN, dass......
    Können Sie den Unterschied in der tatsächlichen Gewichtung erkennen?
    Zudem: Ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung! Sind Sie in der Politik tätig?

  12. 15.

    Meinen Sie den Hauptmann von Köpenick? Wäre ja schon ein paar Jahre her; etwas hat sich hier schon geändert... :))

  13. 14.

    Sowas schreibt man auch nur in Köpenick - dem Bezirk der einem scheinbar Wirren auf dem Leim ging.
    Ihre Polemik ist anwidernd - aber Ihr Nick spricht ja auch Bände.

  14. 13.

    Das ist nicht mehr sein Kiez und ich bin mir fast sicher - er wäre einer der Ersten, die gegen Gentrifizierung und Mietenwahn auf die Straßen gegangen wären. Aber gut dass der Platz zu seinen Ehren umbenannt wird - auch wenn es einige anstinkt - und das ist auch gut so.

  15. 12.

    Was war denn die Begründung, daß genau dieser Platz nicht mehr den alten Name tragen durfte? Dazu steht überhaupt nichts im Artikel und es erscheint wie eine politische Laune, weil man es halt kann. Oder ging es darum den Namen Heinrich v. Preußen zu tilgen (dann müßte man aber auch an den Namen Kaisr-Wilhelm-Gedächtniskirche ran)? Könnte dazu noch etwas ergänzt werden?

  16. 11.

    Die BVV musste sich wegen widersprüchlicher Ideologie damals ziemlich winden.

  17. 10.

    Dieser Platz ist dermaßen klein und unbedeutend. Rio hätte dem übrigens niemals zugestimmt. Solch eine Ehre wollte er nie an seine Backe haben. Soviel dazu.

  18. 9.

    Aus meiner Sicht völlig unnötig. Diese ganze Umbenennen kostet nur unnötig Geld. Die Anwohner werden sich noch ärgern, keinen Einspruch eingelegt zu haben, wenn sie sich einen Termin beim Bürgeramt machen müssen um die Anschrift in Ausweis usw. ändern zu lassen.

  19. 7.

    Sein bürgerlicher Name ist Rio Reiser, er hat den Namen ändern lassen.

  20. 6.

    Och, keine Sorge, Herr Doktor!
    Das wird schon noch.
    Denn leider war ja der arme Kerl Rio nicht der letzte alkoholkranke Wirrkopf, nicht?

  21. 5.

    Schade, dass er nicht mehr König von Deutschland werden konnte. Mit seinem Programm würde es in Deutschland jetzt besser sein!

  22. 4.

    Im Zuge der Genderisierung der Gesellschaft könnte es ja auch sein, dass sich Rio Reiser - zumindest zeitweilig - als Frau gefühlt hat.
    Dann wäre die Umbennung des Platzes nach ihm ja im Sinne der Beseitigung der "Männerlastigkeit"!

    Wieso wird bei der Vergabe von Strassen- und Platznamen eigentlich noch immer das Geschlecht betrachtet?
    Ist das nicht auch sexistisch und genderunneutral?

  23. 3.

    Ein echter Meilenstein Berliner Politik, der die Stadt erheblich voranbringen wird.

    Rio ich hoffe, Sie rotieren nicht in Ihrem Grab.

  24. 2.

    Wieder ein Stück Stadtgeschichte ausgelöscht. Aber gut zu wissen, dass Rio Reiser eine Frau war. Denn nur noch nach Frauen sollen ja in Friedrichshain-Kreuzberg laut BVV-Beschluss Straßen benannt werden, bis auf den Straßenschildern endlich Geschlechtergerechtigkeit herrscht. Wir erinnern uns an das Theater um Moses Mendelssohn, der nur mit Hilfe seiner Frau aufs Straßenschild durfte.

    P.S.: Den Heinrichplatz (und nicht, wie zunächst geplant, den Mariannenplatz) hat es übrigens vor allem deshalb getroffen, weil alle Häuser an ihm zur Oranienstraße zählen. Er hat keine eigenen Hausnummern, also können sich auch keine Anwohner beklagen, dass sie nun ihre Anschrift ändern sollen. Und die Feierabendpolitiker in der BVV haben mal wieder gezeigt, dass sie doch irgendwie wichtig sind.

  25. 1.

    Er wird sich im Grab umdrehen, wenn er hören würde, dass die gegen die er sich stellte ihn nun ehren.
    Selbst Hausbesetzer sind nichtmehr heilig, schlimm!

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