Interview | Corinna Harfouch als "Tatort"-Kommissarin - "Mir war nicht klar, was das für eine Riesenwelle schlägt"

So 09.04.23 | 10:24 Uhr
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Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) ermitteln in ihrem ersten gemeinsamen Fall. (rbb/Pascal Bünning)
Audio: rbb Kultur | 08.04.2023 | Silke Mehring | Bild: rbb/Pascal Bünning

Ab diesem Sonntag ermittelt Corinna Harfouch erstmals als Berliner "Tatort"-Kommissarin. Warum sie in Pumps auf Verbrechersuche geht und wieso sie der "Tatort"-Stoff auch privat bewegt, sagt die Schauspielerin im Interview mit rbb|24.

rbb|24: Corinna Harfouch, was war Ihre erste Reaktion, als der Anruf kam: Sie sind unsere Wunschkandidatin als “Tatort”-Kommissarin.

Corinna Harfouch: Ich war verblüfft. Ich habe zwar schon früher solche Angebote erhalten, aber ich habe immer gesagt, ich würde das nicht machen wollen, man ist damit zeitlich so besetzt. Aber jetzt wäre ich niemals auf die Idee gekommen, “Tatort”-Kommissarin zu werden, weil ich schon in einem gewissen Alter bin. Gerade deswegen hat es mich interessiert.

TV-Tipp

Die LKA-Beamtin Susanne Bonard, die Sie spielen, geht in schicken Pumps auf Verbrechersuche. Ihre Kommissarin ist gleichzeig sinnlich, aufregend und elegant.

Ich habe ein bisschen darum gekämpft, dass sie eine Frau ist, die gern eine Frau ist, und die das auch in ihrer Kleidung zeigt.

Tatort ist seit einiger Zeit Kult, auch junge Leute gucken sich das zusammen in Bars an. Wie haben denn Ihre Familie und Freunde auf Ihre Entscheidung reagiert, die Rolle anzunehmen?

Da ich das selbst immer voller Zweifel und ein bisschen geniert vorgetragen habe, haben mir immer alle zugeredet und gesagt: ist doch super. Mir ist bis dahin gar nicht klar gewesen, was das für eine Riesenwelle schlägt. Ich muss ehrlich sagen, ich bin keine professionelle "Tatort"-Guckerin. Ich wusste nicht, dass das so eine große Aufmerksamkeit erregt.

Haben Sie für diese Rollen ein spezielles Training bekommen, zum Beispiel mit der Waffe.

Nein (sie lacht), aber ich habe schon für andere Rollen Waffentraining gehabt. Für diese Rolle ist das nicht nötig, sie kann gar nicht mit der Waffe umgehen. Die Waffe ist nicht ihr Hauptwerkzeug. Sie möchte das auch nicht, glaube ich. Und das finde ich auch ganz schön.

Susanne Bonard ist eine Professorin, die dann zurückgeht auf die Straße. Was zeichnet sie als Ermittlerin aus?

Ich wünsche mir, dass sie eine menschliche, erfahrene, kluge, professionelle Frau ist, die ein bisschen was auf dem Kasten hat, und aus ihrer Lebenserfahrung heraus die Menschen ganz verschieden wahrnimmt und anspricht. Das wünsche ich mir auch für die Entwicklung der Figur: Dass ihre Stärke im Gespräch liegt, in der Wahrnehmung und der Empathie, aber natürlich mit dem absoluten Ziel, etwas herauszubekommen.

Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Kollegen Mark Waschke, der den Ermittler Robert Karow spielt, einen schwierigen, manchmal unberechenbaren Typen?

Mit Mark als Kollegen ist es ohne Übertreibung fantastisch. Er ist inspirierend er ist klug, er ist amüsant. Er ist richtig komisch, ein großartiger Improvisator. Man sieht das manchmal nicht in seiner Rolle – warum auch immer.

In “Nichts als die Wahrheit” geht es auch um rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Polizei. Der Film hat eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz. Wie wichtig ist Ihnen diese Ausrichtung?

Sehr wichtig. Ich ringe mit dieser Nazi-Vergangenheit, wer ich wohl gewesen wäre in dieser Zeit. Das beschäftigt mich immer wieder. Ich habe dazu keine moralische Haltung, aber ich halte es für möglich, dass es kippt in diesem Land, weil es dafür durchaus Anzeichen gibt. Und das, was dargestellt wird im “Tatort”, ist eben leider nicht nur Fiktion. Das ist vielleicht etwas zugespitzt, aber es ist nicht irreal oder völlig absurd. Es ist einfach da. Und ich finde gut und wichtig, dass wir das zeigen. Wie das die Zuschauer aufnehmen, das ist eine völlig andere Frage.

Auch Berlin wirkt ganz anders in diesem “Tatort”. Vorher war die Stadt eher kiezig, Meret Beckers Figur Nina Rubin war viel im Berliner Nachtleben unterwegs. Jetzt hat sie etwas von einer politischen Machtzentrale. Was ist Ihr persönliches Berlin?

Ich lebe schon lange auf dem Land. Ich wohne nicht mehr in Berlin. Berlin ist mir ganz fremd geworden, ehrlich gesagt. Ich finde an Berlin schön, dass man so viele verschiedene Lebensentwürfe mitbekommt. Gleichzeitig gibt es sehr verschiedene voneinander getrennte Welten. Ich muss sagen, es macht mir manchmal Sorgen, dass wir uns nicht so richtig begegnen in dieser Stadt.

Gibt es eine Art Kraftort für Sie in Berlin?

Ja, mein Deutsches Theater, da spiele ich sehr gerne. Und das wird auch so bleiben.

Was wünschen Sie sich für die "Tatorte", die jetzt kommen?

Vielleicht ein bisschen mehr Klarheit. Es wird sehr viel verhandelt in dieser Folge, ich habe das Gefühl manchmal etwas zu viel. Dass man es ein bisschen ausdünnt. Und dass die Figur weiterhin die Möglichkeit bekommt, einfach mit den verschiedenen Menschen verschieden zu reden. Denn ich glaube, das ist ihre Art, in eine Verbindung mit ihrem Gegenüber zu treten. Und dann auch etwas herauszubekommen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mit Corinna Harfouch sprach Frauke Gust für rbb|24.

Sendung: rbb Kultur, 08.04.2023, 11:45 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Super spannender Tatort. Ermittlungsteam passt gut zusammen. Toll das Corinna Harfouch dafür ausgesucht wurde.Freue mich jetzt schon auf den nächsten Berliner Tatort.

  2. 13.

    Während in Berlin der antisemitische Mob, von der Polizei nahezu unbehelligt durch Berlin ziehen und "Tod Israels" skandieren, wird im "Tatort" auf Nazis in der Polizei jagt gemacht.
    Ist das noch Unterhaltung oder war das schon Haltungsfernsehn?
    Gott sei Dank, gab es zum X-mal Ben Hur bzw. Gladiator oder Das Leben des Brain.
    Heute gibt es im ZDF "Nord, Nord, Mord", allemal besser als das gendertegerechte Erziehungsfernsehn.

  3. 12.

    Am Berlinern müssen wa noch üben. Aber dit krigste ooch noch hin. Recht haste trotzdem

  4. 11.

    Nachtrag. Habe mir heute diesen Tatort nachträglich angeschaut und er hat mich überzeugt. Mit Corinna Harfouch klasse besetzt. Mark Waschke sowieso. Freu mich auf den zweiten Teil.

  5. 10.

    Finde das Haar in der Suppe, oder so ähnlich. Jetzt wird mal dieses doch recht heikle Thema gebracht und schon stimmt alles vorne u.hinten nicht. Na was denn nun? Ich möchte unterhalten werden durch einen eventuell ausgezeichneten Krimi in Kurzweil. Wir Zuschauer/innen wissen bereits, mal wird beim Tatort alles mit eingebaut was geht und bei anderen Folgen ist es schon ein Kammerspiel. Der Berliner Tatort hinkte mit Meret Becker. Sie war einfach für diese Rolle nicht geeignet.
    Jetzt bekommt dieser Tatort eine neue Kommissarin u.das ist auch gut so. Nun setze ich mich in meinen Sessel und schau mir in aller Seelenruhe diesen Krimi in d.Mediathek an.

  6. 9.

    Eine tolle Schauspielerin!
    Aber so ein [...] Drehbuch rettet selbst sie nicht mehr.

  7. 8.

    Klingt wie ein Schwabe, der versucht zu Berlinern. Aber nicht wie jemand, der wirklich in Berlin geboren wurde.

  8. 7.

    Mal wieder ein Tatort den ich ausgemacht habe.Was wird da für ein Bild von der Berliner Polizei gezeichnet.Völlig überzogen!
    Rassistische Lehrmethoden und Polizistinnen mit tätowierten Odal Runen.Man kann die Problematik auch verfilmen ohne maßlos zu übertreiben!




  9. 6.

    Ein sehr guter Tatort aus Berlin zu brisantem Thema. Harfouch und Waschke matchen. Freue mich auf Teil 2.

  10. 5.

    Tja icke bin hier geboren und aufjewachsen und det is jut so .
    Ick wohnte für een Jahr als Exilberliner im Umland nie wieder det war een fataler Fehler.
    Meen Berlin wird von Möchtegern Berliner japuut jemacht.
    Ick liebe Berlin und wer det net tut soll verduften.

  11. 4.

    Jetzt wird im Tatort auch schon gegendert…..

  12. 3.

    Auch ich wohne seit 19 Jahren nicht mehr in Berlin. Im Land Brandenburg, Teltow, habe ich mein zu Hause gefunden. Wenn ich nach Berlin komme, merke immer deutlicher, wie sich die Stadt veränderte. Ich brauche, ja nur über den Teltow Kanal gehen und bin schon wieder, in meiner Geburtsstadt.

  13. 2.

    "Ich wohne nicht mehr in Berlin. Berlin ist mir ganz fremd geworden, ehrlich gesagt."

    Zuviele zugezogene Leute, die denken zu wissen wie man als Berliner sein muss
    Schade, aber ich wurde quasi umgezogen ohne umgezogen zu sein.

  14. 1.

    Corinna ist eine tolle, erfahrene Schauspielerin.
    Zum Interview muss ich sagen - ja, Berlin ist nicht mehr das schöne, unbeschwerte und offene Berlin. Die Politik hat viel zerstört, Menschen in Schubladen gesteckt und gegeneinander antreten lassen nach Weltanschauungen und Mobilität. Wir verlassen diese Moloch mit Renteneintritt auch. Hier gehen sich alle täglich an die Gurgel und das schien unter RRG gewünscht zu sein.

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