Konzertkritik | Herbert Grönemeyer in Berlin - Ein Volksfest für die Fans

Mo 22.05.23 | 08:15 Uhr | Von Silke Mehring
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Archivbild: Herbert Grönemeyer Herbert Grönemeyer in der Kieler Wunderino Arena am 16.05.2023. (Quelle: Imago Images/Frank Peter)
Audio: rbb24 Inforadio | 23.05.2023 | Silke Mehring | Bild: Imago Images/Frank Peter

Anfang Juni kommt er noch mal in die Waldbühne, am Sonntag war Herbert Grönemeyer in der Mercedes Benz-Arena zu Gast. Volle drei Stunden lang sang er fast alle großen Hits, die sich seit den 1980er Jahren ins kollektive Musikgedächtnis eingebrannt haben. Von Silke Mehring

Ein bisschen sieht er von weitem aus wie Balou der Bär, ein bisschen wie ein Flummi in Turnschuhen, wie er mit eigenwilligen Bewegungen über die Bühne hüpft und tänzelt. Eitel ist Herbert Grönemeyer nicht, war er nie: Er lacht, gibt zu, dass er schwitzt wie in der Sauna - und hüpft gleich noch ein bisschen höher.

Grönemeyer feuert sie einem nach dem anderen ab, seine vielen großen Hits

Grönemeyer feuert sie einen nach dem anderen ab, seine vielen großen Hits: "Alkohol", "Bochum", "Vollmond", "Was soll das", "Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist", "Halt mich, Mensch", "Mambo", "Männer" und noch viel mehr - in gewohnter Manier, ebenso unverständlich wie knödelig. Auf einer Bühnenzunge zappelt er rum, steht gefühlt mitten im Publikum.

Während eine neunköpfige Band ein bisschen breiig im Hintergrund dröhnt, scheinen auch die Fans zu einer einförmigen Masse zu werden: Sie verschmelzen zu einem einzigen Armeschwenken, Klatschen, Gröhlen, Mitsingen. In der Mercedes-Benz-Arena fühlt es sich mittlerweile an wie im überhitzten Fußball-Stadion.

Nach einer knappen Stunde – die Klänge einer E-Gitarre fetzen jaulend durch die Luft – klingt es kurz, als ginge Grönemeyer die Puste aus. Er japst noch mehr Satzenden weg als sonst - aber nur, um plötzlich nur noch mehr aufzudrehen als vorher. Die Energie seiner Fans scheint auch ihn immer wieder aufs Neue aufzuladen, wie die leuchtenden Luftballons, die im Innenraum übers Publikum schweben und immer wieder in die Höhe gestupst werden.

Die lieben sich hier – hin und zurück

Grönemeyers Mini-Plädoyer für den Klimaschutz und ein paar Zeilen über Flucht und Krieg werden vom Publikum mit freundlichem Applaus goutiert, weiter geht’s mit donnernden Stadionhymnen und poetischen Balladen. Man muss kein Grönemeyer-Fan sein, um zu merken: Die lieben sich hier – hin und zurück.

Dieser Mann veranstaltet ein Volksfest für seine Fans, und sie feiern es mit ihm, wie seit Jahrzehnten - mal ausgelassen, mal angerührt. Treu auf jeden Fall. Einmal Fan, immer Fan, so scheint es – einen Grönemeyer verlässt man nicht, nie. Er kann vielleicht immer noch nicht singen, er kann vielleicht immer noch nicht tanzen, nichts an ihm ist perfekt. Aber war das nicht genau das, was eben echte Zuneigung ausmacht?

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.05.2023, 6:55 Uhr

Beitrag von Silke Mehring

10 Kommentare

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  1. 10.

    Mir sind authentische Leute auf der Bühne lieber als junge, künstlich gepushte und talentfreie "Sangesbarden/innen", die ihren persönlichen Seelenmüll ständig auf die Öffentlichkeit abwälzen, oder die nur, durch Vocoder gezogene Mikros eine halbwegs erträgliche Stimmlage erhalten und die nur durch das WWW oder "Social"-Media künstlich beatmet werden. Echte Kunst braucht keine Klicks!

  2. 9.

    Ich war bei Frei. Wild.....war genial und ich war bei Herbert war auch genial.

  3. 8.

    War gestern dabei in Berlin.
    War toll, welche Energie und Ausdauer als etwas älteret
    Künstler in ihm steckt. Anerkennung.
    Man mag die Musik oder nicht.

  4. 7.

    Bochum fand ich super und bis zur Fußball-WM 2010 konnte ich mit seinem Gesang abfinden. Wir waren in mehreren Konzerten und wurden gut unterhalten. Alles danach ist textlich, musikalisch und vor allem gesanglich nicht mehr auszuhalten. Aktuelle Live-Mitschnitte der alten Hits lassen mich erschaudern. Ich habe mir die neu CD nicht gekauft. Die Kurzzusammenfassung im Radio hat mich sehr schnell überzeugt, dass der Ofen aus ist. Irgendwann sollte man einfach einsehen, dass man besser aufhören sollte. Aber da ist man ja in guter Gesellschaft alla Madonna.

  5. 6.

    Noch einer Dem die Luft aus geht beim Singen.Alberne Klamotten Helfen auch nicht.Warum... Finden Künstler kein Ende.Muß es bis zur Lächerlichkeit gehen.Er kann junge Künstler mit seinen Songs unterstützen.Vieleicht auch einer für den ESC.Dabei.Herby es war nicht schön.

  6. 5.

    Und, hat er was dazu gesagt, dass am Vortag dort die Rechtsrocker von frei.wild gespielt haben? Er tut doch sonst immer so politisch.

  7. 4.

    Lächerlicher pseudoaktivist, hat selbst dutzende Autos in seinem Anwesen, jettet ständig durch die Welt mit den Fliegern.
    Bietet sich hier wohlfeil dem Mainstream an in der Hoffnung Fans zu gewinnen, mich und viele andere hat er aber dadurch komplett verloren.

  8. 3.

    Sehr gut kommentiert. Bin kein Fan von ihm und doch finden seine Lieder u. Texte vollen Anklang bei mir.

  9. 2.

    So wie es im Artikel steht, ist es genau.
    Entweder pro oder contra Herbie.
    Wenn die Chance besteht, ihn in der Waldbühn zu sehen, dann gehen wir immer gern hin.
    Wir waren seit 1990 (Luxus Tour) jedesmal da.
    Dabei war ich am Anfang nur Begleitung.
    Herbse ist aber "Live" unglaublich unterhaltsam.
    Letztes Mal zu Tumult in der Waldbühne, freuen wir uns schon auf Juni. Und seit "Bleibt alles anders" gefallen mir sogar die Platten, die ab da nicht mehr so nach Billigproduktion klingen. Die alten Lieder sind natürlich "Live" trotzdem fantastisch.
    Ein ganz starker Typ, der Grönemeyer. Jedesmal ein ganz besonderes Konzerterlebnis. Ihm wird ja immer der erhobene Zeigefinger vorgeworfen. Er sagt nur, was er für richtig hält, meine ich.
    Kann man teilen, kann man auch lassen.
    Da können die ganzen Jungspunde, die sich so versuchen, gegen einpacken.

  10. 1.

    Precorona Waldbühne in Erinnerung: völlig genial gemacht, tolle Stimmung und ein Gröni, der alle mitgenommen hat. Ich bin kein ausgesprochener Fan von ihm, aber seine Konzerte sind eher Happening als Konzert, das machts für mich persönlich aus und reizvoll. Ich hoffe, er rockt noch lange weiter, ja sein Gesang ist nicht perfekt, aber darum geht es nicht, es geht um Botschaften, gute Lieder und einfach nur ne geile Zeit.

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