Interview | Regisseur Kay Voges - "Theater ist der richtige Ort, um eine Schulung in Mündigkeit zu bekommen"

Mi 17.01.24 | 21:38 Uhr
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Archivbild: Kay Voges am Theater Dortmund, bei einem Interview auf der Buehne. (Quelle: imago images/Thissen)
Audio: rbb Kultur | 16.01.2024 | Interview mit Kay Voges | Bild: imago images/Thissen

Die Aufdeckung eines Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten hat für viel Aufsehen gesorgt. Am Berliner Ensemble wird die Recherche am Mittwoch in Szene gesetzt - mit neuen Details. Regisseur Kay Voges über den "Geheimplan gegen Deutschland".

rbb: Man kann die Recherche über das Potsdamer Geheimtreffen von Rechtsextremisten ja auch nachlesen. Was ist aus Ihrer Sicht der Mehrwert dabei, dies nun für die Bühne zu inszenieren?

Kay Voges: Ich sehe das Theater auch als eine politische Plattform. Und wir versuchen, diese Erkenntnisse, die die Recherche gegeben hat, nochmal zu vertiefen und kollektiv mit Besucherinnen Zeit zu nehmen, […] um tiefer in diese Recherche hineinzuschauen und den unsagbaren Dingen auch einen Körper und eine Stimme zu geben, um sie vielleicht besser nachvollziehen zu können.

Das sind Körper und Stimmen von sechs Schauspielerinnen und Schauspielern, darunter Constanze Becker und Veit Schubert. Nehmen diese Schauspielerinnen und Schauspieler die Rollen der Beteiligten bei dem Treffen ein, zum Beispiel die von Roland Hartwig, dem persönlichen Referenten der AfD-Parteichefin Alice Weidel?

Die Schauspieler:innen werden teilweise in die Figur des Journalisten hineinspringen und versuchen zu analysieren, was da passiert. Aber sie werden auch eine Art von Reenactment [Nachstellung, Anm.d.Red.] vornehmen und Texte sprechen, wie sie auch gefallen sind im Landhaus Adlon.

Als Sie eingetaucht sind in diese ganze Recherche, was hat Sie da am meisten schockiert?

Vieles war mir bekannt. Allerdings die Drastik und die Selbstherrlichkeit, wie dort gesprochen worden ist, das Ausmaß war mir in der Form nicht bewusst, und ich war wirklich schockiert über diese neuen Erkenntnisse. Und sofort war mir klar: Da müssen wir alles tun, um eine maximale Verbreitung von diesen Erkenntnissen zu bekommen, weil ich glaube, es ist wichtig, dass die Menschen in Deutschland wissen, was Gruppen, Gruppierungen, die so einen Zulauf haben, gerade eigentlich hinter verschlossenen Türen planen.

Die Zivilgesellschaft hat ja schon reagiert. Am Wochenende gab es Demonstrationen zum Beispiel in Berlin und Potsdam. Was würden Sie sich wünschen, was darüber hinaus noch passieren soll?

Ich freue mich sehr über die Solidarität und das entschiedene Nein gegen Rechts, das zurzeit auf den Straßen zu hören ist. Aber trotzdem glaube ich, dass Aufklärung ein ganz wichtiger Bestandteil ist. Wir müssen in diesem Superwahljahr ein mündiges Volk haben. Und ich glaube, das Theater ist der richtige Ort dafür, um eine Schulung in Mündigkeit zu bekommen, um komplexe Sachverhalte tiefer zu verstehen. Und ich würde mir wünschen, wir würden diese Debatte über Verfassungsfeindlichkeit in der AfD tiefer und tiefer debattieren – in der Gesellschaft wie aber auch vor Gericht.

Am Mittwochabend sollen im Berliner Ensemble auch weitere Details aus dieser Recherche veröffentlicht werden. Können Sie vielleicht andeuten, worum es bei diesen Details gehen wird?

Zurzeit werden letzte journalistische Schritte gemacht, um auch wirklich handfest klare Details erzählen zu können. Deswegen darf ich darüber jetzt nicht reden. Aber es wird veröffentlicht, zeitgleich mit der Recherche, die dann auch im Netz veröffentlicht wird. Und so werden um 21:20 Uhr am Mittwoch weitere Details – wenn alles gut läuft – ans Licht kommen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Frank Meyer von rbb Kultur

Das Interview ist eine gekürzte und redigierte Fassung. Das Original können Sie hören, wenn Sie auf das Bild oben klicken.

Sendung: rbb Kulturradio, 16.01.2023, 7:10 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Bei künstlerischer Umsetzung weiß am Ende niemand. was real und was Überhöhung ist. Letztendlich ist Kunst eher abstrakt beispielhaft als dokumentarisch. Nicht alles, was gut gemeint ist, ist sinnvoll. Die Aufführung erreicht sowieso nur die. welche die AfD nicht wählen. Wichtig wäre Massenwirksamkeit…
    Fürchte, die erreicht man so nicht.

  2. 9.

    Eine künstlerische Nachstellung hat schon was. Es ist eine Möglichkeit von vielen, deutlich zu machen, was abgelaufen ist. Wenn dann noch eine Lösung herausgearbeitet wird, die zu mehr Liberaltät und erfolgreicher Politik der Überwindung von Chancenungleichheit führt, dass hat das sogar einen besonderen Wert.

  3. 8.

    Sorry wg. Wallis Heidel ... war mit einem mal da ;-). Zum "Vernichtungswillen": Es ist richtig, ich mag keine Randparteien, weder Rechts noch Links. Jedoch hege keinen solchen Willen. Das wäre auch ein "taktischer Fehler". Ideologien kann man eher nicht "vernichten". Die Träger dieser Ideen würde man dadurch ggf. in Stände erheben die sie m.M.n. nicht "verdient" haben. Man kann sie jedoch "entzaubern". Manchmal ist dazu ein Diskurs auf reiner Sachebene notwendig und manchmal sind die Protagonisten auch auf dem besten Weg sich selbst zu entzaubern, bspw. der derzeitige Verkehrsreglungsverein. Hart, sowas als "demoproof-öko-oma" zu schreiben - aber so isses. Allerdings ist es schon ein Unterschied ob eine Regierung im Rahmen des GG (was ggf. noch zu prüfen wäre) Abschieberegeln verschärft oder Anhänger einer politischen Richtung an den unveränderlichen Regeln des GG (Art. 1 - 20)rütteln wollen. Der Aufschrei ist berechtigt.
    Hoffentlich liest Nils das nicht ;-).

  4. 6.

    Ja, ich kenne diese Rede von Charly Chaplin. Und? Dasselbe Milieu, das sich so entsetzt gibt über das Treffen einiger Personen, hat den gleichen Vernichtungswillen gegenüber seinem politischen Gegner. Im Übrigen waren dort gerade mal 4 Personen aus AfD Kreisen. Ein AFD Verbot wird unserer Demokratie mehr als schaden. Wollen Sie auch noch die CDU und SPD verbieten? Schließlich fordern auch deren Vertreter ein „Abschieben im großen Stil“ (Scholz).

  5. 5.

    Das ist Verleumdung. Sellnerns Stellungnahme dazu: Remimigration im Rahmen der Verfassung. Selbst manche "Vorstösse " von SPD und CDU sprechen von härteren(aber unrealistischen) Entwürfen.

  6. 4.

    Danke, das war auch mein erster Gedanke. Ein Kunst-und Kulturbetrieb der fast ausnahmslos am Tropf von Zuschüssen hängt, neuerdings am besten noch als Anspruchsberechtigung dafür wohlfeile Erklärungen unterschreiben muss...
    Mündige Bürger sind tatsächlich in der Lage sich selbst zu informieren, macht endlich Schluss mit diesem allseits betreuten Denken !

  7. 3.

    Kennen sie diese Abschlußrede?
    "Hoffnung… Es tut mir leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir nicht. Ich möchte weder herrschen noch irgendwen erobern, sondern jedem Menschen helfen wo immer ich kann; den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen. Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, nur so verbessern wir die Welt."
    Dieser kleine Mann mit Hut, Schnauzer und Stock hatte sowas von recht.

  8. 2.

    Das heißt, dass sie die massenhafte Vertreibung von millionen Menschen ( darunter deutsche Staatsbürger ) nach Afrika gutheißen, wo sie in Lagern bis zum Tod hinvegetieren. Darunter Kinder und alte Menschen. Nichts anderes sieht der verbrecherische Masterplan Sellners vor. Ich empfehle ihnen das Dokumentationszentrum im Haus der Wanseekonferenz.

  9. 1.

    Vielen Dank, aber ich brauche keine Schulung für Mündigkeit von einem Theater und schon gar nicht von Correctiv. Ich bin durchaus mündig genug, mir mein eigenes Bild von einem „Geheimtreffen“, das nicht geheim war, zu machen, auf dem über die fehlgeleitete Migrationspolitik unseres Landes gesprochen wurde.

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