Waldbrände und Klimakrise - Waldexperte fordert sofortigen Stopp für das Nachpflanzen von Nadelbäumen

Fr 29.07.22 | 16:29 Uhr
Neben einem verbrannten Kiefernwald werden am 16.03.2019 bei Treuenbrietzen von freiwilligen Helfern und Forstarbeitern neue Bäume gepflanzt. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
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Audio: Radioeins | 29.07.2022 | Interview mit Pierre Ibisch | Bild: dpa/Patrick Pleul Download (mp3, 7 MB)

Der Brandenburger Waldexperte Pierre Ibisch dringt angesichts von Waldbränden und Klimakrise auf ein rasches Umsteuern bei der Bewirtschaftung der Wälder.

"Immer noch wird behauptet, dass Waldumbau viel Zeit koste und man deshalb noch nicht weiter sei", sagte der Professor an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Tatsache sei aber, dass nach wie vor Nadelbaumplantagen neu angepflanzt würden, auch auf Flächen, auf denen Nadelbäume gerade abgestorben oder verbrannt seien. "Das muss jetzt sofort aufhören."

Europa könnte "Problemkontinent" werden

Die Bewirtschaftung von Wäldern und auch von Äckern habe in weiten Teilen zur Schädigung von wasserspeichernden Böden geführt, sagte Ibisch. Auf einem Großteil der Waldfläche in Deutschland stehen ihm zufolge mehr oder weniger naturferne Forsten, oftmals aus Nadelbäumen. "Diese sind nicht nur die ersten Opfer der Klimakrise, sondern zudem auch besonders brennbar." Die Waldentwicklung sei – oft aus betriebswirtschaftlichen Gründen – verschleppt worden, das räche sich jetzt. Europa könne in Sachen Dürre zu einem "Problemkontinent" werden.

Ibisch ist Leiter eines Waldforschungsprojektes in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark). Das Projekt war 2018 nach dem großen Brand in dieser Region entstanden, um zu beobachten, wie sich die Natur erholt. Ibisch zufolge wollen die Eberswalder Forscher gemeinsam mit acht weiteren Institutionen verstehen, "wie ein Wald nach einem Brand in einen Zustand gelangen kann, das er nicht mehr so leicht abbrennt". Ein Waldbrand bei Treuenbrietzen im vergangenen Juni hatte auch dieses Projekt in Mitleidenschaft gezogen.

Bereits hunderte Waldbrände in Brandenburg

In Brandenburg ist es in diesem Jahr bereits zu mehreren hundert Waldbränden bekommen. Seit Tagen brennt im Landkreis Elbe-Elster ein Feuer, das zwischenzeitlich eine Ausdehnung von 800 Hektar hatte. Am Freitag waren immer noch rund 360 Einsatzkräfte auf insgesamt rund 430 Hektar damit beschäftigt, den Brand zu bekämpfen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte vor kurzem gefordert: "Wir müssen unsere Wälder im Affentempo umbauen, von Fichtenmonokulturen in hitzeresiliente Wälder, Mischwälder."

Sendung: Radioeins, 29.07.2022, 16:40 Uhr

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