Diskussionen um Standort Grunewald - Brandenburg "gesprächsbereit" für gemeinsame Lösung bei Sprengplatzsuche

Sa 06.08.22 | 11:14 Uhr
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Der Grunewald umrandet die Havel in der Nähe von Berlin (Bild: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb|24 | 05.08.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell, rbb24 Abendschau | Bild: dpa/Paul Zinken

Der Standort des Sprengplatzes im Grunewald war schon häufiger Streitthema. Die Berliner Regierende Bürgermeisterin denkt laut über eine Verlegung ins Nachbarland Brandenburg nach. Dort zeigt man sich am Freitag "gesprächsbereit".

Wegen des Brandes im Berliner Grunewald wird wieder neu über den Standort des Sprengplatzes der Polizei diskutiert. Weil in Berlin die Alternativen fehlen, geht es auch darum, ob ein solcher Sprengplatz nicht hinter der Landesgrenze, in Brandenburg liegen könnte.

Der Brandenburger Staatssekretär im Innenministerium, Uwe Schüler (CDU), zeigte sich gegenüber dem rbb am Freitag gegenüber einer solchen Lösung offen. "Wir sind selbstverständlich gesprächsbereit, es ist jetzt an Berlin, an uns heranzutreten und zu definieren, was der konkrete Bedarf ist", sagte Schüler. Konkrete Gespräche zum Thema habe es aber in den letzten Jahren nicht gegeben.

Giffey kündigt Gespräche mit Woidke an

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte in einer ersten Reaktion bei ihrem Besuch in der Nähe des Brandortes im Grunewald über eine Alternativlösung in Brandenburg nachgedacht. Giffey kündigte an, über den Standort des Sprengplatzes mit dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) sprechen zu wollen und über die Möglichkeiten für eine Kooperation in der Metropolregion.

Die Berliner CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus forderte eine Schließung des Sprengplatzes im Grunewald. "So ein Sprengplatz gehört einfach nicht in ein Naherholungsgebiet", sagte der Fraktionschef Kai Wegner der rbb24 Abendschau. Als Alternative bringt die Oppositionspartei den Brandenburger Sprengplatz Kummersdorf-Gut (Teltow Fläming), 30 Kilometer südlich von Berlin, ins Spiel.

Der Brandenburger Staatssekretär Schüler sagte dazu allerdings am Freitag, dass die Suche nach einem geeigneten Gelände einige Herausforderung biete: "Die Komplexität besteht darin, dass unterschiedliche Stoffe gelagert werden müssen, nach den jeweiligen Vorschriften", sagte Schüle. Es gebe in Brandenburg zwar auch Zwischenlagermöglichkeiten, man müsse aber noch prüfen in welchem Umfang diese von Berlin benötigt und welche Kapazität von Brandenburg bereitgestellt werden könnte.

Berliner Polizei aus logistischen Gründen gegen Verlegung nach Brandenburg

Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik zeigte sich zwar offen für eine Verlegung - plädierte aber weiterhin für einen Standort in Stadtnähe. Man habe immer noch täglich Einsätze, bei denen Kampfmittel entfernt werden müssten, sagte Slowik am Freitag im rbb24 Inforadio. Weil Transporte für alte Weltkriegsbomben sehr gefährlich seien, brauche es weiterhin einen nahegelegenen Sprengplatz.

Auch die Abteilungsleiterin der Berliner Feuerwerker Susanne Bauer hält eine Alternativlösung in weiterer Entfernung für unpraktikabel. "Es ist keine gute Idee, Großkampfmittel lange durch die Republik zu fahren. Die Bomben verändern sich chemisch, das TNT macht in den über 75 Jahren viel mit (Anm. d. .Red.: bei Weltkriegsbomben). Wenn sich da Kristalle bilden, wird es hoch gefährlich, das machen wir nicht", sagte sie der rbb24 Abendschau.

Ähnlich sieht dies die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag. Es sei verständlich, dass Berlin nun das Gespräch mit Brandenburg suche, sagte Inka Gossmann-Reetz am Samstag im rbb24 Inforadio. Ihr falle im Berliner Umland aber kein Ort ein, der sich dafür eignen würde, dort Kampfmittel zu lagern. Das Berliner Umland sei außerdem dicht besiedelt. Weltkriegsbomben und Munition durch dieses Gebiet zu transportieren lehne sie ab, so Gossmann-Reetz.

Mit Blick auf die Lage des Sprengplatz mitten im beliebten Naherholungsgebiet sagte Polizeipräsidentin Slowik: "Aktuell ist dieser Sprengplatz die einzige genehmigungsfähige Anlage auf Berliner Grund mit 80.000 Quadratmetern, weit weg von Wohnbebauung, was der Feuerwehr auch gestern sehr genützt hat." Die Möglichkeit eines Standortes in Brandenburg habe man in der Vergangenheit bereits diskutiert - ohne eine Alternative zu finden. Nun werde es aber neue Gespräche geben, sagte Slowik.

Gemeinsamer Sprengplatz war schon öfter ein Thema

In den vergangenen Jahrzehnten führte Berlin immer wieder Gespräche mit Brandenburg über eine gemeinsame Kampfmittelbeseitigung auf einem märkischen Sprengplatz. Die Verhandlungen mit Brandenburg verliefen seinerzeit aber im Sande.

Der damalige Innensenator Erhart Körting (SPD) sagte damals, dass es kein einheitliches Verfahren der Kampfmittelbeseitigung gäbe: Während Berlin Sprengkörper vorsichtig vom Fundort weg zum Sprengplatz Grunewald transportiere, sprenge Brandenburg die Sprengkörper vor Ort. Ein längerer Transport der Sprengkörper von Berlin nach Brandenburg wäre aus Sicht des Senats zudem risikoreicher, so Körting damals.

Aber auch danach gab es immer wieder Anläufe für eine Verlagerung des Sprengplatzes. 2019 versuchte das Land nach rbb-Informationen über die landeseigene Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM) einen neuen Standort zu finden – jedoch erfolglos. Im Mai 2020 gab es erneute Gespräche zwischen dem Berliner Landeskriminalamt mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst Brandenburg über eine mögliche Zusammenarbeit.

Auch dabei zeigte sich, dass man mit Brandenburg nicht übereinkommt. Dem Vernehmen nach scheiterte eine Zusammenarbeit auch an bürokratischen Hürden. So wäre in Brandenburg etwa eine Kampfmittelbeseitigung auch an Sonn- und Feiertagen und "nach Büroschluss" nicht zu machen gewesen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.08.22, 10:40 Uhr

72 Kommentare

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  1. 72.

    So entstehen dann Fehler in der Geschichtsschreibung oder das Ministerium für Wahrheit hat zugeschlagen.
    Also ich entsinne mich das Bombenentschärfung und Fundmunition schon in meiner Schulzeit ein Thema für regelmäßige Belehrungen war. Also vor 1990. Und Seelow dürfte diesbezüglich ähnlich wie Oranienburg betroffen sein. Fliegerbomben eher nicht aber dafür reichlich Artilleriereste.
    Vielleicht hat man es nicht so akribisch erfasst und auch nicht so viel kommuniziert um beim großen Bruder nicht den Eindruck zu wecken, dass man ihm das übel nimmt oder gar verrechnen möchte. Wobei die Fliegerbomben ja eher vom bösen Westen kamen.

  2. 71.

    In der Tat. Potsdam ist zwar mit 180.000 Einw. auf 56 qkm relativ dicht besiedelt, dennoch eben keine Millionenstadt.
    Die Konzentration der Sprengkörper um den Hauptbahnhof ist schon Legende, der Sperrkreis mit einschlägigen Beeinträchtigungen auch.

  3. 70.

    Industrie wurde schon zu Kaisers Zeiten ausgelagert. Man erinnere sich nur an die Siemenswerke in Spandau oder AEG in Schöneweide. In der Stadt in meist zu wenig Platz zum Expandieren.

    Die ursprüngliche Bedeutung von "Blockbuster" hat nix mit Kinofilmen zu tun. Um die zu entwickeln, wurden von den Alliierten sogar typisch deutsche Mietskasernen nachgebaut.

    Der Anteil von Blindgängern mit Langzeitzündern ist dabei in der Tat in Oranienburg grösser als in den Millionenstadt Deutschland. Man kann aber aus der Selbstdarstellung fast den Eindruck bekommen, dass sich dort erst seit 1990 intensiver um Blindgänger gekümmert wird.
    https://oranienburg.de/Rathaus-Service/B%C3%BCrgerinformationen/Leichte-Sprache/Stadt-Oranienburg/index.php?La=1&object=tx,2967.478.1&kat=&kuo=2&sub=0

  4. 69.

    Auch in Potsdam entschärft man lieber als an der Fundstelle zu sprengen:
    https://m.pnn.de/potsdam/so-lief-die-bombenentschaerfung-ein-kraftakt-fuer-den-sprengmeister/27183354.html

    Schnell passiert nämlich auch mal so etwas:
    https://m.pnn.de/brandenburg/oranienburg-ausgebombt/21640726.html

  5. 67.

    Fahren Sie mal in Norddeutsche Städte. Allzu viele Häuser älter als 70 Jahre werden Sie auch dort nicht finden.
    Die wurden frühzeitig von den Engländern zerlegt, um die Marine und Häfen zu zerstören und Deutschland wirtschaftlich zu schaden. Sanktionen waren wohl aussichtslos.
    Deutschland hatte seinerzeit nach UK die stärkste Marine. USA mal ausgeklammert, weil erst später am Krieg beteiligt. Das Potenzial haben die Engländer frühzeitig ausgeschaltet.

  6. 66.

    Hamburg wurde bereits im August 1942 bombardiert, sozusagen inmitten des Weltkrieges und auf "Augenhöhe" mit der Wende in Stalingrad. Es betraf Hafenanlagen und die Arbeiterviertel östlich der Außenalster (in Hamburg bezeichnet: links der Alster), Eilbek, Hamm, Hammerbrook bis hinunter nach Rothenburgsort. Den Nazi-Stadtplaner aber hat das nicht gejuckt, im Gegenteil: Er jubelte fast, dass er nun "freie Hand" habe.

    Berlin als Reichshauptstadt und weitaus östlicher gelegen, wurde in außerordentlich harten Kämpfen zu Land eingenommen.

    Das Wesentliche ist aber, dass in Millionenstädten die Bomben - soweit sie noch zahlreich im Boden sind - eher verbracht als gesprengt werden. In Berlin kommt noch hinzu, dass im Ostteil riesige Flächen, was Munition angeht, unbeackert sind.

  7. 65.

    Berlin wurde im Vergleich zu Oranienburg wenig bombardiert, da die Nazis die Rüstungsindustrie aus Berlin auslagerten. Blindgänger der britischen Luftminen mit chem. Langzeitzünder werden in Oranienburg heute noch gefunden.

  8. 63.

    Sie kennen sich gut genug aus, um zu wissen, dass "Waldgebiete gar nicht geeignet" sind? Ich habe von Fachleuten anderes gehört: Gerät der an einen Sprengplatz grenzende Wald in Brand, kann letzterer in der Regel gut und schnell eingedämmt werden - wie es ja auch im Grunewald geschehen ist. Geraten Wiesen und Felder oder auch nur überwuchertes Brachland in Brand, ist das sehr viel schwieriger, weil sich das Feuer schneller ausbreiten kann.

  9. 62.

    Hamburg wurde zwar auch schwer bombardiert (wobei ich nicht weiß, ob dort wirklich mehr "runterkam" als in Berlin), aber am Ende wurde die Stadt kampflos den Alliierten übergeben. Das war in Berlin doch EIN BISSCHEN anders, und deshalb liegt hier auch immer noch mehr im Boden, das ohne die Nazis und ihre famosen Ideen nie dort hingelangt wäre.

  10. 61.

    Die Solizuschläge haben nicht nur Berliner gezahlt, sondern alle Bürger, Ossis wie Wessis und Berlin hat auch ausreichend davon profitiert.

  11. 60.

    Laut Aussage des CEO von Alpha in einem der Werbevideos kann der Wolf R1 bis zu 10 B-Längen, also 300m Schlauch hinter sich her ziehen. Damit schafft dieses neue Einatzmittel Möglichkeiten, die die Feuerwehr bisher nicht hatte. Es fällt aber auch auf, dass die Fahrt zurück aus dem Unterholz zum Weg mit unter Druck stehendem Schlauch nie zu sehen ist. Dabei ist ein unter Druck stehender B-Schlauch ziemlich stürmisch.

    Auch in Ihrer Quelle wird der Einsatz der Löschpanzer zur Kühlung erwähnt. Die Ausgangfrage bezog sich aber auf den Löscheinsatz im Wald tief innerhalb des 1000m-Sperrkreise, der zu dem Zeitpunkt bestenfalls mit Panzern der BW (u.a. sind Fuchs und Büffel vor Ort) befahren wurde. Selbst die geschützten WaWe der Polizei hielten sich zurück und waren nur am Rand im Einsatz.

    Magirus wird sich sicherlich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, auch diesen Einsatz zeitnah als Referenz mit Bildern anzuführen. Vechta ist ja auch nicht zufällig mit dem Wolf R1 ausgestattet.

  12. 59.

    Vielleicht sollte jetzt erstmal die Ursache ermittelt werden. Dann kann immer noch diskutiert werden, ob ein anderer Standort angezeigt wäre.

  13. 58.

    "Gemeinsame Sprengplatzsuche" ist das lustig. Es gab ja nun ein Haufen kontaminierte NVA-Gelände überall, oder wächst da jetzt BIO?

  14. 57.

    Und Hamburg karrt auch nach Münster, um es dort von einer Firma vernichten zu lassen. Berlin hat Brandenburg ringsherum und dort war bislang niemand bereit zu unterstützen

  15. 56.

    "Seit dem frühen Abend werden die beiden Weltkriegsbomben wieder durch die ferngesteuerten Roboter mit Wasser gekühlt."
    https://www.berliner-zeitung.de/news/grossbrand-im-berliner-grunewald-es-ist-mit-explosionen-zu-rechnen-li.253251

  16. 54.

    Hier kommt Kurt….. Ohne…. Lalala. Sie kommentieren in einer Mehrländeranstalt. Schon blöd, wenn es gemeinsame Einrichtungen gibt, oder?

  17. 53.

    "über die Hamburger Lösung nachdenken: " Sie haben den Artikel gelesen?
    Da also sowohl die Polizei als auch die Feuerwehr eine Einheit zur Beseitigung von Kampf- und Sprengmittel, Pyrotechnik und sonstigem Kram.
    Wenn sich Hamburg das leisten kann, ist es in Ordnung. Aber erstens ist wohl das Aufkommen da nicht so hoch und wie Sie lesen konnten, wird der Kram da noch zwischengelagert und das offensichtlich nicht auf dem Sprengplatz.


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