Saison noch nicht vorbei - Schon jetzt mehr Waldbrände in Brandenburg als im gesamten Vorjahr

Do 25.08.22 | 14:38 Uhr
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Brennende Bäume blockieren am 26.07.2022 den Weg während eines Waldbrandes im Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg. (Quelle: dpa/Jan Woitas)
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Video: rbb|24 explainer | 24.08.2022 | Bild: dpa/Jan Woitas

Brandenburg trocknet aus. Es fehlt an Niederschlag, gleichzeitig ist es ungewöhnlich warm. Immer wieder kommt es zu Waldbränden. Doch ein Forschungsprojekt bei Treuenbrietzen macht Hoffnung. Von Naomi Donath

2022 hat es schon mehr als doppelt so viele Waldbrände gegeben wie 2021 - und die Saison ist noch nicht vorbei. Das hat Brandenburgs Waldbrandschutzbeauftragter Raimund Engel auf Anfrage von rbb|24 mitgeteilt. 490 Mal hat es bereits in den Wäldern von Brandenburg gebrannt (Stand 25.08.) - 2021 waren es bis zum Jahresende ganze 157 Mal.

Die ersten Waldbrände in Brandenburg gab es Anfang März, also gleich zu Beginn der Waldbrandsaison, die offiziell von Anfang März bis Ende September dauert.

Der Waldbrandschutzbeauftragte von Brandenburg, Raimund Engel, steht in einem Wald nahe der Waldbrandzentrale von Wünsdorf. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Der Waldbrandschutzbeauftragte von Brandenburg, Raimund Engel, steht in einem Wald bei Wünsdorf. | Bild: rbb/Naomi Donath

Weggeworfene Zigarettenkippe als Hauptursache

Hauptursachen für Waldbrände sind fahrlässige und vorsätzliche Brandstiftung. "Die weggeworfene Zigarettenkippe aus dem Auto ist nach wie vor eine der Brandursachen Nummer eins“, sagt Engel. Im Landkreis Elbe-Elster laufen aktuell 14 Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung in Wäldern, Heiden und Mooren, darunter auch der Waldbrand bei Falkenberg. Es wird jeweils noch ermittelt, ob es sich um fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung handelt.

Blick auf einen abgebrannten Kiefernforst bei Treuenbrietzen. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Abgebrannter Kiefernforst bei Treuenbrietzen. | Bild: rbb/Naomi Donath

Zu wenig Niederschlag

Dass dieses Jahr die Waldbrandgefahr in Brandenburg höher ist als im Vorjahr, erklärt der Waldbrandschutzbeauftragte mit dem fehlenden Niederschlag. Von März bis Juli 2022 wurde in keinem Monat das Niederschlagssoll erreicht. Im März regnete es nur 3 Liter statt 36 Liter pro Quadratmeter.

Außerdem sei die Waldbrandgefahr durch die beiden Orkantiefs Ylenia und Zeynep verstärkt worden, so Engel. Sie stürmten im Februar und warfen Bäume um. Einige blieben auf den Waldwegen liegen. Beim Waldbrand bei Treuenbrietzen führte das wohl dazu, dass die Feuerwehr nur zeitverzögert und mit Umwegen zur Brandstelle fahren konnte, weil Einfahrtswege versperrt waren, sagt Engel.

In einem Wald bei Treuenbrietzen stürmt es, der Wind wirbelt die Asche des letzten Brandes auf. (Bild: rbb/Naomi Donath)
In einem Wald bei Treuenbrietzen stürmt es, der Wind wirbelt die Asche des letzten Brandes auf. | Bild: rbb/Naomi Donath

Bei Treuenbrietzen gab es 2018 den größten Waldbrand Brandenburgs. Im Juni und August dieses Jahres brannten erneut Kiefernforste in der Gegend - die für Vegetationsökologe Thilo Heinken von der Universität Potsdam inzwischen zum Forschungsobjekt geworden ist.

Eine Kiefer in einem Wald bei Wünsdorf. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Kiefern wurden und werden in Brandenburg oft angepflanzt. | Bild: rbb/Naomi Donath

Problem: Zu viele Kiefern

Heinken sieht ein Problem darin, dass in Brandenburg seit dem 18. Jahrhundert verstärkt Kiefern aufgeforstet wurden. Mindestens 70 Prozent der Bäume in Brandenburg sind Kiefern. Die Nadelbäume wurden und werden gepflanzt, weil sie gut mit dem nährstoffarmen, sandigen Boden in Brandenburg klarkommen und weil ihr Holz gut verwertbar ist, beispielsweise für Möbel. "Die Kiefer kann den Bränden nichts entgegensetzen", sagt Heinken und zeigt auf den Kiefernforst, der im Juni abgebrannt ist. "Die Kiefer zieht die Brände durch ihre harzreichen Nadeln geradezu an."

Nach dem Waldbrand 2018 bei Treuenbrietzen wurde ein Teil der abgebrannten Fläche sich selbst überlassen - als Forschungswald. Die Brandfläche war kahl, auf einem Teil wurden die verbrannten Kiefern weggeräumt. Hier beobachten Wissenschaftler:innen wie Heinken, wie Wälder beschaffen sein müssen, um in Zukunft besser mit Trockenheit, Hitze und Bränden umgehen zu können. Das Projekt heißt "Pyrophob" - feuerabweisend. So soll, im Idealfall, der Wald der Zukunft sein.

Der Vegetationsökologe Thilo Heinken von der Universität Potsdam steht zwischen Pappeln im Forschungswald des Projekts "Pyrophob" bei Treuenbrietzen. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Vegetationsökologe Thilo Heinken steht zwischen Pappeln im Forschungswald des Projekts "Pyrophob". | Bild: rbb/Naomi Donath

Zitterpappel als Baum der Zukunft

Heinken steht inmitten von drei Meter großen Bäumen. "Das sind Zitterpappeln", sagt Heinken. Der Name des Laubbaumes kommt daher, dass die Blätter im Wind zittern. "Diese Zitterpappeln hier sind nicht angepflanzt worden", erklärt Heinken. "Die Zitterpappel hat feine, flugfähige Samen. 2019 sind sie aus der Umgebung in großen Mengen eingeflogen und haben angefangen zu wachsen." Mindestens 1,5 Kilometer können die Samen fliegen. Nun, nach drei Jahren Wachstum, sind die Pappeln teilweise mehr als drei Meter hoch.

Blick auf einen Teil des Forschungswaldes bei Treuenbrietzen. Hier sind Zitterpappeln natürlich gewachsen. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Zitterpappeln haben sich auf den abgebrannten Flächen angesiedelt. | Bild: rbb/Naomi Donath

Auch Samen von Kiefern sind eingeflogen. Sie kommen allerdings oft nicht weiter als 60 Meter. Die Kiefern, die im Forschungswald vereinzelt gewachsen sind, sind auch drei Jahre alt, aber maximal einen halben Meter hoch. Warum wachsen die Pappeln schneller?

"Die Zitterpappel ist eine Baumart, die geradezu angepasst ist ans Feuer", sagt Heinken. "Sie ist in der Lage, schnell zu wachsen und die Nährstoffe aus frisch gebranntem Boden optimal zu nutzen." In der Asche stecken die Nährstoffe der verbrannten Bäume.

Blick auf einen Teil des Forschungswaldes bei Treuenbrietzen, der im Juni 2022 abgebrannt ist. (Bild: rbb/Naomi Donath)
Dieser Teil des Forschungswaldes ist im Juni 2022 abgebrannt. | Bild: rbb/Naomi Donath

Feuer beschädigt Teil des Forschungswaldes

Der Waldbrand im Juni 2022 hat einen Teil des Forschungswaldes zerstört. Einige Pappeln sind dabei abgebrannt. Doch sie sind widerstandsfähig gegenüber dem Feuer. Denn ihre Wurzeln sterben nicht ab beim Brand, sondern treiben wieder neu aus. "Wir sehen hier eine Wurzelbrut", erklärt Vegetationsökologe Heinken. "Schon wenige Wochen nach dem Brand sehen wir hier wieder erstes zartes Grün." Kiefern hingegen sind nicht fähig zur Wurzelbrut. Laubbäume wie die Pappel sind somit im Vorteil gegenüber Nadelbäumen, sagt Heinken.

"Die Kiefer gehört schon in die Mark Brandenburg", sagt Waldbrandschutzbeauftragter Raimund Engel. "Aber nicht als Monokultur." Sondern als Mischwald - zusammen mit Laubbäumen. Denn Laubbäume sind nicht so leicht brennbar wie Kiefern. Allerdings: "Waldbau ist eine Generationenaufgabe - wir pflanzen jetzt für unsere Urenkel", sagt Engel.

Thilo Heinken sagt, die Zitterpappel sei der ideale Baum, um Brandflächen zu bewalden. "Eine Möglichkeit, das kostengünstig zu unterstützen, wäre, dass man dafür sorgt, dass Zitterpappeln regelmäßig in der Landschaft vorhanden sind". Als Bäume, die Samen spenden, damit auf Brandflächen bald wieder widerstandsfähige Bäume wachsen.

Sendung: rbb|24 explainer | 24.08.2022

8 Kommentare

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  1. 7.

    Energieerzeugung ist wie jeder andere Eingriff in physikalische Systeme nie „kostenlos“ bzw. rückwirkungsfrei.
    Entscheidend ist immer die Relation zwischen Nutzen und möglichen Risiken. Für erneuerbare Energien sind die bisherigen Überlegungen in Spektrum-Wissenschaft gut zusammengefasst:

    https://www.spektrum.de/news/energiewende-beeinflussen-wind-und-solarparks-das-klima/1993738

  2. 6.

    Zuviel WKAs blasen offensichtlich nicht nur Wolken weg......wie heißt das Zeug das man rauchen muss um so ein Blödsinn zu schreiben?

  3. 5.

    Diese angeblich Seriösen Untersuchungen sind von absoluten Windkraftgegnern und somit nicht ernst zu nehmen
    Das Windräder den Regen weglassen sollen ist der größte Unfug den ich je gehört habe und anscheinend sehen nur sie rosa Elefanten, das sie so einen Mist glauben

  4. 4.

    Ein Betretungsverbot wird sich nur nicht einfach kontrollieren lassen. ZB im Grunewald da geht eine Buslinie mit Haltestellen durch oder nach Müggelheim, Gosen.
    Man sollte versuchen die Brandstifter zu ermitteln und bestrafen.

  5. 3.

    Je mehr Windkraftanlagen, desto weniger Niederschlag. Dazu gibt es längst seriöse Untersuchungen. Man kann den rosa Elefanten im Raum aus ideologischen Gründen auch einfach nicht sehen wollen.

  6. 2.

    "Die Nadelbäume wurden und werden gepflanzt, weil sie gut mit dem nährstoffarmen, sandigen Boden in Brandenburg klarkommen und weil ihr Holz gut verwertbar ist," Der Knackpunkt beim Waldumbau wird das Letzte sein. Wäre der wirtschaftliche Ertrag auch aus einem umgebauten Wald zu erzielen? Wenn nein, was ist der Plan für die Ersetzung dieses Ertrages, wenn nicht einfach die entsprechende Holzbranche einfach nur schrumpfen soll und evtl. dann fehlendes Holz importiert wird?

  7. 1.

    "Hauptursachen für Waldbrände sind fahrlässige und vorsätzliche Brandstiftung." Wenn dem so ist, lassen sich dann die Zahlen der Waldbrände zwischen Jahren noch sauber vergleichen und daraus Schlüsse auf Basis der Trockenheit ziehen? Die Trockenheit bildet das Potential für Waldbrände, aber das wirkliche Entstehen eines Brandes wäre dann ja eine künstliche und keine natürliche Ursache mehr. Der Schluß bei dieser angegebenen Hauptursache wäre eher ein Betretungsverbot für Wälder bei solchen Wetterlagen.

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