Bundesumweltministerin Lemke - Fische in der Oder vermutlich durch chemische Substanzen vergiftet

So 14.08.22 | 21:55 Uhr
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Bundesumweltminbisterin Steffi Lemke (Grüne) beim Krisentreffen an der Oder (dpa/Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 15. August 2022 | Roland Schleif | Bild: dpa

Die Suche nach den Gründen für das Fischsterben in der Oder dauert an. Über den aktuellen Stand informierte Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei einem Treffen mit der polnischen Regierung in Stettin. Sie forderte eine Zusammenarbeit unter "Hochdruck".

Das massive Fischsterben in der Oder geht nach Angaben von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) möglicherweise auf eine Vergiftung durch chemische Substanzen zurück. "Mir liegen dazu bisher keine Erkenntnisse vor. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass es sich um chemische Substanzen aus industrieller Produktion handelt", antwortete Lemke am Sonntag bei einem Treffen mit Vertretern der polnischen Regierung in Stettin auf eine Journalistenfrage nach der Ursache.

"Aber wir wissen das nicht abschließend", hob Lemke hervor. "Deshalb muss mit Hochdruck zusammengearbeitet werden, um das zu klären."

Lemke tauschte sich in Stettin mit der polnischen Umweltministerin Anna Moskwa und dem polnischen Infrastrukturminister Andrzej Adamczyk aus. Auch die Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, Till Backhaus (SPD) und Axel Vogel (Grüne), waren zu dem Krisentreffen in Polen geladen.

Woidke informiert sich in Lebus über Fischsterben

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) drängt darauf, das massenhafte Fischsterben in der Oder schnell aufzuklären. Bis heute wisse man nicht, um welche Stoffe es sich handelt, sagte Woidke am Sonntag dem rbb. Dies sei aber immens wichtig, weil davon weitere Maßnahmen in und um die Oder abhängen.

Woidke will sich am Montag vor Ort über das Fischsterben in der Oder informieren. Wie die Staatskanzlei mitteilte, wird der Ministerpräsident bei Lebus (Märkisch-Oderland) erwartet, auch Landrat Gernot Schmidt (SPD) soll dabei sein.

Laut Woidke sind weitere Labor-Ergebnisse in Brandenburg für Montag angekündigt. Bislang habe man glücklicherweise Quecksilber und Schwermetalle als Ursache ausschließen können. Wichtig sei nun, die Schäden zu begrenzen. So müssten die toten Fische aus der Oder geborgen werden, damit sie nicht etwa von anderen Tieren gefressen werden und eine Gefahr darstellten.

Woidke dankte auch den ehrenamtlichen Helfern. Tausende hätten sich nach einem Aufruf der Behörden gemeldet, um Kadaver entlang des Flusses einzusammeln.

Quecksilber als Ursache ausgeschlossen

Die deutschen Behörden hatten am Dienstag erste Hinweise auf ein ungewöhnliches Fischsterben erhalten. Zunächst war eine größere Menge an Quecksilber als Ursache vermutet worden. Erste toxologische Untersuchungen ergaben nach polnischen Angaben jedoch, dass das Schwermetall als Ursache ausgeschlossen sei.

Lemke zufolge arbeiten nun verschiedene Experten länderübergreifend zusammen, um die Ursache des Fischsterbens zu ermitteln. Die Analyseergebnisse würden in den nächsten Tagen zusammengeführt, sagte sie.

Polen zieht Konsequenzen aus Kritik an Regierung

Polens nationalkonservative Regierung war in den vergangenen Tagen sowohl im eigenen Land als auch in Deutschland massiv kritisiert worden, weil sie nicht frühzeitig auf die Umweltkatastrophe reagiert und Deutschland informiert habe. Auch Lemke hatte deshalb Kritik geübt.

Am Freitag entließ dann der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki den Chef der polnischen Wasserschutzbehörde, sowie den obersten Kontrolleur der Umweltschutzbehörde.

Sie sei dankbar, dass die polnische Regierung die Probleme bei der Kommunikation offen angesprochen und erste Konsequenzen gezogen habe, sagte Lemke am Sonntag. "Das ist ein gutes Zeichen. Und das darf nicht wieder passieren, dass solche Informationen nicht direkt weitergegeben werden", fügte die Ministerin hinzu.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 14.8.2022, 19:30 Uhr

50 Kommentare

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  1. 50.

    Wer diese Sprachen nicht spricht und die entsprechende Medien nicht verfolgt, der hat kaum Ahnung von diesen Ländern, daher ist Ihre Meinung nur ein subjektives Gefühl, mehr nicht.

  2. 49.

    Wenn ich mich erinnere:
    Zu DDR-Zeiten galten Oderfische als u genießbar, weil die nach „Chemie” geschmeckt haben. Insider glaubten auch zu wissen, aus welcher Fabrik in Schlesien der Dreck kam.

    Verboten war das damals auch schon. Die Nachbarn waren auch damals schon keine einfachen Partner.

  3. 48.

    Ich möchte den Ergebnis nicht vorweggreifen, wenn wir es überhaupt jemals erfahren, aber wenn die Sterbewelle von Polen ausgeht und die Fließrichtung in das Mare Balticum zeigt, Polen Deutschland über die Ausgangsereignisse nicht informiert, das letzte fahrlässige oder vorsätzliche Entsorgen von Chemikalien in deutsche Flüsse genau wann war,
    für wie wahrscheinlich halten sie dann eine deutsche Beteiligung an dieser Umweltsauerei???

  4. 47.

    Nun, Dagmar, ich bin immerhin der deutschen Sprache m. E. ausreichend mächtig und verfolge täglich die hiesigen Medien - nicht alle natürlich. Trotzdem würde ich nicht behaupten, einen 'umfassenden Überblick' über ganz Deutschland zu haben. Daher werden Sie wohl verstehen, dass ich Ihre Argumentation für wenig relevant halte.

    Und Ihren Eindruck, deutsche Medien würden großteils nur zurecht geschnippelte, negativ gewürzte Häppchen über unsere osteuropäischen Nachbarn verbreiten, kann ich auch nicht teilen.

  5. 46.

    Sind Sie der polnischen Sprache mächtig und verfolgen täglich die dortigen Medien?
    Wenn ja, nur dann haben Sie ein umfassenden Überblick über Polen.

    Diese "Häpchen", die uns hiesige Medien ab und an über Polen und Tschechien zukommen lassen, ist fast immer nur eine "zusammengestöpselte" negative Nachricht.

  6. 45.

    Die Bedenken, den Verursacher gen Polen am Oberlauf zu suchen, habe ich nicht. Schließlich fließen die Schadstoffen nicht entgegen der Strömung.

  7. 44.

    Steffen schrieb von Rahmenbedingungen, die in Polen in bestimmten Bereichen mglw. nicht den hier vorhandenen entsprechen - und nicht von EU Standards, die in puncto Umweltschutz für alle Mitglieder prinzipiell gleichlautend sind.

    Und Fakt ist nun mal, dass polnische Behörden bereits Ende Juli Kenntnis von massenhaftem Fischsterben in der Oder erhielten und dies nicht zeitnah an die deutschen Behörden übermittelten. In der Folge wurden dann (aktionistisch) Anzeige gegen Unbekannt erstattet, Verantwortliche Beamte entlassen und eine exorbitante Belohnung ausgelobt. Wie man das halt in einem eher autoritär geführten Staat so macht, um von offenbar strukturellen Probs abzulenken.

    Wenn nun von Deutschland aus Kritik an der polnischen Informationspolitik geäussert wurde, und einzig darum ging es, muss Sie das nicht befremden, Dagmar.

  8. 43.

    Woher nehmen Sie Ihre Behauptung, dass es mir um "Grünen-Bashing" ginge? Davon abgesehen, dass dazu gar keine besonderen Anstrengungen nötig sind, lag das absolut nicht in meiner Intention!
    Dennoch werden Sie nicht leugnen wollen, dass die inhaltliche Substanz der ministerialen Äußerung ziemlich dürftig ist. Der Einschub "aus industrieller Produktion" ändert daran nichts. Woher sonst sollte die "chemische Substanzen" denn kommen? Aus dem Chemiebaukasten eines Schülers?

  9. 42.

    Vor ein paar Tagen habe ich in einer anderen Zeitung gelesen, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen durch das toxische Oderwasser vergifte wäre. Wenn man solche Schlagzeilen in die Welt setzt, ist sachliche Kritik kaum noch möglich. Zudem verfolgt mann die Presse, dann widersprechen sich viele Meldungen und deuten auf eine Art von Desinformation hin. Eine solche Presseberichterstattung ist in meinen Augen grundfalsch. Hier gehören nur gesicherte Fakten hin und keine Halbwahrheiten. Das Thema birgt schon auf Grund der von der polnischen Seite angestrebten Odervertiefung genügend Sprengstoff und Material zu Spekulationen.

  10. 41.

    Die Standarts werden von der EU festgelegt, und sind für alle EU Länder bindend.
    Der Verursacher ist noch nicht bekannt, aber hier wird so getan als wäre es Polen.

    Ich finde es befremdlich wie Deutschland mit ihren östlichen Nachbarn umgeheht, insbesondere mit Polen und Tschechien.

  11. 40.

    Aus diesem Grund sollte man nur dann einen Kommentar absetzen, wenn man fachlich in der Materie drinsteckt. Ich habe zwei Jahrzehnte aktiv ein Gewässer betreut mit Wasseranalysen und weiteren Maßnahmen um den Lebensraum des Ökosystems zu erhalten. Leider gab es durch einen Hitzesommer auch an diesem Gewässer ein Fischsterben, da entgegen aller Warnungen Salmoniden im Gewässer für ein Wettangeln (so etwas nenne ich Pottfischen und hat mit Angeln nichts zu tun) ausgesetzt wurden. Das Einsammeln der Fischkadaver und der Geruch brennen sich in das Gedächtnis derer ein, die an der Beseitigung einer solchen Umweltkatastrophe mitgewirkt haben.

  12. 39.

    Sie können sicher sein, dass diese Umweltkatastrophe in Polen derzeit höchste Priorität genießt. In den Medien gibt es kaum ein anderes Thema mehr, die Politiker geben sich die Klinke in die Hand, die Behörden ermitteln auf Hochdruck, wofür die ausgelobte Belohnung ebenfalls spricht. Es gibt ohne Frage einige Rahmenbedingungen, die dort nicht den hiesigen hohen Standards entsprechen, aber gerade Gewässerverunreinigung gehört definitiv nicht dazu. Eine Art "Einladung" zur Begehung eines solchen Verbrechens ist auszuschließen, es gibt klare Grenzwerte, wie hierzulande auch. Gegen solche kriminellen Aktionen ist grundsätzlich keine Regierung gefeit. Was wirklich zu prüfen ist, ist ob Kontrollen der Behörden vor Ort regelmäßig und vollumfänglich erfolgt sind, wenn eine Fabrik Verursacher sein sollte und ob die Auflagen ausreichend waren. Warten wir doch erst mal die Ermittlungen ab.

  13. 38.

    Ich kenne weder die Verordnungen der EU noch die Gesetze in Polen zu diesem Thema.
    Aber der Politik hier eine Blankovollmacht auszustellen, halte ich in Anbetracht der gemachten Erfahrungen für eine absolute Luftnummer.
    Denn offenbar waren ja die politischen Randbedingungen attraktiv genug, diese Umweltverbrechen überhaupt durchzuführen.
    Wer sowas macht, ist sich zumindest relativ sicher, nicht erwischt zu werden. Warum er das ist, dafür kann es verschiedene Gründe geben, alle lassen Politik sehr schlecht aussehen.
    Und hier war Polen aufgrund der bereits hochgekochten Ereignisse klar in der Meldepflicht, soviel steht auch fest.

  14. 36.

    "Labor-Ergebnisse in Brandenburg für Montag angekündigt" Das ist Brandenburg! Überstunden geht gar nicht und das Wochenende ist heilig.

  15. 35.

    Kann man denn nicht einfach mal dieses unsägliche Framing unterlassen? Welchen Mehrwert hat in der Meldung, dass die polnische Regierung aktuell national-konservativ ausgerichtet ist, außer dass in geneigten Kreisen direkt eine Abneigung erzeugt wird. Wäre die Umweltkatastrophe unter der Regierung Tusks etwa ausgeschlossen gewesen? Es handelt sich hier offenbar um ein Umweltverbrechen ungeahnten Ausmaßes, welches beide Länder gleichermaßen betrifft, vielleicht noch andere mehr, wenn die Brühe sich in der Ostsee verteilt. Daran ist keine Regierung schuld, denn das ist hier wie dort streng verboten. Allein das von Polen ausgelobte Geld für sachdienliche Hinweise zur Ergreifung von Tätern spricht dafür, dass die Katastrophe dort sehr ernst genommen wird. Dass die Kommunikation zwischen den Ländern mies funktioniert, liegt nicht nur an Polen. Daran haben auch deutsche Politiker einen beachtlichen Anteil.

  16. 34.

    " grundsätzlich schlauer sind als Regierungs- und Behördenvertreter*innen "

    Dazu muss man nicht grundsätzlich schlauer sein um zu sehen das hier offensichtlich etwas gewaltig zum Himmel stinkt !!

    Ein ganz normaler " einfacher " Menschenverstand reicht dazu schon aus .

  17. 33.

    Das world wide web macht es möglich. Ich finde es gut, wenn die Leute nicht den einfachen Weg gehen. Gefährlich wird es, wenn ich nach meiner Meinung/Tendenz suche, da werde ich immer fündig

  18. 32.

    Immer wieder erstaunlich, dass die Leute in den Kommentarspalten grundsätzlich schlauer sind als Regierungs- und Behördenvertreter*innen, und Spezialwissen in allen Bereichen(Pandemien, Osteuropa, Energiewirtschaft, Umweltgifte...) gleichzeitig vorliegt. Da sollte wirklich ein Umdenken beim Recruiting stattfinden.

  19. 31.

    Vielleicht wurde die Oder schon seit Jahren als „billiger“ Abwasserkanal in den „Verdünner“ Ostsee missbraucht. Wobei man es bei der Dosierung nie übertrieb und schön unter dem Radar arbeitete, wenn es den überhaupt gab.
    Nun kommt das Feedback unserer Treibhausgasemissionen und anderer Umweltsünden schneller und heftiger als im Mittel erwartet wurde und das Ökosystem Oder kippt schlagartig (Phasenwechsel).
    Wird man in diesem Fall mit einer zielführenden Aufklärung rechnen können??

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