Kohleausstieg und Klimakrise bringen Fluss in Gefahr - Trockene Spree wird zum Dauerproblem

Mo 15.08.22 | 12:33 Uhr | Von Wolfgang Albus
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Wassermangel in der Spree (Quelle: Rainer Weisflog/www.imago-images.de)
Sendung: Antenne Brandenburg, 15.8., 11:04 Uhr | Bild: Rainer Weisflog/www.imago-images.de

Experten nennen die Spree schon heute sarkastisch einen "Flussdarsteller". Das meint: Sie sieht aus wie ein Fluss, aber weil sie häufig nicht fließt, gleicht sie einem See. Von Wolfgang Albus

Man sieht der Spree auf den ersten Blick nicht an, wie sehr sie unter der Trockenheit leidet. Der Fluss ist durch Talsperren und Schleusen oberhalb von Berlin stark reguliert. Trotzdem sprechen Experten von einer dramatischen Situation.

Wer die Probleme der Spree verstehen will, muss ins Lausitzer Kohlerevier reisen. Mehrere Millionen Kubikmeter Grundwasser werden in den Tagebauen jedes Jahr abgepumpt, um an die Kohle zu kommen. Eine Wassermenge größer als der Inhalt des Bodensees wurde in 120 Jahren Bergbau abgepumpt.

Seit der Wende sind die meisten Tagebaue aus DDR-Zeiten nicht mehr in Betrieb. Damit fehlt der Spree das Wasser. Und nun steht auch noch der Kohleausstieg bevor, und es wird immer trockener im Einzugsgebiet des Flusses in der Lausitz.

Dauerhaft Niedrigwasser

Es gibt noch ein drittes Problem. Wenn die Tagebaue aufgegeben werden, dann müssen sie mit Spreewasser gefüllt werden. Ein Beispiel dafür ist der Cottbuser Ostsee. Ein ehemaliger Tagebau, der mit Hilfe von Spreewasser zum größten künstlichen See Deutschlands werden soll. René Schuster von der Grünen Liga warnt davor seit Jahren: "Über den Tagebauseen verdunstet mehr Wasser in der Landschaft als vor dem Bergbau. Das ist eine Ewigkeitslast letzten Endes." Er fordert, dass die Verdunstung auf das absolut notwendige Minimum reduziert werde. Das geht beispielsweise durch die Vermeidung von Flachwasserbereichen. Je tiefer eine geflutete Grube ist, desto geringer wird auch die Wasserfläche.

Ingolf Arnold vom Wassercluster Lausitz rechnet damit, dass die Verdunstungsmengen in bisherigen Projektionen überschätzt werden, aber auch er sieht die Spree vor dramatischen Veränderungen. "Die Spree wird sich ihr natürliches Kleid wieder anziehen, und das wird enger sein. Das heißt, es wird dauerhaft weniger Wasser fließen." Um die riesigen Grundwassermengen aus dem Bergbau abfließen zu lassen, wurde die Spree im vergangenen Jahrhundert stark ausgebaut. Dieser Trend müsse nun umgedreht werden. Das bedeutet, das Flussbett wieder enger zu fassen und gestautes Wasser möglichst lange in der Landschaft zu halten.

Besonders schwierig wird die Situation im Spreewald. Zurzeit sind einige Schleusen geschlossen, der Abfluss am Pegel Leibsch im Spreewald ist alarmierend niedrig. Wenn künftig der aktive Bergbau nach dem Kohleausstieg kein Wasser mehr liefert und über den gefluteten Gruben mehr verdunstet, dann dürfte sich die aktuelle Niedrigwasser-Situation immer häufiger wiederholen. Besonders angespannt ist die Lage in Berlin, das auf frisches Spreewasser dringend angewiesen ist, vor allem im Trinkwasserbereich.

Immer weniger Frischwasser in Berlin

"Die Kläranlagen leiten auch innerhalb von Berlin ihr gereinigtes Wasser wieder in die Spree. Und wenn zu wenig Frischwasser kommt, steigt der Anteil des geklärten Abwassers in der Spree gegenüber dem Frischwasser", sagt Experte Ingolf Arnold. Er schätzt, dass der Anteil des geklärten Abwassers in Berlin an der Mühlendammschleuse aktuell zwischen 50 und 75 Prozent liegt. Auch hier werde sich die Situation noch verschärfen, wenn weniger Wasser aus Brandenburg kommt.

Im geklärten Wasser lassen sich Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel und sogar Spuren von Drogen nachweisen. Für Menschen gelten die geringen Mengen zwar als unbedenklich, aber insbesondere Hormone aus Verhütungsmitteln im Wasser beeinträchtigen die Gesundheit von Fischen. Die Berliner Wasserbetriebe wollen daher in den nächsten Jahren ihre Kläranlagen mit einer weiteren Reinigungsstufe nachrüsten. Dabei setzt man auf Ozon, das die meisten Stoffe im Wasser unschädlich machen kann.

Die Wehranlage Leibsch im Unterspreewald. Als Folge von Dürre und Wassermangel in der Spree reagiert das Landesumweltministerium mit weitreichenden Konsequenzen: Ab 15.08.2022 werden zahlreiche Schleusen im Spreewald geschlossen. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)

Trinkwasser aus Fernleitungen

Wasserexperte Ingolf Arnold fordert einen umfassenden Bewirtschaftungsplan für die Spree. Er hält es für möglich, dass Berlin sein Trinkwasser nicht mehr vollständig aus den eigenen Brunnen decken kann. Dann wären Fernleitungen eine mögliche Lösung. Auch ist vorstellbar, dass Wasser aus der Neiße in die Lausitzer Tagebaue und damit ins Einzugsgebiet der Spree gepumpt wird.

Das Neißewasser ist allerdings nur in den Wintermonaten ausreichend vorhanden. Es müsste also in den gefluteten Gruben zwischengespeichert werden. Die dadurch erzeugten Änderungen des Wasserspiegels lösen allerdings bei den Anrainern keine Begeisterung aus, weil die Seen touristisch genutzt werden sollen. Außerdem ist das Genehmigungsverfahren absehbar langwierig, und auch Polen muss einbezogen werden.

Angesichts der Wasserknappheit fordert René Schuster von der Grünen Liga einen Stopp der Braunkohleverstromung in der Lausitz. Vor allem im Kraftwerk Jänschwalde nahe Cottbus wird Spreewasser zur Kühlung eingesetzt. Ein erheblicher Teil verdampft. In der Energiekrise laufen die Kraftwerke derzeit auf Hochtouren. Es wird auch diskutiert, dass bereits abgeschaltete Blöcke wieder ans Netz gehen.

Beitrag von Wolfgang Albus

26 Kommentare

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  1. 26.

    Jo, da hab ich wohl geträumt! Das das Loch rein theoretisch irgendwann wieder mit Wasser vollläuft, war mir schon klar. Aber das dauert. Und trotzdem, es geht um Wasser sparen. Und wie ich dem Artikel entnehme sind einige Flüsse in ihren Ausmaßen nur so groß wegen den Tagebauen. Bei ausbleibenen Niederschlag wird auch das Grundwasser abfallen. Wird eigentlich die Energie (Wasermühle)genutzt die ensteht, wenn das Wasser in die TAgebau fliesst?

  2. 25.

    Nun, dann werfen Sie einmal ein Blick über den Tellerrand in rheinische Braunkohlenrevier. Dort ist es gesetzlich vorgeschrieben die ausgekohlten Flächen zu rekultivieren und so landwirtschaftlich oder forstwirtschaftliche Flächen zu schaffen. Im Rheinland werden keine "Kippen" bebaut und zwar aus gutem Grund, der Boden ist zu instabil und dürfte zu Hangrutschungen führen, sobald sich zwischen den angeschütteten Erdmassen ein Wasserfilm bildet. Das können Sie sehr gut bei Murrenabgängen in den Alpen beobachten! Zudem ist Fluten die billigste, aber auch für die Umwelt schädlichste Methode. Und hier hat die BB versagt und einen Kotau vor der Leag gemacht und ihnen Kosten erspart!

  3. 24.

    Ich denke Sie bringen hier etwas durcheinander.
    So wie ich den Artikel verstehe, möchte der Bürgermeister die Kippenflächen schneller saniert und freigegeben haben, weil er sie wieder bebauen und nutzen will.
    Kippenflächen haben die Tagebaue bzw. Restlöcher in der Lausitz auch. Solange ein Tagebau betrieben wird, werden die Abraummassen, die über der Kohle abgebaggert werden im ausgekohlten Bereich wieder verkippt. Trotzdem bleibt am Ende ein Restloch, denn das Volumen der entnommenen Kohle können Sie nicht einfach so ersetzen. Wenn man dieses Restloch verfüllen will, muss man anderswo ganz schön viel Sand abbaggern, denn auch wenn Kraftwerksasche mit zum Verfüllen genutzt wird bleibt noch ein Loch. Dieses Loch läuft nach Abschaltung der Entwässerungspumpen voll mit Wasser, ob Sie wollen oder nicht.
    Das was Tagebaubetreiber machen ist kontrolliertes füllen der Restlöcher.

  4. 23.

    Wie war das mit den cleveren Lösungen, die Sie immer fordern. Man muss machen und intelligent bauen.
    Sand und Erde in der Grube hin- und herschieben ist viel Arbeit, aber keine clevere Lösung?
    Das ganze scheint ein altes Erbe aus DDR Zeiten zu sein. Irgendwann hat man sich festgelegt und ein Betriebskonzept genehmigt und seitdem macht man das so, weil billig im Bau aber teuer im Unterhalt und mit Folgen, die man heute nicht sicher absehen kann. Aber das ist ja dann ein Problem der nächsten Generationen.
    Nachvollziehbar wegen der Massenbilanz, dass einige Löcher übrig bleiben aber alle?

  5. 21.

    Weil aufsteigendes Grundwasser die Grube von unten vollmacht.
    Heimatkunde 4.Klasse

  6. 19.

    Was ich nicht verstehe: Warum müssen eigentlich Tagebaue geflutet werden? Das hört sich so an, als ob keine andere Möglichkeit besteht.
    Dabei könnten wir daraus doch auch grüne Täler machen. Also nach Bodenmodelierung( Terassen) und Bodenverbesserung (Kalk etc.) bepflanzen, am Talgrund nur ein Seechen oder Becken für das Regenwasser dort müsste doch für viele Pflanzen ein geeignetes Mikroklima herrschen. Geschützt vor starken Winden und Austrocknung könnten dort echte Oasen enstehen. Ich würde da gerne einen Waldgarten reinbuddeln!!!

  7. 18.

    Hey.

    Mache dir doch die Mühe und Google wenigstens selbst. Das Restlöcher verfüllt werden ist gelebte Praxis.

    https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/juechen-tagebau-garzweiler-loecher-verfuellung-rwe100.amp

    Nur weil Sie das nicht kennen oder einfach keine Lust auf die Mehrkosten haben sollten Sie nicht auf neunmalklug machen. Wenn kein Loch da ist fließt auch kein Grundwasser rein. Wer wie Sie annimmt das man da nichts mehr machen kann ist eher ahnungslos und nicht die anderen.

  8. 17.

    Das Ihre Kommentare nur so vor sachlicher Kritik strotzen habe ich schon oft gelesen. Jetzt trifft es mal mich.

    Ich versuche es anders als Sie mit Argumenten. Denn weshalb man ein Tagebaurestloch nicht verfüllen kann wissen wohl nur Sie. Beim Tagebau Garzweiler ist dies möglich und das ist keine Kiesgrube. Allgemein wird diese Lösung im Westen der Republik öfter in die Genehmigung eines Tagebaus eingetragen. Hier hat man aber darauf verzichtet zum Wohle der Kohleindustrie.

  9. 16.

    Ich bitte zu beachten, dass vor einem Betrieb eines Tagebaus und der vorherigen Grundwasser Absenkung bzw. der laufenden weiteren Grundwasser Absenkung das Grundwasser in der Regel 1 bis 6 Meter unter der Oberfläche anstand. Da, wo nach Einstellung des Tagebaubetriebs und nachfolgend auch der Hebung von Grundwasser eine gezielte Flutung mit Oberflächenwasser, z. B. aus der Spree, nicht erfolgt, wird sich über einen längeren Zeitraum der Grundwasserstand wieder in ungefähr dem Niveau einstellen, wie ursprünglich. Also bedeutet dieses, das Restloch wird sich zwangsweise naturgemäß füllen. Mit einer gezielten Flutung geschieht dies sehr viel schneller und mit Vorteilen u.a. der besseren Wasserqualität im Restloch. Alle Diskussion über die Verdunstung von mit Wasser gefüllten Tagebaurestlöchern ist also nicht hilfreich, denn sie tritt früher oder später immer ein. Das ist die Konsequenz aus dem Jahrzehnte andauernden Betrieb von Braunkohletagebauen. Kiesseen sind auch Tagebaurestlöcher.

  10. 15.

    Im Artikel wird genau begründet, warum tiefe, aber kleine Restlöcher übrig bleiben sollen. Haben Sie das nicht gelesen?
    Moch würde auch mal interessieren, wie Sie sich das vorstellen, ein Restloch von 1 bis 2 Mrd. Kubikmeter Inhalt abzuflachen.

  11. 14.

    Fluten ist nicht die bevorzugte Lösung. Es ist die einzige und passiert von selbst und wir können es nur beschleunigen. Bzw. Es ist extrem vorteilhaft, es zu beschleunigen.

  12. 13.

    Dein Kommentar ist nicht mal zum Lachen...
    Verrät doch mal, wie Du ein Tagebaubaurestloch verfüllen willst.

  13. 12.

    Doch, es gibt ein Naturgesetz, das bewirkt, daß Tagebaurestlöcher wieder geflutet werden (müssen): es ist das bzgl. Fließgeschwindigkeit des Grundwassers. Die Restlöcher füllen sich von selbst, jedes Loch füllt sich von selbst. Auch ein Fluß ist ein Loch, wenn auch ein sehr langes, und füllt sich von selbst. Wir unterstützen die Füllung so gut es geht in Zeiten eines Überangebotes von Niederschlagswasser.

  14. 11.

    Dann hat man wohl vergessen einigen Ahnungslosen in Westdeutschland zu sagen, dass das nicht geht und sie haben es einfach trotzdem gemacht.
    Fluten ist scheinbar die bevorzugte Massnahme der LMBV in der Lausitz.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_deutscher_Braunkohletagebaue

  15. 10.

    Ein Tagebaurestloch verfüllen? und nicht fluten. Ich glaube sie haben nicht nur keine, sonder gar keine Ahnung.

  16. 9.

    Warum müssen aufgebene Tagebau mit Wasser geflutet werden? Das ist keine Renaturierung,sondern einfach nur die billigste Lösung.Renaturierung heißt im Wortsinn Wiederherstellung von dem was vorher war.Brauchbarer Boden,Wald,Acker, Grundwasser,etc.Dann wenigsten das was dem am nächsten kommt,nicht billig und auf Kosten der Foerderfirmen oder deren Nachfolger.

  17. 8.

    Es gibt hier Leute die wollen sogar Pools verbieten... weil die Verdunstung ohne Abdeckungen es in Polen mehr regnen lässt. Oder eine Brücke wird eine Stunde weniger beleuchtet, damit irgendein Embargo wirken kann? Oder aber ein T.limit verringert die Erderwärmung usw, usf.

  18. 7.

    Ich habe das in der Vergangenheit schon sehr oft geschrieben, aber für alle Verdunstungsphantasten hier noch einmal.
    Geflutet werden die Restlöcher zum überwiegenden Teil im Winterhalbjahr, wenn die Regenmengen größer sind und die Flüsse, zumindest bis jetzt noch, ausreichend Wasser führen.
    Wenn man die Wassermengen im Winterhalbjahr nicht für die Flutung nutzen würde, dann würden diese Wassermengen ins Meer abfließen und wären für die Landschaft und das Grundwasser auch nicht verfügbar.
    Dass die Flüsse ihre natürlichen Überschwemmungsräume zurückerhalten müssen, was Vattenfall nördlich von Cottbus zum Teil auch schonmal gemacht hat, ist unbestritten, hat aber nichts mit Restlöchern oder dem Kohleabbau zu tun.

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