Amtsantritt der neuen HU-Präsidentin - Es fühlt sich an wie "nach Hause kommen"

Sa 01.10.22 | 18:43 Uhr | Von Elena Deutscher
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Archivbild: Julia von Blumenthal. (Quelle: dpa/F. Zahn)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.09.2022 | Axel Dorloff | Bild: dpa/F. Zahn

Julia von Blumenthal ist neue HU-Präsidentin und seit Samstag ganz offiziell im Amt. Ihre Vorgängerin hatte wegen der Reform des neuen Hochschulgesetzes gekündigt. Die Umsetzung dieser neuen Vorgaben ist nun ihre Aufgabe. Von Elena Deutscher

Für Julia von Blumenthal fühlt es sich an wie "nach Hause kommen". Die Politikwissenschaftlerin ist seit Samstag im Amt als neue Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Auf dem Campus sollte sie sich aber schon auskennen: 2009 war sie zur Professorin am Institut für Sozialwissenschaften im Lehrbereich Innenpolitik der Bundesrepublik Deutschland berufen worden. Und von 2014 bis 2018 war sie Dekanin an der HU.

"Es ist für mich ein vertrauter Ort", verrät von Blumenthal. "Aber ich bin ja vielen, die jetzt hier sind, besonders den Studierenden, nicht vertraut. Ich möchte, dass sie wissen, sie werden gesehen und dass es ein gemeinsamer Prozess ist, die Humboldt-Universität weiter nach vorne zu bringen", führt sie weiter aus.

Modell für die Reform des Hochschulgesetzes

Weiter nach vorne bringen – das heißt auch, die Reform des Berliner Hochschulgesetzes umsetzen. Eine Aufgabe, der sich von Blumenthal jetzt annimmt. Ihre Vorgängerin Sabine Kunst hatte aus Protest gegen die Reform gekündigt. In einer Stellungnahme bezeichnete sie die "wissenschaftspolitischen Weichenstellungen" als "gut gemeint, aber schlecht gemacht". Durch das Berliner Hochschulgesetz soll - verbunden mit bestimmten Bedingungen - promovierten Nachwuchswissenschaftler:innen eine unbefristete Anschlussstelle angeboten werden.

Julia von Blumenthal sieht die HU bereits auf einem guten Weg zur Umsetzung der Reform: "An der Humboldt-Universität gibt es ein Konzept, das auch im Akademischen Senat öffentlich beraten wurde, das auf ein Zwei-Pfade-plus-Modell setzt", so die Politikwissenschaftlerin. "Wir haben auf der einen Seite die Juniorprofessur mit Tenure Track und auf der anderen Seite einen Weg mit einer stärker funktionsbasierten Dauerstelle, bei der unterschiedliche Entwicklungsperspektiven über Zielvereinbarungen getroffen werden." Tenure Track heißt, die Juniorprofessor:innen werden zwar vorerst befristet eingestellt, aber nach erfolgreicher Bewährungsphase erhalten sie eine unbefristete Anstellung.

Angst vor kalten Hörsälen

Mit ihrem Start zum Wintersemester kommen auf von Blumenthal neben der Reform des Hochschulgesetzes noch andere Probleme zu. Auch Coronapandemie und Energiekrise sind Thema. Drohende kalte Hörsäle beschäftigen die Studierenden. Leah Strauß vom Referent:innenrat der HU wünscht sich, dass in kalten Räumen nicht die soziale Wärme verloren geht: "Ich hoffe, dass die Universität mitdenkt. Wir gehen mit, dass Vorlesungssäle auf 19 Grad geheizt sind. Aber wir fordern Ausweichräume, in denen ein bisschen mehr geheizt wird und wo Studierende sich aufhalten können, die es sich einfach nicht leisten können, zu Hause zu heizen."

Das soziale Miteinander an den Universitäten wurde in den letzten zweieinhalb Jahren vor allem durch die Coronapandemie bestimmt. Noch immer gibt es viele Studierende, die ihre Unis kaum von innen gesehen haben. Auch das kommende Semester plant von Blumenthal "in dem Wissen, dass die Pandemie nicht verschwinden wird". An oberster Stelle stehen für sie aber die Studierenden. Zwar hätte digitale Lehre schnell in einer guten Qualität umgesetzt werden können, die Pandemie habe aber auch gezeigt, dass vielen Studierenden der physische Kontakt zu anderen Kommiliton:innen und Lehrenden gefehlt habe. "Ich habe gelernt, die Präsenzlehre in den Vordergrund zu stellen und sie dann intelligent, wo es den Studierenden beim Studienerfolg hilft, mit digitalen Formaten zu unterstützen", sagt von Blumenthal.

Dritte Frau im Amt

Die Erfahrungen zur Lehre an Universitäten während der Corona-Pandemie hat die neue HU-Präsidentin an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) gesammelt. Dort übernahm sie von 2018 bis zum Ende des letzten Sommersemesters die Leitung.

Geboren ist Julia von Blumenthal 1970 in Marburg. Sie studierte Politik- und Rechtswissenschaft und Slawistik in Heidelberg und Hamburg. Nach ihrer Promotion und Habilitation lehrte sie in Lüneburg, Gießen und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Arbeitsgebiete als Politikwissenschaftlerin waren unter anderem Parlamentarismus und Governance-Forschung (Fragen des Regierens).

An der HU ist sie jetzt als oberste Wissenschaftsmanagerin für rund 38.000 Studierende in 171 Studiengängen und 440 Professor:innen sowie für fast 2.000 wissenschaftliche Mitarbeiter:innen zuständig. Sie ist die dritte Frau im Amt der HU Präsidentin.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.09.2022, 11:45 Uhr

Beitrag von Elena Deutscher

8 Kommentare

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  1. 8.

    Die Chance von einem sehr gut spezialisierten Bundesligaverein in die sichere Champions League aufzusteigen kriegt man nur einmal.
    Wenn Sie das Angebot abgelehnt hätte, wären die Türen zu für lange Zeit.

  2. 7.

    Hat sie gar Frankfurt Oder nur als Sprungbrett gesehen? Sie wollte ganz sicher nicht für immer hier bleiben. Die Provinz diente nur als Kariereschub für höheres.

  3. 6.

    Vielleicht erklärt das einen Teil (aus https://de.wikipedia.org/wiki/Julia_von_Blumenthal):
    "2016 trat sie als Kandidatin für das Vizepräsidium für Studium und Lehre der HU Berlin an, zog die Kandidatur aber zurück, als die Studierendenvertreter signalisierten, sie nicht zu unterstützen."

  4. 4.

    Aussagen wie "...fühlt es sich an wie "nach Hause kommen"" wirkt immer so als ob zuvor ungeliebt, missachtet, wiederstrebend verlassen, rausgeworfen - also immer mit so nem gewissen Geschmäckle (und nicht die erste Wahl).
    Ist hier aber nur als meine Einschätzung zu bewerten!

  5. 3.

    Wer hatte sich denn noch beworben für die Stelle als Präsident(in) an der HU?

  6. 2.

    Aus welchen Beweggründen hat sie denn die Leitung der Viadrina in FFO für den jetzigen Posten verlassen? Könnte rbb24 da nochmal recherchieren?

  7. 1.

    Warum war sie damals nicht an der HU geblieben, zu der sie jetzt zurückkehrt? Könnte man die Lücke im Lebenslauf hier noch ausfüllen?

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