Wochenlanger Pendelverkehr - Fahrgastverband: Risse im Tunnel der U2 waren seit August bekannt

Di 25.10.22 | 12:13 Uhr
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Archivbild: Blick auf eine abfahrende U2 am frühen Morgen des 20.03.2022 am Alexanderplatz. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Audio: Jens Wieseke, Fahrgastverband IGEB | rbb24 Inforadio | 25.10.22 | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Seit zwei Wochen brauchen Fahrgäste auf der U2 deutlich mehr Zeit - und das wird auch erstmal so bleiben. Schuld ist eine Absenkung im Tunnel durch Bauarbeiten. Laut dem Fahrgastverband IGEB hätte der Senat den Pendelverkehr aber verhindern können.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat dem Senat vorgeworfen, bei den Problemen mit dem Hochhausbau am Alexanderplatz zu spät gehandelt zu haben. Die Risse im darunter liegenden U-Bahn-Tunnel habe man bereits im August bemerkt, sagte der IGEB-Sprecher Jens Wieseke am Dienstag dem rbb. Man hätte eher einschreiten müssen, um eine Sperrung zu verhindern, so Wieseke im rbb24 Inforadio.

Wieseke forderte Bausenator Andreas Geisel (SPD) auf, Maßnahmen zu ergreifen, damit es künftig bei solchen Bauvorhaben nicht zu größeren Beschädigungen kommt.

Geisel sagte dem rbb schon in der vergangenen Woche, dass es seit Jahren immer wieder zu solchen "bau-physikalischen Folgen" komme. Es gebe verschiedenste Beispiele - nicht nur Hochhäuser seien die Auslöser. Demnach hatte beispielsweise das Humboldtforum auch Auswirkungen auf den Dom. Das seien aber "normale Vorgänge".

Sobald man in den Boden eingreife, müsse man die Nachbargrundstücke im Blick behalten. "Die Gebäude setzen sich", erklärte der Bausenator. Die Bauaufsicht habe das aber genau im Blick.

Schon bevor die Probleme in dem U-Bahn-Tunnel unter dem Alexanderplatz entdeckt wurden, habe es eine Vereinbarung mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gegeben, so Geisel weiter. Darin sei vereinbart worden, dass der Tunnel erneuert werden müsse.

U2 zwischen Senefelder Platz und Klosterstraße nur auf einem Gleis

Einen generellen Baustopp von Neubauten über U-Bahn-Tunneln, wie ihn die Linke gefordert hat, hält Wieseke für unrealistisch. Geisel sieht die Notwendigkeit nicht: "Jeder Fall muss individuell begutachtet werden - es gibt immer technische Lösungen."

Der Tunnel hat sich durch Bauarbeiten des französischen Investors Covivio direkt neben dem U-Bahnhof abgesenkt. Auf der U-Bahn-Linie 2 ist zwischen Senefelder Platz und Klosterstraße derzeit nur ein Gleis befahrbar. Wie lange diese Einschränkungen bestehen bleiben, ist derzeit völlig offen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.10.22, 06:45 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Haben Sie überhaupt den Artikel gelesen? Diese Art von Bauschäden kommen bei sämtlichen Baustellen vor. Berlin ist ehemaliges Sumpfland, sobald irgendwo eine Grube ausgehoben wird, drückt der umgebende Boden darauf und rutscht nach, wodurch Risse und Schäden an umliegenden Gebäuden kaum zu verhindern sind, aber durch frühzeitiges Reagieren klein gehalten werden können und müssen. Unterlässt man das, so wie es scheinbar auch hier der Fall war, steigen die Schäden im Laufe der Zeit exorbitant an. Es ist unerheblich, dass dort ein Hochhaus errichtet wird. Die Baugrube stand August wäre für jeden anderen Neubau genau so nötig gewesen und damit die gleichen Schäden aufgetreten. Stellt sich also eher die Frage: Warum wurde auf die kleinen Schäden nicht reagiert und gewartet, bis diese sicherheitsrelevant werden?

  2. 14.

    In der DDR zählte nicht vorrangig der Profit. Sie beachtete die bauphysikalischen Gesetzmäßigkeiten viel besser, wie @7 schon schrieb. In diesem Punkt war der Sozialismus überlegen. Ich stimme der Linken zu, die fordert, nicht mehr über oder unmittelbar neben U-Bahn-Tunneln Hochhäuser zu bauen. Auch wenn das Jens Wieseke für unrealistisch hält, muß das baupolizeilich durchsetzbar sein. Die Bauherren und die schuldigen Politiker sind abzusetzen.

  3. 13.

    An alle Hochhausgegner (mich eingesclossen): Deutschland und Berlin machen alle oder meistens alles maximal schlecht. Daran wird sich wohl nichts ändern.

  4. 12.

    Sorry, es muss Senefelderplatz heißen, weil der Platz nach dem Erfinder der Lithografie, Alois Senefelder, benannt wurde. Das sollten Journalisten eigentlich wissen.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Bernd Zöllner

  5. 11.

    Zu den Tunneln kommt noch hinzu, dass das alte Berlin und Cölln - also das Zentrum - auf Sumpfboden gebaut wurde. Ich erinnere an die Friedrich-Werdersche Kirche (Schinkel) in der Französischen Str., die nach den Ausschachtungen für die Tiefgaragen der Neubauten zu beiden Seiten einsturzgefährdet war. Bzgl. Berliner Dom und Palast der Republik/Humboldt-Forum gab es ähnliche Gefahren (deshalb blieb der Dom angeblich zu DDR-Zeiten stehen).

  6. 10.

    Der Bauexperte Geisel wird alles tun, dass die Senkung wieder kompensiert wird. Dieser Mann ist einfach Spitze. Ein Sozialdemokrat von Pieke auf. ?

  7. 9.

    Es ist hinreichend bekannt, welchen eher problematischen Baugrund Berlin hat. Bei allen Bauplanungen muss der Baugrund genügend berücksichtigt werden. Verantwortliche Politiker werden offenbar entsprechend "überzeugt" gegen bekannte Bauphysik zu handeln. In dem o.g. Fall hat die Schweizerin Lüscher die Verantwortung gehabt. Ob sie wirklich den Baugrund im Blick hatte, oder andere Vorzüge bekam ist nicht bekannt. Es ist Versagen!!! Und Geisel beschönigt es noch, ohne Baukenntnisse.
    Grüße an BER

  8. 8.

    Ich muss da jeden Tag lang und verliere somit bis zu 100 Minuten in der Woche! Das interessiert natürlich von der Rot Rot Grünen keinem! Die Hauptsache ist, ich zahle pünktlich meine Steuern! Wer dieses Gutachten erstellt und freigegeben hat, gehört strafrechtlich untersucht!

  9. 7.

    Mit Verlaub: Das stimmt so nicht. Kein einziges Hochhaus ist auf einer der U-Bahn-Strecken gebaut worden - weder das Hotel Stadt Berlin (heute Park Inn), noch das Haus des Lehrers, noch das Haus für Statistik, noch das ehemalige Haus des Berliner Verlages. Auch der Grunerstraßen-Tunnel berührt bspw. den U 2 -Tunnel nicht. Auch der erste ins Auge gefasste Standort des Fernsehturmes in unmittelbarer Nähe der Spree ist zum jetzigen Standort hin verschoben worden, weil der Baugrund das nicht hergab.

    Köln musste auf die Hochhaus-Bebauung auf der Deutzer Rheinseite verzichten, aufgrund Sichtbeeinträchtigung zum Kölner Dom hin, das Stadtarchiv aber brach zusammen; Hamburg zog zum Glück in den frühen 1970ern die "weiße Fahne", als der Baugrund nahe der Alster keinen gesicherten Grund abgab für vier 65 Etagen-Häuser. St. Georg ist seither geblieben.

    Berlin scheint periodisch von physikal. Gesetzen unberührt zu sein ...

  10. 6.

    Da die Berliner U-Bahn Tunnel nicht sehr tief liegen, dürften größere Bauvorhaben nicht immer sinnvoll sein.

  11. 5.

    So schlimm kann's ja nicht sein. Alle U-Bahnen fahren ja weiter. Und einen generellen Baustop soll's ja auch nicht geben.
    Und wenn dort irgendwas einstürzt, dann kommen wieder die üblichen Sprechchöre, man werde die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.
    Bla bla.

  12. 4.

    Komischerweise sind rund um den Alex zu DDR-Zeiten bereits mehrere Hochhäuser errichtet worden und die U-Bahnen fahren immer noch. In einer Stadt mit dichtem U-Bahnnetz wird auch neben und über U-Bahntunneln gebaut werden müssen, aber bitte Maßnahmen wie die mit der BVG vereinbarte Erneuerung des U-Bahntunnels auch rechtzeitig umsetzen.

  13. 3.

    An einem Verkehrsknotenpunkt wie dem Alex, der großflächig u.a. aufgrund div. U-Bahnlinien, der angrenzenden Spree, mehrfach unterkellert ist, einfach mal ein paar Hochhaus-Betonklötzer bauen zu lassen, zeugt wieder einmal mehr von der Inkompetenz des Bausenats. Auch die Architekten und Statiker haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Hier ging eindeutig Prestige vor Sicherheit. Auch geht es hier nicht einmal um die Wirtschaftlichkeit. Denn wer braucht schon weitere Eigentumswohnungen, Büroflächen und evt. weitere Geschäft am Alex? Niemand! Ich bin überzeugt, dass, wenn alle geplanten Bauvorhaben am Alexanderplatz weiterhin durchgesetzt werden, es nicht das letzte Mal sein wird, dass der Untergrund absackt. Die Auswirkungen auf den ÖPNV und die vorhandenen, umliegenden Gebäude ist m.E. noch nicht absehbar.

  14. 2.

    Es scheint sowohl die Politik dieses Senats, als auch aller anderen Senate - gleich aller Zusammensetzung - zu sein, den Investoreninteressen Vorrang einzuräumen vor Sicherheitsbedenken. Der Vorwurf eines Pragmatismus scheint nicht mehr zu verfangen, da, wo das rein Pragmatische, das behauptet Unausweichliche, zum Idealmaßstab der Stadtgestaltung geworden ist.

    Das klingt nüchtern, doch was den Alexanderplatz angeht, kann ich es nicht anders formulieren.

  15. 1.

    Brauchen wir Berliner solch architektonische Scheußlichkeiten? Welche Koryphähe gab sein Okay. Erkenntnis endgültiger Baustopp für den guten Zweck.

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