Berliner Angeklagte in Dresden - Juwelendiebstahl-Prozess steht kurz vor Abschluss

Di 06.12.22 | 06:04 Uhr | Von Nadja Malak
Archivbild: Die Angeklagten im Prozess um den Juwelenraub im Grünen Gewölbe sitzen bei der Fortsetzung des Prozess im Verhandlungssaal im Landgericht neben den Anwälten auf ihren Plätzen (Quelle: dpa / Sebastian Kahnert).
Bild: dpa-Pool

In Dresden stehen am Dienstag wieder Mitglieder eines Berliner Clans vor Gericht. Sie sollen aus dem Grünen Gewölbe Juwelen für etwa 113 Millionen Euro gestohlen haben. Kurz vor Ende des Prozess entsteht der Eindruck: Konkrete Beweise für ihre Täterschaft gibt es nicht. Von Nadja Malak

  • Mitglieder eines Berliner Clans sollen Juwelen aus Grünem Gewölbe in Dresden gestohlen haben
  • Zwei von ihnen sind bereits in Haft wegen Diebstahls einer 100 Kilo-Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum
  • Viele Indizien, keine Beweise: Urteil wird Ende Januar/Anfang Februar erwartet

Drei Brüder und ihre drei Cousins - das sind die Angeklagten, die an jedem Prozesstag von mindestens zwei Anwälten flankiert werden, im besonders gesicherten Saal des Oberlandesgerichts Dresden. Zwei von ihnen, die Cousins Wissam und Ahmed, verbüßen derzeit Haftstrafen wegen des Diebstahls einer 100 Kilo schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum im März 2017. Alle Angeklagten gehören zu einer polizeibekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie, sie sind deutsche Staatsbürger [mdr.de].

Der Einbruch in Dresden Ende November 2019 ähnelt stark dem Einbruch im Bode-Museum 2017.

Auch hier waren die Täter schon Tage vorher am Museum, um den Bruch vorzubereiten. Sie schnitten die Gitterstäbe vor einem Fenster heraus, klebten sie wieder fest. Zwei Männer drangen dann am Tattag durch das Fenster ins Grüne Gewölbe ein, schlugen die Vitrinenscheiben ein und stahlen Juwelen.

Auf ihrer Flucht setzten sie ein Auto in einer Dresdner Tiefgarage in Brand. Das zweite Fluchtauto wurde Monate später in Berlin gefunden.

Teilgeständnis führt zu Festnahme

Völlig überraschend legte einer der Angeklagten nach wenigen Prozesstagen im März 2022 bereits ein Teilgeständnis ab. In der Erklärung, die von seinem Anwalt verlesen wurde, gab er an, dass er an den Vorbereitungen beteiligt gewesen sei. Nur am Tattag selbst sei er nicht mit nach Dresden gefahren. In der Nacht vom 24. auf den 25. November 2019 geriet er in eine Polizeikontrolle. Er habe kalte Füße bekommen, so seine Aussage. Mit ihm im Wagen saß sein Cousin, der dann allein nach Dresden gefahren sein soll.

Was auffiel: Der 28-Jährige gab nur das zu, was ihm offenbar durch Beweise nachgewiesen werden kann. So fanden die Ermittler seine DNA an der Museumsmauer.

Wenige Wochen später dann klickten in Dresden die Handschellen. Mitglieder der Soko Epaulette nahmen eben jenen Cousin nach dem Verhandlungstag fest. Der 22-Jährige soll bei den Vorbereitungen des Juwelendiebstahls geholfen haben und war über die gesamte Tat informiert. Ausschlaggebend für die Festnahme soll das Teilgeständnis gewesen sein. Der Mann war anschließend kurzeitig in Untersuchungshaft, musste später wieder freigelassen werden.

Unzählige Indizien - aber keine zweifelsfreien Beweise

Konkrete Beweise dafür, dass die Angeklagten die Täter sind, gibt es nicht. Es sind vielmehr unzählige Indizien, die laut der Staatsanwaltschaft in der Summe beweisen sollen, dass die sechs Männer die Juwelen gestohlen haben. Es geht um DNA-Spuren im Fluchtauto und an der Museumsmauer. Es gab Aussagen von einem Mitgefangenen, dem ein Angeklagter Belastendes erzählt haben soll. Doch wie glaubwürdig sind sie, wenn der Mitgefangene sich dadurch Hafterleichterung erhofft?

Ein wichtiger von der Staatsanwaltschaft vorgebrachter, vermeintlicher Beweis dafür, wer im Museum war und die Juwelen gestohlen hat, zerplatzte. Eineinhalb Jahre nach dem Einbruch wurden sogenannte Mantrailerhunde eingesetzt. Die speziell ausgebildeten Spürhunde können beispielsweise erschnüffeln, ob ein Mensch in einem Raum gewesen ist. Geruchsproben von allen Angeklagten wurden den Hunden vorgehalten. Bei zweien, den Proben von Wissam und seinem Cousin Mohammed, haben die Hunde angeschlagen.

Um dies richtig einschätzen zu können, holte sich das Gericht die Unterstützung von zwei Gutachtern. Kai-Uwe Goss, ein Chemiker, der sich damit beschäftigt, wie sich Gerüche in der Umwelt verhalten, und Esther Schalke, eine Tierärztin und Expertin für Mantrailerhunde. Beide erklärten übereinstimmend, dass nach so einer langen Zeit keine Gerüche mehr vorhanden sind und ein Nachweis unmöglich sei. Für die Verteidiger der beiden war dies ein guter Tag, denn der Vorsitzende Richter machte deutlich, dass damit dieses Beweismittel vom Tisch ist. Für die Staatsanwaltschaft war das peinlich.

Urteil nicht vor Ende Januar

Die Beweisaufnahme der Kammer ist jetzt abgeschlossen. Bis zum Dienstag, dem 6. Dezember, haben Verteidiger und Staatsanwaltschaft Zeit weitere Beweisanträge zu stellen. Beobachter glauben im Gespräch mit dem rbb aber nicht, dass da noch viel kommen wird. Vielmehr gehen sie ihren Worten zufolge davon aus, dass zeitnah die Plädoyers gehalten werden. Ein Urteil wird dann für Ende Januar oder Anfang Februar erwartet.

Beitrag von Nadja Malak

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