Internes Dokument - BVG-Konzept sieht Verlängerung aller Berliner U-Bahnlinien vor

So 19.03.23 | 16:54 Uhr
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Fahrgäste steigen in eine U-Bahn der Linie U6 Richtung Alt-Tegel ein. (Quelle: imago-images/Jürgen Ritter)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.03.2023 | Christoph Reinhardt | Bild: www.imago-images.de

Wer in der Berliner Innenstadt mit den "Öffis" fahren will, findet ein dichtes Netz vor. Die Außenbezirke sind deutlich schlechter angebunden. In einer "Vision" schlägt die BVG nun großflächige Änderungen vor - und sogar eine neue Ringbahn.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben ein Konzept erarbeitet, wie das U-Bahn-Netz in den kommenden Jahrzehnten ausgebaut und Linien besonders in den Außenbezirken verlängert werden könnten.

Ein internes Papier der BVG, in dem das Verkehrsunternehmen seine Vision "BVG 2050+" vorstellt, wurde am Wochenende bekannt. Zuerst berichteten die "Morgenpost" [Bezahlinhalt] und der "Tagesspiegel" [Bezahlinhalt]. Es liegt auch dem rbb vor. Das vertrauliche Dokument sollte in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD verwendet werden.

Grafik: Vision der BVG: Expressmetropole Berlin (Quelle: rbb)
| Bild: rbb

Unter der Überschrift "Expressmetropole Berlin" wird in dem Konzept präsentiert, wie das Liniennetz der U-Bahn in drei Stufen von jetzt 147 Kilometern auf 318 Kilometer mehr als verdoppelt werden könnte.

Das heutige Netz erschließe "überproportional die Innenstadt", heißt es in dem Papier. "In den Außenbezirken gibt es Lücken und es fehlen leistungsstarke Querverbindungen." Die bestehenden neun Linien sollen demzufolge hauptsächlich in den Außenbezirken verlängert werden. Einzige Ausnahme ist die U5, die laut Konzept statt bis zum Hauptbahnhof künftig bis Jungfernheide führen und damit Anschluss an den S-Bahnring und die U7 bieten soll.

Verlängerungen im Westen und Süden bis zum Stadtrand

Die auffälligste Idee in dem Konzept ist eine ganz neue Linie – die Ringlinie "U0", die weitgehend außerhalb des S-Bahn-Rings fahren soll. Vorgesehen ist auch die bereits diskutierte Verlängerung der U7 bis zum Flughafen BER.

Im Süden der Stadt sollen dem Papier zufolge zudem die Linien U3, U4, U6, U8 und U9 jeweils bis zum Stadtrand verlängert werden. Im Norden soll die U8 perspektivisch bis in Märkische Viertel und die U9 bis nach Pankow-Heinersdorf führen, die U2 bis Pankow-Kirche und dort dann an die U9 anschließen. Die U1, die bislang an der Warschauer Straße endet, soll bis zum Antonplatz verlängert werden. Im Westen sind Verlängerungen der U1 und U2 bis fast zum Stadtrand vorgesehen. Die U7, die derzeit am Rathaus Spandau endet, soll weiter nach Süden bis zur künftigen U1-Verlängerung führen. Bis in den Nordosten der Stadt hinein sollen zwei U-Bahnlinien verlängert werden: die U3 bis nach Falkenberg und die U4 bis zum Glambecker Ring.

Keine Angaben zu Kosten

Auch das – vor allem im Osten der Stadt - bestehende Straßenbahnnetz soll dem Konzept zufolge ausgebaut werden. So sind Lückenschließungen zwischen bestehenden Linien geplant, aber auch neue Strecken bis in den Westen der Stadt. Auch neue Schnellbuslinien sind demnach geplant.

Zu den voraussichtlichen Kosten finden sich in der BVG-Präsentation keine Angaben. Aber allein für die etwa acht Kilometer lange Verlängerung der U7 bis zum Flughafen BER veranschlagt die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die Kosten auf 811 bis 890 Millionen Euro, je nach Trassenführung. Auch einen konkreten Zeitrahmen gibt es in dem internen BVG-Konzept nicht. "Wir wissen, dass sich diese Vision nur Schritt für Schritt zum Leben erwecken lässt", so die BVG und schreibt von einem "Marathon".

Die BVG-Pressestelle lehnte eine Stellungnahme zu den Plänen ab. Vertrauliche Papiere werde man nicht öffentlich kommentieren oder einordnen.

Grafik: Vision der BVG: Expressmetropole Berlin (Quelle: rbb)

Deutliche Kritik von Fahrgast- und Umweltverband

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Berliner Fahrgastverband (IGEB) haben sich klar gegen einen massiven Ausbau des Berliner U-Bahn-Netzes ausgesprochen.

In einer ironisch gefassten Pressemitteilung spricht der Fahrgastverband IGEB von einem "Aprilscherz". Angesichts des Sanierungsbedarfs des seit 120 Jahren aufgebauten Bestandes sei der BVG-Vorschlag ein "nicht nur unrealistisches und größenwahnsinniges, sondern vor allem auch unsinniges Projekt". Die BVG müsse vielmehr dringend in die bestehende Infrastruktur und moderne Fahrzeuge investieren. Mit der "provozierenden" Vision beschädige die BVG ihr eigenes Ansehen und das der vielen qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Scharfe Kritik übt auch der Umweltverband BUND und spricht von einer "kompletten Verkennung der verkehrspolitischen Notwendigkeiten der Stadt". Nur mit dem Ausbau der Straßenbahnstrecken lasse sich zügig eine Verbesserung des Nahverkehrs erreichen, argumentiert der Landesgeschäftsführer Tilman Heuser. Er fürchtet, dass die angedachten neuen U-Bahnstrecken den bereits fest vereinbarten Ausbau der Tramlinien stoppen könnten. "U-Bahnen sind Hochleistungsverkehrsmittel, die ihre Berechtigung auf entsprechend stark nachgefragten Korridoren haben. Die sind in Berlin allerdings fast vollständig abgedeckt", so Heuser. Mit den rund 35 Milliarden Euro, die der BUND für den Bau von 171 Kilometern U-Bahn veranschlagt, könne man 1.700 Kilometer neuer Straßenbahnstrecken errichten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.03.2023, 19:30 Uhr

159 Kommentare

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  1. 159.

    Herr Krüger mit Verlaub gesagt von der U-Bahn und Tram und deren Kosten haben Sie nicht wirklich Ahnung.
    Klar eine Tram ist schnell gebaut.....muss aber auch auf Grund der Witterungsverhältnisse schnell saniert werden. Dazu kommen die ständigen Schäden an den Oberleitungen und die Autos die im Gleisbett landen.
    Das sorgt für ständige Ausfälle und Verspätungen.
    Die U-Bahn ist zwar erheblich teuer aber auch erheblich "Pflegeleichter"

  2. 158.

    Anders als Sie halte ich es für wenig kontraktiv, Regional- und Fernzüge auf U-Bahn-Gleisen fahren zu lassen anstelle auf einer vorhanden Vollbahnstrecke.

  3. 157.

    Solche ambitionierten Planungen machen erst dann Sinn, wenn Oranienburg, Teltow, Falkensee nach Berlin eingemeindet werden und man die weiteren Bedarfe dieser neuen Stadtteile einplant.

  4. 156.

    Und keine sinnvolle Verlängerung der U7 nach Westen! Dabei fehlt eine Anbindung von Staaken und Falkensee schon seit Jahrzehnten und S-Bahnverlängerungen werden aus Kostengründen nicht mehr geben, da die DB nur extrem teuer bauen kann.

  5. 155.

    Absolut unrealistisch! Es wird in den nächster Zeit aus Kostengründen zu keinem nennenswerten Neubau von U-Bahnstrecken kommen. Schon die notwendigen Instandsetzungen verschlingen Unsummen. Das ist leider die Realität.

  6. 154.

    Ihr Hinweis auf die Einwohnerzahl und -dichte von Paris offenbart, dass Sie sich in der Tat weigern, den Ausbau der Metro dort nur im Ansatz zur Kenntnis zu nehmen. Kommen Sie wirklich aus dem Sendegebiet des RBB und wissen trotzdem nicht, wohin die U7 am südlichen Ende verlängert werden soll?

  7. 153.

    Tram ist nicht das gleiche wie eine U-Bahn und gegeneinander auszuspielen ist nicht zielführend. Um wenn es um die Kosten geht, kann man gleich wieder O-Busse einführen, die sind nochmal deutlich billiger...

  8. 152.

    Mit den tödlichen Unfällen, verursacht durch die Straßenbahn, bin ich vorsichtig. Möchte nicht wissen wie hoch der Anteil der Opfer ist, die die Bahn durch ihre eigenen Kopfhörer nicht wahrgenommen haben. Ähnliches gilt bei den Unfällen mit rechtsabbiegenden LKWs.

  9. 151.

    Ich finde den Plan toll. Ich feiere jede tatsächliche Erweiterung der Regio und S+U-Bahnen in der Region. Das ist zwar nur ein Plan. Aber ohne Plan kein Anfang. Damals beim Bau der Ringbahn der Berliner S-Bahn wurde auch größer gedacht und viel Investiert und jetzt Profitieren wir davon. Ohne die S-Bahn wäre ich bestimmt auch nicht aus Berlin raus nach Bernau gezogen.
    Ich finde, der Ansatz: "Ist zu teuer, also brauchen wir uns damit nicht zu beschäftigen" zu kurzsichtig, nur wenn wir jetzt einen Plan haben, kann man darauf hinwirken und schon Sachen vordenken, frei halten und Vorleistungen treffen.
    Nicht so wie bei der S2 nach Bernau, wo in den letzten Jahren die Brücken neu gebaut wurden, aber dabei die existierenden Wannen des zwei Gleises nicht erneuert wurden und bei einem Wiederaufbau des zweiten Gleises, die Brücken wieder neugemacht werden müssen. Aussage Bahn: "Wurde nicht mitbestellt" und das obwohl die lokale Politik das schon seit der Wiedervereinigung will.

  10. 150.

    Nicht überall in groß-Berlin gibt es massive Grundwasserprobleme, dafür aber auch eine Menge Vorleistungen wie z.B. zwischen U-Turmstraße und Jungfernheide, am Innsbrucker Platz und sogar am Theo gen Heerstraße, wobei ich ob deren Benutzbarkeit Zweifel habe.

  11. 149.

    Wenn sie tatsächlich alter Spandauer wären, dann wüßten sie das fast alle ein eigenes Gleisbett hatten. Welche angeblich schweren Unfälle hat es denn gegeben und wie sehen die in Relation zum MIV aus?

  12. 148.

    Wir Deutschen sind totale Meckerköppe und Verhinderer! Für mich ist das der beste Vorschlag dem ich je von der BVG gehört habe!
    Komisch der BUND! Autofahren solln wa nich mehr. Radfahrer leben mit der Tram auch sehr unsicher. In West Berlin wurde die Straßenbahn aus guten Gründen eingestellt! Wartungsintensiv ( schienen und Oberleitung) Außerdem hohe Unfallzahlen. Der Fahrgastverband kommt mir auch komisch vor. Endlich werden Außenbezirke angeschlossen und man kann sein Auto stehen lassen

  13. 147.

    Spandau als Großstadt innerhalb von Berlin, mit einem eigenen Zentrum, zu dem auf jeden Fall die Hälfte der Wege aus seinen Außenbezirken hinführt, ist geradezu prädestiniert für eine Straßenbahn. Wer sich die Verhältnisse am Busbahnhof anschaut, kommt aus dem Erschrecken nicht mehr heraus.

    Eine wie ein Lindwurm gewundene U-Bahn, die noch jede Milchkanne mitnimmt, um halbwegs die Wirtschaftlichkeitsrechnungen zu überstehen, bringt da keine Vorteile. Sie steigen an der Heerstraße oder im Falkenhagener Feld zwei Etagen herab, um im Spandauer Zentrum zwei Etagen wieder hochzusteigen. Die Stationen müssen weiter auseinanderliegen als bei einer Tram, was die Wege mithin verlängert. Und: mir kann niemand erzählen, dass eine Fahrt bei künstlichem Licht angenehmer ist als eine Fahrt bei Tageslicht.

    Ansonsten wäre es auch den Büroangestellten völlig egal, ob ihr Büro unterirdisch liegt oder durch Tageslicht beleuchtet wird.

  14. 146.

    Sie kommen aus Potsdam und gehen ins Ausland um Berlin ad abstrusum zu führen?

    In Potsdam erkennt die Verkehrssteuerung hunderte Meter vorher, ob ne Tram kommt, Die hat dann grün und muss nichtmal anbremsen! In Berlin ? Ist die Stehzeit oftmals länger als die Fahrzeit ! Jemals mit der M17 gefahren ?

    Die Trasse Schöneweide/Weissensee könnte locker 20 Minuten beschleunigter betrieben werden ! Das sind keine verbundschwierigkeiten... das alles ist hausgemacht, politisch tun se sich da anscheinend alle nichts solange die scheinchen stimmen.

    Ja, 20 Jahre lang lief hier alles nicht so ganz ohne Korruption... dass sich in der Hinsicht was ändert glaub ich allerdings nicht. Ist aber sicher nicht an dem, dass die CDU nun nen anderes verhältnis zu schwarz-taschengeld hätte, als deren Vorgänger. "Wir können doch nicht wollen, dass die Bahn schneller als das Auto wird, wer soll denn dann noch Gastredner für 30 Riesen bezahlen?".

  15. 145.

    "Sie nehmen Straßenraum ein, der für den Fahrrad- und Fußverkehr benötigt wird. Zudem werden ständig Passanten und Fahrradfahrer - zumeist gleich tödlich - von den lautlosen Schienenfahrzeugen erfasst "

    Straßenbahnen nehmen also vor allem den Fußgängern und Radfahrern den Platz weg . Das Auto ist dafür natürlich nicht so sehr verantwortlich und kaum der Rede wert und wenn wir schon dabei sind kommen natürlich auch ständig Passanten und Radfahrer durch die bösen Schienenfahrzeuge ums Leben und nicht so sehr durch Autos und LKWs . Das leuchtet wirklich ein !!

  16. 144.

    Ich weigere mich dabei bei nichts.

    Paris mit seinen 3,5 Mill. Einw. auf einem Viertel der Fläche von Berlin hat andere Bevölkerungsdichten als Berlin.
    Was das mit der südlichen Verlängerung der U 7 entlang eines Einfamilienhausgebietes zu tun hat, mag wissen wer will.

  17. 143.

    Geht es nach der BVG, wird auch die Straßenbahn ausgebaut und nicht wie in den letzten Jahren blockiert und sabotiert.

  18. 142.

    Grundsätzlich ist das GUT ! Aber da soll auch die umweltfreundlich gestylte BVG mal Vorschläge machen, wie sie zusätzliche Versiegelung "Doppelkompensiert" !

    Die paar Meter Rudow bis BER der U7 sind sicher logisch. 10 ? Stationen bis Kreuzberg direkt, ansonsten via Gesundbrunnen und Umstieg ? Macht keinen Sinn !

    Jeder zusätzlich eingebrachte Kubikmeter Beton in den Untergrund steigert das Risiko für überlaufende Keller ALLER Berliner !

    Nichtstun kann man übrigens überall... So wie die BVG Flächen für Grün und Radwege klaut (tut sie mittelbar nicht minder als die A 100) so klauen refugees (wie auch Ferienwohnungen) Raum für fleissige Menschen. Mobilitätsproblem nahezu gelöst !

    Wir haben hier echt Leistungsträger auf Mindestlohnniveau (etliches Hotelpersonal), die um in Mitte zu arbeiten erstmal 80 Minuten brauchen, um bis nach Erkner zu kommen !

  19. 141.

    In Potsdam mag der Zeitvorteil schnell dahinschmelzen. Hier in Berlin sind aber die Wege ein ganz kleines bisschen länger und die Passagierströme größer. Zu recht fordert deshalb die BVG , dass Tram UND U-Bahn ausgebaut werden sollen. Sie führen doch gerne Frankreich an, weigern sich aber beharrlich sich den Ausbau des Metronetzes in der Metrtopole Paris zur Kenntnis zu nehmen.

  20. 140.

    Sollte das u.bahnnetz so ausgebaut werden heißt das. Viele Buslinien Strassenbahnlinien werden verschwinden oder?

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