Hohe Nachfrage - Kleingärten in Berlin werden teils für 80.000 Euro angeboten

Mo 17.04.23 | 18:33 Uhr
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Kleingartenanlage in Berlin-Charlottenburg (dpa/ Bildagentur-online/ Schöning)
Video: rbb24 Abendschau | 17.04.2023 | K. Bräuer-Niekamp / C. Knospe | Bild: dpa/ Bildagentur-online/ Schöning

Wer in Berlin eine Datsche sucht, erfährt vor allem eines: Die Suche nach einer Parzelle ist praktisch genauso nervenaufreibend geworden wie die nach einer bezahlbaren Wohnung. Manche wollen aus der Nachfrage großes Kapital schlagen.

Die Wartelisten für Kleingärten in Berlin sind lang. Bei rund 71.000 Datschen und Schrebergärten in der Stadt gibt es derzeit rund 19.000 Bewerber, die auf eine Parzelle warten. Weil die Nachfrage so hoch ist, werden manche Schrebergärten für ein Vielfaches ihres geschätzten Werts angeboten. Der rbb stieß bei einer Recherche auf Angebote für mehr als 80.000 Euro.

Solche Preise sind jedoch nicht gesetzeskonform und sogar riskant, wie der Präsident des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde, Gert Schoppa, gegenüber dem rbb-Verbrauchermagazin Super.Markt betont. "Das sind Praktiken, die wir nicht möchten. Also nicht nur nicht möchten, sondern gegen die wir, wenn wir es feststellen, vorgehen. Der Grund und Boden kann nicht gekauft werden. Er wird gepachtet."

Große Nachfrage für Datschen treibt Preise nach oben

Und nicht der aktuelle Pächter, sondern der Vorstand des jeweiligen Kleingarten-Vereins entscheidet über die Neuverpachtung. Diese Vergabe sei in Verwaltungsvorschriften klar geregelt, erläutert die Berliner Rechtsanwältin Kathleen Pfordte. "Die Vergabe der Kleingärten soll nach der zeitlichen Reihenfolge erfolgen. Nur Bewerber mit sozialen Voraussetzungen und Räumungsbetroffene seien vorzuziehen." Von "Meistbietenden" ist nicht die Rede.

Und dennoch gelingt es offenbar vielen, die Wartelisten zu umgehen und sich einen Kleingarten teuer zu ergattern. So besichtigte eine Super.Markt-Reporterin einen auf Ebay annoncierten Kleingarten in Berlin, bei dem die Abstandszahlung 42.000 Euro betragen soll. Das ist mehr als das Fünffache des vom zuständigen Verein geschätzten Wertes für Gewächse und Laube. Die Gärtnerin argumentiert mit der Marktlage: "So viele Leute suchen. Da gebe ich den Garten nicht zu dem kleinen Preis ab."

Dagmar Frick vom Bezirksverband Lichtenberg erklärt, dass die Richtlinien zur Wertermittlung von Kleingärten Summen über 20.000 Euro gar nicht hergeben. Vom jeweiligen Verein "wird die Laube geschätzt und andere Baulichkeiten wie Gewächshäuser. Dann werden die Außenanlagen bewertet. Es wird nichts bewertet, was innen eingebaut ist, also Marmorfußboden oder eingebaute Dusche oder ähnliche Sachen", so Frick.

Bundeskleingartengesetz definiert Regeln für Pacht und Nutzung

Verbandspräsident Schoppa warnt die Interessenten eindringlich vor den Risiken, wenn sie diese Summen zahlen. "Alle, die auf solche Annoncen reinfallen, müssen wissen: Sie müssen zum Schluss einen Pachtvertrag angeboten bekommen. Und da ist nicht sicher, ob ein solcher Pachtvertrag dann auch zustande kommt. Auch beim Höchstangebot nicht." Es gehe schließlich um die Erholung durch Gärtnern in der Freizeit, nicht um ein Grundstück zum Wohnen. Für 400 bis 500 Euro Pacht pro Jahr, nicht für teure Abstandssummen.

Deshalb definiert das Bundeskleingartengesetz seit genau 40 Jahren auch strenge Regeln für die Nutzung. So sollen die Gärten der Gemeinnützigkeit dienen, geschützt vor Spekulationen des freien Marktes. Sie sollen eine soziale, ökologische Rolle spielen und zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse beitragen, wie es in dem Gesetz heißt.

Kleingarten-Mangel in Berlin - Datschen-Leerstand in Brandenburg

Die Zahlen sprechen für sich: So stehen in Spandau aktuell 3.650 Kleingärten in Verwaltung, doch gibt es 4.555 Interessenten auf der Warteliste - bis zu sieben Jahre kann es dauern, bis man seine eigene Datsche hat. In Wilmersdorf können es sogar zehn Jahre sein.

Etwas schneller klappt es in Weißensee - dort gibt es 4.500 Kleingärten in Verwaltung, 1.000 Menschen stehen auf der Warteliste und das im Schnitt fünf bis sechs Jahre. Auch in Lichtenberg beträgt die Wartezeit "nur" etwa drei bis vier Jahre.

Wer mobiler ist, könnte jedoch im Berliner Speckgürtel sowie Brandenburg fündig werden. So bekommt man beispielsweise im Verband der Gartenfreunde Südbrandenburg e.V. schon nach einer Woche eine Parzelle. Etwas länger dauert es in Neuruppin und Bernau - zwischen sechs Monaten und vier Jahren. In Eisenhüttenstadt, Guben, in der Prignitz und im Oberbarnim gibt es wiederum gar keine Wartezeiten.

Sendung: Super.Markt, 17.04.2023, 20:15 Uhr

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48 Kommentare

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  1. 48.

    Nochmal nachdenken.
    Kleingärten wurden geschaffen um den "kleinen" Mann bzw. Frau die Chance zu einem kleinen Garten zur Selbstversorgung zu geben.
    Wer die genannten Preise für so eine Laube mit bissel grün drumrum bezahlt, kann sich auch eine Wohnung oder Haus auf dem Land kaufen.

  2. 47.

    Die Vereinsregeln sollten aber entsprechend dem Bundeskleingartengesetz entsprechen. Da gehören Wochenendgrundstücke nunmal nicht dazu.
    Im Kleingarten entsprechend obigen Gesetzes geht eben nicht "Das kann doch Jede:r machen, wie er will!"
    Für ein Erholungs- bzw. Wochenendgrundstück wird dann auch u.U. eine Zweitwohnsteuer fällig.
    Vielleicht ist das ja der Weg, ganz nach dem Motto "Die Steuerfahndung kriegt sie alle".
    Musste ja auch Uli Hoeneß und Boris Becker lernen.

  3. 46.

    Es ist in keinem eingetragenen Gartenverein in Deutschland erlaubt den Pachtgarten als Wochenendgrundstück zu nutzen und dort über einen längeren Zeitraum zu übernachten.
    Es wird mit Sicherheit keiner etwas gegen eine kurze Übernachtung sagen. Dpch eine Woche und länger ist nun mal nicht erlaubt. Wer das möchte muss sich ein dementsprechendes Objekt suchen. Schließlich zahlt man ja keine Miete o. eine Grundstückssteuer sondern nur Pacht.
    Und ein Gartenverein hat nun mal auch jede Menge Pflichten u. nicht nur Rechte. Es gibt auch eine Gartenordnung die jedem Pächter ausgehändigt wird u. an die er sich nunmal zu halten hat.

  4. 45.

    Jetzt reichts, was erzählen Sie hier für einen Stuss. Ich bin selber in der MEG Spandauer Damm und deshalb, weil ich einen Kleingarten gekauft habe. Sie begehen Verleumdung und sollten sich genau überlegen, was Sie hier erzählen. Ich habe einen Kleingarten gekauft mit 480qm Gesamtfläche, einer Laube von 24qm plus Baum-und Pflanzenbestand für einen Preis von knapp 10.000€. Ich bin seit 2008 Eigentümer und bei jeder Jahreshauptversammlung der MEG dabei. Ihr Erzählungen stimmen in keinster Weise.
    Ich schätze mal, dass Sie einen Kleingarten erwerben wollten und abgelehnt wurden und jetzt Ihren Frust ablassen gegenüber der MEG.

  5. 44.

    Bei der ordnungsgemäßen Schätzung eines Gartens ist das Haus nur einer von sehr vielen Kriterien. Auch Bepflanzung ect spielt eine große Rolle.

    Niemand gibt einen Garten nur zum Schätzpreis ab. Warum auch? Derjenige, der den Garten abgibt entscheidet, was er haben will

  6. 43.

    Meine Eltern haben ihren sehr schönen Kleingarten abgegeben. Geschätzt wurde er auf 19000 Eur. Die Schätzung erfolgte durch einen Fachmann des Kreisverbandes nach genau festgelegten Regeln

    Letztlich ging der Garten für 30.000 Eur weg. So ist das halt. Angebot und Nachfrage. Hohe Nachfrage und wenig Angebot bedeutet hohe Preise.

    Es wird ja niemand gezwungen, einen Garten zu pachten

  7. 42.

    Jeder Garten wird geschätzt. Der Schätzwert ist die Basis freier Verhandlungen
    Warum sollte man etwas begrenzen? Knappe Güter sind immer teuer.

    Und was hat der Marktwert eines Gartens mit dem Gedanken der Kleingarten Bewegungen zutun? Nichts.

  8. 41.

    Susanne, da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Aber so ist der Sven halt. Die meisten Kleingärten sind in einem tadellosen Zustand. Es gibt immer mal wieder schwarze Schafe darunter. Swimmingpools ab einer bestimmten Größe sind überhaupt nicht erlaubt, aber es gibt mittlerweile gerade Jüngere, die meinen aus ihrem Kleingarten eine Wellnessoase machen zu müssen. Das allerdings ist nicht erlaubt.
    Gott sei Dank sind wir nicht Pächter, sondern Eigentümer eines Kleingartens. Der Großteil der Parzellen in der Kolonie sind mittlerweile Eigentum und nicht Pacht.
    Gerade in der Coronazeit war es immer wieder erholsam, sich dort aufzuhalten. Seit der Zeit steigen auch die Anwärterzahlen auf einen Kleingarten immens.

  9. 39.

    Also es handelt sich um verpachtete Schrebergärten nach dem BKleingG nicht um rein privat verpachtete Freizeitgrundstücke. Insofern sind solche Hehlerein auch gefährlich für die politische Akzeptanz des BKleingG.
    Insofern hat @Dagmar Recht, zumal der Nachfolger ja Mitglied eines zugehörigen gemeinnützigen Kleingartenvereins werden muss.

  10. 37.

    "Die kommen immer nur sporadisch und sehen die Anlage als eine Art billiges Wochenendgrundstück an." Na und??? Das kann doch Jede:r machen, wie er will! Es gibt Menschen, die brauchen nur Ruhe und Erholung, nicht Ackerbau und Viehzucht! So lange sie sich an die Vereinsregeln halten, ist doch ok

  11. 36.

    Es gibt eine sog. MEG Spandauer Damm, deren Mitglieder ausnahmslos dem Bundeskleingartengesetz unterliegen Dort werden utopische Preise für normale Lauben in Höhe von 100000.-€ verlangt, die man selbst zuletzt für plus minus 12000.-€ erworben hat.
    Der Vorstand der MEG schaut weg.
    Spekulationssteuer? Naja…….Wer weiß

  12. 35.

    Eigentlich ging es bei den Kleingärten ja mal vornehmlich darum, dass arme Menschen sich billig mit Obst und Gemüse versorgen können.

    Wenn Leute willens sind, für so eine Parzelle absurde Summen zu zahlen (andernfalls hätte es ja keinen Sinn, horrende Preise zu fordern), zeigt das nur, dass der Kleingarten inzwischen offenbar zum Must-Have und schicken Accessoire geworden ist, das in erster Linie dazu dient, den sozialen Status und Einklang mit der Mode zu demonstrieren und damit vor seinen Freunden und Bekannten anzugeben.

    Werden die betroffenen Anlagen eigentlich noch von ihren Pächtern bewirtschaftet oder nutzt man (auch) dafür inzwischen irgendwelche unterbezahlte Lohnsklaven, am besten mit Hintergrund?

  13. 34.

    Nichts Neues: Genau darüber hat u.a. der Tagesspiegel bereits vor einem Monat berichtet.
    Schwarze Schafe gibt es in Berlin leider überall - die machen auch vor den Kleingärten keinen Halt... sind aber zum Glück die Ausnahme.

  14. 33.

    Verstehe die Aufregung nicht. Wenn jemand bereit ist, soviel Geld zu zahlen, ist er selber Schuld. In der Regel sind solche Menschen geschäftsfähig und verfügen über viel Geld. Das Geld ist ja dann auch nicht weg, sondern bei einem Anderen, der es dann vielleicht auch braucht.

  15. 32.

    >"Pools in Kleingärten sollten verboten werden."
    Wenn es ein richtiger Kleingartenverein e.V. nach bundesdeutschem Kleingartengesetz ist, darf auch kein fester großer Pool im Kleingarten sein. Allenfalls ein kleines aufblasbarer Planschbecken zum Reinsetzen oder für die Kinder.
    Privater Garten und Kleingartenparzelle in einem Kleingartenverein bitte mal nicht in einen Topf werfen!

  16. 31.

    Pools in Kleingärten sollten verboten werden. Umweltgedanke herzlichen Glückwunsch!!! Wie entsorgen Sie im Winter das mit Chlor versetzte Wasser?

  17. 30.

    Da sieht man, die Raffgier des "kleinen Mannes", übetrifft durchaus die Mehrheit der Vermiete von Wohnungen, und die sind Eigentümer mit Verpflichtungen..

  18. 29.

    Sie sollten mal durch Kleingartenanlagen gehen, da werden Sie sehen, dass die meisten Klringärten gepflegt sind und nur wenige ungepflegt.

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