"Nakba"-Jahrestag in Berlin-Neukölln - Verwaltungsgericht bestätigt Verbot von pro-palästinensischer Demonstration

Fr 19.05.23 | 20:48 Uhr
  18
Bei einer pro-palästinensischen Demonstration am 8. April 2023 hält eine Frau in Berlin eine Flagge in der Hand. (Quelle: Picture Alliance/Michael Kuenne)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.05.2023 | Nachrichten | Bild: Picture Alliance/Michael Kuenne

Zum 75. Jahrestag der "Nakba" sollte am Samstag in Berlin-Neukölln eine pro-palästinensische Demonstration stattfinden. Die Berliner Polizei hat dies verboten, ein Eilantrag dagegen wurde abgelehnt. Berliner Juden planen einen Solidaritäts-Demo.

  • Die Berliner Polizei hat eine pro-palästinensische Demonstrationen mit Bezug zur Staatsgründung Israels verboten
  • Ein Widerspruch der Veranstalter ist erfolglos geblieben - ein Gericht hat das Verbot bekräftigt
  • Eine Gruppe Berliner Juden und Israelis organisiert solidarischen Protest gegen das Demo-Verbot

Die Berliner Polizei hat erneut eine Demonstration palästinensischer Gruppen verboten. Angemeldet war eine Kundgebung für Samstag - zum Vertreibungs-Gedenktag Nakba. Die Polizei teilte am Freitagmorgen jedoch mit, diese Versammlung dürfe nicht stattfinden. Auch eine Ersatzveranstaltung am Samstag oder Sonntag dürfe es nicht geben.

Der Veranstalter versuchte zunächst, juristisch gegen das Verbot vorzugehen - scheiterte aber: Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte das Demo-Verbot am Freitagnachmittag.

Dem Veranstalter bleibt zwar noch der Weg vor das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) als nächsthöhere Instanz, wie ein Gerichtssprecherin sagte. Zunächst war aber offen, ob der Veranstalter diesen Weg noch wählt.

Demonstration am Samstag am Hermannplatz geplant

Die Demonstration war für Samstag am Hermannplatz in Berlin-Neukölln geplant, erwartet wurden bis zu 1.000 Teilnehmer. Die Berliner Polizei begründete das Verbot mit der "unmittelbaren Gefahr", dass es bei der Versammlung zu antisemitischen und volksverhetzenden Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten kommen könne.

In den vergangenen Wochen hatte die Berliner Polizei mehrere palästinensische Demonstrationen gegen die Politik Israels verboten, weil sie antisemitische Parolen und Gewalttätigkeiten erwartete. Gerichte hatten die Verbote bestätigt. Zuvor hatten am Osterwochenende Teilnehmer einer Palästina-Demonstration israelfeindliche und antisemitische Parolen gerufen.

Unterstützung von Berliner Juden und Israelis

Für Samstagnachmittag ist allerdings auch eine Solidaritäts-Demonstration auf dem Oranienplatz angekündigt. Sie steht unter dem Motto: "Jüdische Berliner*innen fordern das Recht auf Erinnerung - auch für Palästinenser*innen". In einem Aufruf beklagt die Gruppe das Vorgehen der Berliner Polizei mit den Worten: "Diese repressive Politik schützt uns nicht." Deswegen wolle man ein Zeichen setzen, "gegen antipalästinensischen Rassismus und für Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen in Israel-Palästina", heißt es.

Die Veranstalter verweisen auf einen offenen Brief von mehr als 100 Berliner Juden und Israelis. Bereits Ende April hatten sich diese gegen das Vorgehen der Polizei ausgesprochen und gefordert, dass Demonstrationen von Berliner Palästinensern nicht verboten werden sollen [theleftberlin.de].

Laut einer Polizeisprecherin sind für diese Demonstration keine verstärkten Vorkehrungen vorgesehen. Es werde Polizei wie sonst vor Ort sein, hieß es. Die Veranstaltung ist laut der Versammlungsseite der Polizei zwischen 15 und 16.30 Uhr am Oranienplatz angemeldet.

Erinnerung an ersten Nahostkrieg

Palästinenser erinnern jedes Jahr am 15. Mai an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen im ersten Nahostkrieg 1948. Aus einem Teil des britischen Mandatsgebiets Palästina wurde am 14. Mai 1948 Israel. Die arabischen Nachbarn griffen den neuen Staat an. Im Zuge der Kämpfe flohen rund 700.000 Palästinenser oder wurden vertrieben. Der Begriff der "Nakba" (arabisch für "Unglück" oder "Katastrophe") erinnert daran.

2022 waren rund um den Tag Hunderte Polizisten in Neukölln im Einsatz, um Verbote der palästinensischen Demonstrationen durchzusetzen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.05.2023, 11:00 Uhr

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Ist ein starkes Statement, dass sich Berliner Juden:innen gegen ein generelles Verbot der palästinensischen Demonstrationen, insbesondere an ihrem Gedenktag, aussprechen.
    Das ist der richtige Weg anstelle des Flaggenmarsches in Jerusalem.

  2. 17.

    Die Vertreibungen (Nakba) gab es auf beiden Seiten und in beide Richtungen an 1948. Man spricht von 700.000 vertriebenen Palästinensern und von 850.000 vertriebenen Juden aus deren jeweils angestammten Siedlungsgebieten.

  3. 16.

    Auf den Punkt. Dieser Hass der offen gezeigt und gekübelt wird gehört verboten. Diese Menschen zeigen täglich in Berlin was die von Deutschland und den Menschen halten. Genauso offen Hass zu Predigen sollte bei jeder Demo verboten werden. Demokratie gehört geschützt und nicht selbst zerstört. Wieso demonstriert keiner in den arabischen Ländern für Sie ?

  4. 15.

    Vielen (leider nicht allen, da stimme ich Ihnen zu) geht es eher um Kritik an der israelischen Außenpolitik, welche teilweise auch berechtigt ist...

  5. 14.

    Die Gründung des Staates Israel hat nicht nur die schöne Seite des Schaffens eines sicheren Zufluchtslandes für die Juden aller Welt, sondern auch die unzertrennliche Seite der Nakba.

    Wer das Leid der Palästinenser ignoriert, begeht Geschichtsverklärung. Die UNO hätte damals umgehend gegen die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser einschreiten müssen. Auch heute setzt sich die Nakba in der israelischen Siedlungspolitik fort. Niemand schreitet ein! 75 Jahre Nakba.

    Ich bin mir sicher, wären deutsche Politiker ehrlich zu sich selbst, würden sie diese Seite der Gründung des Staates Israel genauso erwähnen. Oder trauen sie sich nicht zur ganzen Wahrheit?

  6. 13.

    Pro Palästina hört sich neutral an. Es geht hier aber um die Hetze gegen Israel und die Juden, deswegen ist das Verbot absolut in Ordnung!

  7. 12.

    Jetzt erstmal die Gerichtsentscheidung abwarten.
    Schätze, die dürfen dann unter Auflagen demonstrieren.

  8. 11.

    Sehe ich ähnlich.
    Ziemlich problematisch, dass teilweise Trauerminuten für Opfer von Menschenrechtsverletzungen verboten und/oder mit Polizeigewalt und rechtlichem Nachspiel aufgelöst werden (wie z.B. bei Versammlungen in Solidarität mit palästinensischen Menschenrechten letztes Jahr).
    Im Hinblick auf ein Demokratieversprechen seitens des Staates ist das jedenfalls nicht haltbar.

  9. 10.

    Wenn man nicht in der Lage ist ohne "antisemitischen und volksverhetzenden Ausrufen" eine Demo zu machen, dann hat man halt ein Problem und darf dies nicht tun. Der Rest ihres Kommentars wirkt verwirrend.

  10. 9.

    "Anderer Länder"?
    Erstens ist es allg. eine ziemlich ignorante Idee, sich von den Verhältnissen "anderer Länder" so abzugrenzen. Ziemlich triste Einstellung, sich nicht für Mord und Vertreibung zu interessieren, nur weil es zzt nicht einen selbst betrifft.
    Die Deutsche Regierung unterstützt die israelische sehr. Das sollte also für Deutsche und alle, die hier leben, Steuern zahlen etc. schon mal Thema sein.
    Außerdem ist der Themenkomplex Palästina/Israel für viele Deutsche und Viele, die hier leben, eben nicht weit entfernte Weltpolitik, sondern direkte Familiengeschichte.

  11. 8.

    Das Problem dürfte sein, daß Sie solche Vorfälle auch bequem per Agent Provocateur passend jederzeit erzeugen können bei jeder Demonstration. Deswegen dürfte ein präventives Verbot unter Bezug auf solche Vorfälle u.U. jurustisch wacklig sein.

  12. 7.

    Aufgrund der Geschichte und der feindlichen Politik Israels ist ein Verbot Pro palästinensischer Demonstrationen in Berlin mehr als fragwürdig und bedenklich. Wenn diese Gruppen nicht ihre Meinung Häusern dürfen, dann suggeriert es doch, dass Deutschland Israel bei der Politik der Unterdrückung unterstützt. Natürlich ist auf eine Wahrung der Umgangsformen zu achten. Wenn aber generell die Rechte beschnitten werden, ist mit einem Anfall von Ohnmacht auch eine Verschärfung des Tonfalls zu rechnen. Berlin sollte nachdenken und mit den Veranstaltern die Kommunikation suchen. Bisher wird suggeriert, dass Palästinenser keine Meinung Häusern dürfen. Und was sollen ukraineflaggen da?

  13. 6.

    Ich denke ebenso, ich wundere mich ebenso. Der Wandel zeigt sich ja auch im Umgang mit der LG.

  14. 5.

    Ich bin sehr froh, dass endlich etwas gegen die Verherrlichung des palästinensischen Terrors auf (insbesondere) Neuköllner Straßen getan wird. Dieser Menschenhass ist einfach nur widerlich.

  15. 4.

    Gut so, ich habe die Nase gestrichen voll von diesen ganzen Demos anderer Länder, die hier ausgetragen werden.
    Wir können und dürfen da auch nicht demonstrieren.

  16. 3.

    Demokratie bedeutet, Menschenhass nicht mit Meinungsfreiheit zu verwechseln. Das scheinen Sie wahrscheinlich nicht zu verstehen, warum? Menschenrechte und Menschenwürde dürfen nicht verletzt werden. Alles andere ist indiskutabel.

  17. 2.

    Diese Demoverbote scheinen mir nur für den Einzelfall und nicht allgemein zu gelten, eine verfassungsrechtliche Prüfung könnte dies klären.

    GG Artikel 8,18,19 gelten ja auch für Berlin.

  18. 1.

    Gerade jetzt gibt es berechtigte Kritik an der Politik Israels und so reagieren deutsche Behörden!?
    Bin ich der einzige, der sich über das wandelnde Demokratie-Verständniss wundert?
    Ach könnten sich die Palästinenser doch nur Uboote leisten...

Nächster Artikel