Naturschutzranger im Einsatz - Polizei muss Waschbären aus Berliner Bus holen

Mi 24.05.23 | 15:16 Uhr
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Ein junger Waschbär wurde am 24.05.2023 in einem BVG-Bus gefunden und später ausgesetzt. (Quelle: Polizei Berlin)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.05.2023 | Miriam Keuter | Bild: Polizei Berlin

In Berlin leben Waschbären fast überall: unter Containern, in Schrebergärten und in leerstehenden Gebäuden. Nun wurde ein Junges in einem Bus gefunden. Die Polizei rückte an. Der Senat mahnt, dass eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt ist.

Ein junger Waschbär hat sich am Dienstagabend an Bord eines Berliner Busses geschlichen. Das teilte die Polizei am Mittwochvormittag mit. Der Busfahrer entdeckte den flauschigen Passagier demnach gegen 19 Uhr an der Haltestelle Tempelhofer Damm.

Der Fahrer habe an der Wendeschleife eine Pause eingelegt, konkretisierte eine Sprecherin der Polizei. Die Bustüren seien zum Lüften geöffnet gewesen. Dabei muss sich das Jungtier den Angaben zufolge in den Bus geschlichen haben.

Der Busfahrer rief die Polizei, die anschließend einen Naturschutzranger benachrichtigte. Der Ranger kümmerte sich um den Waschbären.

"Das Tier war gesund - es gab keinen Grund, es in Obhut zu nehmen", sagte der Ranger dem rbb am Mittwochnachmittag auf Nachfrage. Er habe das Muttertier in der Nähe schnell finden können und habe das Junge - in Absprache mit der Amtsärztin - in der Nähe wieder ausgesetzt.

Waschbärpopulation in Berlin sorgt für kontroverse Diskussionen

Waschbären sind in Berlin gewiss keine Seltenheit - sie kommen in allen städtischen Lebensräumen bis in die dicht besiedelte Innenstadt vor. "Sie sind sehr anpassungsfährig, sie haben die Stadt für sich erobert", sagte der Ranger weiter. Sie leben unter Containern, in Schrebergärten, leerstehenden Gebäuden, Dachböden, aber auch in der Dämmung von Hauswänden und Dächern. Die genaue Anzahl ist schwer zu bestimmen, da es sich um eine wild lebende Population handelt. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass sich die Zahl der Waschbären in den letzten Jahren auf mehrere Tausend Tiere erhöht hat.

Die wachsende Waschbärpopulation in Berlin sorgt für kontroverse Diskussionen. Einerseits werden die Tiere von vielen Menschen als niedliche und interessante Wildtiere angesehen. Andererseits gibt es Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die einheimische Tierwelt und die städtische Infrastruktur. Die Allesfresser mit der markanten schwarzen Gesichtsmaske können beispielsweise Nester von Vögeln plündern oder Müllcontainer durchwühlen. Meist sind sie in der Dämmerung und nachts aktiv.

Um mit der steigenden Waschbärpopulation umzugehen, wurden in Berlin verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört z. B. das Sichern von Müllcontainern, um die Verfügbarkeit von Nahrungsquellen zu verringern.

Es wird auch versucht, die Öffentlichkeit über den Umgang mit Waschbären aufzuklären und sie dazu zu ermutigen, kein Futter bereitzustellen.

Im Rahmen eines Pilotprojekts der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gibt es auch die Möglichkeit einer kostenfreien Waschbär-Vorort-Beratung [berlin.de].

Eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt

Der Senat mahnt derweil, dass eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt ist. Waschbären gehören zum jagdbaren Wild. Wer nicht über eine Jagderlaubnis verfügt und Waschbären tötet, macht sich der Wilderei schuldig und kann mit einem Bußgeld oder Haft bestraft werden.

Waschbären kommen ursprünglich aus Nordamerika. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie zur Pelzgewinnung auch in Deutschland gezüchtet. Einige entkamen - beispielsweise nachdem Bomben am Ende des Zweiten Weltkriegs in dem Garten eines Pelztierzüchters im Landkreis Märkisch-Oderland einschlugen. Zudem wurden zwei Waschbärpaare 1934 am hessischen Edersee ausgesetzt - zur "Bereicherung der heimischen Tierwelt", wie es damals hieß.

Mit den Jahren etablierte sich der Waschbär in Deutschland - und wurde zu einer invasiven Art.

Da sich die Säugetiere schnell vermehren und es nur wenige natürliche Feinde gibt, hat sich die Population in Deutschland in den letzten Jahren stark erhöht - vor allem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen.

Infos zum Waschbär

Der Waschbär (Procyon Lotor) ist ein Vertreter der Familie der Kleinbären und gehört zur Ordnung der Raubtiere. Charakteristische Merkmale des Kleinbären sind seine etwas gedrungene und bucklige Gestalt, die Gesichtsmaske mit einer über der Augenregion verlaufenden braunschwarzen Binde und der grau schwarz quergeringelte Schwanz. Seine Fellfärbung kann sehr unterschiedliche Variationen von Grautönen aufweisen und ist häufig silbergrau untermischt. Der Waschbär ist normal größer als eine Katze und kleiner als ein Fuchs.

Brandenburg: 35.117 Tiere getötet

Erhebungen, wie viele Waschbären in Brandenburg leben, gibt es laut Agrarministerium nicht. Die Zahl getöteter Waschbären ist aber bekannt - sie ist binnen zehn Jahren deutlich gestiegen. Im Jagdjahr 2020/2021 waren es 35.117 Tiere, wie aus der Antwort des Agrarministeriums auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion von BVB/Freien Wählern hervorgeht. 2011/2012 wurden lediglich 14.495 Waschbären getötet.

Laut Naturschutzbund Deutschland [Nabu.de] ist es weitgehend unmöglich, Waschbären von Grundstücken fern zu halten. Die Tiere überwinden problemlos sämtliche Zäune, Mauern oder andere Hindernisse.

Daher sollte alles vermieden werden, was die Tiere anziehen könnte:

  • Keine Speisereste liegen lassen oder auf den Kompost werfen
  • Müll- und Biotonnen möglichst komplett einhausen bzw. mit starken Spanngurten sichern
  • Gelbe Säcke möglichst erst kurz vor der Abholung raus stellen
  • Vogel-, Igelfutter nur in kleinen Mengen bereitstellen, Futterreste/-gefäße abends hereinnehmen
  • Haustiere nicht draußen füttern, Futterreste nicht draußen stehen lassen
  • Obst zeitnah ernten, Fallobst aufsammeln
  • vor der Erntezeit etwa 1 Meter hohe glatte Manschetten an Obstbäumen anbringen

Auf keinen Fall solle man versuchen, Waschbären zu fangen. Die Tiere sind laut Nabu wehrhaft und können sich durch beißen und kratzen verteidigen. Nur bei Gefahren für Menschen könne unter Umständen die Feuerwehr hinzugezogen werden, die über die notwendigen Fanggerätschaften verfügt.

Tote Waschbären auf öffentlichen Flächen müssen laut Nabu dem Ordnungsamt gemeldet werden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.05.2023, 19:30 Uhr

21 Kommentare

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  1. 21.

    Dabei wollten die beiden umweltbewussten Waschbären doch nur auf klimafreundliche Weise von A nach B kommen. Nach diesem unfreundlichen Vorfall werden sie wohl in Zukunft wieder die Karre nehmen. : )

  2. 20.

    Was hat das Grundgesetz damit zu tun. Bitte lesen sie Naturschutzrecht, bezüglich invasiver Arten, zudem sollten sie sich im Jagdrecht, auch in Berlin unterliegt der Waschbär diesem, auskennen.

  3. 19.

    Übrigens kann man aus Waschbärenfell eine wunderbare Mütze anfertigen. Die älteren werden sich noch an Daniel Boon erinnern.

  4. 18.

    Die Weisheit wurde Ihnen wohl nicht in die Wiege gelegt. Es handelte sich um ein Waschbärenjungtier, welches augenscheinlich noch abhängig von der Mutter war, invasive Art hin oder her. Da steht unser Grundgesetz drüber, sollten Sie mal lesen. Da das Jungtier sich in einem Bus wohl kaum in Obhut befand, kann von Aussetzen keine Rede sein.

  5. 17.

    In Berlin wurde mittlerweile ein Verein „Hauptsache Waschbär“ gegründet,der sich für diese klugen Tiere einsetzt und im Rahmen eines Pilotprojektes auch Kastrations-/Sterilisierungsmaßnahmen durchführt. Durch die Sterilisation wird die Anzahl der Nachkommen reduziert. Damit wird ihnen in Anbetracht der jetzigen Bejagungssituation den Waschbären, die aus Berlin ins Umland abwandern, ein leidvolles sicheres Ende erspart.

  6. 16.

    Müssen Tiere, welche situationsbedingt eh schon unter Stress stehen, jetzt auch noch für dienstliche Polizei-Selfies herhalten. Was für ein B......t!
    Bring das Arme Tier so stressfrei wie möglich zur Tierrettung, Freund und Infl..., äh Helfer. Oh, hätt ich doch beinahe Influencer gesagt...

  7. 15.

    Sturmklammern ... ca. 150 Euro die Packung (meist 250 Stück). Kann man nachrüsten und sind bei Neubauten und Neueindeckungen seit 2011 Pflicht. Win-Win. Bei Sturm bleiben die Pfannen da wo sie hingehören und der Waschbär sieht alt aus. Fallrohrsicherungen können sie bei Rauhputz oder Holzverschalungen dagegen "knicken". Sind Erfahrungswerte.

  8. 14.

    Aussetzen von invasiven arten ist illegal auch fur einen ranger oder eine Veterinärin. Soviel Dummheit auf einem haufen, nur fur positive presse

  9. 13.

    So wie auf dem Bild hausten auch unsere Waschbären. Nachts hörte man die Dachziegel klappern, die Plane darunter total zerfressen. Im Zwischenraum von Ziegel und Dämmung war das Nest.Darin lagen tote Ratten, Eier, Kot und was weiß ich noch für Stinkezeug. Das würden sie alles gerne freiwillig in Kauf nehmen? Glaube ich nicht!

  10. 11.

    Gott sei Dank klärt nicht jeder ! auf dem Land, wie Sie es wohl meinen.

  11. 10.

    „Einfach mal überlegen, aber Städter können das nicht wissen.“

    Na, dann ist das mit dem Überlegen ja wirklich ein wanhsinnig toller Tipp …

  12. 9.

    Bei aller Naturromantik, wer einen oder mehrere Waschbären im Dach oder Zwischenwänden hatte, weiß um die zerstörerische Wirkung der Tiere.

  13. 8.

    Einfach mal überlegen, aber Städter können das nicht wissen. Waschbären plündern Nester und fressen alles was ihn vor die Nase bzw. Fang kommt. Sie sind invasiv und ihre Anzahl nimmt extrem zu. Feinde haben Sie keine und leider gibt es Menschen die sie auch noch füttern.

  14. 7.

    Der Mensch ist das absolute Nonplusultra. Was dem Menschen nicht passt, „muss weg“, klar.

    (ich möchte noch mal ausdrücklich betonen, dass ich nicht das „absolute Nonplusultra“ an Intelligenz meine)

  15. 6.

    Na ja, wer das wirkliche Raubtier ist und seine Lebensgrundlagen zerstört....
    Bin da halt anderer Meinung.

  16. 5.

    So niedlich der Waschbär auch aussieht, er ist und bleibt ein Raubtier. Er richtet großen Schaden an. Es werden immer mehr, deswegen muss er nun mal weg.

  17. 4.

    "Wir auf dem Land klären das anders"
    Ist ja nun nicht neu das es auch auf dem Land Kriminelle gibt....

  18. 3.

    Schön, nun ist der kleine Kerl wieder bei seiner Mama.

  19. 2.

    Typisch Berlin. Wir auf dem Land klären das anders.

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