Naturschutzranger im Einsatz - Polizei muss Waschbären aus Berliner Bus holen
In Berlin leben Waschbären fast überall: unter Containern, in Schrebergärten und in leerstehenden Gebäuden. Nun wurde ein Junges in einem Bus gefunden. Die Polizei rückte an. Der Senat mahnt, dass eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt ist.
Ein junger Waschbär hat sich am Dienstagabend an Bord eines Berliner Busses geschlichen. Das teilte die Polizei am Mittwochvormittag mit. Der Busfahrer entdeckte den flauschigen Passagier demnach gegen 19 Uhr an der Haltestelle Tempelhofer Damm.
Der Fahrer habe an der Wendeschleife eine Pause eingelegt, konkretisierte eine Sprecherin der Polizei. Die Bustüren seien zum Lüften geöffnet gewesen. Dabei muss sich das Jungtier den Angaben zufolge in den Bus geschlichen haben.
Der Busfahrer rief die Polizei, die anschließend einen Naturschutzranger benachrichtigte. Der Ranger kümmerte sich um den Waschbären.
"Das Tier war gesund - es gab keinen Grund, es in Obhut zu nehmen", sagte der Ranger dem rbb am Mittwochnachmittag auf Nachfrage. Er habe das Muttertier in der Nähe schnell finden können und habe das Junge - in Absprache mit der Amtsärztin - in der Nähe wieder ausgesetzt.
Waschbärpopulation in Berlin sorgt für kontroverse Diskussionen
Waschbären sind in Berlin gewiss keine Seltenheit - sie kommen in allen städtischen Lebensräumen bis in die dicht besiedelte Innenstadt vor. "Sie sind sehr anpassungsfährig, sie haben die Stadt für sich erobert", sagte der Ranger weiter. Sie leben unter Containern, in Schrebergärten, leerstehenden Gebäuden, Dachböden, aber auch in der Dämmung von Hauswänden und Dächern. Die genaue Anzahl ist schwer zu bestimmen, da es sich um eine wild lebende Population handelt. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass sich die Zahl der Waschbären in den letzten Jahren auf mehrere Tausend Tiere erhöht hat.
Die wachsende Waschbärpopulation in Berlin sorgt für kontroverse Diskussionen. Einerseits werden die Tiere von vielen Menschen als niedliche und interessante Wildtiere angesehen. Andererseits gibt es Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die einheimische Tierwelt und die städtische Infrastruktur. Die Allesfresser mit der markanten schwarzen Gesichtsmaske können beispielsweise Nester von Vögeln plündern oder Müllcontainer durchwühlen. Meist sind sie in der Dämmerung und nachts aktiv.
Um mit der steigenden Waschbärpopulation umzugehen, wurden in Berlin verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört z. B. das Sichern von Müllcontainern, um die Verfügbarkeit von Nahrungsquellen zu verringern.
Es wird auch versucht, die Öffentlichkeit über den Umgang mit Waschbären aufzuklären und sie dazu zu ermutigen, kein Futter bereitzustellen.
Im Rahmen eines Pilotprojekts der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gibt es auch die Möglichkeit einer kostenfreien Waschbär-Vorort-Beratung [berlin.de].
Eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt
Der Senat mahnt derweil, dass eigenmächtiges Fangen oder Töten nicht erlaubt ist. Waschbären gehören zum jagdbaren Wild. Wer nicht über eine Jagderlaubnis verfügt und Waschbären tötet, macht sich der Wilderei schuldig und kann mit einem Bußgeld oder Haft bestraft werden.
Waschbären kommen ursprünglich aus Nordamerika. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie zur Pelzgewinnung auch in Deutschland gezüchtet. Einige entkamen - beispielsweise nachdem Bomben am Ende des Zweiten Weltkriegs in dem Garten eines Pelztierzüchters im Landkreis Märkisch-Oderland einschlugen. Zudem wurden zwei Waschbärpaare 1934 am hessischen Edersee ausgesetzt - zur "Bereicherung der heimischen Tierwelt", wie es damals hieß.
Mit den Jahren etablierte sich der Waschbär in Deutschland - und wurde zu einer invasiven Art.
Da sich die Säugetiere schnell vermehren und es nur wenige natürliche Feinde gibt, hat sich die Population in Deutschland in den letzten Jahren stark erhöht - vor allem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen.
Brandenburg: 35.117 Tiere getötet
Erhebungen, wie viele Waschbären in Brandenburg leben, gibt es laut Agrarministerium nicht. Die Zahl getöteter Waschbären ist aber bekannt - sie ist binnen zehn Jahren deutlich gestiegen. Im Jagdjahr 2020/2021 waren es 35.117 Tiere, wie aus der Antwort des Agrarministeriums auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion von BVB/Freien Wählern hervorgeht. 2011/2012 wurden lediglich 14.495 Waschbären getötet.
Laut Naturschutzbund Deutschland [Nabu.de] ist es weitgehend unmöglich, Waschbären von Grundstücken fern zu halten. Die Tiere überwinden problemlos sämtliche Zäune, Mauern oder andere Hindernisse.
Daher sollte alles vermieden werden, was die Tiere anziehen könnte:
- Keine Speisereste liegen lassen oder auf den Kompost werfen
- Müll- und Biotonnen möglichst komplett einhausen bzw. mit starken Spanngurten sichern
- Gelbe Säcke möglichst erst kurz vor der Abholung raus stellen
- Vogel-, Igelfutter nur in kleinen Mengen bereitstellen, Futterreste/-gefäße abends hereinnehmen
- Haustiere nicht draußen füttern, Futterreste nicht draußen stehen lassen
- Obst zeitnah ernten, Fallobst aufsammeln
- vor der Erntezeit etwa 1 Meter hohe glatte Manschetten an Obstbäumen anbringen
Auf keinen Fall solle man versuchen, Waschbären zu fangen. Die Tiere sind laut Nabu wehrhaft und können sich durch beißen und kratzen verteidigen. Nur bei Gefahren für Menschen könne unter Umständen die Feuerwehr hinzugezogen werden, die über die notwendigen Fanggerätschaften verfügt.
Tote Waschbären auf öffentlichen Flächen müssen laut Nabu dem Ordnungsamt gemeldet werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.05.2023, 19:30 Uhr