Interview zum Muttertag - "Ehrlich gesagt, greifen Schokolade und ein Blumenstrauß zu kurz"

So 14.05.23 | 08:12 Uhr
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Ein Kind hält einen Blumenstrauß in seiner Hand. (Quelle: dpa)
Audio: rbb|24 Inforadio | 13.05.2023 | Dietmar Ringel | Bild: dpa

In diesem Mai jährt sich der "Muttertag" zum 100. Mal. Wirtschaftswissenschaftlerin Heike Pantelmann sagt, es sei nicht verkehrt, Müttern an diesem Tag zu danken. Aber es brauche eigentlich mehr als eine kleine Nettigkeit.

Seit 100 Jahren wird in Deutschland der Muttertag gefeiert, immer am zweiten Sonntag im Mai. Der Ursprung dieses Tages liegt allerdings in den USA. Die Amerikanerin Anna Marie Jarvis (1864-1948) wollte das Engagement ihrer Mutter ehren - diese hatte sich für eine bessere medizinische Versorgung von Müttern und Kindern eingesetzt. Im Jahr 1908 initiierte Jarvis zu Ehren ihrer verstorbenen Mutter am zweiten Maisonntag ein Gedenkgottesdienst. Sechs Jahre später machten die USA diesen Tag dann zu einem nationalen Feiertag.

rbb: Frau Pantelmann, worum ging es ursprünglich bei dieser Mütterbewegung in den USA? Und was ist davon heute noch übrig?

Heike Pantelmann: Ursprünglich hat die Initiatorin das starke Anliegen gehabt, ihrer eigenen Mutter zu danken. Das wurde dann von Kirchen und Frauenvereinen aufgegriffen und es gab dann Lobbyarbeit für diesen Tag, der in den USA seit 1914 offiziell ein Feiertag ist. Was davon übrig geblieben ist: Heute ist das sehr viel Kommerz, vor allen Dingen in den Blumenläden und in anderen Geschäften.

Andererseits ist es ja auch was Schönes, der Mutter Danke zu sagen. Ist das noch zeitgemäß aus ihrer Sicht?

Ja. Ich denke, es ist auf jeden Fall noch zeitgemäß. Wir wissen ja, wenn wir auf die Zahlen zur Elternzeit gucken und auf die Zahlen zur Aufgabenverteilung in Haushalten bei unbezahlter Mehrarbeit, dass Mütter tatsächlich das Gros der Arbeit übernehmen. Insofern ist es nicht verkehrt, der Mutter zu danken. Ich finde aber ehrlich gesagt, dass ein Blumenstrauß oder ein bisschen Schokolade als Dank vielleicht etwas zu kurz greifen. Ich würde mir eher sozialpolitische Maßnahmen wünschen, die sich auch in den Portemonnees der Mütter niederschlagen.

Es gibt ja noch den 8. März, den internationalen Frauentag. Der wird meistens kämpferisch begangen. Da geht es um Geschlechtergerechtigkeit, Bezahlung, soziale Rechte und so weiter. Ist das der bessere Muttertag?

Das muss vielleicht auch jede Mutter für sich selbst entscheiden. Ich würde sagen, der kämpferische Impetus macht bestimmt einen Unterschied. Nur dankbar die Blumen entgegennehmen und nichts fordern - das ist nicht so mein Ding. Da würde ich mir wirklich mehr kämpferische Arbeit wünschen.

Aber hätten Sie eine Idee, was man an diesem Muttertag ändern könnte? Braucht es vielleicht Verbände, die sich da einschalten? Oder müssen die Mütter selbst rebellischer werden?

Verbände, die da sich einschalten, gibt es ja: Das sind vor allen Dingen Wirtschaftsverbände. Ich sehe die Aufgabe eher bei der Politik und vielleicht auch bei den Müttern selber. Und vielleicht auch bei den Vätern - warum nicht? Wir haben es in der Pandemie gesehen: Mütter sind sehr belastet in der Gesellschaft, weil sie diese unbezahlten Arbeiten übernehmen. Und das muss irgendwie honoriert werden. Ihre Stimmen müssen gehört werden.

Wäre es nicht vielleicht angebracht, aus dem Muttertag einen Familientag zu machen? Es geht ja nicht nur um die reine Mutterschaft, sondern auch um das Verhältnis zum Nachwuchs. Und da gehören doch auch die Väter dazu. Glückliche Mütter gibt es - nicht ausschließlich - aber doch oft, wenn auch die Familie funktioniert ...

Ich bin da ein bisschen kritisch. Die Zahlen sagen es einfach: Es sind die Frauen, die den Großteil der Erziehungsarbeit übernehmen. Aber natürlich könnte man am Muttertag auch darauf aufmerksam machen, dass Väter ihren Anteil leisten. Das wäre zum Beispiel auch diese politische Note, die ich mir wünschen würde.

Gibt es andere Länder, in denen der Muttertag etwas mehr Wumms hat als in Deutschland?

Das ist mir nicht bekannt. Aber wenn wir in die DDR zurück gucken, dann ist es ja so, dass der Muttertag gar nicht so eine große Rolle spielte, sondern der 8. März gefeiert wurde. Aber da wurden dann auch Blumen geschenkt ... es ist halt immer die Frage, wie ein solcher Feiertag begangen wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Daniel Ingold für rbb24 Inforadio.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.05.2023, 08:20 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Dieses ständige Rumgeschraube an und Umgedeute von feiertagen und Traditionen geht mir voll auf die Nerven. Ich brauche kein betreutes Denken, schon gar nicht von diesen "Allesmiesmachern". Wenn ich meiner Mutter am Muttertag danke sagen will und ihr einen Blumenstrauß schenke, verbitte ich mir jegliche Einmischung und Beurteilung von irgend welchen hyperaktiven "Aktivisten".

  2. 25.

    2. Versuch: Frauen sind doch heute wohl emanzipiert genug, eine gerechtere Verteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit einzufordern. Ich empfinde es als eine Diskriminierung, sie in die Opferrolle zu pressen und ihnen die Fähigkeit, das in ihrer Beziehung individuell auszuhandeln, abzusprechen. Der Staat kann, muss und darf nicht alles regeln und finanzielle Fehlanreize durch staatliche Förderungen und Zuschüsse gibt es jetzt schon genug. Der Staat sollte sich lieber endlich mal darauf konzentrieren, Kinderbetreuung an die beruflichen Gegebenheiten anzupassen und Eltern nicht dafür finanziell auszupressen. Dann könnten auch mehr Frauen einer Vollbeschäftigung mit entsprechendem Verdienst nachkommen, so sie das denn wollen. Wenn Frauen sich aber entscheiden, ihre Kinder ganz oder zeitweise zuhause zu betreuen, dann ist das deren freie Entscheidung und keine Benachteiligung.

  3. 24.

    Ich verstehe auch nicht, warum man an allem immer das Schlechte suchen muss. Ist doch schön, mal einen Ehrentag für was auch immer zu haben und über die (hoffentlich) tägliche Würdigung hinaus mal ein Extra oben drauf zu legen und was Gutes zu tun oder zu unternehmen. Egal ob Blumen, ein schönes Frühstück, ein lecker Essen kochen, was selbst gemaltes oder gebasteltes. Wer freut sich denn nicht über die kleine Aufmerksamkeit mehr. Das schließt doch nicht aus, so etwas an anderen Tagen auch mal zu machen. Und wer absolut keine Lust drauf hat, lässt es eben bleiben. Wir sind ein freies Land und niemand wird zum Feiern oder Schenken gezwungen. Wenn man diese Diskussion aber wirklich ernsthaft führen möchte, muss man über alle anderen Feier- und Ehrentage genau so diskutieren. Dann fallen nicht nur sämtliche Feiertage aus sondern auch alle Geburtstage - ist ja auch nur ein Tag wie jeder andere.

  4. 23.

    Jeder sieht nur das was er sehen will. die Einen sehen an Tagen wie Weihnachten, Ostern, Muttertag nur den Kommerz, und die Anderen, die starke familiäre Bindungen haben, die freuen sich über den familiären Zusammenhalt, und auch über ein Geschenk.
    Der Muttertag ist eigentlich kein politischer Tag, sondern ein Tag für die Mutter ind ihre Kinder, sprich ein Tag für Emotionen. Ergo, ein schöner Tag für die Familie.

    Wer darauf kein Wert legt, kann es einfach sein lassen, und gut ist.

    Diese "Sezierei" des Muttertages ist überflüssig und daneben, da kein politischer Tag. Der Frauetag ist ein politischer Tag.

  5. 22.

    Heute ist Internationaler Tag der Familie.

    Da darf dann sicher jedes Familienmitglied von der Muttertags-Schokolade naschen.
    So sind sie nämlich die Mütter--Family first.

  6. 20.

    >"möge jeder geborene Mensch mit seiner Mom an diesem Tag völlig frei agieren."
    Und an allen anderen Tage im Jahr auch!

  7. 19.

    Soll jeder/jedes/jede mit dem Muttertag umgehen wie es beliebt. Das Gezische um 3. Reich als Ursprung, Umbenennung, Ossi-Wessi-Platte leiern,.....möge jeder geborene Mensch mit seiner Mom an diesem Tag völlig frei agieren.

  8. 18.

    Über eine kleine Aufmerksamkeit freut Frau sich immer. Leider geht das im Alltag schnell unter und so freue ich mich, dass der Muttertag es in Erinnerung ruft.
    Dennoch schließe ich mich dem Tenor im Interview an, dass die unbezahlte Arbeit (meist zusätzlich neben dem Beruf) der Mütter mehr Wertschätzung in der Gesellschaft finden sollte. Viele Männer nehmen die Frau immer noch ganz selbstverständlich als Familienorganisatorin, Kinderbetreuung, Putzdienst, Köchin etc. hin. Das sollte sich ändern

  9. 17.

    Muttertag ist, wenn ...

    ... deine Enkelin und deine Tochter dich nach Wacken mitschleppen und alle drei tagelang das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen. \m/
    ... meine Mutter dann noch meint "nich' so dolle ihr Hühner" läufts einfach

    Also so in der Art.

  10. 15.

    Der Muttertag existiert deutlich länger als das erwähnte 3. Reich. Ich persönlich lege auch keinen gesteigerten Wert auf diesen Tag. Aber darüber aufregen ist unnötig

  11. 14.

    Nur Kommerz, hab ich gestern bei den Preisen im Blumenladen gesehen .

  12. 13.

    kann man nicht einfach mal den muttertag einfach nur muttertag sein lassen. muß denn immer alles wissenschaftlich hinterfragt werden. mfg melusine

  13. 12.

    Wenn jemand das dritte Reich im Muttertag sieht, dann soll er diesen Tag einfach nicht feiern. Muttertag gibt es auch in anderen Ländern, die hatten auch kein drittes Reich. Warum wird bei uns immer alles negativ ausgelegt? Macht das irgendwie Spaß, weil man sonst keinen Spaß hat? Ich finde diesen Tag schön, er gehört voll und ganz meiner Mutter.

  14. 11.

    Mir völlig unverständlich ist, dass nur bei einem Hauch Bezug zum 3.Reich sofort ein Aufschrei durch Medien und besorgter Bevölkerung geht, aber dieser Muttertag wird ohne weitere Fragen zelebriert.
    Aber da ist dann wer OHL Kommerz doch wichtiger als Besorgtheit.

  15. 10.

    Ich habe noch das Bild einer „Deutschen Mutter“ aus Deutschlands miesesten Zeiten in Erinnerung, daher stammt der Muttertag, muss ich nicht feiern!

  16. 9.

    Jepp ... mit dem Nudelholz Beifall klatschen, wenn der geneigte "Göttergatte" angedröhnt im Flur liegt und am Freitag nach Eiswürfelbeutel bettelt und "Katzenpflege" betreibt.

  17. 8.

    Einen Tag Aufmerksamkeit, der dann auch noch öffentlich zelebriert wird, und das Gewissen ist beruhigt. So etwas braucht keine Mutter. Leider gibt es einige solcher kommerzialisierten Feiertage. Wer wirklich etwas für die Mütter tun will, setzt sich dafür ein, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden und das nicht nur einmal im Jahr. Wo sind zum Beispiel all die Kindergartenplätze, die jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr zustehen? Vielen Müttern wird so verwehrt zu arbeiten. Ihnen ist dadurch oft ein Leben in Armut vorbestimmt. Der ständig liebevolle Umgang ihrer Kinder mit ihnen kann zwar einiges wettmachen, aber nicht alles. Ich persönlich brauche keinen Muttertag. Ich nutze lieber den Internationalen Frauentag, um an meine Rechte zu erinnern, für die ich gemeinsam mit meiner Familie immer gekämpft habe.

  18. 7.

    "Mir ist Muttertag nur aus der Werbung bewusst in Erinnerung. Ist das nicht eigentlich der Ferrero- und Fleuroptag? :-))"

    Laut Tagesschau ist das der Tag einer Gebärenden Person........
    Alles andere war gestern!

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