Neue Bestattungsform "Reerdigung" - Vom Leichnam zu Blumenerde in 40 Tagen

So 03.09.23 | 08:06 Uhr | Von Yasser Speck
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Heu, Stroh, Blumen und eine Holzfigur liegen in einem sogenannten „Kokon“ bei einem Pressegespräch zu der neuen Bestattungsform "Reerdigung" in der Kapelle auf dem Parkfriedhof Eichhof in Berlin. (Quelle: dpa/Christian Charisius)
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Video: rbb|24 | 17.08.2023 | Material: Mittagsmagazin, rbb|24 | Bild: rbb | Bild: dpa/Christian Charisius

Stirbt ein Mensch, stellt sich die Frage nach der Bestattungsform: Einäschern lassen oder im Sarg bestatten? Oder doch "reerdigen"? Bei dieser neuen Bestattungsmethode wird aus dem Leichnam fruchtbare Erde. Von Yasser Speck

Wenn ein Mensch in Deutschland stirbt, gibt es zwei Optionen, was man mit dem Leichnam machen kann. Entweder die Angehörigen lassen ihn einäschern oder der Verstorbene wird in einem Sarg beigesetzt. In Schleswig-Holstein gibt es bereits eine dritte, eine neue Bestattungsform: die "Reerdigung".

Pablo Metz ist Gründer von "Meine Erde". Das Berliner Unternehmen ist die einzige Firma in Europa, die Reerdigungen anbietet. Dabei wird ein Leichnam in einem Metallsarg eingeschlossen und innerhalb von 40 Tagen in fruchtbare Erde umgewandelt. Metz will nach eigenen Angaben mit seinem alternativen Beerdigungskonzept nun auch nach Berlin expandieren.

Ohne Zusatz von Chemikalien

Bei der Reerdigung wird der Leichnam in einen sogenannten "Kokon" gelegt. Das ist ein Metallsarg, in dem Heu, Stroh und Blumen liegen. Auf dieses Bett wird der Leichnam dann gelegt und anschließend mit einem Deckel versehen. "Der Kokon wird für 40 Tage geschlossen. Da geht niemand mehr ran, der wird nicht geöffnet", betont Pablo Metz. Sie würden auch keine Chemikalien oder Insekten hinzugeben, so der Gründer von "Meine Erde".

"Es sind nur die Mikroorganismen, das Bett aus Heu und Stroh, Wasser, Sauerstoff und der Körper der verstorbenen Person selbst." Während der 40 Tage wird der "Kokon" sanft hin und her bewegt, damit sich die Flüssigkeit verteilen kann. Außerdem wird er die gesamte Zeit belüftet. Bei einer Reerdigung passiert nichts anderes als der natürliche Zersetzungsprozess - nur eben in optimalsten Bedingungen und damit viel schneller als in der Natur.

Es sind nur die Mikroorganismen, das Bett aus Heu und Stroh, Wasser, Sauerstoff und der Körper der verstorbenen Person selbst.

Pablo Metz, Anbieter der "Reerdigung"

Nur in einem Bundesland geduldet

In Deutschland sieht das Bestattungsgesetz nur zwei Bestattungsarten vor: die Erd- und die Feuerbestattung. In Schleswig-Holstein ist das auch so. Allerdings hat das Bundesland im Norden als bislang einziges Reerdigungen geduldet. Das heißt, Pablo Metz und sein Team dürfen dort Reerdigungen durchführen. Die Erde aus den Reerdigungen, die in Schleswig-Holstein durchgeführt werden, darf außerdem in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg beigesetzt werden. Das reicht Pablo Metz noch nicht. "Natürlich wünschen wir uns, dass wir ganz bald auch in Berlin die Reerdigungen anbieten können."

Zuständig für eine Duldung ist die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung. Diese verfolge das Pilotprojekt zur Reerdigung in Schleswig-Holstein mit Interesse, sagt Oliver Fey, Sprecher der Gesundheitsverwaltung, dem rbb auf Anfrage. "Es gilt aber, zunächst die dort gewonnenen Erkenntnisse und Auswertungsergebnisse abzuwarten, um auf dieser Basis über eine Regelung für das Land Berlin diskutieren und entscheiden zu können", erklärt Fey. Wann das so weit ist, sagt er nicht. Nur, dass das Vorhaben nicht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD stehe.

Nur die Knochen bleiben übrig

Pablo Metz würde gerne so schnell es geht mit den Reerdigungen in Berlin starten. "Wenn es nach uns geht, dann könnten wir übermorgen anfangen", sagt er. Sie würden die "Kokons" dann in ungenutzten Kapellen auf Berliner Friedhöfen aufstellen.

Wenn so ein "Kokon" dann nach 40 Tagen wieder geöffnet wird, dann sind Mensch, Stroh und Blumen zu Erde geworden. Es finden sich dann nur noch die Knochen des Verstorbenen in der Erde. "Die Knochen werden dann zusammen mit der Erde verfeinert und werden so zum mineralischen Anteil der Erde", erklärt Metz. Es könnten fast alle Menschen reerdigt werden, sagt Metz. "Bei sehr seltenen Krankheiten wie zum Beispiel Ebola würden wir den Leichnam nicht reerdigen. Solche Fälle werden immer feuerbestattet."

Etwas teurer als eine Feuerbestattung

Eine Reerdigung kostet rund 3.000 Euro. Feuer- oder Sargbestattungen beginnen meistens bei rund 2.000 Euro. Das sind aber schon die günstigsten Angebote. Bei manchen Bestattern kann eine Feuerbestattung auch über 3.000 Euro kosten.

Die Erde der Reerdigung wird dann auf einem Friedhof beigesetzt. Auf sie wird dann noch eine Schicht Friedhofserde gestreut. In diese Friedhofserde können dann Blumen oder Pflanzen gepflanzt werden. Die Wurzeln werden dann auch in die Erde des Verstorbenen hineinragen.

Beitrag von Yasser Speck

72 Kommentare

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  1. 72.

    Übrigens: Diamantbestattungen gibt es tatsächlich:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Diamantbestattung

  2. 71.

    Nee, dort is die Antwort eben nicht zu finden, wo die Blechdose die 40 Tage während der Verwesung rumsteht, ob im Leichenschauhaus auf’m Friedhof oder im Bestattungsinstitut! Sonst hätten Sie ja antworten können.
    Außerdem schrieb ich „Metallsarkophag“ und werde von Muschebubu #42 belehrt, dass der Sarg aus Metall ist? Antwort folgerichtig „Davon bin ich ausgegangen, wenn Sie meine Frage richtig gelesen hätten.“!

  3. 70.

    Sorry, dass ich nicht „irony on“ rübergeschrieben hab. Das war ein Scherz - genau so irrwitzig wie diese neu ausgedachte Methode der Verwesung!

  4. 69.

    Ja, dann kann ja die Asche zur Gewinnung Seltener Erden verwendet werden.
    Aber darum ging es nicht - völlig überflüssig die Belehrung.
    Übrigens: Kakao, Kaffee, Muscheln, Schalentiere, Nüsse, Hülsenfrüchte, Emmentaler und Sonnenblumenkerne enthalten besonders viel Kupfer, wat für’s Gehirn wichtig is.

  5. 68.

    >"So find ich tatsächlich auch den Gedanken auf dem Friedhof angesichts der unmengen an Leichen ekliger als eine schnelle reerdigung"
    So viele richtige Leichenkörper rotten auf Friedhöfen heutzutage nicht mehr rum. Das allermeiste sind Aschebehälter, die in die Erde gelassen werden.

  6. 67.

    Für mich käme eine solche Bestattungsart nicht in Frage. Erinnert mich zu sehr an den Schnellkomposter in meinem Garten. Dann schon lieber Urne und Friedwald, zumal die modernen Urnen biologisch abbaubar sind und die Asche dem Baum zugute kommt.

  7. 66.

    Einige hier haben vermutlich zu oft Soylent Green geschaut...

  8. 65.

    "Man" braucht gar nichts. Erinnern ist immer eine sehr persönliche Angelegenheit. Sie können gern für sich und Ihre Bedürfnisse sprechen. "Man" - also für andere zu sprechen - steht Ihnen nicht zu.
    Ich persönlich bin nach dem Tod eines lieben Angehörigen sehr oft am Grab gewesen. Jahre später, als wieder jemand starb, der mir genauso nahe stand, habe ich es nicht über's Herz gebracht, zum Friedhof zu gehen.
    Das hat nicht mit Vermissen oder Vergessen zu tun. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, mit dem Schmerz umzugehen.

  9. 64.

    Hääää!!
    Der Kohlenstoff in Graphit muss mit einem Druck von ca. 60000 bar und einer Temperatur von 1500 °C erst dazu überredet werden, die stabile tetradische Bindungsform einzugehen. Ich glaube sie verwechseln das mit der Korrosionsthemperatur von Diamanten.
    Nun dürfen sie auch gerne mal ausrechnen, wieviel Energie und mit welchen Kosten sie in die künstliche Transformation stecken und wieviel sie für ihr Endprodukt erhalten. Und im Gegensatz dürfen sie gerne mal den Profit beim Abbau natürlich entstandener Diamanten dazu vergleichen.
    Dazu kommt, dass wir nicht aus Graphit, also reinem Kohlenstoff bestehen. Das dürfte die Ausbeute an Diamanten ohne weitere energieintensive Konzentrationsprozesse oder langen Wartezeiten wohl stark dezimieren.
    Jedenfalls ist das keine Energieeinsparung sondern wohl er das vollständige Gegenteil.

  10. 63.

    Heutzutage glauben die meissten ja dass was sie sehen und nicht mehr an alte Geschichten, die dazu dienten zu sozialisieren.

    So find ich tatsächlich auch den Gedanken auf dem Friedhof angesichts der unmengen an Leichen ekliger als eine schnelle reerdigung.

  11. 62.

    Also bevor Sie anderen vorwerfen, nicht richtig gelesen zu haben, sollten Sie den Bericht nochmal und auch richtig lesen - dort finden Sie die Antwort, denn es ist alles beschrieben, auch der Aufstellort.

  12. 61.

    Wenn mich das Zeitliche gesegnet hat, spendiere ich mich vom Scheitel bis zur Sohle einer Körperfarm. Nach dem Motto "Verwesen für die Wissenschaft".

  13. 60.

    Nun, ohne eine Vielzahl der genannten Spurenelemente könnten sie hier nicht posten. Mal 'ne andere Sichtweise ;-).

  14. 59.

    " in einer Metallwanne mechanisch zersetzt zu werden "

    es ist ein biologischer Prozeß , keine mechaniche Shredderung

  15. 58.

    Reerdigung klingt so ein bisschen wie Römertopf für Verstorbene

  16. 57.

    Nich det Jold, Brigitta, die Medikamentenreste, Silber-Nanopartikel aus Kosmetikprodukten und Micropartikel aus Plastik! Die Zahnkronen werden vermutlich vorher gezogen.

  17. 56.

    Nich det Jold, Brigitta, die Medikamentenreste, Silber-Nanopartikel aus Kosmetikprodukten umd Micropartikel aus Plastik! Die Zahnkronen werden vermutlich vorher gezogen.

  18. 55.

    Aber ihnen steht es doch frei den Angehörigen den „Totenkult“ zu vererben, den sie und/oder ihre Angehörigen für richtig halten.
    Mir ging es lediglich um die Fakten. Aber leider sind in Deutschland eben nicht alle Arten des „Totenkults“ erlaubt. Insbesondere diese, die sich der Geldmaschinerie entziehen.

  19. 54.

    Aber ihnen steht es doch frei den Angehörigen den „Totenkult“ zu vererben, den sie und/oder ihre Angehörigen für richtig halten.
    Mir ging es lediglich um die Fakten. Aber leider sind in Deutschland eben nicht alle Arten des „Totenkults“ erlaubt. Insbesondere diese, die sich der Geldmaschinerie entziehen.

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