Mietshaus ohne Dach in Berlin - "Ich hätte gern eine Wohnung, die nicht jährlich überschwemmt wird"

Do 10.08.23 | 17:37 Uhr | Von Julian von Bülow
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Michael Dunajevsky sitzt in seinem zerstörten Wohnzimmer. (Quelle: rbb/Julian von Bülow)
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Video: rbb|24 | 10.08.2023 | Bild: rbb/Julian von Bülow

Zwei Stürme sorgen im Jahresabstand für schwerste Schäden am Dach eines Wohnhauses in Berlin-Gesundbrunnen. Jedes mal durchströmt Regen die Wohnung eines Mieters. Sie ist nun zerstört, er am Ende mit den Nerven. Von Julian von Bülow

"Es sind jetzt fast zwei Wochen, in denen mein Leben ein einziges Chaos ist", sagt Michael Dunajevsky. Er steht in seinem Wohnzimmer vor einer durchnässten Couch, darauf und daneben liegt ein Teil seiner herabgefallenen Zimmerdecke. Über ihm ragen die Bohlen des Dachbodens frei. Für ihn trägt die Hausverwaltung daran eine Mitschuld.

Denn es ist schon das zweite Mal, dass Regenwasser den Weg durch Dunajevskys Wohnung in der Heinz-Galinski-Straße in Berlin-Gesundbrunnen nimmt. Im Februar 2022 riss ein Sturm das Dach des Altbaus offen, die Decken und Wände wurden feucht, wie Dunajevsky auf Fotos zeigt. "Alle Nachbarn kamen mit Eimern, die stellten wir unter die tropfenden Deckenlampen", sagt er. "Ich habe das Haus drei Tage nicht verlassen, weil ich Angst hatte, dass noch mehr Regen hereinkommt."

Wie aus Mails hervorgeht, informierte Dunajevsky die Hausverwaltung zeitnah und machte Bilder von den Wasserschäden. Genau das rät auch Wibke Werner vom Berliner Mieterverein und ergänzt: "Die Mietminderung ist solange möglich, bis der Mangel vollständig behoben ist. Wird die Wohnung auf Grund des Wassereintritts unbewohnbar, ist die Miete vollständig gemindert." Beschädigt das Wasser Möbel, tragen allerdings in der Regel die Mieter:innen das Risiko, welches sich durch eine Hausratversicherung absichern lässt.

Links: Dachfolie und Holzbretter liegen auf dem Gelände der Kita. Rechts: Eine zersprungene Glasscheibe. (Quelle: Kindergärten City)
Links: Reste des Dachstuhls liegen auf dem Boden. Rechts: Eine zersprungene Glasscheibe. | Bild: Kindergärten City

Dachstuhl stürzt auf Kita-Gelände

Dunajevsky konnte nach dem ersten Dachschaden eine Mietminderung durchsetzen. Die Hausverwaltung ließ das Dach 2022 provisorisch von einem Dachdecker reparieren. Später erfuhr Dunajewsky von anderen Mietern, dass die sogenannte Notabdichtung angeblich keine lange Lebenszeit habe. Auf rbb-Nachfrage erklärt der verantwortliche Dachdeckerbetrieb, dass der Hersteller solcher Notabdichtungen die Haltbarkeit mit etwa drei Monaten angibt. Warum die Hausverwaltung diese über diesen Zeitraum hinaus auf dem Dach beließ, beantwortete sie rbb|24 gegenüber nicht.

Als es Ende Juli diesen Jahres stürmt, ist die Notabdichtung nach mehr als einem Jahr immer noch oben. Doch bei diesem Sturm reißt nicht nur die Abdichtung ab, sondern der komplette Dachstuhl stürzt hinunter – auf das Gelände einer angrenzenden Kita.

Verletzt wurde niemand, der Vorfall ereignete sich zwischen 19 und 20 Uhr, erinnert sich ein Mieter. Doch die Kita hat nun eine zerschlagene Scheibe sowie einen geplätteten Maschendrahtzaun. Ob die Notabdichtung zu dem jetzigen Sturmschaden beitrug, muss noch geklärt werden. Der Dachdecker hält das zumindest für unwahrscheinlich.

Michael Dunajevsky räumt die Reste seiner herabgefallenen Zimmerdecke auf. (Quelle: rbb/Julian von Bülow)
Bild: rbb/Julian von Bülow

Bloß raus aus der Wohnung

Dunajevsky rief am Sturmabend Polizei und Feuerwehr. "Ich bin dann schnell aus der Wohnung, weil die Polizei gesagt hat, dass die nicht sicher sei", sagt er. Denn auf den offenliegenden Dachboden prasselte der Regen und eine seiner Zimmerdecken habe sich wegen des Wassers schon gelöst.

Dass die "Wohnungen komplett durchfeuchtet worden sind" erkennt in einem Dokument auch die Hausverwaltung an. Sie bezahlte ein Hotelzimmer in dem Dujanevsky unterkommen konnte. Danach bot sie ihm eine Ausweichwohnung fünf Minuten entfernt von seinem Zuhause an – ein Glücksfall.

Kein Herd, dafür Einbrüche?

Einerseits ist er dankbar für die neue Wohnung, doch gehört fühlt er sich von der Hausverwaltung nicht. "Was am meisten weh tut, ist, dass sich niemand auf die eigene Seite stellt und sich niemand um den emotionalen Aspekt kümmert", sagt Dunajevsky. Für die Ausgleichswohnung habe er gleich einen Vertrag unterzeichnen sollen. Jedoch habe er darauf bestanden, dass vorher ein Anwalt draufschaut. Und mindestens einen Haken - wenn auch nicht juristisch - scheint es dabei zu geben.

Seine neue Wohnung liegt im Erdgeschoss und hat ein Fenster zu einem Hof, der öffentlich zugänglich sei. "Die neuen Nachbarn haben mich gewarnt, dass es dort viele Einbrüche gab", beklagt Dunajevsky auch gegenüber der Hausverwaltung. Die teilt ihm mit: "Seit dem Einzug der Vormieter 2018 ist uns kein Einbruch gemeldet worden. Zudem haben Sie Rollläden, was die Sicherheit der Wohnung zusätzlich erhöht."

Das findet er nicht hilfreich: "Jetzt muss ich jedes Mal, wenn ich die Wohnung verlasse, die Jalousien schließen, weil ich Angst habe, dass jemand reinkommt und meine Gitarren stiehlt. Das ist einfach unfair." Auch habe die Küche keinen Herd und die Waschmaschine sei nicht angeschlossen. Handwerker seien bereits beauftragt, versichert ihm die Hausverwaltung, außerdem suche man weiter nach Alternativwohnungen für ihn. Doch bis heute habe sich niemand bei ihm gemeldet, auch keine Handwerker, sagt Dunajevsky.

Im Dachgeschoss stehen noch einige Holzbalken. Darüber ist der blaue Himmel und einige weiße Wolken zu sehen. Quelle: Michael DunajevskyNur eine weiße Plane schützt die Mieter notdürftig vor Regenwasser.

Hausverwaltung lässt Dach abdichten

Wie es mit Dunajevskys eigentlicher Wohnung weitergeht ist auch noch nicht geklärt. Die Hausverwaltung erklärt rbb|24 gegenüber: "Bezüglich der weiteren Schritte sind wir mit der Versicherung in Abstimmung. Mit den betroffenen Mieterinnen und Mietern stehen unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Objektverwaltung in Kontakt." Weitere Einzelheiten, etwa wann Dunajevskys Wohnung saniert wird, wolle man nicht kommentieren.

Am Gebäude werde aber gearbeitet: "Damit kein Wasser ins Gebäude eindringen und weitere Schäden verursachen kann, wird gerade eine Schutzvorrichtung fertiggestellt", teilt die Hausverwaltung mit. Am vergangenen Freitag trennte Dunajevskys Zimmerdecke und den Regen nur eine dünne Plastikfolie, allerdings waren Bauarbeiter am Gerüst um das Haus zugange.

Letztlich ist das für Dunajevsky auch kein Thema mehr: "Ich hätte gern eine Wohnung, die nicht jährlich überschwemmt wird." Deshalb wolle er nicht mehr zurückkehren. Stattdessen lässt er von einer Mietrechtsanwältin klären, ob er nicht doch Schadenersatz bekommen könnte. "Ich kann die Fahrlässigkeit der Hausverwaltung nicht beweisen, das ist Sache der Anwälte. Aber ich hoffe, dass sie für den Schaden, den sie angerichtet haben, aufkommen werden", sagt Dunajevsky. Denn das nasse Sofa, auf dem er nun sitzt, habe etwa 1.200 Euro gekostet und arbeiten habe er in den letzten zwei Wochen auch nicht können.

Sendung: rbb24 Abendschau, 10.08.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Julian von Bülow

30 Kommentare

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  1. 30.

    Eine solche Reparatur ist keine Reparatur mehr, das ist eine Baumaßnahme, fachlich von einer nicht gelernten Person (Mieter) nicht zu stemmen, finanziell wahrscheinlich auch nicht, da sind in Summe ggfls. mehrere Jahresmieten vorzufinanzieren, der Mieter steht voll im Risiko, insgesamt für ihn ein a.m.S. unlösbares Problem,
    Man könnte bei Gefahr in Verzug ins Hotel oder in eine FeWo ziehen, aber auch hier steht der Mieter finanziel im Risiko, und der Eigentümer hätte ggfls. sein Ziel erreicht...

  2. 29.

    Ja, in solch einer Wohnung wohne ich auch, aber mein Vermieter/Eigentümer würde seine Wohnung niemals so verkommen lassen und ich würde mir solch ein Verhalten niemals bieten lassen. Es gibt Gerichte!
    Merke: Es gibt immer Jemand, der es macht, und Jemanden, der es mit sich machen läßt!

  3. 28.

    Ja, das ist auch richtig, aber die meisten Wohnungen gehören privaten Kleinvermietern, die Eigentumswohnungen als Kapitalanlage vermieten.

  4. 27.

    Das ist grundsätzlich richtig, aber soweit ich informiert bin, gilt das nur, wenn das Objekt in Eigentumswohnungen aufgeteilt ist. Dann kann jeder Eigentümer gesondert für seine Wohnung - sein Eigentum - einen Vertrag mit einer Hausverwaltung abschließen; in diesem Fall ist die Hausverwaltung nur für das gemeinsame Eigentum zuständig. Wenn das Objekt aber inklusive aller zu vermietenden Wohnungen einem Eigentümer gehört, somit alle Wohnungen zum Eigentum des Vermieters gehören, werden diese durch eine beauftragte Hausverwaltung betreut.

  5. 26.

    Antwort auf Jens
    Den muss man sich leisten können.
    Bin zwar nur Mieterbeirat aber so schlecht sind wir nicht alles ehrenamtlich und die Fortbildungen machen einen immer klüger um beratend tätig zu sein.

  6. 25.

    Kann ich bestätigen. Der Mieterverein ist nur medienwirksam vertreten, aber vertritt nicht seine zahlenden Mitglieder.
    Erwähnt man, dass man den Mieterverein um Hilfe gebeten hat, bekommt man nur mitleidiges Lächeln und die Bewertungen sprechen für sich.

  7. 24.

    Zwar kann jeder Bürger Prozesskostenhilfe beantragen. Das ist richtig. Aber nicht jedem wird diese Prozesskostenhilfe genehmigt. Das ist vom (geringen) Einkommen und der Aussicht auf Erfolg abhängig. Also doch nicht für jeden Bürger.

    Und was den angeblichen Immobilienhai angeht: Warum sprechen Sie dem betroffenen Mieter Eigenverantwortung ab? Warum beleidigen Sie hier andere Kommentierer, sie würden "labern".
    Vielleicht bleibt jemand aufgrund des angespannten Wohnungsmartes in seiner Wohnung?

  8. 22.

    Tja, in diesen Irrtum leben viele Mieter und meinen der Hausvewalter wäre auch für ihre Wohnung zuständig, aber das ist nur der Fall, wenn sein Vermieter mit dem Hausverwalter einen Sondervertrag abgeschlossen hat.
    Ansonsten gilt: Mängel in der Wohnung meldet man schriftlich dem Vermieter und setzt eine angemessene Frist zur Beseitigung fest. Wer es versäumt hat, der kann eine Klage vergessen.

  9. 21.

    Mieterverein ist das letzte. Lieber mit einer guten Rechtschutzversicherung einen auf Mietrecht spezialisierten Profi nutzen und nicht die Amateurliga vom BMV.

  10. 20.

    Der Hausverwalter wird von den Eigentümern für das gemeinsame Eigentum eingesetzt, und zum gemeinsamen Eigentum gehören nicht die Wohnungen, die sind Sondereigentum. Wer vom Verwalter sein Sondereigentum verwaltet haben möchte, der muss einen Wohnungsverwaltungsvertrag abschließen, und extra bezahlen

  11. 19.

    >"Nur in Lautschrift heißt es Kruks."
    Vom Thema abweichend nebenher: Es gibt in Deutschland Sprachregionen, in denen es taditionell kein X oder kein ß gibt. Erst in meiner Vorschule zu DDR Kindergartenzeiten habe ich mitbekommen, dass es noch X und ß hier in Deutschland gibt, weil ich dies von meiner Oma und Mutter nicht so kannte. Selbst das sehr strenge DDR Deutsch in Aufsätzen in der POS hatte nichts gegen Kruks statt Krux. Beide Schreibweisen waren für 100% fehlerfrei erlaubt. Und nun dürfen Sie forschen, in welchen Sprachregionen es in Deutschland kein X und kein ß gibt. Meine Mutter schrieb zu Lebzeiten immer SUESZKIRSCHE.
    Zurück zum Thema dieser Mietsache hier: Ein kleiner Monatsbeitrag beim Mieterverein hilft da wirklich auch rechtsbeistandsmäßig weiter. Ohne Zeitverzögerung des Abwartens Bewilligung Rechtskostenbeihilfe. Rechtskostenbeihilfe kann bis zu 3 Monate dauern.

  12. 18.

    Herrjeh. Nicht jeder in Deutschland hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Das ist vom (niedrigen) Einkommen abhängig. Auch hat nicht jeder das "Recht", sondern es wird von den zuständigen Stellen nach Aussicht auf Erfolg entschieden, ob man diese Hilfe erhält.

  13. 17.

    An Alle, die es nicht besser wissen... Jeder Bürger in Deutschland hat das Recht auf Prozesskostenbeihilfe, die vorher beantragt und genehmigt werden muss! Somit ist jeder Prozess in der ersten Instanz kostenfrei!

  14. 16.

    Danke, Heidekind. Wenigstens Sie haben Ahnung. Die Prozesskostenhilfe hatte ich nicht auf dem Schirm.
    Nur in Lautschrift heißt es Kruks.

  15. 15.

    "Ich hätte gern eine Wohnung, die nicht jährlich überschwemmt wird"

    Kann mir bitte mal jemand erklären wo das Problem ist? Wer zahlt dafür denn noch Miete, ausgenommen Hausbesetzer?
    Wer bitte bleibt denn in so einer Ruine freiwillig?

    Also, so ein wenig Eigenverantwortung darf schon sein.
    Es klingt schon eine wenig suspekt, wenn hier im Forum von "Klage" gegen den Vermieter/Hausverwaltung usw. gelabert wird. Selbst was machen, TUN, nur rumsitzen und Jammern - mag auch in Berlin nicht unbedingt hilfreich sein.

  16. 14.

    Ja richtig. Das ist auch eine Möglichkeit. Für Leute, die Zeit haben... Die Bearbeitung dauert auch ne gaaaanze Weile.

  17. 13.

    Da wäre die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe. Geregelt in der ZPO und gut erklärt bei:
    https://www.mietrechtslexikon.de/a1lexikon2/p1/prozesskostenhilfe.htm

  18. 12.

    >"Denn für eine Klageeinreichung muß man wenig Geld in die Hand nehmen"
    Wenig ist auch relativ... 280 EUR sind für viele schon ne Menge Geld. Das ist die Kruks (altdeutsche Schreibweise). ;-)

  19. 11.

    Ach herrjeh, noch so ein Hobbyjurist.
    Es ist auch nicht die Krux (sic!). Denn für eine Klageeinreichung muß man wenig Geld in die Hand nehmen und der Anwalt rechnet "später" ab bzw. gibt sich mit einem geringen Vorschuss zufrieden.
    Sicher ist für Mängel letztendlich der Vermieter verantwortlich. ÜBER die VON IHM eingesetzte Hausverwaltung.

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