Berliner Kammergericht - Klägerin lehnt im Streit um nackte Brüste auf Wasserspielplatz Vergleich ab

Fr 29.09.23 | 17:05 Uhr
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Das Eingangsschild des Wasserspielplatz "Plansche" im Plänterwald (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Bild: dpa

Oben ohne durfte sie nicht am Wasserspielplatz sitzen - dagegen hatte eine Frau geklagt. Das Landgericht wies die Klage ab. Jetzt hat das Berufungsverfahren dagegen begonnen - mit nach wie vor offenem Ausgang.

Im Rechtsstreit um nackte Brüste auf einem Berliner Wasserspielplatz und eine mögliche Diskriminierung der Frau ist eine Entscheidung des Gerichts aufgeschoben worden.

Die betroffene Frau, die sich im Juni 2021 oben ohne sonnte und deswegen den Wasserspielplatz in Berlin-Plänterwald verlassen musste, lehnte am Freitag bei der Verhandlung vor dem Kammergericht ein Vergleichsgespräch mit den Vertretern des Landes Berlin ab.

Das Land hingegen will nun klären, ob es die Forderung der klagenden Frau teilweise anerkennt. Das hatte die Richterin angeregt. Sollte das Land das ablehnen, wird das Gericht entscheiden.

Landgericht hatte Klage der Frau abgewiesen

In der ersten Instanz hatte das Landgericht im September 2022 die Klage der Frau auf eine Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin (LADG) abgewiesen. Gabrielle L. hatte wenigstens 10.000 Euro vom Land Berlin verlangt. Die Klägerin sei nicht unrechtmäßig wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden, argumentierte das Gericht damals. Das Verhalten von Sicherheitsleuten und Polizei sei rechtmäßig gewesen. Die Frau war gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen, worüber nun das Kammergericht entscheiden muss.

Die Klägerin hatte im Juni 2021 den Wasserspielplatz "Plansche" im Bezirk Treptow-Köpenick besucht und oben ohne auf einer Decke gesessen. Sicherheitskräfte forderten sie auf, ihre Brust zu bedecken oder den Platz zu verlassen. Als sie sich weigerte, wurde die Polizei gerufen. Die Beamten forderten die Frau ebenfalls mit Nachdruck auf, ein T-Shirt anzuziehen - oder zu gehen.

Die für das Antidiskriminierungsstelle zuständige Ombudsstelle, die die Klägerin eingeschaltet hatte, ging von einer Diskriminierung aus. Auf deren Empfehlung hat der Wasserspielplatz seine Nutzungsordnung ergänzt. Danach gilt für alle Geschlechter, dass die Badebekleidung die primären Geschlechtsorgane vollständig bedecken muss. Die weibliche Brust gilt als sekundäres Geschlechtsorgan.

10.000 Euro: Geforderte Summe zu hoch laut Richterin

Zu Beginn der neuen Verhandlung stellte die Richterin fest: "Rein äußerlich betrachtet ist sie als Frau anders behandelt worden als als Mann. Das war schon eine ungleiche Behandlung." Man könne schon auch von einer "Schlechterbehandlung" sprechen. Die rechtliche Frage sei aber, ob diese Behandlung gerechtfertigt gewesen sei oder eine Einschränkung.

Zugleich machte sie klar, dass die geforderte Summe von 10.000 Euro viel zu hoch sei. Das sei weit mehr als das Gesetz vorsehe. Angemessenen sei eher eine Summe im dreistelligen Bereich, also mehrere Hundert Euro. Es gebe deutlich schlimmere Formen von Diskriminierungen. "Wir müssen es ins Verhältnis setzen."

Die Anwältin der Klägerin, die sich selbst nur kurz äußerte, betonte, es habe sich um eine Diskriminierung gehandelt, weil sie nach Geschlecht erfolgt sei. "Es ging um das Frausein." Die klagende Frau wurde von einer "Gesellschaft für Freiheitsrechte" unterstützt, etwa 20 junge Frauen hatten sich als Zuschauerinnen im Gerichtssaal versammelt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.09.2023, 10 Uhr

101 Kommentare

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  1. 100.

    Sie finden es egoistisch, dass sich die Dame gegen Diskriminierung wehrt und Gleichberechtigung fordert? Interessante Sichtweise...

  2. 99.

    Nicht eine Gruppe Frauen sind "eine" geschweige denn "die" (GFF), sondern die Juristische Gesellschaft für Freiheitsrechte!
    vs.
    Die klagende Frau wurde von "einer Gesellschaft" für Freiheitsrechte unterstützt, "etwa 20 junge Frauen" hatten sich als Zuschauerinnen im Gerichtssaal versammelt.

  3. 98.

    Haben Sie das wirklich alles ernst gemeint oder war das nur wieder eine Provokation? Ich befürchte letzteres.

  4. 97.

    Soll sie rumlaufen wie sie will, aber sich nicht wundern, wenn mal einer hinschaut oder zulangt. Wäre nicht richtig aber möglich. Ich finde, es hängt mit Erziehung, Rücksichtnahme und Geschmack zusammen. Dieser Egoismus ist nicht auszuhalten. Und dann noch die Justiz bemühen...unfassbar!

  5. 96.

    Opfer ist wohl etwas übertrieben, ich kenne nicht einmal die Lokation, aber es scheint anscheinend ein prinzipielles Problem zu sein und wenn da wieder so ein Fass aufgemacht gemacht wird. Auwaia.

  6. 95.

    Dann sind wir uns ja einig, dass eine Diskriminierung stattgefunden hat und in dem Fall die Dame das Opfer dieser Diskriminierung war. Wunderbar!

  7. 94.

    Ich als Frau kann die Mitstreiter in verstehen. Wenn gleich ich es nicht machen würde da mir die Blicke der Männer unangenehm sind wenn auch nicht viel zu sehen ist

  8. 93.

    Hoffentlich bekommt Sie recht. Aber 1 € Schadensersatz reicht.

  9. 92.

    Nun gut, dann sind wir uns ja doch sehr einig. Zum "Tat"zeitpunkt sah die örtliche Rechtslage aber dort wohl noch nicht so klar aus. Wenn sie es jetzt (endlich) ist - perfekt!

  10. 91.

    Also sollte Diskriminierung Ihrer Meinung nach keine Konsequenzen haben? Und Opfer nicht entschädigt werden?

    Und um an den "US Maßstab" heranzukommen, fehlt mindestens eine 0...

  11. 90.

    Die Dame war davon ausgegangen, dass sie sich "oben ohne" bewegen dürfe, wo Männer dies auch dürfen. Sie hat dementsprechend gehandelt. Sie bezeichnen das als "ihre persönliche Rechtsauffassung", womit Sie zu verstehen geben, dass sich eben diese Auffassung nicht mit dem tatsächlichen Recht deckt. Folglich haben Sie der Dame einen Rechtsbruch unterstellt. Oder stören Sie sich lediglich daran, dass die Dame von ihrem Recht Gebrauch machen möchte, sogar dafür kämpft? Nochmal, es geht nicht darum, ob "oben ohne" erlaubt und auch angemessen ist. Es ist nur einfach nicht in Ordnung, im öffentlichen Raum Männern dieses Recht zuzugestehen, Frauen aber nicht. Frauen müssen nicht von diesem Recht Gebrauch machen. Und letztendlich entscheidet auch die Gesellschaft, ob es (weiterhin) verpönt bleibt, wenn Frauen von diesem Recht Gebrauch machen. Aber Frauen müssen dieses Recht einfach haben.

  12. 88.

    Kurze Antwort… Jain.
    Persönliches Hausrecht steht drüber… gibt auf Rügen ein Restaurant da dürfen ab 18 Uhr keine Kinder rein damit die anderen Gäste nicht gestört werden.
    Oder der Türsteher beim Club „du kommst hier nicht rein“
    Alles OK.
    Öffentliche Gebäude usw. da ist das Hausrecht anders gelagert und da greift Diskriminierung.

  13. 87.

    Ich denke, hier geht es auch ein klein wenig ums Prinzip. Fortschrittlicheres Denken muss immer gegen konservative Widerstände erkämpft werden. Was die Frau macht ist richtig und mutig.

  14. 86.

    Kurze Frage: Steht die individuelle Entfaltung jetzt auch über dem Hausrecht?
    Darf ich jetzt alles , wenn es um meine mutmaßliche Diskriminierung geht?
    Ist nur so gefragt. Und haben wir keine anderen ,dringenden Sorgen als sich um eine Dame zu kümmern die jetzt auf Teufel komm raus , es allen beweisen will das Sie ihrer Meinung nach recht hat?

  15. 85.

    Alles kein Problem, keine Verhüllung der Brust und des Kopfes. Das nennt sich dann Freiheit und Geschlechterneutralität.

  16. 84.

    Na bitte, geht doch! Danke für Ihre Erläuterungen.
    Keineswegs werfe ich der Betroffenen Rechtsbruch vor, allerdings streitet sie definitiv für ihre persönliche Rechtsauffassung. Im Übrigen bin ich komplett Ihrer Meinung, dass Gleichberechtigung ein hohes Gut ist, wofür es sich bisweilen zu kämpfen lohnt. Aber eben nicht Gleichmacherei, wo es naturgegebene Unterschiede gibt.
    Und auch in puncto Männernacktheit sollte in der Tat manches eher restriktiver gehandhabt werden.

  17. 83.

    Ich stimme ihnen hier total zu. Wenn die Erdanziehungskraft über die Festigkeit siegt, ist es nicht mehr wirklich schön anzusehen. Aber Ästhetik liegt im Auge des Betrachters. Ich finde es schön, wenn mir beim Anblick einer schönen Oberweite (ich bin Frau und hetero) die Fantasie noch mitspielen darf. Die Verpackung macht es oft aus…Aber es ist wohl die Zeit, dass jeder einklagt, was gerade in ist. Rücksicht…Ansicht der Anderen…Sch….ß drauf, Traurige Gesellschaft!

  18. 82.

    Ja, da haben Sie recht, es gibt auch Frauen, die Gleichberechtigung ablehnen und (zumindest Teilweise) die Diskriminierung von Frauen in Ordnung finden. Warum das so ist, erschließt sich mir aber nicht wirklich...

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