Labortransporte - Wie Drohnen künftig im medizinischen Noteinsatz über Berlin fliegen sollen

Fr 05.01.24 | 11:20 Uhr | Von Markus Streim
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Archivbild: Das Unternehmen Labor Berlin transportiert Laborproben mit Drohnen in der Luft. (Quelle: dpa/Ausserhofer)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.01.2024 | Markus Streim | Bild: dpa/Ausserhofer

Drohnen im Einsatz für die Medizin in Berlin: Was lange getestet wurde, geht bald in den Regelbetrieb über. Künftig sollen 13 Krankenhäuser per Drohne mit dem Zentrallabor verbunden werden. Von Markus Streim

Auch in Berlin werden Drohnen bald zum Alltagsbild gehören. Sicher nicht, wie man es aus Science-Fiction-Filmen kennt, aber dennoch im regelmäßigen, kleinen Flugverkehr für eilige medizinische Laboruntersuchungen.

Der Einsatz bleibe zu Beginn überschaubar, so Klaus Tenning, Projektleiter am Labor Berlin: "Wir werden mit einer Strecke starten, zwischen fünf bis zehnmal wird der Quadcopter am Tag fliegen. Und die Strecke wird unter zehn Kilometer sein."

Der Quadcopter zum schnellen Transport durch die Stadt ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Vivantes und Charité. Die Drohne transportiert in einer rote Box Notfalldiagnostik, also vorrangig Blutproben von Patienten, die sonst bis zu einer Stunde unterwegs wären.

Effiziente Verbindung zum Zentrallabor

"Wenn es beispielweise einen Verdacht auf eine Vergiftung gibt, kann das nur im Zentrallabor Berlin durchgeführt und überprüft werden. Unser Ziel ist es, egal von welchem Klinikum in Berlin in maximal 15 Minuten diesen Transport mit Drohne zu realisieren", so Tenning weiter.

Konzipiert wurde die Transportdrohne von dem US-amerikanischen Unternehmen Matternet. In der Schweiz sind die Drohnen bereits automatisiert unterwegs. Dort wurden weltweit die ersten städtischen Gebiete außerhalb von Sichtweite überflogen.

Viele Genehmigungen notwendig

Demnächst soll es automatisierte Drohnenflüge auch über Berlin geben. Damit das klappt, brauchte es viele (Sonder-)Genehmigungen. Das Okay vom Luftfahrtbundesamt liege schon vor, sagt Projektleiter Klaus Tenning, es sei aber nur eine Hürde auf dem Weg zum Regelbetrieb. "Wir fliegen in Berlin durch ein Flugbeschränkungsgebiet. Das sind die drei nautischen Meilen um den Reichstag. Dafür haben wir die Zustimmung und für die Zustimmung von einzelnen geografischen Gebieten sind wir in engem Austausch mit den jeweiligen Behörden oder Betreibern."

Selbst das Überfliegen des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals muss separat genehmigt werden. Nach der Genehmigung darf die gut einen Quadratmeter große Drohne mit ihrer roten Transportbox offiziell aufsteigen. Die Drohne fliegt in 90 Metern Höhe mit einer Geschwindigkeit von knapp 70 Kilometern pro Stunden.

Doch bei einer Drohne soll es nicht bleiben. Projektleiter Klaus Tenning erwartet sogar eine kleine Verkehrsverlagerung, wie er sagt: "Ich bin absolut überzeugt, dass es in Zukunft mehr kommerzielle Beispiele geben wird. Wir können dazu beitragen, dass wir die Straßen hier in Berlin entlasten und auch die Emissionen runterfahren, indem wir eben zu elektrisch betriebenen Drohnen kommen."

Klein ist der Quadcopter nicht und er wiegt auch einiges: immerhin rund zehn Kilogramm.

Fallschirm für den Notfall

Welche Sichehrheitsvorkehrungen gibt es für die Drohne, sollte sie vom Kurs abkommen? Was passiert bei technischen Probleme, einem Wetterumschwung oder bei Software-Manipulation?

All das sei natürlich ebenfalls erprobt worden, sagt Klaus Tenning. "Sollte es so einen Fall geben, werden die Rotoren ausgestellt. Danach wird ein Notfall-Fallschirm aktiviert und es werden visuelle und auch akustische Alarmsignale gestartet. Und dann gleitet die Drohne in sehr langsamen Tempo zu Boden", so Tenning weiter.

Wer das weiß-rote Flugobjekt am Berliner Himmel sichten sollte, braucht keine Angst vor Videoaufnahmen zu haben. Im Gegensatz zu Hobby-Modellen fliegt die Transportdrohne gänzlich ohne Kamera.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.01.2024, 06:00 Uhr

Beitrag von Markus Streim

18 Kommentare

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  1. 18.

    In den meisten Regionen der Welt wird der Flugverkehr von Fluglotsen gesteuert und überwacht. Technische Systeme sind erst die Rückfallebene z.B. über dem offenen Meer.

  2. 17.

    Das Personal im Labor wird doch unabhängig vom Transportsystem der Probe benötigt.
    Entscheidender Vorteil ist, dass der Transport als zeitliches Risiko minimiert wird. Stau und Baustellen im Luftraum 90m über Boden wird es auch langfristig eher selten geben.
    Ganz nebenbei dürfte das mittelfristig sogar deutlich günstiger sein 15min mit der automatisierten Drohne anstatt eine Stunde mit dem Auto. Also eigentlich genau das was #Jörg indirekt fordert, Geld für sinnvolle Behandlung verfügbar machen.
    Nicht umsonst haben sich in Megastädten Hubschrauber, für diejenigen die es sich leisten können, durchgesetzt. Zeit ist Geld.
    Drohnen ermöglichen dies nun für leichtes Material deutlich günstiger.

  3. 16.

    Natürlich nur wenn das Zentrallabor auch genug Personal hat um die Proben umgehend bearbeiten zu können. Das nächste Problem wären die Ergebnisse weiterzuleiten.
    Bei den Netzwerken in Berlin doch sehr fraglich. EDV ist schließlich Neuland, aber Drohnen pilotieren...

  4. 15.

    "Wie viel sinnvolle Versorgung im Gesundheitswesen kann dadurch nicht bezahlt werden?"

    Die Beschleunigung des Transports von Laborproben IST eine "sinnvolle Versorgung im Gesundheitswesen". Auch, wenn du dir das nicht vorstellen kannst.

  5. 14.

    "Schon weiß man ob man zukünftig das lustige Surren über dem Kopf haben wird."

    Bei ner Flughöhe von 90m wirste halt von dem "lustigen Surren" exakt nichts mitbekommen.
    Nicht über völlig unbewohntem Gebiet um Mitternacht und schon dreimal nicht im Verkehrslärm einer Millionenstadt.

  6. 13.

    Wieso glauben Sie, das sei herausgeschmissenes Geld? Wem eine schnelle Auswertung der Blutprobe das Leben retten kann, der sieht das bestimmt anders. Ich hoffe, der medizinische Transport per Drohne wird ausgebaut und sicherer gemacht, so dass man z.B. auch Transplantationsgut damit transportieren kann.

  7. 12.

    Vermutlich die Zusammenstöße mit anderen Drohnen, von gelangweilten Mitbürgern oder von denen die selbst Drohnen nutzen(Überprüfung von Dächern und Dachaufbauten)

  8. 11.

    Bloß weil es keine Kamera an Bord der Dr5ohne gibt heißt das ja nicht, dass die Drohne im Blindflug unterwegs ist. Was meinen Sie denn, wie Flugzeuge Zusammenstöße verhindern?

  9. 10.

    Nein, die Drohne fliegt nicht im Blindflug. Es gibt ja noch andere Sensoren und Techniken, (Lidar , Ultraschall, Lagesensor, GPS) die ein sicheres Erkennen der Umgebung ermöglichen. Eine "hochauflösende" Kamera ist für Drohnen nicht nötig, da die meisten "kleinen" Computer ohnehin keine Bilder analysieren können.

    Vermutlich fliegt sie mit GPS von A nach B. Dort am Krankenhaus vor Ort" gibt es eine Art "Markierung" evtl. durch gepulsten Ultraschall, die die Drone wie ein Trichter findet und dort landet. So wie ein Staubsaugerroboter, der seine Ladestation findet.

    Ich finde es eine sehr schöne Idee! Schon fahren einige Autos weniger in den Straßen und ich habe mehr Platz für mein Motorrad :P
    Wer weiß, wass sich damit alles transportieren lässt. Blutkonserven? Medikamente? Ein Ticket für mehr Pflegepersonal?

  10. 9.

    Was kostet das? Wie viel sinnvolle Versorgung im Gesundheitswesen kann dadurch nicht bezahlt werden?

  11. 8.

    In 90 Meter höhe... Boden-Luft-Raketen sind nicht frei verkäuflich und der Bau dürfte nicht so einfach sein. :-)

  12. 7.

    Was passiert bei technischen Problemen?
    Es wird ein Notfall-Fallschirm aktiviert, dass die Drohne sehr langsam zu Boden bringt?

    Kann der Programmierer der Drohne selbst den Boden der Landung im Notfall schon aussuchen? Bekanntlich gleitet ein Fallschirm fast gerade nach unten (bei Windstille).
    Bei akustischen Alarmsignalen setzt jeder Mensch am Boden den Blick nach oben, ob eine Quadratmeter große Drohne landet? Das über einer Großstadt? Wenn beim Testen noch nichts passiert ist, dann ist es in Ordnung. Es gibt in Zukunft mehr kommerzielle Beispiele? Da fliegen mehr Objekte mit kommenden Nebenwirkungen über den Köpfen der Landbewohner im Alltag, als nur für eilige medizinische Laboruntersuchungen.




  13. 6.

    Das Zentrallabor befindet sich am Standort Virchow-Klinikum. Sollte es bei diesem einen beteiligten Labor bleiben kann man jetzt den Stadtplan hernehmen und die Kliniken mit einem geraden Strich mit dem Labor verbinden. Schon weiß man ob man zukünftig das lustige Surren über dem Kopf haben wird. Machen wir uns nix vor. Diese Art des Transports wird Normalität werden und sich massiv ausweiten.

  14. 5.

    Das ist wirklich eine sehr nützliche Einrichtung. Allerdings fürchte ich, dass, wer Rettungskräfte angreift, auch vor diesen lebensrettenden Drohnen nicht Halt machen wird.

  15. 4.

    Eine Art moderne Rohrpost.
    Wirft die Drohne die Ladung nur ab?
    Oder landet sie automatisch und muss von Empfänger neu gestartet werden?

  16. 3.

    Sehr gut... der Anfang ist gemacht... da wird es bestimmt einige schlaue Köpfe geben, die das weiter ausbauen.
    Zwar wie üblich... Jahre später ist auch Deutschland dabei aber immerhin.
    Klar ist, dass nicht jeder einfach so über das Regierungsviertel fliegen darf aber dann schlägt die Bürokratie wieder zu... geht es auch anders... klar die Schweiz..
    Genehmigungen sollen sowohl automatisch wie auch manuell durch Skyguide erteilt werden. Zielsetzung ist es, die Genehmigung binnen Sekunden zu erhalten.

  17. 2.

    Tolles Konzept, welches sich hoffentlich skalieren lässt! Bitte weiter so!

  18. 1.

    Also der Sinn solcher Transporte leuchtet mir ja ein. Aber der letzte Satz macht mir etwas Angst. Die Drohne fliegt ohne Kamera Also total im Blindflug. Und wie will man dann Zusammenstöße verhindern wenn es künftig mehr solcher Flugobjekte gibt?

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