Erstes schwules Prinzenpaar in der Lausitz - "Das ist ein Vorbild für alle Clubs, toleranter zu sein"

Mo 12.02.24 | 14:03 Uhr
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Max und Martin, das Prinzenpaar in Tschernitz (Quelle: rbb/Philipp Gerstner)
Video: rbb|24 | 12.02.2024 | Material: DER TAG | Bild: rbb/Philipp Gerstner

Die Karnevalssitzungen und -umzüge laufen derzeit auf Hochtouren. Auch in der Lausitz. Der Tschernitzer Karnevalsverein hat erstmals ein schwules Prinzenpaar auserkoren. Für Max und Martin ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen.

Max und Martin sind seit acht Jahren verheiratet und leben in Berlin-Marienfelde. In diesem Jahr wurden die beiden Männer zum 41. Tschernitzer Prinzenpaar auserkoren. Der 34-jährige Max kommt aus dem kleinen Dorf im Landkreis Spree-Neiße und ist seit Kindheit ein begeisterter Karnevalist. Er konnte auch seinen 35-jährigen Ehemann im Laufe der Jahre für die fünfte Jahreszeit begeistern.

Das Paar lebt zwar in Berlin, ist aber auch in Tschernitz integriert: Hier hatten die zwei ihr erstes Date und feierten schon zahlreiche Geburtstage und den Polterabend. Nun wurden sie vom Tschernitzer Karnevalsverein (TKC) zum Prinzenpaar auserkoren. Für die Kommission sei vor allem wichtig gewesen, dass das Paar karnevalsverbunden sei, sagte Gerd Sieling, Leiter des TKC dem rbb. "Das ist natürlich ein Novum, aber wir sind stolz, dass wir den Weg beschreiten."

Wie Max und Martin ihre ersten Auftritte beim Karneval als Prinzenpaar erlebt haben, erzählten sie dem rbb im Interview.

rbb: Wie war es, als Sie erfahren haben, dass Sie Prinzenpaar werden sollen?

Max: Das war Freude pur. Es war schon immer mein Traum, Prinz zu sein hier im Club. Das macht man ja nur einmal im Leben. Man kann den Club repräsentieren. Wenn es zwei Schwule sind, dann kann man auch mal ein Vorbild sein, das andere es auch machen.

Martin: Freude und Aufregung. Man bekommt ja nicht immer mit, was im Hintergrund von der ganzen Organisation passiert. Von daher war es Freude und Aufregung

Haben Sie eine Vorbildfunktion für andere Karnevalsmitglieder?

Max: Wir wurden von vielen angesprochen: Toll, dass ihr das macht. Es wird ja auch mal Zeit, ein schwules Prinzenpaar zu küren. Das ist ein Vorbild für alle Clubs, toleranter zu sein.

Ich wusste auch, dass es als schwuler Prinz schwierig ist, das ist ja noch nicht selbstverständlich. Gerade in der aktuellen Zeit ist das ein Statement.

Max

Wie besonders ist es, dass es ein schwules Prinzenpaar gibt?

Max: Wir waren am Sonntag beim Umzug in Bad Muskau, wo 20 Vereine teilgenommen haben und wir waren das einzige schwule Prinzenpaar. Also schon sehr besonders.

Wie waren die Reaktionen im Verein?

Martin: Sehr positiv. Da hatten wir auch keine Sorge. Wir wussten, dass die alle hinter uns stehen. Alle haben sich gefreut, die waren total happy und das war echt schön.

Haben Sie Pläne für den Verein während Ihrer Prinzenzeit?

Martin: Man will eine tolle fünfte Jahreszeit mit allen genießen, feiern, und ansonsten: Der Vorbildcharakter, dass andere Clubs auch motiviert sind, mal diesen Schritt zu gehen.

Max: Was für jedes Prinzenpaar gilt, Spaß bringen, Heiterkeit, Frohsinn. Und wir wollen natürlich auch Zuversicht symbolisieren. Für ein offenes und ein tolerantes Tschernitz. Ich freue mich Karneval zu feiern, Spaß zu haben und teil dieser tollen Gemeinschaft zu sein.

Hatten Sie Angst vor negativen Reaktionen?

Max: Wir wollten das sofort machen, aber nichtsdestotrotz waren wir aufgeregt: Wie reagiert der Verein, wie reagiert die Dorfgemeinschaft. Und deswegen sind wir umso positiver gestimmt, dass wir so viel positive Bestärkung bekommen haben. Wir wollen auch die Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Der Karneval ist ja die Lebensader von Tschernitz.

Martin: Man war natürlich schon ein bisschen aufgeregt und wusste nicht: Wie ist die Reaktion. Dorfgemeinschaft ist das eine, aber zum Beispiel auch beim Umzug von Bad Muskau, man wusste nicht, wie reagieren die Menschen. Aber das Schöne war, dass man recht schnell gemerkt hat, dass die Bedenken umsonst waren.

Max: Es war mir wichtig, mal Prinz zu sein, ich wollte schon immer mal Prinz sein. Ich wusste auch, dass es als schwuler Prinz schwierig ist, das ist ja noch nicht selbstverständlich. Gerade in der aktuellen Zeit ist das ein Statement.

Zur Person

Max (34 Jahre alt) ist in Tschernitz (Spree-Neiße) aufgewachsen und ging dort auf die Grundschule. Seine Familie leben noch in Tschernitz. Im Karnevalsverein ist seit seinem 7. Lebensjahr aktiv. Im Programm tanzt er in der Gruppe "Tanz gemischt" zu einer "Barbie"- Choreografie und tritt zusammen mit seiner Schwester als Comedy Duo auf.

Martin (35 Jahre alt) ist in Meißen (Sachsen). Bevor er Max kennengelernte, hatte er mit Karneval nichts am Hut. In diesem Jahr nimmt Martin zum ersten Mal auch am Programm teil. Er unterstützt als "Superstar Paloma" das Comedy Duo von Max und seiner Schwester.

Max und Martin sind seit 15 Jahren ein Paar, seit acht Jahren verheiratet und leben in Berlin-Marienfelde.

Hatte jemand ein Problem damit, dass Sie schwul sind?

Max: Es ist jetzt nochmal eine besondere Situation, dass wir Prinzenpaar sind. Vielleicht hätten sich andere auch einen Prinz und eine Prinzessin gewünscht. Aber die behalten das für sich. Wir haben nur positives erlebt.

Martin: Man muss auch dazu sagen, es sind zwei drei Wochen in denen wir das Amt ausüben. Danach dreht sich die Welt wieder ganz normal weiter. Jeder versteht, dass hier ist Karneval. Und Karneval ist was besonderes.

Was haben Sie für Tschernitz als Prinzenpaar vor?

Martin: Ich glaube es bleibt alles beim alten. Der Club ist schon sehr weit, was die Wahrnehmung für dieses Thema betrifft. Wir wurden offen und herzlich aufgenommen. Sind Teil der Gemeinschaft. Es muss eher so weiter gehen. Ich bin vor allem ganz optimistisch. Jugendliche und Kinder bekommen das mit und die sind wahrscheinlich nochmal ein Schritt weiter, als die Generationen, die das nicht so kannten.

Martin: Wir wollen ein bisschen Botschafter für Toleranz sein. Das ist unsere Rolle.

Max: Was wir nutzen wollen, ist die Aufmerksamkeit, das vermutlich erste schwule Prinzenpaar in der Lausitz, damit wollen wir Werbung für unseren Verein machen.

Was verbindet euch mit Tschernitz?

Max: Die Gemeinschaft hier in Tschernitz ist ganz besonders, das gibts in der Großstadt nicht. Man hilft sich, man bekommt immer viel zurück. Und das zieht uns immer wieder zurück nach Tschernitz

Max: Der Karneval ist die Lebensader von Tschernitz. Der Karneval organisiert das Sommerfest, das Oktoberfest, dann in der 5. Jahreszeit alle Veranstaltungen. Der Karneval sorgt für Leben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sendung: Der Tag, 12.02.2024, 18:30 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Glückwunsch nach Marienfelde/ Berlin an die beiden Prinzen aus Marienfelde/ Strande. Ihr seid so cool!

  2. 6.

    Toleranz und Vielfalt muss man leben. Auf ganz natürliche Weise, ohne alles „hinauszuposaunen“ . In allen Bereichen. Sexuelles als Toleranzmerkmal reicht bei weitem nicht aus...
    um glaubwürdig zu sein.
    Genau das hat das Prinzenpaar hier erlebt. Lediglich die Fragesteller haben und wollen es genauer wissen, ohne Anhaltspunkte dafür.

  3. 5.

    Zitat: "Ein schwuler Prinz ist sehr wohl selbstverständlich."

    Und deshalb verweisen Sie auch direkt nach der vermeintl. progressiven Einleitung sofort auf das "Sexualverhalten" der Prinzen, was privat, ergo unerwähnt bleiben sollte; und meinen weiterhin, dass Toleranz bzgl. dessen, ob man Auto oder Öffies bevorzugt doch ebenso, wenn nicht viel wichtiger wäre.

  4. 4.

    Ja, gibt es. Gerade heute wurde im TV davon berichtet.
    Ich freue mich über so etwas. Das hat m.E. nichts mit Toleranz zu tun. Ich muss nichts Selbstverständliches tolerieren.
    Jeder möge so leben, wie es ihm guttut.

  5. 3.

    Sehr erfreulich!

    Gibt's auch Lesben-Prinzessinen-Paare?

  6. 2.

    Ein schwuler Prinz ist sehr wohl selbstverständlich. Es muss nicht alles biologisiert werden. Toleranz und Vielfalt beschränkt sich nicht nur auf das Sexuelle. Das ist Privatsache. Es gibt noch Anderes, wo es nötig ist Toleranz vorzuleben: Im Straßenverkehr? In der Tolerierung der Verkehrsmittelwahl? Und Vieles mehr.

  7. 1.

    Max sagte: …wir waren das einzige schwule Prinzenpaar. Also schon sehr besonders“.
    Martin sagte: „Man war natürlich schon ein bisschen aufgeregt und wusste nicht: Wie ist die Reaktion……………… man wusste nicht, wie reagieren die Menschen.
    „Aber das Schöne war, dass man recht schnell gemerkt hat, dass die Bedenken umsonst waren“. Zitat Ende.

    Dann ist doch die Welt in Ordnung, die Menschen haben sich geändert. Man respektiert sich gegenseitig, ob schwul oder lesbisch oder nach herkömmlicher Lebenstradition.
    Wenn Medien allerdings die Schwulen und Lesben noch ewig als was besonders sehen, wo sind ihre Probleme damit?
    Bei anderen Meinungen und Verhalten -die Ohren zu machen und jeden leben lassen, dass läuft doch gut.
    Meckerer darüber sollen besser schweigen und ihr eigenes Leben friedvoller leben.

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