Oberhavel - Kaum Fahrrad-Stellplätze in Hohen Neuendorf: Pendler-Frust am S-Bahnhof

Sa 03.02.24 | 17:59 Uhr | Von Karsten Zummack
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Symbolbild: Fahrräder angeschlossen an einem Geländer. (Quelle: imago images/Mueller)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.02.2024 | Karsten Zummack | Bild: imago images/Mueller

Mehr als 270.000 Brandenburger pendeln zum Arbeiten nach Berlin. Viele setzen dabei mittlerweile auf den ÖPNV. Doch Park-and-Ride-Plätze sind oft knapp - selbst für Fahrräder. In Hohen Neuendorf schlägt jetzt der Fahrradclub ADFC Alarm.

Zügig kommt sie mit ihrem Rad angerauscht. Claudia Horyza ist auf dem Weg zur Arbeit nach Berlin-Ostkreuz. Die erste, anderthalb Kilometer lange Etappe, absolviert sie mit dem Fahrrad. Auch an diesem Morgen hat sich die 56-Jährige etwas früher auf den Weg gemacht, mehr Zeit eingeplant. Denn seit Monaten ist es nicht so leicht, am S-Bahnhof Hohen Neuendorf einen Stellplatz zu finden.

"Situation untragbar"

Ob an Fußgängertreppen auf der Westseite oder auf der Brücke über den S-Bahn-Gleisen: Überall stehen Fahrräder dicht an dicht – obwohl es eigentlich nicht erlaubt ist. "Die Situation ist untragbar", beklagt Claudia Horyza, während sie einen Stellplatz für ihr Rad sucht. "Die Leute nutzen jede Straßenlaterne. Die Anwohner und Ladenbesitzer sind genervt", erzählt sie.

Heute hat sie Glück. Die Hohen Neuendorferin ergattert in einer eigens aufgestellten mobilen Anlage ein Plätzchen. 40.000 Euro hat die Stadt in diese Notlösung investiert. Dass es derzeit nicht genug Fahrrad-Abstellplätze am S-Bahnhof gibt, räumt auch Bürgermeister Steffen Apelt (CDU) ein.

Postkarten für den Bürgermeister

Dem Fahrradclub ADFC ist die Situation in Hohen Neuendorf schon länger ein Dorn im Auge. Deshalb hat Ortsgruppen-Sprecherin Jutta Makowski vor wenigen Wochen eine Protestaktion initiiert. Die Idee: Unzufriedene Radfahrer verschicken Postkarten an den Bürgermeister. Darauf sind Fotos von der zugeparkten S-Bahn-Brücke und den Bauzäunen abgebildet.

Ein Grund für den Engpass sind Bauarbeiten auf beiden Seiten des Bahnhofs. "Von 370 Rad-Abstellplätzen, die es vorher gab, ist die Anzahl auf viel weniger reduziert worden", kritisiert Makowski. Dass für die Ersatzanlage zehn Autoparkplätze umgewidmet wurden, sei zu wenig.

Hohe Investitionen für ein Fahrrad-Parkhaus

"Wo gehobelt wird, fallen Späne", erwidert Bürgermeister Steffen Apelt mit Blick auf die beiden Baustellen. Immerhin habe die Stadt viel Geld in die Hand genommen, um die Situation etwas zu entschärfen. "Klar kann man nie zufrieden sein", erklärt der CDU-Kommunalpolitiker an die Adresse des ADFC — zumal 9.000 Hohen Neuendorfer täglich nach Berlin pendeln würden.

"Im März, spätestens im April wird hier ein neues Fahrradparkhaus mit abschließbaren Abstellplätzen errichtet sein", verspricht Apelt. Tatsächlich weisen Bauschilder bereits darauf hin, dass diese Anlage ein Grund für die momentanen Arbeiten östlich des S-Bahnhofs sind.

Berlin und Brandenburg investieren in Pendler-Stellplätze

Im September hat die Stadt mit dem Bau einer modernen, größeren Fahrrad-Abstellanlage begonnen. Das sei ein wichtiger Schritt dahin, den Bahnhof Hohen Neuendorf "zu einem attraktiven Mobilitätsknotenpunkt" umzugestalten, so der Bürgermeister damals. Zukünftig sollen dort 287 Plätze für Fahrräder zur Verfügung stehen. Ein Teil davon befindet sich in einer Sammelschließanlage, die durch ein elektronisches System zusätzlich gesichert ist.

Integriert wird auch eine Reparatursäule für Räder. Die Baukosten sollen sich auf insgesamt etwa 850.000 Euro belaufen. 90 Prozent dieser Summe stammen aus dem Förderprogramm "Stadt und Land", das der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin für solche Fälle ins Leben gerufen hatten. Hintergrund des Projektes war ein Gutachten des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) aus dem Jahr 2020, wonach an märkischen Bahnhöfen insgesamt 8.800 Pkw- sowie 21.000 Fahrrad-Stellplätze fehlen.

Kleiner Lichtblick für Radfahrer in Hohen Neuendorf

Von dem aufgelegten Sonderprogramm profitiert jetzt eben auch Hohen Neuendorf. Die neue Anlage ist ein kleiner Lichtblick für Berufspendler wie Claudia Horyza, die auf dem Weg zur Arbeit einen Platz suchen. "Wir haben hier aber weit mehr als 287 Radfahrer, die jeden Morgen zum S-Bahnhof kommen. Das reicht nicht", so ADFC-Ortsgruppensprecherin Jutta Makowski. Immerhin ist ab Frühjahr aber etwas Entlastung in Sicht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.02.2024, 13:50 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

7 Kommentare

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  1. 7.

    Was für ein Unsinn, raten sie doch mal woher die vielen Pendler im Speckgürtel herkommen? Überraschung! Aus Berlin.

    Es muß Schluß sein mit der Zersiedlung, es muß wieder bezahlbare Wohnungen in Berlin geben, damit dieser Pendelwahnsinn aufhört. Als erstes muß dann die unsinnige Pendelpauschale gestrichen werden.

  2. 6.

    "Das sehe ich auch so, wer in Berlin keine Einkommensteuer zahlt hat hier nichts auf Kosten der Berliner verloren. Der Speckgürtel kann doch im Speckgürtel arbeiten."
    Sie wollen auf ca. 270 000 Pendler verzichten?
    Na dann würde aber so manches in Berlin stehenbleiben, z.B. Müll, Bus, Bahn, Taxi etc., und so manche Arztpraxis geschlossen bleiben.
    Auch der Einzelhandel wäre bestimmt nicht begeistert.

  3. 5.

    Das sehe ich auch so, wer in Berlin keine Einkommensteuer zahlt hat hier nichts auf Kosten der Berliner verloren. Der Speckgürtel kann doch im Speckgürtel arbeiten. Müssen sie halt dort Arbeitsplätze schaffen.

  4. 4.

    Pendeln bringt auch Probleme wenn Rad und Bahn gefahren wird: Ressourcen und Flächenverbrauch, Zeitaufwand..

    Die Leute sollen doch wohnortnah arbeiten, und die Politik soll dafür sorgen das nicht "Alles nach Berlin" geht wie bereits zu DDR Zeiten

    Es gibt aber halt auch doch viel Arbeit in Oranienburg, etwa der Weltmarktführer in selbstklebende Folie, Polizeihochschule

    Wetten, dass viele Berliner nach OHV pendeln?

  5. 3.

    Für manche Politiker zählt ein Autofahrer für fünfzig Radfahrer.

  6. 2.

    Es ist nicht zu verstehen, warum parkenden Fahrräder den Fußweg auf der Brücke über die S-Bahn verstopfen dürfen und mit den Schlössern die Brückengeländer beschädigen. Mit einem Rollstuhl ist bei Fußgänger-Gegenverkehr und Radfahrenden kaum ein Durchkommen. Ich verstehe nicht, warum Radfahrer direkt vor dem Eingang des S-Bahnhofs parken müssen. Mehr Rücksicht also bitte auch von den Radfahrern und Radfahrerinnen!

  7. 1.

    "Die erste, anderthalb Kilometer lange Etappe, "
    ... hätte ich als Schwimmstrecke durchaus erwähnenswert gefunden....

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