Personalnot und hohe Kosten - Verband warnt vor Kita-Sterben in Berlin

Mi 31.08.22 | 16:32 Uhr
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Stühle stehen in einer Kita auf den Tischen (Bild: imago images/Jochen Eckel)
Video: rbb24 Abendschau | 31.08.2022 | Nural Akbayir | Bild: imago images/Jochen Eckel

Personalmangel und explodierende Kosten könnten drastische Folgen für Kitas in Berlin haben. Das jedenfalls befürchtet ein Berliner Kita-Verband. Die Bildungsverwaltung spricht hingegen von einem erfolgreichen Start in das Kita-Jahr.

Der Verband der kleinen und mittelgroßen Kita-Träger in Berlin sieht etliche der Einrichtungen in ihrer Existenz bedroht. Als Gründe nannte Geschäftsführer Lars Bekesi am Mittwoch einen immer dramatischeren Fachkräftemangel sowie steigende Sachkosten, die bei Energie und Lebensmitteln in den letzten Monaten geradezu explodiert seien. Nötig sei ein entschlossenes Gegensteuern des Senats mit einer auskömmlichen Finanzierung der Kitas. Bleibe das aus, drohe gerade kleineren Einrichtungen "die Einstellung des Geschäftsbetriebes".

Hürden für Fachkräfte aus Syrien oder Georgien

Um den Kitas bei der Bewältigung der Kosten zu helfen, forderte Bekesi eine Einmalzahlung pro betreutem Kind sowie eine Anpassung der aus Sicht seines Verbandes viel zu niedrigen Sachkostenpauschale für 2023 und 2024. Als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel schlug der Verband unter anderem vor, die Tätigkeit an Kitas durch mehr Wertschätzung attraktiver zu machen und die Sozialarbeit auszubauen, um Erzieherinnen und Erzieher von fachfremden Tätigkeiten zu entlasten.

Um qualifizierte Quereinsteiger zu gewinnen, müssten für diese die Hürden gesenkt werden, forderte die Geschäftsführerin des Kita-Trägers "Kleiner Fratz". Das gelte auch für Fachkräfte aus dem Ausland. Kaum einer verstehe, warum Erzieherinnen und Erzieher aus der Ukraine, die im Übrigen sehr gute Arbeit leisteten, relativ leicht einsteigen könnten, während das für entsprechende Fachkräfte etwa aus Syrien oder Georgien nicht möglich sei.

Bedarf an rund 6.000 Fachkräften

Nach Berechnungen des Verbandes fehlen an Berliner Kitas etwa 6.000 Fachkräfte - bei momentan etwa 35.000 Beschäftigten. Folge dieser schon länger anhaltenden Entwicklung seien eine höhere Arbeitsbelastung, bei vielen Angestellten Erschöpfung und ein hoher Krankenstand, der zuletzt stetig angestiegen sei. Das wiederum gehe zu Lasten der Betreuungsqualität. Etliche Kitas könnten ihre Kapazität nicht mehr voll ausschöpfen, also nicht so viele Kinder aufnehmen wie eigentlich vorgesehen. Andere kürzten ihre Öffnungszeiten oder müssten schon jetzt mitunter schließen.

Bei der Kita-Finanzierung liege schon lange viel im Argen, so Lars Bekesi. "Gerade kleine oder mittlere Träger sind seit Jahren unterfinanziert." Hohe Mieten und steigende Sachkosten würden in den Zahlungen des Landes nicht abgebildet. Nun komme die Energiekrise hinzu, in der manche Kita-Träger nicht mehr wüssten, wie sie die Gasrechnung bezahlen oder gesunde Mahlzeiten für die Kleinen anbieten sollen.

Vorauszahlung an Gasanbieter erhöhen sich auch für Kitas

Bekesi nannte ein krasses Beispiel: Eine Kita mit 190 Plätzen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg musste nach seinen Angaben im März noch 1.000 Euro monatliche Vorauszahlung an ihren Gasanbieter überweisen. Ab August habe sich der Betrag auf 2.000 Euro erhöht, ab Oktober verlange der Anbieter sagenhafte 9.000 Euro monatlich Abschlag.

Die Bildungsverwaltung sprach am Mittwoch hingegen von einem erfolgreichen Start in das neue Kita-Jahr 2022/2023 und verwies auf Fortschritte beim Kita-Ausbau in Berlin. Zum Stichtag 31. Dezember 2021 wurden demnach 182.205 Betreuungsplätze angeboten, rund 6.400 mehr (3,6 Prozent) als im Vorjahr. 172.477 Kinder wurden zu diesem Zeitpunkt in 2.900 Kitas betreut.

Stand 22. August dieses Jahres standen demnach 182.699 Plätze zur Verfügung, 158.398 Kinder wurden betreut. Die Auslastung betrage also zum Start ins Kita-Jahr 87,6 Prozent, der Wert sei niedriger als in den Vorjahren, hieß es. Die Zahl der Kita-Beschäftigten stieg demnach von 34.100 im Jahr 2020 auf knapp 35.100 im Jahr 2021. Die Zahl der Vollzeitstellen stieg im selben Zeitraum um gut 700 auf 29.074.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.08.2022, 18 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Ja genau.Ich arbeite ebenso für einen Freien Träger an einer Schule (Hort) als Erzieherin. Bin ich deswegen weniger qualifiziert ?Dem Gehalt nach zu urteilen schon. Und das seit Jahren. Absolute Frechheit !!!!!!Nun locken Sie uns mit der Brennpunktzulage, dort zu bleiben;welche Sie wieder jederzeit einstampfen können. So wie es Ihnen gerade passt.
    Schande für diesen Berufsstand. Ich persönlich werde früh abtreten ,ich lass mich als reife,erfahrene, zuverlässige den Schülern zugewandte Frau nicht länger von diesem Staat ausbeuten und verarschen.Soll doch der Staat zusehen wer in Zukunft Kinder,Jugendliche,beinträchtigte Menschen ,alte Menschen,psychisch Kranke,wohnungslose Menschen,geflüchtete Menschen und Drogenabhängige begleitet/betreut.

  2. 17.

    Herr Kulke, der Markt regelt die Preise, die Mägen der Kinder füllen sie nicht. Ein Mindestmaß an Solidarität mit den Schwächeren würde Ihnen sicher gut zu Gesicht stehen.

  3. 16.

    Also, in der Kita mir gegenüber sind die Kinder nicht in der Lage zu spielen. Den ganzen Tag nur Geheule und Gejaule, sie zanken, schubsen und schlagen sich gegenseitig... Da würde ich mir schon wünschen, daß eine Erzieherin mal hinschaut und eventuell auch beim "Spiel" schlichtet.

    Von der Lärmbelästigung mal ganz abgesehen.

  4. 15.

    Diese kostenlos Mentalität sollte sofort beendet werden. Sowohl beim KITA Betrieb, als auch beim Schulessen. Wer das weiter unterstützt, hat noch immer nicht begriffen wie Wirtschaft und Zusammenleben funktioniert.

  5. 14.

    Wie wäre es mit Lohnerhöhung?

    Herzliche Grüße aus der Eingliederungshilfe!

  6. 13.

    "Kita Plätze umsonst anzubieten...." erstens wäre das nicht "umsonst", sondern bestenfalls "kostenlos" und zweitens verstärkt man damit die 2-Klassen-Gesellschaft; nur noch Leute mit Geld können sich die Kita leisten...., das kann nicht das Ziel sein. Zuzahlung der Eltern, ja, aber nach Einkommen gestaffelt, wäre ev. eine Lösung.

  7. 12.

    Woher wissen Sie das denn? Erleben Sie mehr vom Kita-Alltag, als "Kind bringen und abholen"?
    "Berlin eben" ist, wenn zu so einem wichtigen Thema
    - einer sich über Tempolimits wg. Kitas beschwert
    - einer empfiehlt, weniger Kinder in die Welt zu setzen
    - einer sich freut, dass es mehr Kneipen gibt.....
    Statt auch nur annähernd konstruktiver Ideen, nur Dummsinn, ERBÄRMLICH!

  8. 11.

    WISO werden ErzieherInnen von nicht staatlichen Einrichtungen in Berlin noch immer diskriminiert? WISO erhalten kleine Träger vom Senat weniger Gelder als staatliche? Was soll das mit der Hauptstadtzulage, welche nur 20 Prozent der Erzieher bekommen...kein Wunder, dass in Berlin Personal fehlt!

  9. 10.

    Ich arbeite seit 20 Jahren mit Kindern und auch im Leitungsbereich. Schlechte Erzieher:innen erkennt man sehr gut daran, dass sie sich ins Kinderspiel einmischen und zuviel mit den Kindern spielen. Natürlich gibt es auch unmotivierte Betreuer:innen, aber ihr Merkmal hier zeugt nur von mangelnden Kenntnissen. Es ist völlig in Ordnung, dass Freispiel der Kinder für Gespräche und die Vorbereitung zu nutzen. Das Erwachsene mitspielen, sollte eine Ausnahme und pädagogisch begründet sein.

  10. 9.

    Wir geben Geld für Krieg und töten aus, für Beschuss von Kernkraftwerken und Zivilisten. Wir machen 9 € Ticket, damit die Leute gut zur Party und Shopping kommen und den ÖPNV an den Rand der Belastung bringen. Und dann wollen die uns verkaufen dass Kitas schließen? Für die einen wird es Zeit, dass sie endlich aufwachen und für die anderen endlich zurückzutreten und Platz zu machen für Leute, die es können. Sollte man mal den Broemme fragen ob der nicht regierender Bürgermeister werden will statt der ganzen Berufspolitiker.

  11. 8.

    Also hier im Süden haben einige Kitas neu aufgemacht. Die entdeckt man oft nur, wenn man nach dem Grund für die neuen Tempo 30 -Abschnitte sucht. Die gibt es hier zu Hauf. Mariendorfer, Lichtenrader, Kirchhainer, Rixdorfer, etc. Von 50 auf 30, kurz vor der Kreuzung darfst du wieder auf 50 beschleunigen, nur um nach der Kreuzung wieder auf 30 zu gehen. Interessant für die Linksabbieger..... Im Gegensatz zu den alten Schildern, sind die neuen nur noch am rechten Fahrbahnrand aufgestellt. Kann man leicht übersehen. Und ob es wirklich nötig ist, bei baulicher Trennung, beide Fahrtrichtungen auszubremsen, darüber lässt sich streiten. Aber ich schweife zu sehr ab. Nur was ich bei den neuen Kitas noch nie gesehen habe, egal ob Morgens, Mittags, Nachmittags - Kinder.

  12. 7.

    Gibt es schon eine Stellungnahme der Grünen?

  13. 6.

    Also bei uns in der Kita sieht man die Erzieher nur rumsitzen, da wird im Garten selten mit den Kindern gespielt. Da ist morgens ein bissel Programm mit den Kindern und nach dem Mittag war es das dann. Da Frage ich mich schon was das für Erzieher sind. In anderen Kitas läuft das besser. Es gibt hier keine einheitlichen Qualitätsstandards und der ganze Personalmangel macht es auch nicht besser. So eine Kita wird auch ein Teufel tun die Mitarbeiter zu fordern, dann hauen die in Sack und gehen zum nächsten Träger. Alles nicht so optimal hier. Aber Berlin eben, das wird nicht besser...

  14. 5.

    Nicht so verkehrt. Vielleicht gibts dann wieder mehr Kneipen in Pankow.

  15. 4.

    Und Schulessen, Schülerfahrkarten, Hort Klasse 1-2 etc. Ein paar Anreize nicht 10 Kinder zu gebären wäre schon ganz nett, nützt nun aber nix da ja der Effekt erst in 1-2 Jahren zu sehen wäre.

  16. 3.

    Vlt sollte Berlin auch wieder davon abdrücken Kita Plätze umsonst anzubieten

  17. 2.

    Offensichtlich gibt es eine signifikante Fluktuation in den systemrelevanten Berufen. Pflege, Krankenhaus und Arztpraxen, Feuerwehr, Kita.... Und es ist neben der zum Teil geringen Wertschätzung hauptsächlich die Arbeitsbelastung. Die wird mit jedem, der geht, noch höher.

  18. 1.

    Irgendwie wundert es mich nicht, dass die Meinungen der Bildungsverwaltung und des Kita-Verbandes auseinanderlaufen.
    Ich würde mal behaupten, dass die Verwaltung auf dem Holzweg ist.

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