Großdemo in Berlin - Rund 80.000 Menschen solidarisieren sich mit den Protesten im Iran
Seit Wochen reißen die systemkritischen Proteste im Iran nicht ab. Auslöser war der Tod einer jungen Kurdin. Mit einer Großdemo haben am Samstag in Berlin rund 80.000 Menschen die Protestierenden im Iran unterstützt - deutlich mehr als erwartet.
An einer Solidaritäts-Demonstration für die Protestbewegung im Iran haben am Samstagnachmittag in Berlin zehntausende Menschen teilgenommen. Der Demonstrationszug führte von der Siegessäule über die John-Foster-Dulles-Allee und die Straße des 17. Juni zurück zum Großen Stern.
Neben zahlreichen kurdischen und iranischen Flaggen trugen die Teilnehmenden auch Plakate mit Aufschriften wie etwa "Free Iran", "Nein zur Diktatur" oder "Women Life Freedom". Immer wieder forderten die Demonstranten den Sturz des Islamischen Regierungssystems - sie riefen "Tod Chamenei". Ali Chamenei hat im Iran als Oberster Religionsführer und Staatsoberhaupt in allen wichtigen Belangen das letzte Wort. Die landesweiten Proteste hatte Chamenei jüngst als eine Verschwörung aus dem Ausland bezeichnet.
Demo-Teilnehmer auch aus anderen Ländern angereist
Nach Einschätzungen der Polizei waren am Nachmittag rund 80.000 Menschen vor Ort - die Organisatoren hatten rund 50.000 Teilnehmer erwartet. Die Demonstration verlief der Polizei zufolge "überwiegend störungsfrei". Zu Beginn wurde kurz Pyrotechnik gezündet.
In der Nacht und am frühen Morgen waren bereits zahlreiche Demonstrationsteilnehmer auch aus anderen europäischen Ländern angereist, um die systemkritischen Proteste im Iran zu unterstützten. Dutzende Reisebusse standen entlang der Straßen, die zur Siegessäule führen.
Angemeldet hatte die Demonstration das "Woman* Life Freedom Kollektiv", das sich gegen Unterdrückung und Diskriminierung im Iran starkmachen will. Zahlreiche Organisationen unterstützten den Aufruf.
Kurdische Gemeinde legt Kranz vor iranischer Botschaft nieder
Auch der bekannte iranische Aktivist Hamed Esmaeilion hatte zu der Demonstration aufgerufen. "Wir laden die europäischen Bürger ein, nach Berlin zu kommen", schrieb Esmaeilion auf Twitter. Er sprach am Abend auf der Abschlusskundgebung.
Seit dem Tod seiner Frau und Tochter tritt Esmaeilion als Aktivist mit Protest-Organisationen im Ausland gegen die Islamische Republik auf. Seine Familie starb bei dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine nahe Teheran im Januar 2020.
Auch an der iranischen Botschaft in Berlin demonstrierten am Samstag mehrere Mitglieder der Kurdischen Gemeinde mit einer Kranzniederlegung und Schweigeminute gegen das gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte im Iran.
Proteste im Iran gegen Regierung
Auslöser der systemkritischen Massenproteste im Iran war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Zwangsvorschriften für das Tragen eines Kopftuchs nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam.
Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem. Auch in Berlin gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Protestaktionen.
Auswärtiges Amt warnt vor Iran-Reisen
Für Reisen in den Iran besteht eine Warnung des Auswärtigen Amtes [auswaertiges-amt.de]. "Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. Vor allem Doppelstaater, die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet. In jüngster Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger", schreibt das Auswärtige Amt auf der eigenen Webseite.
Sendung: rbb24 Abendschau, 22.10.2022, 19:30 Uhr
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