Sperrung der Friedrichstraße rechtswidrig - Jarasch: "Nicht sicher, ob Franziska Giffey verstanden hat, worum es bei dem Urteil ging"

Mi 26.10.22 | 08:35 Uhr
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Archivbild: Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen), Berliner Senatorin für Umwelt, Verkehr, Klima- und Verbraucherschutz, nehmen an der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung des Berliner Senats teil. (Quelle: dpa/C. Soeder)
Video: rbb24 Abendschau | 26.10.2022 | Bild: dpa/C. Soeder

Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Sperrung der Friedrichstraße für rechtswidrig erklärt. Nun gibt es in der Koalition offenen Streit. Die Verkehrssenatorin spricht der Regierenden Bürgermeisterin das Verständnis ab und pocht auf ihre Kompetenzen.

Die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hat der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts zur Friedrichstraße vehement widersprochen. "Ich bin mir nicht sicher, ob Franziska Giffey genau verstanden hat, worum es bei diesem Urteil ging", sagte Jarasch am Dienstagabend im rbb.

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass die andauernde Sperrung der Friedrichstraße rechtswidrig ist. Die Regierende Bürgermeisterin hatte daraufhin dafür plädiert, die Friedrichstraße schnell wieder für den Autoverkehr zu öffnen. Es müsse ein vernünftiges Konzept für die Friedrichstraße her, "einfach zu sagen: 'Wir entwidmen' und dann gucken wir mal, kann nicht unsere Antwort sein", sagte Giffey am Dienstag mit Nachdruck zu Jaraschs Plänen, Autos auf der Friedrichstraße dauerhaft zu verbannen.

Jarasch: "Für Verkehrswende bin ich zuständig"

Jarasch erläuterte: "Es geht ausschließlich darum, dass Zeit verstrichen ist zwischen dem Ende des Verkehrsversuchs und der endgültigen Teileinziehung - so nennt man die Sperrung für den Autoverkehr", so die Verkehrssenatorin in der rbb24 Abendschau. Das Verfahren habe unter anderem auch deshalb länger gedauert, weil noch Bedenken der Gewerbetreibenden etwa beim Thema Lieferverkehr berücksichtigt wurden. Sie hätte in Kauf genommen, dass dadurch etwas Zeit vergangen sei. "Nun hat das Gericht gesagt: Das ist ein bißchen zu viel Zeit", so Jarasch.

Nach Auffassung der Verkehrssenatorin ändere das Urteil an den Plänen "gar nichts". Zwar werde noch geprüft, ob man gegen das Urteil Einspruch erheben werde, doch wichtig sei: "Die Friedrichstraße wird Fußgängerzone werden", die parallel verlaufende Charlottenstraße "wird eine Fahrradstraße werden", sagte Jarasch. Und weiter: "Für die Verkehrswende bin ich in diesem Senat zuständig. Was aus der Friedrichstraße wird, darauf haben wir uns verständigt in Koalitionsverhandlungen. Dieses Verfahren geht weiter. Es geht ausschließlich um den Weg dahin. Das weiß auch Frau Giffey."

Jarasch sieht Friedrichstraße als Flaniermeile als Chance für Shops

Kritik, viele Läden an der Friedrichstraße hätten wegen des Verkehrsversuchs schließen müssen, wies sie zurück. Hier habe es schon vorher Probleme gegeben. Die geplante Flaniermeile sei dagegen eine Chance für die Anrainer. "Ich bin die ganze Zeit mit den Anrainern, mit den Wirtschaftsverbänden im Gespräch. Wir machen uns auch schon Gedanken darüber, wie wir die Friedrichstraße wirklich mal zu was Schönem machen können."

Zur Begründung für die Entscheidung führte das Verwaltungsgercht an, dass für die Sperrung der Friedrichstraße für den Autoverkehr die Voraussetzungen fehlten. Zwar hatte die Verkehrsverwaltung nach dem Ende eines Verkehrsversuchs beantragt, die Friedrichstraße zwischen Französischer und Leipziger Straße dauerhaft umzuwidmen. Das Verfahren ist aber nicht abgeschlossen. Für die Zwischenzeit dürfe der Senat nicht aus städtebaulichen Gründen die Sperrung anordnen - dies sei nur aus Gründen der Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr möglich. Eine konkrete Gefährdung liege aber nicht vor, so das Gericht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.10.22, 19:30 Uhr

158 Kommentare

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  1. 158.

    mardeg:
    "Stattdessen haben wir einen maroden, langsamen ÖPNV."

    So ein Quatsch! Dort fahren 3 U-Bahnlinien und ab S Friedrichstraße viele S-Bahnlinien, und die sind alle schnell und nicht marode!

  2. 157.

    mardeg:
    "Und in welchem Maße strahlt die aktuelle Friedrichstraße auf die ganze Stadt aus? Meinen Sie wir Berliner freuen uns darauf nicht mehr mit dem Auto fahren zu dürfen in der Innenstadt?"

    Wer hat Sie dazu ermächtigt, für ALLE Berliner zu sprechen??? Ich widerspreche Ihnen jedenfalls vehement! Ich und alle meine Bekannten (insbesondere die ohne Auto) haben absolut nichts gegen eine Fußgängerzone auf einem kleinen Teil der Friedrichstraße!

    mardeg:
    "Der entscheidende Fehler in Ihrer Ideologie ist, dass diese den Zehnten vor dem ersten Schritt macht. Bevor das Auto verbannt werden kann, muss der ÖPNV in der Lage sein die vielen Autofahrer/innen aufzunehmen."

    Offenbar kennen Sie Berlin nicht. Denn die Friedrichstraße ist bestens an den ÖPNV angebunden. Sie befindet sich an der Kreuzung zweier U-Bahn-Linien (U Stadtmitte), die locker die paar Leute aus der Friedrichstraße transportieren kann. In der Nähe gibt es eine 3. U-Bahnlinie und mehrere Buslinien!

  3. 156.

    mardeg:
    "Nehmen rein aus Gründen der Ideologie in Kauf, dass die Straße als Einkaufsstraße stirbt."

    Also, wenn eine Einkaufsstraße nur deswegen stirbt, weil sie eine Fußgängerzone ist, dann müssten ja alle Fußgängerzonen mit Geschäften ausgestorbene Einkaufsstraßen sein. Das Gegenteil ist aber der Fall: Den Geschäften in Fußgängerzonen in Innenstädten geht es nirgendwo schlechter als den Geschäften daneben ohne Fußgängerzone!

  4. 155.

    Mit logischem Denken würden Sie die ÖPNV entweder eine Etage höher legen oder unter die Erde, wenn beim MIV kein Platz ist.

  5. 154.

    @ Herr Neumann, ist doch was ich gesagt habe. Aber auch, das eine spätere Umwidmung nicht betroffen ist.

  6. 153.

    "Sie gestatten hoffentlich, dass ich Sie als ideologisierten Grün-Partei Vertreter, Lobbyisten, bezeichne? " Nein, ich wähle die nicht ein mal.

    "Falls Sie mein Statement richtig gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich für einen Mix aller Verkehrsträger bin."

    Nein, sie haben geschrieben: "Berlin funktioniert nur mit einem Mix aus allen Verkehrsträgern. Dabei ist das Auto die grundlegende Basis. "

    "Nehmen rein aus Gründen der Ideologie in Kauf, dass die Straße als Einkaufsstraße stirbt." Wegen FÜNFHUNDERT Metern? Sie machen sich lächerlich.

    "Der entscheidende Fehler in Ihrer Ideologie ist, dass diese den Zehnten vor dem ersten Schritt macht. Bevor das Auto verbannt werden kann, muss der ÖPNV in der Lage sein die vielen Autofahrer/innen aufzunehmen. "

    Ich habe keine Ideologie, ich verfüge aber über logisches Denken, welches mir sagt ich kann den ÖPNV nicht ausbauen wenn der dann im vom MIV verursachten Stau steht. Auch in den Ausfallstraßen wie jeden Tag.

  7. 152.

    "Kampfradler schoppen in der Regel nicht. Und im Winter ist vorbei mit Radeln... Ein paar Hardcore-Bicycler mit aggro-verzerrtem Gesicht sind dann bei schlechtem Wetter eine Gefahr für alle. Muss ja nicht sein..."

    Womit wir die allerdümmsten Vorurteile vereint hätten. Wer so etwas schreibt hat eine schwere Wahrnehmungsstörung und sollte schon deshalb kein Fahrzeug, erst recht kein motorisiertes, führen dürfen.

    Wir lesen ja jeden Tag von Hunderten Schwerverletzten auf den FÜNFHUNDERT Metern der Friedrichstraße. *kopfschüttel*

    Eigentlich sollte man auf einen solchen geballten Schwachsinn nicht antworten aber er steht stellvertretend für eine winzige Minderheit die sich hier Gehör verschafft.

  8. 151.

    Sie wissen aber schon, dass die Aussagen von Jarasch bei so einigen Grünen kritisch gesehen wurden, ja? Warum wohl?...

  9. 150.

    "Sie gestatten hoffentlich, dass ich Sie als ideologisierten Grün-Partei Vertreter, Lobbyisten, bezeichne? " Nein, ich wähle die nicht ein mal.

    "Falls Sie mein Statement richtig gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich für einen Mix aller Verkehrsträger bin."

    Nein, sie haben geschrieben: "Berlin funktioniert nur mit einem Mix aus allen Verkehrsträgern. Dabei ist das Auto die grundlegende Basis. "

    "Nehmen rein aus Gründen der Ideologie in Kauf, dass die Straße als Einkaufsstraße stirbt." Wegen FÜNFHUNDERT Metern? Sie machen sich lächerlich.

    "Der entscheidende Fehler in Ihrer Ideologie ist, dass diese den Zehnten vor dem ersten Schritt macht. Bevor das Auto verbannt werden kann, muss der ÖPNV in der Lage sein die vielen Autofahrer/innen aufzunehmen. "

    Ich habe keine Ideologie, ich verfüge aber über logisches Denken, welches mir sagt ich kann den ÖPNV nicht ausbauen wenn der dann im vom MIV verursachten Stau steht. Auch in den Ausfallstraßen wie jeden Tag.

  10. 149.

    "Wenn Jarasch fprbdie Verkehrswende zuständig ist, soll sie gefälligst auch die Verantwortung übernehmen, dass es damit nicht voran geht. Ausreden wie vom Elias, dass die Verwaltung Schuld sei, kann man spätestens nach Ihrer Ansage nicht mehr gelten lassen. "

    Wer ist Elias und was hat das mit meinem Kommentar zu tun? Aber auch der Rest ihres Kommentars ist reichlich wirr. Wenn Jarrasch schon wegen 500 Metern die Knüppel von Giffey zwischen die Beine geworfen werden, wie soll es dann mit den großen Vorhaben werden?

  11. 148.

    Das, genau das! :)
    Ich würde wirklich gern auf der Friedrichstraße spazieren gehen und durch die Geschäfte bummeln, aber nicht auf Mikrobürgersteigen und nicht im Brummbrummgedröhn und Abgasnebel, die sich in dieser engen Schlucht sammeln.

  12. 147.

    Kann denn Frau Jarasch nicht wieder aufs Land ziehen und dort ihre Verkehrswende vollziehen?

  13. 146.

    Wenn man eine Niederlage nicht akzeptieren kann, dann ist man von den Grünen.

  14. 145.

    Womit soll ich Ihnen Recht geben? Dass die aktuelle Situation in der Friedrichstraße ist nach Auffassung des Gerichtes illegal ist?

  15. 144.

    " "Die Friedrichstraße wird Fußgängerzone werden", die parallel verlaufende Charlottenstraße "wird eine Fahrradstraße werden", sagte Jarasch. "
    Damit ist das Fahrradthema langfristig vom Tisch. Die Planung sieht also vor den auch da noch wegzunehmen.
    Die Friedrichstraße ist hässlich und es geht ja genau um den Part, den wir gerne in unseren Stadtführern den Touristen schmackhaft machen wollen, den Checkpoint Charlie. Man glaubt gar nicht wie enttäuscht Touristen sind, wenn sie dort mal langkommen. So öde, nichtssagend.
    Für die Geschäfte wäre das ein Gewinn den Checkpoint Charlie zu beleben, aber sie setzen dann doch lieber auf besonders wohlhabende Menschen, die mit ihrem Auto vor dem Laden parken können und sowieso nichts an der Gegend interessiert. Die Zubauten seit der Wende haben die Straße leider nicht schöner gemacht. Nikolaiviertel, Brandenburger Tor, Gendarmenmarkt uvm sind in fußläufiger Distanz und zigmal schöner als die Friedrichstraße. S, U und Bus sind alle in der Nähe.

  16. 143.

    Sie können davon ausgehen, dass in einen Koalitionsvertrag alles hineingeschrieben werden kann, was einem passt. Heisst jedoch noch lange nicht, dass das Niedergeschriebene auch rechtens ist. Und wenn ich etwas für die Zukunft vereinbaren will, so muss ich in der Gegenwart die Rechtssicherheit für die Zukunft sicherstellen. Aber das ist ja nichts Neues bei Weltverbesserern: das Recht, welches mir zusteht, nehme ich gern in Anspruch...

  17. 142.

    @Uiui, bin gespannt, was sich noch aus meinen Zeilen lesen lässt. In keiner Weise habe ich behauptet das jemand ungebildet und ungehobelt ist. Auch nicht, das ich mich für etwas Besseres halte. Aber - ach das ist mir jetzt aber zu doof. Lesen und verstehen. Gilt für die Kommentare genauso wie für das Urteil um das es eigentlich geht.

  18. 141.

    Sie gestatten hoffentlich, dass ich Sie als ideologisierten Grün-Partei Vertreter, Lobbyisten, bezeichne? Falls Sie mein Statement richtig gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich für einen Mix aller Verkehrsträger bin. Das schließt die Bereitschaft ein Platz abzugeben. Im Falle der Friedrichstraße, die Sie als autofrei so vehement verteidigen, geben Sie keinen Platz für die Autos ab. Nehmen rein aus Gründen der Ideologie in Kauf, dass die Straße als Einkaufsstraße stirbt. Und in welchem Maße strahlt die aktuelle Friedrichstraße auf die ganze Stadt aus? Meinen Sie wir Berliner freuen uns darauf nicht mehr mit dem Auto fahren zu dürfen in der Innenstadt? Der entscheidende Fehler in Ihrer Ideologie ist, dass diese den Zehnten vor dem ersten Schritt macht. Bevor das Auto verbannt werden kann, muss der ÖPNV in der Lage sein die vielen Autofahrer/innen aufzunehmen. Das meint auch jene aus der Außenstadt und dem Speckgürtel. Stattdessen haben wir einen maroden, langsamen ÖPNV.

  19. 140.

    Ich hoffe die im Koalitionsvertrag versprochene Flaniermeile auf der Friedrichstraße kommt. Die seit Jahren über Umsatzrückgänge klagenden Geschäfte haben dann endlich wieder Aussichten auf neue Kundschaft und ich hätte auch mal wieder Lust, über die Friedrichstraße zu bummeln.

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