Interview | Wildtierexperte des Landes Berlin - Warum sich so manche Wolfssichtung als "falscher Fünfziger" entpuppt

Mo 23.01.23 | 15:34 Uhr
  8
Symbolbild: Der Goldschakal (Canis aureus) ist eine eng mit dem Wolf verwandte Art der Hunde. (Quelle: dpa/Soumyabrata Roy)
Audio: rbb 88.8 | 23.01.2023 | Interview mit Wildtierexperte Derk Ehlert | Bild: dpa/Soumyabrata Roy

Ein "falscher Wolf" hat am Wochenende in Berlin-Spandau für Aufregung gesorgt. Er entpuppte sich als entlaufener Hund. Der Wildtierexperte Derk Ehlert erklärt im Interview die Hintergründe.

Am vergangenen Wochenende hatten sich alarmierte Menschen aus Berlin-Spandau bei der Polizei gemeldet, weil ein mutmaßlicher Wolf dort duch die Straßen streiche. Zuerst gingen auch die Beamten, die einen Experten zu Rate gezogen hatten, von einem Wolf aus, der sich aus der nahen Döberitzer Heide, wo ein Wolfsrudel ansässig ist, in die Stadt gewagt hatte. Doch dann kam die Entwarnung. Es handelte sich um einen entlaufenen, wolfsähnlichen Hund, die Halterin habe sich bereits gemeldet. Der rbb hat den Wildtierexperten Derk Ehlert gefragt, wie es zu einer solchen Verwechslung kommen konnte.

rbb: Herr Ehlert, warum sind Wölfe und Hunde mitunter so Schwer auseinanderzuhalten?

Derk Ehlert: Hunde stammen ja von Wölfen ab. Bei einigen Hunderassen, sicherlich nicht beim Chihuahua, gibt es da so große Ähnlichkeiten zum Wolf, dass man doppelt und dreifach hinsehen muss, um es zu erkennen. Ähnlich wie bei den "falschen Fünfzigern", die unterwegs sind. Da muss man schon genau hingucken und sich bestimmte Profile ansehen, damit man sicher sagen kann, dass es ein Wolf ist.

Wie wahrscheinlich ist es denn, dass sich ein Wolf nach Spandau verirrt?

Es ist ja so, dass wir schon Wölfe in Berlin hatten, einen einzigen echten Nachweis gibt es genau am anderen Ende der Stadt, in Treptow-Köpenick. Da war vor vier, fünf Jahren für wenige Tage eine Wölfin in der Stadt. Was wir auch nur wissen, weil sie einen Sender trug und es durch diese Daten eindeutige Informationen gab. Ansonsten sind wir von Wölfen umgeben. Aber nur weil beispielsweise in der Döberitzer Heide ein Wolfsrudel lebt, heißt das noch lange nicht, dass da Wölfe nach Berlin kommen.

Wir haben ja auch bei Berlin einen großen Flughafen, den BER. Und trotzdem landen die Flugzeuge nicht auf der Heerstraße.

Wölfe suchen sich immer die Lebensorte aus, die sich für sie am meisten lohnen, um dort Beute zu holen. Und das ist tatsächlich nicht die Stadt.

Derk Ehlert, Wildtierexperte

 

Wölfe wollen demnach, weil sie ziemlich menschenscheu sind, gar nicht in die Stadt?

Wölfe sind generell Opportunisten. Die wollen natürlich etwas Fleischartiges holen. Menschen stehen aber nicht auf ihrer Speisekarte. Da sind eher leichter erbeutbare Tiere wie Rehwild. Das findet man in der Stadt weniger. Und wenn, dann müssten sie sich an ein Haustier ranmachen, was ihnen auch zu anstrengend ist. Wölfe suchen sich immer die Lebensorte aus, die sich für sie am meisten lohnen, um dort Beute zu holen. Und das ist tatsächlich nicht die Stadt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führten Tom Koschwitz und Lydia Mikiforow, rbb 88.8

Sendung: rbb 88.8., 23.01.2023, 13:10 Uhr

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 8.

    Ich bin sehr viel in Mutter Natur unterwegs , am Morgen , am Tage und auch in der Nacht , ich bin Angler und bin in ganz Brandenburg unterwegs , lebe und bin jetzt 63 Jahre alt.
    Mir ist zwei mal ein Wolf über den Weg gelaufen , wahrscheinlich günstiger Rückenwind. Die waren dann schneller weg als ich gucken konnte. Keine Chance das Handy zu zücken.
    Ich sage mal , ich habe mehr Angst auf der Straße , als in Wald und Flur.

  2. 7.

    Der Kommentar war in allen Medien reißerisch und überzogen, einige sind nur schneller zurückgerudert als andere, was die Sache nicht besser macht.

  3. 6.

    Der Mensch muss sich nicht vor dem Wolf fürchten,eher umgekehrt. Wer hat denn wen fast ausgerottet. Und wer an den bösen Wolf glaubt schreibt wohl auch reißerische Artikel. Es dürfte ein seltenes Ereignis sein wenn wir einen Wolf in der Stadt sehen,denn dann ist er vermutlich auf der Wanderschaft. Tiere sind die natürliche Beute für Wölfe,Bauern und Schäfer etc. müssen ihre Tiere durch Zäune und Herdenschutzhunde sichern. Nicht immer solch eine Panik verbreiten. Das gefährlichste Lebewesen ist sowieso der Mensch.

  4. 5.

    @Gina, ich habe einen Bericht über einen in Spandau gesehenen Wolf gelesen. Hier bei rbb24.
    Sie haben höchstwahrscheinlich 'BILD' gelesen.
    So erklärt sich auch der sachliche Inhalt des von mir gelesenen Artikels im Gegensatz zum reißerischen Inhalt des von Ihnen gelesenen Artikels.

  5. 4.

    Na, wenn das Pummelchen ein Wolf gewesen sein soll, muss er sowas von Pappsatt gewesen sein.
    https://www.t-online.de/region/berlin/id_100116112/wolf-in-berlin-gesichtet-behoerden-korrigieren-sich-hundebesitzerin-meldet-sich.html
    ... und die Läufe hat er sich vermutlich bei der Jagd abgelaufen.
    Aber ehrlich ... auf den anderen Fotos kann man sich tatsächlich irren.

  6. 3.

    Schade, ich würde mal gerne einen Wolf in freier Natur sehen
    Bin viel in Wäldern unterwegs wo es Wölfe gibt, leider noch nie einen gesehen
    Wie auch, er ist ja extrem Scheu

  7. 2.

    Selbst wenn sich hier mal ein Wolf in die Stadt verirren sollte ,ist das kein Grund zur Panik sondern eher ein tolles Erlebnis .

  8. 1.

    Aha, das ist wohl jetzt die „Entschuldigung“ für den „reißerischen Bericht“!

Nächster Artikel