Maßnahmenpaket gegen Lehrermangel - Kritik an Plänen des Brandenburger Bildungsministeriums hält an

Mi 01.03.23 | 19:09 Uhr | Von Markus Woller
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Kathrin Dannenberg fasst sich bei einer Rede im Brandenburgre Landtag an die Brille. (Quelle: dpa/S. Stache)
Audio: rbb24 | 01.03.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/S. Stache

Dem Land Brandenburg fehlen im kommenden Schuljahr hunderte Lehrer. Gegen die Maßnahmenpläne des Bildungsministeriums gibt es dennoch heftige Kritik von Opposition und Lehrergewerkschaft. Bildungsministerin Ernst verteidigt ihre Pläne. Von Markus Woller

  • 200 Lehrerstellen können 2023/24 nicht besetzt werden
  • Bildungsministerin will dafür Assistenten einstellen
  • GEW fordert mehr Anstrengung zur Lehrkräfte-Gewinnung

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hat in einer Sondersitzung des Bildungsausschusses ihre umstrittenen Pläne für das kommende Schuljahr verteidigt. Das Ministerium hatte angekündigt, dass 200 Lehrerstellen, für die man kein qualifiziertes Personal findet, zu Assistenzstellen umgewidmet werden sollen.

Außerdem sollen Lehrerwochenstunden gekürzt werden, die momentan noch für Extra-Unterricht, zum Beispiel beim flexiblen Lernen, beim Förderunterricht und dem jahrgangsübergreifenden Unterricht in der ersten und zweiten Klasse genutzt werden.

In der Sitzung sagte Ernst, die Umwidmung sei wichtig, damit vor allem Schulen in ländlichen Regionen auch im nächsten Schuljahr arbeitsfähig seien. "Unser Ziel ist, dass wir Bildungsgerechtigkeit erhalten. Unser Ziel ist, dass die Stundentafel in allen Teilen Brandenburgs unterrichtet werden kann. Unser Ziel ist, dass wir da steuernd eingreifen und nicht ungesteuert zuschauen", so die Bildungsministerin in der Online-Schalte. Ohne die Maßnahmen könnte grundlegender Unterricht wie Mathematik nicht mehr flächendeckend garantiert werden.

Linke: "Die Kürzungen hauen rein"

Heftigen Widerspruch erntete die Bildungsministerin von der bildungspolitischen Sprecherin der Linkspartei, Kathrin Dannenberg. Die Maßnahmen träfen vor allem Schulen, in denen eine ausreichende Ausstattung von Lehrern besonders wichtig sei. Grund- und Oberschulen vor allem auf dem Land müssten um ihre Möglichkeiten bangen, hilfsbedürftigen Schülern ausreichend Unterstützung zukommen zu lassen. Einige Schulen hätten bereits errechnet, dass ihnen zwei bis drei Lehrerstellen wegfielen. "Das sind Kürzungen, die richtig reinhauen", so Dannenberg. Sie forderte die Bildungsministerin auf, das Maßnahmenpaket zurückzunehmen. Es brauche nicht weniger Lehrerstellen, sondern mehr. Assistenzstellen müssten zusätzlich geschaffen werden.

Die Bildungsministerin verwies darauf, dass keine Stellen gestrichen, sondern nur jene mit Assistenzen ergänzt würden, die absehbar ohnehin nicht mit Lehrern besetzt werden könnten. Dies beträfe rund ein Prozent der Gesamtlehrerstellen. "Ich glaube, die meisten Schulen werden das nicht merken", so die Ministerin. Insgesamt sieht das Bildungsministerium einen Bedarf von 1.800 neuen Lehrerinnen und Lehrern. 200 Stellen werde man aber wohl nicht besetzen können und deshalb anderweitig besetzen.

Im Vorfeld der Sondersitzung des Bildungsausschusses hatte die Lehrergewerkschaft GEW gegen das Maßnahmepaket Stellung bezogen. Es sei keine Lösung, sondern verschärfe die Situation an den Schulen dramatisch, so GEW-Vorsitzender Günter Fuchs.

GEW fürchtet höhere Belastung kleinerer Schulen

Die vom Bildungsministerium angenommenen 1.800 Stellen seien zudem nur eine Minimalvariante. Realistisch betrachtet brauche man eher 2.200 neue Lehrer im neuen Jahr. Die Kürzungen würden auch aus seiner Sicht vor allem kleine Schulen auf dem Land treffen. Eine rein rechnerische Zahl von wenigen Stunden für Verwaltungsaufgaben nutze kleineren Schulen nichts, sagte Fuchs. Denn dafür könne keine Fachkraft eingestellt werden. Dagegen treffe diese Schulen schon eine Kürzung von drei bis fünf Lehrerstunden hart. Statt Umwidmungen brauche es zusätzliche Anstrengungen, neue Lehrer zu finden.

Fuchs schlug vor, stattdessen mehr finanzielle Angebote für ältere Lehrer zu unterbreiten. Viele von ihnen entschieden sich, schon mit 63 in Rente zu gehen. Sie davon zu überzeugen, länger zu arbeiten, könnte dem angespannten Fachkräftemarkt für Lehrer Entlastung bringen und Zeit für die Ausbildung neuer Lehrkräfte gewinnen. Die Bildungsministerin hatte bereits angekündigt, mit den Gewerkschaften dazu ins Gespräch kommen zu wollen. Die GEW rechnet damit, dass in den kommenden zehn Jahren rund 12.500 Lehrer in Pension gehen, das wären rund 60 Prozent der Lehrkräfte im Land.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.03.2023, 18:20 Uhr

Beitrag von Markus Woller

18 Kommentare

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  1. 18.

    Kleiner Nachtrag: Und wenn dann an einer solchen Schule mehrere Lehrer fehlen, helfen die rechnerisch etwa 0,3 Assistenten pro Schule (200 Assistentenstelle auf etwa 700 Schulen) sicher richtig viel. Das Einzige, was gewinnt, ist die Statistik, denn die 5000 umgewidmeten Lehrerstunden fallen raus. Die Schulen bräuchten die volle Zahl an Lehrerstellen UND zur Entlastung jeweils eine Assistenz. Allerdings hat das Mbjs seit über zehn Jahren nicht zugehört, wenn auf die Probleme hingewiesen wurde.

  2. 17.

    Vielleicht erstmal zurück zum Thema. Hier geht es gerade mal nicht um Subventionspolitik, sondern um die Bildung unserer Kinder. Und was Frau Ernst der Öffentlichkeit als "Plan" verkaufen will, ist an vielen chronisch unterbesetzten Schulen speziell auf dem flachen Land seit Jahren bittere Realität. Förderunterricht und Teilung finden gar nicht erst statt, Differenzierung ist bei der extrem heterogenen Schülerschaft dem einzelnen Lehrer vor der gesamten Klasse überlassen. Hut ab vor deren Arbeit

  3. 16.

    Also wenn ich mich recht erinnere haben Herr Habeck und Frau Baerbock schon vor dem Ukraine Krieg die Unabhängigkeit von russischen Energie Importen gefordert. Also doch Gängelung?

  4. 15.

    Die Info von Manuela kann ich bestätigen. Die Vorkommnisse sind schon lange öffentlich bekannt. Eine Ministerin muss sich halt vorher genau informieren, mit wem sie es zu tun hat. ...

  5. 14.

    Unternehmen überlegen in den USA zu investieren, weil die dortige Regierung 750 Milliarden Dollar Fördermittel für Investitionen in E-Mobilität und erneuerbare Energien bereit stellt und die Energiepreise u.a. dank Fracking nur ein Zehntel unserer Preise betragen. Unsere hohen (Energie-)Preise haben wohl eher etwas mit den Sanktionen zu tun als mit grüner Gängelungspolitik.

  6. 13.
    Antwort auf [Manuela] vom 02.03.2023 um 08:51

    Echt jetzt? Das ist ja furchtbar. Ist das in MOL? Ich dachte bis jetzt, im CVJM sind Kinder gut aufgehoben?

  7. 12.

    Wo soll das alles hinführen. Ich habe das Gefühl, wir brauchen keinen Krieg und keine Klimakatastrophe, um unser Land, unsere Gesellschaft, unsere Kultur und unsere Zukunft zu zerstören, wenn wir nicht rechtzeitig die Quotenregelung durch Qualifikation und Fähigkeiten (unabhängig vom Geschlecht)ersetzen.

  8. 11.
    Antwort auf [TRAMSR] vom 01.03.2023 um 20:43

    Stimmt in vielen Bereichen, oder sich Fortbilden und innerhalb des Berufes aufsteigen. bzw. wechseln.
    Nur wenn man auf Tagesschau.de die Wirtschaftsnachrichten liest, wollen immer mehr Betriebe Deutschland in Richtung USA oder dem europäischen Ausland verlassen. Haben die Schnauze voll von den Öko Gängelein der Grünen.
    Unser Land wird mit Vollgas gegen die Wand gefahren.

  9. 10.

    Mein Gott, es gibt zwar Kritik an der Bildungsministerin. Aber Hauptsache, die Quote stimmt! Es geht doch schon lange nicht mehr um Fähigkeiten.

  10. 9.

    Sie ist die Frau des Kanzlers und in Brandenburg hackt keine Krähe der Anderen ein Auge aus! Die Dame kann machen was Sie will! Die Bildung ist auch nicht wichtig,weil sich gebildete Menschen nicht alles gefallen lassen! Zur nächsten Brandenburg Wahl muss mal gründlich die Heide gefegt und der Sand ,der nur noch Asche ist aus dem Landtag gefegt werden!

  11. 8.

    Meine Schüler fragten mich gestern ganz interessiert, ob denn die Ministerin Ernst ihre Strategiepapiere zu den Schulen versehentlich in den Hausmüll geworfen hat, anstatt sie der Öffentlichkeit vorzustellen. Jetzt suchen wir nach einer Antwort.

  12. 7.

    Höhere Klassenstufen sollen sich selbst Lehrstoff beibringen.... Diese unerträgliche Britta Ernst soll abtreten. Man hat den Eindruck, es geht sie alles nichts an.So was von Desinteresse

  13. 6.

    Dass Britta Ernst (SPD) als ausgebildete Wohnungswirtschaftlerin nunmehr gestandene Pädagogen aus Brandenburg, wie Kathrin Dannenberg u.a., versucht vorzuführen, ist ungeheuerlich und lässt mich das wiederholen, was längst überfällig ist: Frau Ernst (SPD) treten Sie sofort zurück. Es reicht!

  14. 5.

    Frau Ernst betreibt reine Kosmetik: Sie rechnet sich den Lehrermangel schön. Aufgepaßt: wenn sie mit ihrem "Rechenwerk" fertig ist, gibt es nicht zu wenig Lehrer, schließlich wird die bisherige Lücke mit den sehr kompetenten "Assistenten" geschlossen und bisher im Interesse der Schüler gehaltene Unterrichtsstunden nicht mehr berücksichtigt. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung, na, es geht doch! Ein Schelm, der Schlechtes denkt.

  15. 4.

    Frau Ministerin Ernst möchte also bei dem Mangel Steuern eingreifen? Sie hätte lieber alles tun müssen um den absehbaren Mangel zu bekämpfen und gegenzusteuern. Die Bildungspolitik in BB ist einfach nur unterirdisch. Wie lange möchte Herr MP Woidke diesem Nichtstun noch zusehen? Wie lange hält der Kanzlergattin Bonus noch an?

  16. 3.

    Ach einer halbwegs begabten Politikerin wär schon etwas mehr eingefallen.

  17. 2.

    "Dies beträfe rund ein Prozent der Gesamtlehrerstellen. "Ich glaube, die meisten Schulen werden das nicht merken", so die Ministerin."

    Wie kann man angesichts dieser Realitätsverweigerung der Ministerin an ihrer fehlenden Kompetenz noch zweifeln?

    Womit haben die Menschen in Brandenburg das eigentlich nur verdient, lieber Dietmar W.?

  18. 1.

    Man kann das alles schlecht finden, aber woher sollen die LehrerInnen kommen, wenn die heutige Generation ihr Geld lieber mit Krypto, als Influencer oder KI verdient. Man muss daher mit denen auskommen, die da sieht, denn "backen" kann man sie nunmal nicht.

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