CSD in Berlin - Regierender Bürgermeister Wegner will sexuelle Identität im Grundgesetz verankern

Sa 22.07.23 | 13:48 Uhr
  109
Kai Wegner (m) steht am 22.07.2023 bei der 45. Berlin Pride-Parade zum Christopher Street Day (CSD) auf einem Wagen. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Video: rbb24 live | 22.07.2023 | Interviewgast: Kai Wegner | Bild: dpa/Fabian Sommer

Als erster Regierender Bürgermeister der CDU hat Kai Wegner einen CSD eröffnet und eine Initiative zur Erweiterung des Grundgesetzes angekündigt. Dennoch waren nicht alle Teilnehmer von Wegner begeistert.

Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat bei der Eröffnung des Christopher Street Days (CSD) in Berlin eine Erweiterung des Artikels 3 im Grundgesetz in Aussicht gestellt. "Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein. Das ist mein Versprechen", sagte Wegner am Samstag. "Wir werden das gemeinsam mit euch auch hinbekommen."

Laut dem Grundgesetzartikel darf niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Aus der queeren Community gibt es seit Langem die Forderung, den Artikel zu ergänzen.

Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Vereinzelte "Wegner muss weg"-Rufe

Wegner warnte in seiner Eröffnungsrede außerdem vor der zunehmenden Diskriminierung queerer Menschen. "Berlin wird immer ein sicherer Hafen sein für Menschen, die in anderen Ländern angegriffen werden. Wir schützen queere Menschen, die in vielen Ländern bedroht werden", so der CDU-Politiker. "Wir haben eine Entwicklung auf der Welt, in Ghana, in Uganda, in Polen, das ist unerträglich."

Wegner ist der erste Berliner Regierende Bürgermeister der CDU, der einen CSD - gemeinsam mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) - eröffnet hat. Dafür gab es nicht nur Zustimmung: Mehrfach waren laute Buhrufe zu hören, zum Teil auch "Wegner muss weg"-Forderungen und andere Aufforderungen, er solle den CSD verlassen.

Hunderttausende feiern auf den Straßen

Am Samstagmittag startete der CSD-Demonstrationszug mit über 75 Wagen und etwa 100 Fußgruppen auf seine über sieben Kilometer lange Strecke. Die dpa berichtet, es seien seitdem hunderttausende Menschen auf den Straßen unterwegs. Das Motto der Parade lautet "Be their voice - and ours! Für mehr Empathie und Solidarität". Die Veranstaltung ist mit 500.000 Teilnehmenden angemeldet worden. Zum Abschluss ist ein umfangreiches Bühnenprogramm am Brandenburger Tor geplant, es soll bis Mitternacht dauern.

Sendung: rbb spezial, 22.07.23, 13:00 Uhr

109 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 109.

    "- Kirchen: warum darf ich Karfreitag nicht tanzen gehen?"
    In Berlin und Bremen ab 21.00 Uhr kein Problem. Wenn ihnen das zu spät ist, können sie durchgängig auch zum privaten Tanztee gehen/bitten.

  2. 108.

    Nun die Pyramide geht im Grunde wie folgt: die Verfassung gibt die Leitlinien vor, dann werden diese Leitlinien durch Gesetze und Rechtsprechung konkretisiert und wenn man es noch feiner haben möchte kommt es zu der Ebene der Rechtsverordnungen.
    Verfassungen sind nicht die Ebene in der alles und jedes genau geregelt wird, ansonsten wären wir wieder beim Preußischen Allgemeinen Landrecht, dass alle bis ins kleinste Detail regelte selbst bis in den intimsten Bereich hinein. Wollen Sie das?

  3. 107.

    Wenn ich das geplante Gesetz zu sexuellen Identität der Ampel sehe muss ich offen sagen, dass dieses Gesetz krachend scheitern wird. Eine solche Entscheidung muss verdammt gut überlegt sein und darf nicht spontan erfolgen, da ansonsten mehr Unheil angerichtet wird als das es Nutzen bringt. Ein solches Thema darf eben nicht spontan und nach Lust und Laune werden oder wie sagen veralbert werden. Da greifen Sie ziemlich in Rechte der Erziehungsberechtigten ein und damit verstoßen Sie gegen das Grundgesetz! Es wundert mich das Menschen mit diesem Thema so leichtfertig umgehen!

  4. 106.

    "Was spricht dagegen, den Schutz der sexuellen Identität vor Diskriminierung ins GG aufzunehmen?" Was spricht gegen meinen Vorschlag, gar keine speziellen Gründe in der Verfassung aufzuführen und generell einfach die Diskriminierung zu verbieten - siehe meinen Vorschlag zur Verkürzung des Absatzes 3.

  5. 105.

    Wegner bringt einiges durcheinander wenn er Verständnis heuchelt. Wer das Landesantidiskriminierungsgesetz abschaffen will, gleichzeitig aber Artikel 3 des Grundgesetzes ändern möchte der ist einfach nur ein Heuchler.

    Aber mit vollmundigen Ankündigungen ist der unfähigste Senat aller Zeit groß.

  6. 104.

    Offen gesagt: es wird krachend vor dem BVerG scheitern und die Ampel holt sich eine blutige Nase!

  7. 103.

    Nachhilfe habe ich von Ihnen nicht nötig. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland steht über allen Rechtsverordnungen, welche sich an ihr orientieren. Deshalb heißt das Grundgesetz auch Grundgesetz, eben weil es die Grundlage unserer Gesetze bildet. Das ist auch der Grund, weshalb neue Gesetze normalerweise auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft werden und/oder ggf. vom Bundesverfassungsgericht aufgrund von Verfassungswidrigkeit einkassiert werden. Nach dieser kostenlosen Lektion in Staatselehre (bitte, gern geschehen!) kommen wir nun noch mal auf das eigentliche Thema zurück: Was spricht dagegen, den Schutz der sexuellen Identität vor Diskriminierung ins GG aufzunehmen?

  8. 102.

    Der Herr Wegner hat wohl die Begrifflichkeiten durcheinander gebracht und meinte die GG - Erweiterung für Geschlechtsidentität auf Binäre etc.
    Sexuelle Identität ist ein anderer Begriff für sexuelle Orientierung und die ist sehr vielfälltig, unter anderen auch auf Kinder und Jugendliche orientiert.

  9. 100.

    Sie profitieren doch von den kirchlichen Feiertagen...

    Und das hier eine Mehrheit von Minderheiten dominiert wird, ist ziemlicher Quatsch. Aber das ist Ihnen vermutlich auch bewusst...

  10. 99.

    Verschiede 'Minderheiten' dominieren seit Jahren die Mehrheit!
    - Kirchen: warum darf ich Karfreitag nicht tanzen gehen?
    - FDP: warum werden die Steuern nicht zum Ausgleich der Staatsschulden erhöht
    - Rechte Demagogen: die wieder zurück zur 'normalen' Familie wollen (Vater, Mutter, Kind) und alles andere, wie auch die ergebnisoffenen Informations-Gespräche in Schulen zum Thema Sexualität, als schädlich für unsere Kinder bezeichnen (siehe: Florida).

  11. 98.

    Ich war vor 2 Wochen gerade in Singapur. Die 'Homosexualität' wurde dort im Dezember 2022 legalisiert. 
    Bei meiner Einreise nach Thailand vor einigen Jahren, wurde mein Ausweis von einer Transfrau kontrolliert.
    Daher kann Ihre Aussage so nicht unterstützen, was aber nicht bedeutet, dass es dort keine Anfeindungen innerhalb der Gesellschaft gibt. Wie hier übrigens auch.
    Natürlich gibt es auch noch Länder, in der die Religion die Gesetze und somit auch über die sexuelle 'Freiheit' bestimmt.

  12. 97.

    "Hätte Fr. Jarasch (Grüne) genau das was Herr Wegner gesagt hat auch gesagt, wäre sie gefeiert worden. Die Ankündigungen von Herrn Wegner sind wirklich weitreichend und substanziell. "

    Jarasch will auch nicht das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) abschaffen und verbreitet auch keine rassistischen Ressentiments.

  13. 96.

    "Die Ankündigungen von Herrn Wegner sind wirklich weitreichend und substanziell. " Von FDP bis ganz links sind sowieso alle dafür. Es braucht eine Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung. Also entweder CDU oder AfD müssen mit "JA" stimmen. Jetzt rühmt sich Wegner: Wir machen das (was die CDU immer verhindert hat). Das ist so als ob die ganze Hausgemeinschaft immer einen Ausländer einziehen lassen will und nur einer verhindert das. Wenn der eine sich dann ganz spät und zum eigenen Vorteil umentscheidet, kann er sich nicht unbedingt rühmen dass er der Vorkämpfer für Ausländerfreundlichkeit ist. Sollte es wirklich nochmal zu Nachwahlen zur Bundestagswahl in Teilen Berlins kommen kann Wegner durch CSD-Auftritt zwar Stimmen an die AfD verlieren, aber rotgrün welche abnehmen. Effekt: Mehr AfD im Budestag, genausoviel CDU, weniger Rotgrün, denn einige Rotgrünwähler sind wegen CSD-Wegner zur CDU. Könnte also Taktik zur Ampelschwächung sein.

  14. 95.

    "'Minderheitenschutz' muss immer eine Verpflichtung der Gesellschaft sein und darf niemals zum 'Randthema' klein geredet werden, da 'die Mehrheit' ansonsten immer 'wichtigere' Themen hat." Das unterschreibe ich gern. Aber eine Minderheit darf niemals die Mehrheit dominieren, da wir ansonsten wieder in einem Gesinnungsstaat landen.

  15. 94.

    "In Ländern wo extrem Rechte und Linke(!) heute die Macht haben, ist das wieder der Fall!" Das stimmt so allgemein nicht. Einige südostasiatische Länder passen nicht in dieses politsche Schema, Bsp. Singapur oder Thailand.

  16. 93.

    "Hätte Fr. Jarasch (Grüne) genau das was Herr Wegner gesagt hat auch gesagt, wäre sie gefeiert worden. Die Ankündigungen von Herrn Wegner sind wirklich weitreichend und substanziell. "

    Jarasch will auch nicht das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) abschaffen und verbreitet auch keine rassistischen Ressentiments.

  17. 92.

    "Also möglichst schwammig hätten Sie es gern? " Falsch. Ich möchte Artikel in einer Verfassung möglichst grundlegend und umfassend und die Feinheiten in Gesetzen ausgeführt haben. Lassen sie sich von dem Wort "Gesetz" im GG nicht täuschen, das GG ist de facto eine Verfassung des Staates und kein Gesetz, welches unmittelbar angewendet werden kann.

  18. 91.

    'Minderheitenschutz' muss immer eine Verpflichtung der Gesellschaft sein und darf niemals zum 'Randthema' klein geredet werden, da 'die Mehrheit' ansonsten immer 'wichtigere' Themen hat.
    Glauben Sie wirklich wir wären heute da wo wir sind, wenn wir nicht irgendwann angefangen hätten, 'Minderheiten' überhaupt wahr zu nehmen.
    Ich (Heterosexuell) bin noch zu Zeiten aufgewachsen, als Homosexualität strafbar war!
    In Ländern wo extrem Rechte und Linke(!) heute die Macht haben, ist das wieder der Fall!

Nächster Artikel