Fünf Jahre "Fridays for Future" - Wie die Klimabewegung das Leben von drei Aktivisten beeinflusst hat

Fr 18.08.23 | 06:13 Uhr
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Archivbild: Demonstranten tragen auf der Straße des 17. Juni Transparente und Plakate. Die Bewegung Fridays for Future hatte zum globalen Klimastreik aufgerufen. (Quelle: dpa/C. Gateau)
Bild: dpa/C. Gateau

Streik statt Schule: Vor fünf Jahren löste in Schweden die damals 15-jährige Greta Thunberg eine globale Klimaprotest-Bewegung aus. Auch in Berlin gingen Tausende freitags auf die Straße. Wie haben sich ihre Sichtweisen seitdem verändert?

Katharina Fischer ist 27 Jahre alt und studiert in Berlin "Technischen Umweltschutz". Sie war bei vielen Demos von "Fridays for Future" dabei. Irgendwann habe ihr das aber nicht mehr ausgereicht, sagt sie. Deshalb engagiert sie sich seit zweieinhalb Jahren bei den Grünen in Berlin-Mitte und ist Delegierte für den Ortsverband auf dem Landesparteitag.

Katharina Fischer aus Berlin war bei vielen Klimastreiks vom FfF dabei. Das hat ihr aber nicht gereicht, deshalb ist die 27-jährige TU-Studentin politisch bei den Grünen aktiv. (Quelle: rbb/W. Siebert)
Katharina FischerBild: rbb/W. Siebert

Bei "Fridays for Future" fand ich gut, dass das eine Schülerbewegung war, die von jungen Menschen kam. Es sind ja die folgenden Generationen, die die Folgen des Klimawandels auch erleben müssen. Ich fand es genial, sich freitags selbst von der Schule zu befreien, weil das ein klarer Appell war: Bitte unternehmt etwas!

Ich liebe die Natur. Ich bin schon als Kind immer durch Felder und Wälder gerannt und habe alles akribisch beobachtet. Während des Studiums habe ich gemerkt, wie schlecht es um die Natur steht, aber auch, was man alles verbessern kann. Den Klimawandel spüre ich auch in Berlin: Die Sommer sind in den letzten Jahren trockener geworden und die Regengüsse intensiver.

Von der Straße in die Politik

Ich dachte früher immer, Demos bringen nichts, aber ich finde, es ist die friedlichste Art zu zeigen: Wir sind hier, wir sind laut, wir wollen was ändern. "Fridays for Future" wollten einige vielleicht überhören, übersehen konnte man uns aber nicht. Und es wird darüber berichtet. So kann man etwas bewegen. Als Greta so wahnsinnig populär war, stiegen auch bei uns an der Uni im Fachbereich "Technischer Umweltschutz" die Studentenzahlen. Ich finde, es hat auf jeden Fall etwas gebracht, und ich würde mich freuen, wenn der Druck der ersten beiden Jahre wieder aufgebaut werden könnte.

"Fridays for Future" wollten einige vielleicht überhören, übersehen konnte man uns aber nicht.

Katharina Fischer

Ich gehe nach wie vor auf die Straße, aber ich bin auch in die Politik gegangen, weil ich in vielen Gesprächen erlebt habe, wie machtlos sich Menschen manchmal fühlen. Die Politik aber hat die Macht und kann entscheiden. Da dachte ich mir: Ich gehe in die Politik, arbeite mit beiden Seiten und schaue, was ich selbst verändern kann. Manchmal motiviert mich mein Frust, dass sich die Dinge nicht so schnell verändern, wie ich es gerne hätte. Für mich bleibt es aber wichtig, dass künftige Generationen einen Planeten haben, auf dem sie gut leben können.

Ob ich Hoffnung habe? Eigentlich habe ich die Hoffnung verloren, dass wir es hinkriegen. Ich hoffe aber, dass ich mich täusche und dass wir es zumindest schaffen, den Schaden so gut wie möglich zu begrenzen.

Helene ist 38 Jahre alt, lebt in Berlin-Mitte, ist verheiratet und hat zwei Kinder, die in den Hort beziehungsweise in die Schule gehen. Die Diplom-Biologin arbeitet als Finanzmanagerin für eine Non-Profit-Firma. Weil ihr der Klimawandel Sorgen macht, war und ist sie bei den Klima-Streik-Demos dabei.

Fridasy for Future Illustration: "Mir ist heiß". (Quelle: rbb/W. Siebert)Helene wollte sich nicht fotografieren lassen. Wir zeigen an dieser Stelle stattdessen ein Plakat von einer "Friedas for Futiure"-Demo.

Bei "Fridays for Future" finde ich super, dass die Initiative von Schülern ausgegangen ist. Wir waren auch mit Kollegen auf den Demos und es war eine tolle Mischung: junge und ältere Menschen, Schüler und Wissenschaftlerinnen. Das fand ich faszinierend. Gemeinsam kämpft man in friedlicher, aber fordernder Stimmung für eine gute Sache.

Ich habe mich schon immer für Umweltthemen interessiert. Mein Leben hat sich seit "Fridays for Future" nicht wesentlich geändert. In der DDR haben wir auch ohne ein Auto Ausflüge gemacht, waren viel mit den Rädern unterwegs. Ich fahre zwar schon gerne Auto, aber wenn man wie wir in Mitte lebt, kann man Ausflüge auch gut mit der Bahn machen.

Klima-Streik aus der Mitte der Gesellschaft

Ich glaube, dass sich durch "Fridays for Future" in den vergangenen Jahren in der Gesellschaft durchaus etwas verändert hat. Früher interessierte man sich für Politik oft erst, wenn man 15 oder 16 Jahre alt war. Inzwischen ist das anders: Klimawandel ist schon für die Kleinsten ein Thema. Das zieht dann auch eine ganz andere mediale Aufmerksamkeit auf sich, von der das Signal ausgeht: Der Klima-Streik kommt direkt aus der Gesellschaft. Da hat Greta für meine Begriffe Großes geleistet. Aber wir brauchen einfach mehr Tempo im Kampf gegen den Klimawandel.

Es kommt mir so vor, als würden wir den Ast, auf dem wir sitzen, absägen. Und unsere Kinder werden dann die Folgen am stärksten spüren.

Helene

Wenig Zuversicht

Sorgen bereiten mir vor allem die immer knapper werdenden Ressourcen und die schwindende Artenvielfalt. Es kommt mir so vor, als würden wir den Ast, auf dem wir sitzen, absägen. Und unsere Kinder werden dann die Folgen am stärksten spüren. Am Ende stellt sich die Frage: Wie anpassungsfähig sind wir?

Meine Hoffnung, dass wir politisch die richtigen Maßnahmen ergreifen, ist gering. Das Tempo ist einfach zu langsam. Aber das lasse ich meine Kinder nicht spüren, ich will sie ja nicht depressiv machen. Dabei wären wir technologisch in der Lage, dem Klimawandel zu begegnen. Es wird aber zu viel geredet, und zu wenig und zu langsam gehandelt, da hat Greta völlig Recht. Und dann kommt noch hinzu, dass viele Menschen sehr bequem sind und alles gleich als "Verbot" auffassen. Sie denken nicht an Übermorgen und setzen ihre Prioritäten anders. Eigentlich heißen wir ja "homo sapiens sapiens" - der "Vernünftige", aber das sehe ich nicht mehr.

Corvin Drößler hat die Ortsgruppe in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) mitgegründet. Gerade hat der 24-Jährige seinen Master im Lehramtsstudium gemacht und beginnt demnächst sein Referendariat. Er hat das Entstehen der Bewegung miterlebt. Weil er sich schon immer für das Klima interessiert hatte, sah er die Notwenidigkeit, damals aktiv zu werden.

Corvin Drößler (Bild: rbb/Martina Schrey)Corvin Drößler

Das Echo war am Anfang ganz interessiert, weil es sehr neu war. Plötzlich sind junge Menschen auf die Straße gegangen. Das Echo war erst mal: Was möchten diese Leute überhaupt? Deswegen sind auch viele Leute gekommen. Es war relativ erfolgreich im ersten Jahr. Wir haben es geschafft, 2019 auch zu unserem größten Streik etwa 1.000 Leute auf die Straße zu bringen.

Ich möchte das auf jeden Fall beibehalten, und ich werde das auch beibehalten. Ich bin auch in der Klimawissenschaft aktiv, beispielsweise in meinem Studium. Ich habe Geografie studiert und bin dort auch in verschiedensten Forschungsbereichen tätig, schreibe wissenschaftliche Arbeiten auch zum Klima.

"Ich würde mich nicht auf die Straße kleben"

Ich nehme auch weiter an Demos teil und organisiere Projekte. Es muss nicht immer unbedingt eine Demo sein. Workshops können es auch sein, wie Bildungsprojekte, Bildungsveranstaltungen, Vorträge und Lesungen.

Ich lebe inzwischen vegan und nehme natürlich öfter die Öffis. Aber dazu muss erst einmal die Infrastruktur geschaffen werden. Ich komme vom Dorf und habe das Glück, dass hier ein Bahnhof ist. Aber dieses Glück haben nicht alle. Ich würde mich - Stand jetzt - nicht auf die Straße kleben. Man weiß aber nie, was die Zukunft bringt. Im Moment sehe ich meine Art von Aktivismus woanders.

Die Gespräche führten Wolf Siebert und Lisa Steger.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.08.2023, 7:25 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    "So kapieren die "Kleinen" am schnellsten den Unterschied zw. Ideologie und Realität!"

    In der Tat merken die Heranwachsenden so schnell welche verblendete Ideologie ihnen von den eigenen Eltern eingebläut werden soll.

  2. 27.

    Ja, stimmt. Das enttäuscht mich auch. Ich habe sie leider nicht auf der Kurzwahl, würde ihr das aber ebenfalls sagen, wenn ich sie sehe.

  3. 26.

    Immerhin rennen die schon 5 Jahre wie Don Quijote gegen Windmühlen.
    Aber auch führende Aktivisten von FFF landen früher oder später angepasst und ausgebrannt in Führungspositionen in Wirtschaft und Politik.
    Das Spiel liefert leider keine anderen Lösungen.

  4. 24.

    Wenn die Realität dieses Bild hergibt, dann ist es besser, als sich seine Kids zurechtzulügen.

  5. 23.

    @Uwe, warum sind Sie eigentlich so auf Krawall gebürstet und behaupten hier noch dazu, andere Schreiber würden lügen?

  6. 22.

    Schade, wie man so ein Bild von seinen eigenen Kindern haben kann.

  7. 21.

    Ich kann hdittmar nur zustimmen.

    Außerdem zeigen die Beispiele der drei jungen Leute im Bericht, dass FfF durchaus zum Nachdenken, Umdenken und Handeln geführt hat, wenn auch in geringerem Maße als wünschenswert. Ich kenne durchaus viele junge Familien und auch Jugendliche, die nicht nur reden, sondern auch verantwortlich leben.
    Was man zu Hause vorgelebt bekommt, spielt dabei sicher keine geringe Rolle.
    Inwiefern wurden eigentlich unsere Kinder durch Greta und Co. betrogen, wie behauptet?

  8. 20.

    Die meisten jungen Leute sind nicht klüger .Sie sind Mitläufer.Aber , verbreiten Sie hier ruhig weiter Panik, nachdenkende Leute wissen Ihre Kommentare einzuordnen.

  9. 19.

    Tja, kein Wunder bei solchen Vorbildern.
    Nur ist es schon etwas makaber, das dann noch stolz im Forum zu präsentieren.

  10. 18.

    Antworten sie schon wieder auf ihre eigenen "Kommentare", auf wieviele Nicks gleichzeitig kommen sie diesmal?

  11. 17.

    5 Jahre FfF - ich sehe Kids mit Markenklamotten und neuste Handys aus Asien. Niemand will darauf verzichten wenn es nicht sein muss. In der Schule profiliert man sich so. Mit Bastschuhe und Leinenshirts sind die Außenseiter. Handy ist Statussymbol. Und genau so geht man zu den Demos, mit Statussymbolen. Also nur ForderungsShows ohne selbst was zu leisten. Und das ist nicht nur bei meinen so (15/19).

  12. 16.

    Viel interessanter wäre die Frage, wie die Klimabewegung das Leben der normal arbeitenden Bürger beeinflusst. Was interessieren mich die "Aktivisten"?

  13. 15.

    „Ausflüge auch per Bahn“??? Bei den dreckigen Sitzen in lauter Umgebung? Das müssen nun wirklich nicht alle mögen. Es sei denn, es hätte einen Einfluss. Auf das Klima. Hat es nicht. Da gibt es ganz andere und lohnendere Tätigkeiten. Man muss es erkennen können und dann handeln.

  14. 14.

    Hier mal ein Dank an alle Eltern die ihren Kindern zeigen was passiert wenn deren Wünsche umgesetzt werden.
    So kapieren die "Kleinen" am schnellsten den Unterschied zw. Ideologie und Realität!

  15. 13.

    Sorry, aber da haben Sie wohl was falsch gemacht?
    Nur als Beispiel: Der Anteil an Veganern in Berlin ist bei den jungen Leuten auf inzwischen 17% gestiegen - deutlich höher, als bei den "Erwachsenen".
    Und in meinem Umfeld (2 Kinder, 38, 36, 2 Stiefkinder, 25, 22, vier Enkel, all deren Freunde) wird nicht nur demonstriert, sondern auch was getan. Keine Autos, sondern ÖPNV und Fahrrad, 90% vegan/vegetarisch, kein Flieger nach Gran Canaria, sondern mit Zug und Fähre dorthin, Infragestellung der Konsumgesellschaft und bescheidene Habe, Heizung auf 18°C, ... - aus Überzeugung.
    Das ist ein Märchen mit der WLAN/Handy-Gen-Z! Man bemüht es gerne, um vom eigenen Untätigsein abzulenken!

  16. 12.

    Ich kann nur den Kommentaren zustimmen. Selbst msl die Gießkanne in die Hand nehmen, Dreck wegfegen, beim Bauern bei der Ernte helfen..... nichts da, nicht die Hände schmutzig machen, kein WLAN auf dem Land so sieht die Realität dieser Bewegung aus. Bei den grünen gut aufgehoben nur quatschen, bevormunden und nichts zustande bringen.

  17. 11.

    Antworten sie schon wieder auf ihre eigenen "Kommentare", auf wieviele Nicks gleichzeitig kommen sie diesmal?

  18. 10.

    "FfF ist nur eine grosse Lüge und selbst etwas zu tun ist bei den Kids nur Lippenbekenntnis. Im Garten haben die keine Lust"

    Und sie sind noch ein viel größerer Lügner. Bei ihren Lügengeschichten haben nur noch die angeblichen Müllberge gefehlt, die die FfF Demos angeblich hinterlassen.

    Zum Glück sind die meisten Kids und junge Leute klüger als solche wie sie, die das Leben schon hinter sich haben und sich für unheimlich schlau und überlegen halten.

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