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Audio: rbb24 Inforadio | 16.08.2023 | Nachrichten | Quelle: dpa/Flashpic/Jens Krick

Partei in der Krise

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch legt Amt nieder

Kurz nach Amira Mohamed Ali verlässt auch Dietmar Bartsch die politische Bühne: Sein Amt als Fraktionschef der Linken im Bundestag will er im September niederlegen. Damit spitzt sich die Existenzkrise der Partei zu.

Die Linke verliert ihren nächsten prominenten Vertreter: Der langjährige Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch gibt sein Amt ab. Er werde bei der Vorstandswahl am 4. September nicht erneut kandidieren, erklärte der 65-Jährige am Mittwoch in einem Schreiben an die Fraktion. Den Entschluss habe er vor langer Zeit gefasst, betonte Bartsch.

Vor einigen Tagen hatte bereits seine Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ihren Rückzug angekündigt. Hintergrund ist der Richtungsstreit um die Abgeordnete Sahra Wagenknecht.

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Bartsch: Entscheidung liegt schon lange zurück

Wagenknecht trägt die politische Linie der Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan nicht mit und will bis zum Jahresende entscheiden, ob sie eine eigene Partei gründet. Falls es dazu kommt, droht der Linken und ihrer Bundestagsfraktion die Spaltung. Es wird erwartet, dass dann mehrere der 39 Abgeordneten die Linke zusammen mit Wagenknecht verlassen. Mit weniger als 37 Mandaten würde aber der Fraktionsstatus verloren gehen und damit Geld, Posten und Einfluss der kleinen Oppositionspartei.

Bartsch begründete seinen geplanten Rückzug aber nicht mit der aktuellen Krise, sondern schrieb an die Abgeordneten: "Meine Entscheidung, den Fraktionsvorsitz nach acht Jahren abzugeben, in denen ich die Fraktion zunächst mit Sahra Wagenknecht, dann mit Amira Mohamed Ali geleitet habe, ist lange vor der letzten Bundestagswahl gefallen. Meine Familie und engste politische Freunde kannten diese Entscheidung. Ja, viele haben mich in den vergangenen Tagen und Wochen heftig gedrängt, in dieser für die Partei nicht leichten Situation, noch einmal zu kandidieren. Letztlich bin ich bei meiner Entscheidung geblieben."

Walter zeigt sich überrascht

Der Brandenburger Landesvorsitzende der Linken, Sebastian Walter, sagte, mit Bartsch gehe der Bundestagsfraktion viel Erfahrung verloren. "Ich bin sehr überrascht über die Meldung, bedauere auch die Entscheidung von Herrn Bartsch, aber ich respektiere sie natürlich. Für eine personelle Neuausrichtung gibt es jetzt die Möglichkeit und ich glaube, das ist auch eine Chance, die er uns hier gibt und die muss man jetzt auch nutzen", sagte Walter.

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Nur wegen dreier Direktmandate in Fraktionsstärke

Bei der vergangenen Bundestagswahl war die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und nur aufgrund dreier Direktmandate (zwei in Berlin, eines in Leipzig) in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen. Die Berliner Direktmandate errangen Gesine Lötzsch in Lichtenberg (seit 2002) und Gregor Gysi in Treptow–Köpenick (seit 2005).

Da die Wahl in Berlin chaotisch verlaufen war, droht in der dort eine Teil- oder vollständige Wiederholung. Sollten Gysi oder Lötzsch im Zuge desseni ihr Direktmandat verlieren, wäre auch der Fraktionsstatus der Linken im Bundestag in Gefahr. Der Vorgang liegt derzeit beim Bundesverfassungsgericht.

Nachfolge ist offen

Dietmar Bartsch ist seit 2015 Co-Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion, zuerst zusammen mit Wagenknecht, zuletzt mit Mohamed Ali. Diese hatte ihren Rückzug mit Protest gegen den Umgang der Parteispitze mit Wagenknecht begründet. Bartsch hatte daraufhin seine Zukunft zunächst offen gelassen. Nun hat auch er sich festgelegt. Wer den beiden nachfolgen könnte, ist offen.

Mit Bartsch zieht sich einer der prominentesten Linken aus der ersten Reihe zurück. Der 65-Jährige stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und bekleidet seit Jahrzehnten hohe Parteiämter. Lange war er Bundesgeschäftsführer der Vorgängerpartei PDS und der 2007 neu gegründeten Linken. 2009 managte er den Bundestagswahlkampf. 2012 kandidierte er als Parteichef, verfehlte aber die nötige Mehrheit. 2017 war Bartsch neben Wagenknecht Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, 2021 trat er mit Parteichefin Wissler an.

Insgesamt dreht sich der Streit in der Linken nicht nur um die Person Wagenknecht, sondern um die Frage, was moderne "linke" Politik ist. Die Parteispitze umwirbt die Klimabewegung und will radikalen Klimaschutz verbunden mit sozialem Ausgleich. Wagenknecht und ihre Unterstützer warnen vor zu großen Belastungen durch Klimaschutz. Sie wollen Migration begrenzen und trotz des Ukraine-Kriegs weiter billige Energieimporte aus Russland.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.08.2023, 13:00 Uhr

 

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