Brandenburger Innenminister - Koalitionspartner kritisieren Stübgens Vorschlag zu Einschränkung des Asylrechts

Di 19.09.23 | 16:20 Uhr
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Archivbild: Innenminister Michael Stübgen CDU spricht während einer Pressekonferenz. (Quelle: imago images/M. Müller)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 19.09.2023 | Michael Schon | Bild: imago images/M. Müller

Deutschland kann nur eine bestimmte Zahl an Flüchtlingen aufnehmen, sagt der Brandenburger Innenminister Stübgen - und spricht sich für eine Änderung des Asylrechts aus. Das bringt die Koalitionspartner auf die Barrikaden.

SPD und Grüne im Brandenburger Landtag haben CDU-Innenminister Michael Stübgen für dessen Aussagen zur Einschränkung des Asylrechts kritisiert. Stübgen hatte sich am Dienstag im Deutschlandfunk dafür ausgesprochen, den individuellen Anspruch auf Asyl im Grundgesetz abzuschaffen.

"Der Individualanspruch ist als solcher überflüssig im Grundgesetz, weil wir uns ja völkerrechtlich verbindlich festgelegt haben nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechtskonvention Menschen, die verfolgt werden, Schutz zu gewähren", so der Innenminister. Er sprach sich stattdessen für eine Kontingent-Lösung aus, also die Aufnahme einer festgelegten Zahl von Geflüchteten. Deutschland sei nur in der Lage, eine bestimmte Zahl von Flüchtlingen zu versorgen und zu integrieren, sagte er.

Koalitionspartner: "Rechtsblinken" der CDU zahlt sich nicht aus

SPD-Fraktionschef Daniel Keller erklärte, die Absage des Innenministers an das individuelle Asylrecht löse keine Probleme. Wichtiger wäre, dass Stübgen in seinem eigenen Aufgabenbereich aktiv werde - beispielsweise bei Rückführungen und bei der Eindämmung der Schleuserkriminalität. Das "deutliche Rechtsblinken" der CDU werde sich für sie nicht auszahlen, so Keller.

Auch der zweite Koalitionspartner, die Grünen, hält die Aussagen des Innenministers für problematisch: Das Infragestellen des individuellen Asylrechts kenne man vor allem von Rechtsextremisten, so Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke. Deshalb mache es ihm große Sorge, dass diese Position inzwischen bis in die bürgerliche CDU eingesickert sei. Man erwarte von einem Innenminister, dass er die Grundrechte schützt und verteidigt, so Raschke. Das Grundrecht auf Asyl stehe für die Grünen nicht zur Debatte.

Die AfD als größte Oppositionsfraktion hatte sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, das Grundrecht auf Asyl stark zu einzuschränken.

Erneut Forderung nach festen Grenzkontrollen

Stübgen bekräftigte im Deutschlandfunk zudem seine Forderung nach festen Grenzkontrollen. Ähnlich wie an der bayerisch-österreichischen Grenze solle es Kontrollen an den Übergängen zu Polen und Tschechien geben. Bereits ausgewiesene oder straffällig gewordenen Migranten sollten so an der Grenze abgewiesen werden können.

Stübgen führte Bayern als Beispiel an, "weil gerade in diesem Jahr knapp 70 Prozent Zurückweisungen stattgefunden haben". Die Menschen würden sich jetzt vom Balkan Richtung Polen und dann nach Brandenburg und Sachsen bewegen "und hier muss dasselbe gemacht werden", so der Minister.

Auch der CDU-Landrat von Spree-Neiße, Harald Altekrüger, forderte die Einführung von festen Grenzkontrollen. Derzeit werden im Kreis in der Grenzregion zu Polen mehrfach am Tag Migranten von der Bundespolizei aufgegriffen. Man habe keine weiteren Kapazitäten bei der sozialen Infrastruktur, sagte Altekrüger am Dienstag. "Vor allem die sozialen Infrastrukturen wie Kindergärten, Schulen, die medizinische Versorgung und Sprachkurse haben ihre Kapazitätsgrenzen längst erreicht."

Hintergrund ist, dass Menschen in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Eisenhüttenstadt gebracht werden, wenn sie von der Bundespolizei aufgegriffen wurden. Sind aber Kinder und Jugendliche ohne Eltern unter den illegal eingereisten Menschen, ist der Landkreis zuständig.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.09.2023, 16:25 Uhr

80 Kommentare

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  1. 80.

    Manchen darf man alles sagen - nur nicht die Wahrheit, daß auch Deutschland nur begrenzte Kapazitäten hat. Mancher meint offenbar, als deutscher Vorreiter aller Welt Probleme gleichzeitig lösen zu können - und das auch noch „klimaneutral“.
    Möge die Macht mit denen sein…

  2. 79.

    Die AfD will verhindern, dass Migration klappt. Wo ist jetzt der Unterschied zu Ihrem Anliegen? Es kommt auf das Selbe raus.

  3. 78.

    "Falsch. Was die "Sozial"demokraten in Dänemark machen ist keine soziale Politik, wenn man auf die Koalitionspartner Rücksicht nehmen muß. Frederiksen muß auf die Venstre Rücksicht nehmen, eine Mischung aus FDP und AfD. Deshalb hat man Inneres und Gesundheit der Venstre überlassen müssen."

    Soziale Politik ist Politik, die für das Land und seine Bevölkerung am besten ist.
    Insofern machen die Dänen alles richtig.

  4. 77.

    Das mag aus Sicht von extremen Rechten so aussehen. Sozialdemokraten in Deutschland unterscheiden sich z.B. fundamental von Sozialdemokraten in der Slowakei und anderen ehemaligen Ostblockstaaten. Sie wissen nicht wovon sie reden.

  5. 76.

    Möglich.
    Aber seit wann nimmt sich Deutschland positive Beispiele an anderen Ländern?
    Hält sich ja leider für fehlerfrei und weiß immer alles besser

  6. 75.

    So ein Unfug. Sozialdemokraten sind Sozialdemokraten. Manche sind eben vernünftiger als die in Deutschland. Und den Koalitionspartner haben die Sozialdemokraten sich ausgesucht in DK.

  7. 74.

    Liberalere Töne sind ja immer gut: Wenn eine Hälfte der Gesellschaft 20% des Haushaltes für Soziales und Migration ausgeben will, die andere aber über 2/3 des Haushaltes, ist es dann nicht sinnvoll, sich irgendwo zu treffen? Bevor gar nichts mehr möglich ist... in der Schuldenfalle? Daraus resultiert dann, wieviel kommen können und wer.

  8. 73.

    Korrekt, es wird nach Schlüssel verteilt:
    https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/Erstverteilung/erstverteilung-node.html
    Für den Bund ist das Thema Asyl damit bequem erledigt, denn die Bundesländer tragen die Lasten von Unterbringung und Verärgerung in der Bevölkerung. Besser wären feste Kontingente, auf die sich die Bundesländer vorbereiten können. Kommen mehr Menschen, werden sie in Partnerländer überführt. Diese Partnerländer werden vom hier eingesparten Geld unterstützt und müssen auch nicht in Europa sein. Schön lässt es sich auch woanders leben, die Urlaubsnation Deutschland weiß das am besten und kann bestimmt gute Vorschläge machen. Mit der Genfer Flüchtlingsvonvention ist es auch vereinbar, in Drittstaaten unterzubringen. Die festen Kontingente für Deutschland kann man jährlich senken, mittelfristig müsste sich dann auch niemand mehr in Gefahr begeben um über das Mittelmeer oder andere Routen nach Deutschland zu kommen.

  9. 72.

    Sie verbreiten schon wieder Unwahrheiten! Die dänische Regierung besteht aus den Sozialdemokraten und zwei liberalen Parteien, und zwar sogar auf ausdrücklichen Wunsch von Frederiksen. Sie hätte durchaus andere Optionen gehabt. Die Ventre ist eine liberal-konservative Partei und keine Rechtspartei, wie Sie hier suggerieren wollen.
    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/neue-regierung-daenemark-101.html

  10. 71.

    Das klingt logisch. Aber würden Sie mal möglichst trennscharf und genau überhaupt definieren, was sozialdemokratische Politik ist? Mit Blick zurück in die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie ist mir das nämlich nicht so richtig klar.

  11. 70.

    ""Im Jahr 2022 lebten 94,6 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund in Westdeutschland und Berlin."" Das ist aber nicht aus den letzten Wellen, da dürften ganz viel angeworbene Arbeitkräfte aus dem Mittelmeerraum seit Ende der 50er darunter fallen. Sinnvoll wäre die Statistik nur wenn der Einreisezeitpunkt auf die letzte Zeit eingeengt wird. Ansonsten glaube ich aber schon, daß das einigermaßen gleichmäßig nach Schlüssel im Bundesgebiet verteilt wird aktuell, da ähnliche Klagen wie hier auch aus anderen Bundesländern zu lesen sind.

  12. 69.

    "Deshalb hat man Inneres und Gesundheit der Venstre überlassen müssen."
    Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wäre das nicht auch eine Alternative für Deutschland?

  13. 68.

    "Das ist absurd, denn Dänemark wird auch sozialdemokratisch regiert."

    Falsch. Was die "Sozial"demokraten in Dänemark machen ist keine soziale Politik, wenn man auf die Koalitionspartner Rücksicht nehmen muß. Frederiksen muß auf die Venstre Rücksicht nehmen, eine Mischung aus FDP und AfD. Deshalb hat man Inneres und Gesundheit der Venstre überlassen müssen.

  14. 67.

    Bundespräsident Steinmeier hat erklärt: „Deutschland ist an der Belastungsgrenze“!
    Jetzt bin ich mal gespannt wie die Ampel Regierung reagiert!
    Auf die EU braucht niemand verweisen, das klappt schon seit 2015 nicht!

  15. 66.

    Danke, dass das Kommentieren noch nicht gesperrt wurde..

    Hoffentlich hat der Minister auch eine tolle Idee für ein mE ungeheuerliches Thema namens "Ausreisehindernis". D.h. vollziehbar ausreisepflichtige Menschen sind trotzdem weiterhin dauerhaft in D, wegen z.B. "Passlosigkeit" oder "ungeklärter Staatsangehörigkeit". Darunter leider auch Intensivtäter und strafrechtlich in Erscheinung getretene Menschen. Mich persönlich verängstigt und verärgert das..

  16. 65.

    Hätten die Gesetzgeber, zuletzt im Jahr 1993 (Art. 16a GG) erahnt, dass davon irgendwann Millionen Gebrauch machen werden, wäre gesichert anders formuliert worden. Das gilt hier genauso wie für andere tradierende Bestimmungen, die angesichts heutiger Gegebenheiten kaum mehr Realitätsbezug haben. Insofern eröffnet Herr Stübgen eine längst fällige Debatte.

  17. 64.

    Die Problematik liegt ja nicht mal in der Einwanderung an sich. Diese gab es in Deutschland schon immer und hat dieses Land erst groß werden lassen. Zum Problem wird die Zuwanderung, wenn die Zugewanderten am Ende den Staat mehr kosten, als sie ihm wirtschaftlich nützen. So bösartig das klingen mag, aber eine Gesellschaft funktioniert am Ende wirtschaftlich nicht anders, als eine verantwortungsvoll geführte Firma mit lauter unkündbaren Mitarbeitern. Es muss genügend erwirtschaftet werden, um die mit durchzubringen, die (aus welchem Grund auch immer) zeitweise oder dauerhaft nichts beitragen können. Wenn es aber Dank großzügiger finanzieller Unterstützung und mangelndem Einfordern keinen echten Anreiz zum Leisten dieses Beitrags gibt, dann überlastet dies die Gesellschaft und hält jene Zuwanderer fern, die eigentlich dazu bereit wären. Es gibt nämlich andere Länder mit besseren Chancen und mit weniger Steuern und Abgaben. Zuwanderung und Asyl sollten einfach nicht vermengt werden.

  18. 63.

    "Eigentlich wären die Altbundesländer an der Reihe, freiwillig mehr Asylsuchende aufzunehmen und zu integrieren."
    Sicher?
    https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61646/bevoelkerung-mit-migrationshintergrund/
    "Im Jahr 2022 lebten 94,6 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund in Westdeutschland und Berlin."

  19. 62.

    Das Problem ist, dass das Grundrecht auf Asyl schon in den achtziger Jahren aufgeweicht wurde, dass es im Laufe der Zeit defacto zu einem Einwanderungsrecht verkommen ist. Als Jurist kann ich mich daran erinnern, dass es immer wieder mal kurze Debatten über ein Einwanderungsrecht gab, aber diese aus parteipolitischen Gründen immer wieder verworfen wurden. Zudem werden wir mit Abgang der geburtenstarken Jahrgänge mit einem Arbeitskräfteschwund zu tun haben, der schon jetzt in bestimmten Bereich, wie zB Pflege deutlich sichtbar wird. Ich frage mich immer wieder, warum nicht parteiübergreifend ein Gesetz für die Arbeitsmigration und ein Einwanderungsgesetz zB nach kanadischem Vorbild geschaffen werden. Zudem sollte hier auf Grund der Erfahrungen mit den Flüchtlingen aus der Ukraine darüber nachgedacht werden den subsidiären Schutz in ein Gesetz zu gießen um so zB die Arbeitsaufnahme zu erleichtern.

  20. 61.

    "Das ist absurd, denn Dänemark wird auch sozialdemokratisch regiert." Der Unterschied liegt bei dem Wort 'regiert' - das sozialdemokratisch ist eigentlich egal, es gibt eine klare Gesetzeslage und EU-weit (außer D) ist man sich grundsätzlich einig unabhängig von der lokalen politischen Richtung in der Regierung.

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