Bodycams, Taser, Präventivgewahrsam - Innenausschuss beschließt neues Berliner Polizeigesetz

Mo 27.11.23 | 14:32 Uhr
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Symbolbild: Eine Bodycam ist während eines Pressetermins an der Schutzweste eines Polizisten befestigt. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.11.2023 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Soeren Stache

Der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat die Novelle des Polizeigesetzes beschlossen. Das sogenannte "Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz" soll künftig auch den Einsatz von Bodycams und Elektroschock-Pistolen regeln, außerdem wird der Präventivgewahrsam verlängert.

CDU und SPD hatten ihren Entwurf der Gesetzesänderung noch einmal nachgebessert. So dürfen Bodycam-Aufnahmen in Privatwohnungen nur dann für Ermittlungen genutzt werden, wenn ein Gericht das vorher genehmigt. Denn eigentlich sollen die kleinen am Körper getragenen Kameras primär zur Gefahrenabwehr und Deeskalation dienen. Ob sie diesen Zweck erfüllen, hatten Grüne und Linke immer wieder infrage gestellt. Auch die Datenschutzbeauftragte des Landes, Meike Kamp, hatte massive Bedenken geäußert.

Kritik von Linken und Grünen

Das neue Sicherheitsgesetz regelt zudem erstmals den Einsatz von Elektroschock-Pistolen, besser bekannt als "Taser". Diese sind schon seit mehreren Jahren bei der Polizei im Testgebrauch, SPD-Innensenatorin Iris Spranger will sie nun in großer Zahl anschaffen. Auch hier hatte es zuletzt große Bedenken gegeben: Mehrere Sachverständige hatten zuletzt bei einer Anhörung im Innenausschuss davor gewarnt, diese Waffen ohne weitere Tests und vor allem ohne sehr präzise Regelungen einzuführen. Denn auch Taser können schwere Verletzungen bis hin zum Tod verursachen, und Polizeibeamte bräuchten Rechtssicherheit, wenn sie die Waffe im Einsatz etwa gegen psychisch kranke Personen einsetzen. Diese Sicherheit fehle weiterhin, so Grüne und Linke.

Ebenfalls hoch umstritten ist die Verlängerung des Präventivgewahrsams von bislang 48 Stunden auf bis zu fünf Tage. Hier beharren CDU und SPD auf ihren Kurs: Sie wollen erreichen, dass die Polizei potenzielle Straftäter vor weiteren Taten festsetzen kann, zur Abwehr von Gefahren. Aus Sicht von Kritikern ist dieser Teil des Gesetzes allerdings so vage formuliert, dass zum Beispiel auch Klimaschutzaktivisten der "Letzten Generation" bereits beim Kauf von Klebstoff verhaftet werden könnten, weil die Polizei mutmaßliche Blockaden verhindern will. Grüne und Linke bezeichnen das als unverhältnismäßige Freiheitsbeschränkung.

Die Gesetzesänderung muss noch im Plenum des Abgeordnetenhauses beschlossen werden. Die Koalition will das möglichst noch in diesem Jahr erledigen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.11.2023, 19:30 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    "Klassischer whatabotism,"
    Räusper ... wenn man nicht mehr weiterweiß ... übrigens - "...und auch deren Vorgänger..." umfasst alle bisherigen Farbspektren der vorhergehenden Senate Berlins. Nur als Zusatz falls sie das falsch verstanden haben.

  2. 33.

    Antwort auf "Turtle" vom Montag, 27.11.2023 | 19:36 Uhr
    "Läuft hier so die Zeit davon oder warum muss das nun so schnell gehen?" Die Zeit ist schon lange weggelaufen! Vor lauter Tests, Warnungen und Einwänden ist es erstaunlich, dass die Polizei noch Waffen tragen darf. Aktuell ist es doch wohl so, dass am Ende der Polizist, der -wie auch immer- handgreiflich wird, vor dem Kadi landet. Einstecken ja, wehren nein, dem armen Kriminellen könnte ein Haar gekrümmt werden und zufällig steht immer einer mit ner Kamera dabei um den Polizisten zu belasten! Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, wenn der Taser den Herzschrittmacher ins stolpern bringt - Kollateralschaden!

  3. 32.

    Im Falle einer Verabschiedung im Parlament wird das verfassungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen! Jeder einzelne Aspekt der Novelle ist verfassungswidrig. Das Rechtsstaatsprinzip wird komplett ausgehöhlt und dem Polizeistaatsprinzip nachgegeben, der ohnehin schon unkontrollierten Polizei noch weitere Befugnisse erteilend, die sogar in Teilen gegen die Allg. Erklärung der Menschenrechte verstoßen. Applaus und Zustimmung gibt es dafür von der AfD. SO geht Demokratieabbau.

  4. 31.

    "Das alles hätte der Vorgängersenat und auch deren Vorgänger schon längst regeln können. Warum passierte das nicht?"

    Klassischer whatabotism, was hat mit meinen Kommentar zu tun?

  5. 30.

    Es gibt die Notwehr, die Nothilfe, die Feinheiten des Verwaltungsrechtes um einen Verwaltungsakt gegebenenfalls mit Zwang durchzusetzen, die Verhältnismäßigkeit, das Übermaßverbot, die Geeignetheit des Zwangsmittels ,es gibt die Schule, wo die Blaumannträger dies lernen und es gibt die Gemeinheiten des Lebens. In einem Bundesland, wo nicht mal der finale Rettungsschuß (so wohl die offizielle Bezeichnung) geregelt ist, würde ich mir über so'n Strömling eher weniger Sorgen machen. Das alles hätte der Vorgängersenat und auch deren Vorgänger schon längst regeln können. Warum passierte das nicht?

  6. 29.

    Der MDR berichtete vor mehr als 4 Jahren, wie die Polizei ein Schulmädchen gewaltsam aus der Schule entführte, weil es lieber beim Vati bleiben wollte, obwohl das Gericht das Sorgerecht der Mutter zusprach. So bekommt das unschuldige Kind gleich ein schlechtes Verhältnis zur Polizei. Statt unschuldige Kranke und unschuldige Schulkinder zu schikanieren und Klimakleber von der Straße abzulösen, soll die Polizei lieber auf ihre Verbrecher aufpassen und die Regierung zur Erledigung ihrer Aufgaben zuführen.

  7. 28.

    "Als Passantin, die so überhaupt nix mit dem Mist am Hacken hat, den Andere gerade verzapfen, befürworte ich die Einführung der Taser."

    Darum geht es doch gar nicht, sondern um das wie.

    "Mehrere Sachverständige hatten zuletzt bei einer Anhörung im Innenausschuss davor gewarnt, diese Waffen ohne weitere Tests und vor allem ohne sehr präzise Regelungen einzuführen. "

    Alles was dieser Senat anfasst ist einfach nur unüberlegt und übers Knie gebrochen. Sowas komplett unfähiges hat Berlin nicht verdient.

  8. 27.

    "Ebenfalls hoch umstritten ist die Verlängerung des Präventivgewahrsams von bislang 48 Stunden auf bis zu fünf Tage. "

    Präventivgewahrsam ist höchst undemokratisch und Rechtsstaat feindlich.

    Wer nichts verbrochen hat hat im Knast nichts zu suchen , weder Demonstranten noch Flüchtlinge (Abschiebegewahrsam).

    Schon 48 Stunden sind zu viel. Bei Gefahr im Verzug (psychisch kranke Straftäter) sollte der Mensch zwangseingewiesen werden , anschließend Behandlung auf freiwilliger Basis.

  9. 26.

    Die einen versuchen sich des schwierigen Themas anzunehmen, andere hingegen blödeln. Und wieder andere finden das gut.

    Jeder wie er kann.

  10. 25.

    Die einen versuchen sich des schwierigen Themas anzunehmen, andere hingegen blödeln. Und wieder andere finden das gut.

    Jeder wie er kann.

  11. 24.

    "Als Passantin, die so überhaupt nix mit dem Mist am Hacken hat, den Andere gerade verzapfen, befürworte ich die Einführung der Taser."

    Darum geht es doch gar nicht, sondern um das wie.

    "Mehrere Sachverständige hatten zuletzt bei einer Anhörung im Innenausschuss davor gewarnt, diese Waffen ohne weitere Tests und vor allem ohne sehr präzise Regelungen einzuführen. "

    Alles was dieser Senat anfasst ist einfach nur unüberlegt und übers Knie gebrochen. Sowas komplett unfähiges hat Berlin nicht verdient.

  12. 23.

    Die einen versuchen sich des schwierigen Themas anzunehmen, andere hingegen blödeln. Und wieder andere finden das gut.

  13. 21.

    Bei einem Tasereinsatz kann der Täter/Angreifer/Beteiligte sterben. Das ist mitunter tragisch. Die Wahrscheinlichkeit, das Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen werden tentiert gegen Null.
    Bei einem Schußwaffeneinsatz, also die Vorstufe zum Taser, kann der Täter/Angreifer/Beteiligte auch sterben. Das ist mitunter auch tragisch. Die Wahrscheinlichkeit, das Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen werden ist hoch.
    Beispiel: Schußwaffengebrauch in Gummersbach Mitte dieses Monats
    Als Passantin, die so überhaupt nix mit dem Mist am Hacken hat, den Andere gerade verzapfen, befürworte ich die Einführung der Taser.

  14. 20.

    Ich schlage vor, dass die Polizei vor der Anwendung des Tasers erstmal den Anamnesebogen ausfüllen lässt, männliche Personen zu einer bestehenden Schwangerschaft befragt, weibliche nach der Dioptrienzahl ihrer Klobrille und vorsichtshalber ein EKG vorschlägt. Das bringt dann auch genug Zeit, den Polizeihubschrauber zu bestellen, um das Heu für die Ochsen abzuwerfen, die gewaltsam mit den Hörnern durch die Wand wollen.

  15. 19.

    "Also wer Gewalt durch die Polizei erfährt, sollte sein Verhalten besser Kontrollieren."

    Aber genau das ist doch das Problem. Nehmen wir den Fall im Neptunbrunnen, der Mann war schwer krank, schizophren. In solchen Fällen helfen keine Taser und "normale" Streifenpolizisten sind in solchen absoluten Ausnahmefällen überfordert.

    Auch in der Nutzung von Bodycams schafft Sprangers Gesetz neue Unsicherheiten, auch und gerade für die eingesetzten Beamten.

    Die Verlängerung des Präventivgewahrsams wird spät. vom BVerfG kassiert werden. Alles mit der heißen Nadel gestrickt und in Windeseile durchgepeitscht, gegen alle Expertisen von Experten.

    Ich kann mich nur wiederholen: Alles was dieser Senat anfasst kann man beschönigend als Pleiten, Pech und Pannen umschreiben. Die Schnellschüsse des amtierenden Senats lassen sich nur dadurch erklären, dass man sehr genau weiß dass man bei den nächsten Wahlen in der Versenkung verschwindet.

  16. 16.

    Meinung eines Volksvertreters:
    Die "Präventivverhaftung" ohne konkrete Regelung von "Tatbeständen" lässt Willkür zu und widerspricht meinem demokratischen Verständnis.
    Es scheint mir ein weiterer Schritt in Richtung Diktatur und lässt mich an die 1930iger Jahre denken.
    Organisierter schwerer Kriminalität wird man damit kaum "Herr werden". Aber die scheint ja eher Nebensache zu sein.

  17. 15.

    Ich kann ja meine Kritik nochmal präzisieren:
    "Mehrere Sachverständige hatten zuletzt bei einer Anhörung im Innenausschuss davor gewarnt, diese Waffen ohne weitere Tests und vor allem ohne sehr präzise Regelungen einzuführen."
    Genau das verstehe ich nicht. Warum macht man nicht erst weitere Tests und präzise Regelungen bevor man das neue Polizeigesetz verabschiedet? Läuft hier so die Zeit davon oder warum muss das nun so schnell gehen? U. U. findet das nicht mal die Polizei selber gut, denn sie brauchen doch genaue Vorgaben. Also ich möchte unter diesen Bedingungen kein Polizist sein.

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