Unterkünfte für Geflüchtete - Berliner Senat einigt sich bei Tempelhofer-Feld-Gesetz

Di 21.11.23 | 20:25 Uhr
  25
Containerdorf als Flüchtlingsunterkunft auf dem Tempehofer Feld, im Hintergrund der Radarturm des ehemaligen Flughafens (Bild: picture alliance / Schoening)
Video: rbb24 Abendschau | 21.11.2023 | Franziska Hoppen | Bild: picture alliance / Schoening

Der Berliner Senat hat sich geeinigt, die Zahl der Container-Unterkünfte für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld aufzustocken. Zuvor lagen Teile von CDU und SPD in der Frage über Kreuz. Kritik kommt nun von der Initiative "100% Tempelhofer Feld".

Nach wochenlangem Streit hat sich der schwarz-rote Senat in Berlin darauf geeinigt, das Tempelhofer-Feld-Gesetz zu ändern. Wie Senatssprecherin Christine Richter dem rbb bestätigte, konnte die "Task Force Geflüchtete" unter Leitung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) die Vereinbarung am Dienstag besiegeln.

Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) wird nun eine neue Vorlage einbringen, die der Senat in einer Woche beschließen soll. Man habe eine "für alle Seiten gute Lösung" gefunden, teilte eine Sprecherin der Verkehrsverwaltung dem rbb am Dienstag mit.

Flüchtlingsunterkunft am Columbiadamm soll erweitert werden

Nach rbb-Informationen ist die Nutzung einer Fläche südwestlich des Flughafengebäudes am Tempelhofer Damm für den Bau mobiler Gebäude nach der Sitzung der Task Force vom Tisch. Dort wollte vor allem die CDU soziale Treffpunkte für Geflüchtete unterbringen.

Die SPD-Seite, insbesondere Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, hatte das abgelehnt, weil über diese Seite am Eingang Paradestraße die meisten Besuchenden aufs Feld gelangten. Zudem würde in der Nähe dieser Fläche auch der Güterverkehr für Großveranstaltungen wie etwa das Rennen der Formula E oder für Großkonzerte auf dem Vorfeld abgewickelt. Das bestätigte auch Lars Düsterhoft, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. "Da kann man nicht mal eben so ein Tempohome reinbauen, das funktioniert nicht, wenn man das Tempelhofer Feld weiterhin offen halten will", sagte Düsterhoft dem rbb.

Weitere Bauten am Columbiadamm

Stattdessen soll die bereits als temporäre Flüchtlingsunterkunft genutzte Fläche im Norden des Feldes am Columbiadamm erweitert werden. SPD-Politiker Düsterhoff erklärte auf rbb-Nachfrage, dass der neben den schon aufgebauten Tempohomes stehende Kinderzirkus Cabuwazi "nicht infrage" stehe.

Der Einigung waren wochenlange Meinungsverschiedenheiten zwischen CDU und SPD vorangegangen. Dem Vernehmen nach hatte die CDU sich lange für die Nutzung der Fläche am Tempelhofer Damm ausgesprochen, was beim Koalitionspartner allerdings auf Widerstand stieß. Zudem hatte sich SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe stets skeptisch geäußert, neben Tegel auch die Massenunterkünfte in Tempelhof immer weiter auszubauen.

Initiative protestiert

Die Nutzung des Tempelhofer Feldes für weitere mobile Unterkünfte erfordert eine Gesetzesänderung, nachdem die Bebauung des 360 Hektar großen Feldes durch einen Volksentscheid 2014 generell untersagt worden war. Schon für die bisherige Nutzung der Fläche am Columbiadamm für ein sogenanntes Tempohome musste das Gesetz geändert werden. Die Dauer dieser Nutzung ist aber bereits ausgelaufen und darf lediglich aufgrund einer Duldung noch bis 2025 stehen, so dass nun eine erneute Gesetzesänderung nötig ist. Geplant ist nach rbb-Informationen, die weitere Nutzung des Areals für temporäre Flüchtlingsunterkünfte bis Ende 2028 zu ermöglichen.

Die Initiative "100% Tempelhofer Feld", die den Volksentscheid 2014 zum Erfolg geführt hatte, protestiert auch diesmal gegen die Änderung. Sie sieht darin ein Einfallstor für eine Randbebauung des Feldes, wie sie der Senat bereits 2014 geplant hatte, sagte Mareike Witt von der Initiative dem rbb. Mit der temporären Bebauung versuche der Senat nun, den erfolgreichen Volksentscheid zu untergraben: "Wir sind zur Wahl gegangen. So mit demokratischen Prozessen umzugehen, ist wirklich demokratieschädigend." Die Initiative forderte den Senat auf, als nachhaltigere Alternative das ehemalige Flughafengebäude zur Unterkunft für Geflüchtete umzubauen. "Hier werden die Millionen gebraucht, nicht in Pop-up-Lösungen auf dem Feld."

Dirk Stettner, der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus wies den Vorwurf zurück. "Wir werden hier Flüchtlinge unterbringen, das ist unsere Aufgabe, so lange die Ampel auf Bundesebene nicht dafür sorgt, dass weniger Flüchtlinge nach Berlin kommen." Die Randbebauung habe "mit dieser Gesetzesänderung gar nichts zu tun, so Stettner.

Nach Angaben des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) nahm Berlin in diesem Jahr bislang ein Drittel mehr Asylsuchende auf als 2022. Bis Ende Oktober wurden demnach 14.339 Menschen registriert. Damit liegt Berlin über dem bundesdeutschen Schnitt. Dazu kamen knapp 12.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

Sendung: rbb24 Abendschau, 21.11.2023, 19:30 Uhr

25 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 25.

    Hallo Peter75, keine Nostalgie, sondern Realität und Vorausschau. Wir sind zu viele. Für uns sollen immer mehr Flora und Fauna sterben. Bebauen wir lieber die bereits versiegelten Flächen, da ist noch Luft nach oben. Es gibt enorm viel Leerstand, besonders unter den Betongold-Anlagen.

  2. 24.

    Wenn‘s nach Ihnen geht, werden auch die letzte Freilandflächen in Berlin zugebaut. Mit Nostalgie hat das alles nichts zu tun sondern mit den dringend notwendigen Kaltluftresevoirs insbesondere in sommerlichen Strahlungsnächten, aber auch mit einem Rest an Natur und Refugien für bedrohte Arten auch im Stadtgebiet.

  3. 23.

    Aus Naturschutzgesichtspunkte ist dieses Offenlandbiotop ungleich wertvoller, als die von Ihnen gewünschte Parkanlage. Die Feinstaubbelastung liesse sich problemlos durch weniger Kfz-Verkehr senken, hier fehlt es aber am guten Willen vor allem der Pkw-Nutzer.

  4. 22.

    Ich kenne da ein paar Parkplätze in Tempelhof, die von der Größe geeignet wären, direkt am Columbiadamm. Die könnte man ja nehmen. Anderweitig genutzt werden die schon lange nicht mehr.

    Wer wie die Kite-Surf-Aktivisten etwas von Demokratie erzählt, sollte auch wissen, dass rein rechtlich das Feld-Gesetz mit einfacher Mehrheit im AGH geändert werden kann. Mancher hat es aber wohl nicht so mit der Verfassung.

  5. 21.

    20. Petra, eventuell gibt es ja bald ein Planeten, da würde ich mich schon mal einen Platz reservieren. Es gibt Menschen die brauchen Wohnungen, zu erst brauchen günstige Grundstücke und dann muß gebaut werden! Der Flughafen Tempelhof hat mir persönlich vor 76 Jahren das Überleben gesichert während der Blockade Zeit! Nun ist Schluss mit Nostalgie! Tatsache ist wir brauchen Bauland für Wohnungen!

  6. 20.

    Klare Meinung: Wir brauchen Luft, Grün, Ruhe, Natur, Insekten, Raum. Weniger Bevölkerungsdichte. Abtragen der Betonlandebahnen, saftige Begrünung mit Feuchtgebietanteil.
    Augenweide statt 20m bis zur nächsten Betonwand.

  7. 19.

    "gut wenn man dieser Einöde einen Zweck zuführt" – so wie den Schulhof in Pankow? Zubetonieren, auch gegen die Bürgerschaft, gute Idee?

  8. 18.

    "das funktioniert nicht, wenn man das Tempelhofer Feld weiterhin offen halten will". Wenn.

  9. 17.

    >"dass das Gelände eine große nächtliche Temperatursenke gerade in sommerlichen Strahlungsnächten bildet."
    Natürlich senkt sich die Temperatur auf einer freien Fläche schneller ab als im eng bebauten und aufgewärmten Betonumfeld. Ideal ist solche nur Trockenbrache dennoch nicht. Sie heizt sich ebenso schnell auch auf bei Sonneneinstrahlung und bindet keinen Feinstaub.

  10. 16.

    Die Initiative forderte den Senat auf, als nachhaltigere Alternative das ehemalige Flughafengebäude zur Unterkunft für Geflüchtete umzubauen. "Hier werden die Millionen gebraucht, nicht in Pop-up-Lösungen auf dem Feld."
    Direkt aus dem Artikel kopiert. Also bitte erst den Artikel vollständig lesen und dann kommentieren.

  11. 15.

    Es wäre sinnvoll, zunächst einen Blick in den Berliner Umweltatlas zu werfen, und sich erst anschließend zu den klimatischen Auswirkungen des ehemaligen Flughafens Tempelhof zu äußern. Dann wäre nämlich erkennbar, dass das Gelände eine große nächtliche Temperatursenke gerade in sommerlichen Strahlungsnächten bildet.
    Eine Umwandlung in die von Ihnen favorisierte Parkanlage würde den ökologischen Wert des Areals, der ja gerade in der weiten Offenlandschaft besteht, in extremer Weise verringern. Solche künstlerischen Parkanlagen gibt es in der Stadt in hinreichendem Maße.

  12. 14.

    Eine Fläche mit Weitblick mitten in der Stadt, auf der Kinder einfach mal ein paar Kilometer fahren können, Veranstaltungen Platz haben usw. ... Einöde sieht anders aus.

  13. 13.

    Klare Meinung: Wir brauchen Wohnungen, Tempelhofer Feld Bauen, Bauen, Bauen....

  14. 12.

    Richtig.
    Und die Nutzung des ehemaligen Flughafens TXL sollte bei all der Wohnungsnot komplett neu bedacht werden.
    Das wollen die Grundbesitzer in Berlin aber nicht. Mit einem öffentlichen Statement durch den Senat zur Nutzung des Geländes TXL würden die Bodenpreise und die Mieten in der Hauptstadt um ein Vielfaches einbrechen.
    Das würde auch zu Verlusten bei den Steuereinnahmen führen. Dagegen wird der Senat massiv auffahren.
    Sie sehen, Berlin ist kaputt und durchtrieben.

  15. 11.

    Ich verstehe den hohen Wert eines Volksentscheids. Dennoch erweckt die Tempelhofer-Feld-Initiative den Eindruck, dass das Gesetz unantastbar sei. Das stimmt selbstverständlich nicht. Natürlich darf das Abgeordnetenhaus Gesetze reformieren – und das ist auch demokratisch richtig so.

  16. 10.

    In Tempelhof wurde nicht mehrheitlich grün gewählt, sondern schwarz.

  17. 9.

    Ein Volksentscheid gilt nur so lange bis die Politik etwa anderes möchte… und damit man nicht wieder durch einen Volksentscheid „ausgebremst“ wird lässt man es einfach ganz sein und ändert mal schnell das Gesetz.
    Denke das stärkt das Vertrauen wohl nicht so wirklich.

  18. 8.

    >"Das ist doch gut wenn man dieser Einöde einen Zweck zuführt"
    Einöde triffts genau. So richtig nützlich für das Stadtklima bzw. Mikroklima dieses Kietzes ist diese Asphalt- und Trockenwiesen-Öde nicht. Allenfalls erhitzt sich die Luft dort im Hochsommer bis auf flirrende Temperaturen. Ein Park mit Bäumen und paar Wasserquellen bzw. Springbrunnen wäre sinnvoller. Eine Randbebauung mit Pflanzenfassaden könnte ein gesundes Innenstadtklima dort unterstützen. Historische Rückblende: Der Volkspark Friedrichshain war vor seiner jetzigen Stellung auch nur ne öde Marschier- und Wiesenfläche. Und jetzt? Die gesunde Lunge ringsum dort. Feinstaub ist dort glaub nicht so das Thema. Hat schon mal jemand den Feinstaub auf diesem öde gewollten Areal in Tempelhof gemessen?

  19. 7.

    Angesichts der riesigen Wohnungsnot wird man um eine maßvolle Bebauung der Tempelhofer Brache nicht herumkommen.

  20. 6.

    Welche Bezirke meinen Sie genau? Friedrichshain-Kreuzberg ist schon jetzt zubetoniert, viele Grünflächen durch Lückenbauten/Eigentumswohnungen versiegelt. Ich lebe seit über 60 Jahren im Bezirk und kann das beurteilen. Auf dem Tempelhofer Feld dagegen ist genug Platz für alle. Wer Zuwanderung aufgrund von Unterbringungsknappeit dennoch nicht beschränken will, muss damit leben. Wer das Eine will...

Nächster Artikel