Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus - Pläne für Carl-Thiem-Klinikum sollen Lausitz zur Modellregion machen

Mi 17.01.24 | 09:10 Uhr | Von Michael Schon
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Collage: Carl-Thiem-Klinikum und BTU Cottbus-Senftenberg
Collage CTK/BTU | Bild: rbb/Friedrich/Krüger

Mehrere Milliarden Euro fließen vom Bund in die Lausitz - nicht nur in Industrieprojekte. Mit dem Aufbau einer medizinischen Universität in Cottbus soll ein "digitales Leitkrankenhaus" als Vorbild für ganz Deutschland entstehen. Kann das was werden? Von Michael Schon

  • Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum soll "digitales Leitkrankenhaus" werden
  • Ärzte, Pfleger und Physiotherapeuten sollen gemeinsam ausgebildet werden
  • Votum zum Aufbau einer Medizinuniversität in Cottbus wird im April erwartet
  • Hoffnung auf Imagewandel für die Region

Eckhard Nagel spart nicht mit Superlativen. Die Defizite im Gesundheitswesen will er überwinden. Deutschland wieder an die Weltspitze bei der medizinischen Versorgung bringen, wo es aus Sicht des 63-jährigen Mediziners seit langem nicht mehr steht. Schon gar nicht in ländlichen Regionen.

Der Mann ist verantwortlich für den Aufbau des "Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus", kurz IUC. "Ein ziemlich gruseliger Name", findet Nagel. Aber eben auch eine Idee, die es so in Deutschland bisher noch nicht gebe.

Nagel ist von Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) als Projektbeauftragter geholt worden. Er macht den Job gemeinsam mit der früheren Wissenschaftsstaatssekretärin Ulrike Gutheil und übernimmt den medizinischen Part im Team. Im Hauptberuf ist der Chirurg Leiter des Projektbüros Medizincampus Oberfranken, das die Ausbildung von Ärzten in Bayreuth organisiert. Auch dort kämpft man mit der Abwanderung des Medizinernachwuchses in Ballungszentren.

Gemeinsame Ausbildung für Ärzte, Pfleger oder Physiotherapeuten

In der Lausitz soll das Carl-Thiem-Klinikum zum Kern der neuen Universitätsmedizin werden. Es geht dafür aus der Trägerschaft der Stadt Cottbus an das Land über und wird nicht nur zum Universitätsklinikum, sondern zum "digitalen Leitkrankenhaus" für die ganze Region. Arztpraxen, Kliniken, Apotheken und alle anderen Gesundheitseinrichtungen soll es digital vernetzen und Daten der Lausitzer zur Gesundheitsforschung zur Verfügung stellen.

Die eigentliche Innovation aus der Sicht Nagels ist aber, dass die künftig rund 200 Studierenden jährlich interprofessionell ausgebildet werden. Das heißt: Ärzte, Physiotherapeuten oder Pflegekräfte sollen gemeinsam lernen. "Klassische Konfliktstrukturen" im Gesundheitssystem will Nagel damit überwinden, wo bisher die Einzelinteressen der unterschiedlichen Gewerke im Vordergrund stünden. Nagel schwärmt von einem "solidargemeinschaftlichen System", in dem die Versorgung so organisiert werde, wie es mit den verfügbaren Fachkräften am besten möglich sei. Die Lausitz soll so zur Modellregion für ganz Deutschland werden.

Wissenschaftsrat offenbar aufgeschlossen

Noch ein Superlativ, der in den kommenden Jahren mit Leben gefüllt werden muss. Zuerst aber steht das Votum des Wissenschaftsrats von Bund und Ländern aus. Der begutachtet das Konzept gerade. Wissenschaftsministerin Schüle rechnet mit einer Entscheidung im April.

Bei den Begehungen vor Ort habe sie aber eine "aufgeschlossene Stimmung" unter den Mitgliedern des Rats erlebt. Sollte die Universität tatsächlich wie geplant im Wintersemester 2026/2027 an den Start gehen, habe man sie in einer Rekordzeit von sechseinhalb Jahren aus der Taufe gehoben.

Hoffen auf den Klebeeffekt

Bis 2038 stehen 2,1 Milliarden Euro für den Aufbau und Betrieb der Universitätsmedizin zur Verfügung. 1.300 Stellen sollen geschaffen werden. Die Menschen in der Region würden dann nicht nur von innovativen Gesundheitsleistungen profitieren, zeigt sich der Projektbeauftragte Nagel überzeugt. Er glaube auch an einen sogenannten Klebeeffekt bei den Absolventen der Medizinhochschule, sagt er. Diese würden als 20- oder 30-Jährige soziale Bindungen entwickeln, also Familien gründen, Wurzeln schlagen und als Fachkräfte in der Region bleiben. Allerdings räumt er ein: Für ein Studium in Cottbus müsse erstmal kräftig geworben werden.

Bringt die Unimedizin einen Imagewandel?

Der Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gibt sich überzeugt von der Anziehungskraft der Lausitz, in der er selbst lebt und aufgewachsen ist. Er berichtet davon, dass der neue Chefarzt des Carl-Thiem-Klinikums gleich sechs weitere Kollegen mitgebracht habe. "Am Ende geht es darum, welche Perspektiven gibt es in einer Region, kann ich meine persönlichen Lebensträume verwirklichen", folgert er daraus. Klar sei aber auch: "Weltoffenheit, Toleranz und Demokratie sind alles harte Währungen."

Dass das Bild der Lausitz hier, diplomatisch formuliert, den einen oder anderen Kratzer hat, lässt sich offenbar auch in der Euphorie des Aufbruchs nicht verhehlen. Mit der Universitätsmedizin aber werde das passieren, was die Lausitz brauche: "Einen Imagewandel einer ganzen Region", sagt Woidke.

Der nächste Superlativ also. Das Projekt Unimedizin in der Lausitz ist mit Milliarden aufgeladen - und unzähligen Erwartungen.

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Beitrag von Michael Schon

7 Kommentare

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  1. 7.

    Was ist eine innovative Medizinleistung, wenn jemand zum Arzt geht? Was bekommt er dann genau geboten? Von einer Modellklinik in einer „Modellregion“? Was hat der Mensch als Kunde davon? Es liest sich eigenartig, auch wenn man bedenkt, das jemand seinen neuen Job erklärt...,
    Das eine App eventuell als Gesundheitskarte funktioniert..., mehr oder weniger kan es nicht sein? Oder sind echte Behandlungen und welche gemeint? Gibt es denn das Einfachste: Hygienestandards gegen Viren, ähnl. wie in den Niederlanden?
    Das Vertrauen in brandenburger „Erfolgsgeschichten“ ist nicht sehr groß. Milliarden € sind weg...für Großprojekte ohne Erfolg. Von fremden Geld. Nicht ein Großprojekt hat geklappt.

  2. 6.

    Werter Carl, Sie scheinen Krankenhausaufenthalt mit Cluburlaub zu verwechseln. Als ich vor 13 Jahren schwer erkrankt war , habe ich mich glücklich geschätzt , von kompetenten und freundlichen Menschen betreut zu werden und das das Krankenhaus mit öffentlichen Verkehrsmitteln von meinem Wohnort gut zu erreichen war. Da ich wie die meisten Menschen ein soziales Wesen bin, habe ich die Unterbringung in Mehrbettzimmern als angenehm empfunden und ich habe mich über die gut ausgestattete Bücherei gefreut. Ihr Meckern kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

  3. 5.

    Ich freue mich das es bei allen Problemen die es in Brandenburg gibt trotzdem stark vorwärts geht.
    Danke an alle die solche Projekte anschieben und fördern. Es ist doch viel möglich in diesem Land !

  4. 4.

    Zu DDR-Zeiten waren es im Altbau an der Thiemstraße, dem Gebäude mit dem damaligen Haupteingang, 6 Patienten pro Zimmer. Toilette auf dem Korridor. Fernseher gab es im Clubraum. Immerhin ein Farbfernseher, da hat sich das Gesundheitswesen nicht auch noch die Blöße gegeben.
    Würde mich nach dieser Schilderung, die nach dem Neubau klingt (war damals ein ziemlicher Kontrast) jetzt doch mal interessieren, wie es da heute aussieht. Stationen und OP scheinen dort ja immer noch betrieben zu werden.
    Falls es evtl. nicht klar sein sollte : Das CTK ist nichts anderes als das frühere Bezirkskrankenhaus Cottbus.

  5. 3.

    Es klingt fantastisch und wirkt beflügelnd, diesen Beitrag zu lesen. Ein wunderbares Projekt. Ich wünsche daß alle Pläne, Erwartungen, Hoffnungen Realität werden.

  6. 2.

    Unsere Familie ist bereit für den Umzug nach Cottbus. Wir sind vor 15 Jahren gegangen, da es keine Arbeit gab. Nun kommen wir gern als erfahrene Arbeitskräfte mit Wurzeln in der Region zurück. Wir freuen uns über die Entwicklungen in Cottbus und der Lausitz.

  7. 1.

    Solange wie es auf den dortigen Stationen aussieht wie in einem Bezirkskrankenhaus der DDR (3er Belegung, alter Röhren-TV zur Nutzung für 3 Patienten hoch an der Decke, Mini-WC hellhörig wie ohne Abtrennung, genau so lange kann das CTK kein UNI-Krankenhaus sein. Es ist dort nicht einmal möglich, Komfortzimmer (wie sie andern Orten längst Standard sind) zu buchen, von einem chicen Einbettzimmer wie in den bekannten TV-Serien täglich zu sehen, ganz zu schweigen.
    Anstatt 3x den Haupteingang zu sanieren und zu verschieben (von OST nach WEST und von WEST nach NORD) hätte man die Patientenzimmer auf das Niveau der Neuzeit heben sollen. So bleibt es beim anfangs erwähnten Flair eines Bezirkskrankenhauses.

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