Tod im Straflager - Tod von Kreml-Kritiker Nawalny bestätigt

Sa 17.02.24 | 13:13 Uhr
  90
Blumen und Bilder liegen nach dem Tod Nawalnys vor der russischen Botschaft. (Quelle: dpa/Sommer)
Video: rbb|24 Abendschau | 16.02.2024 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: dpa/Sommer

Der russische Kreml-Gegner Alexej Nawalny ist am Freitag in Haft gestorben. Vor der russischen Botschaft in Berlin versammelten sich mehr als 1.000 Menschen in Gedenken. Inzwischen hat sein Team Nawalnys Tod bestätigt.

  • Kreml-Kritiker Nawalny im Alter von 47 Jahren in russischer Strafkolonie gestorben - Tod durch sein Team bestätigt
  • 2020 war er mit Vergiftungserscheinungen in der Berliner Charité behandelt worden
  • Vor der russischen Botschaft sind für Sonntag weitere Proteste gegen Putin geplant

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist in Russland in Haft gestorben. Der 47-Jährige habe sich am Freitag nach einem Hofgang in seiner sibirischen Strafkolonie "unwohl gefühlt" und "fast sofort das Bewusstsein verloren", teilte die Gefängnisverwaltung am Freitag mit. Eine Krankenwagenbesatzung habe vergeblich versucht, ihn wiederzubeleben.

Mittlerweile hat auch das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny dessen Tod bestätigt. Das teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Samstag bei X unter Berufung auf Nawalnys Mutter mit. Sie war in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Nachricht über den Tod ihres Sohnes erhalten, so Jarmysch.

Nawalny-Anhänger in Berlin planen für Sonntag weitere Proteste vor der russischen Botschaft.

Nawalny galt als der größte politische Feind von Präsident Wladimir Putin. Er war zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt worden, unter anderem unter dem Vorwurf des Extremismus. Die Vorwürfe gegen ihn nannte Nawalny politisch motiviert - seine politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland.

Nawalny selbst saß seit Januar 2021 in Haft, zuletzt war er in ein Straflager hinter dem Polarkreis verlegt worden. Er führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine.

[Hier finden Sie die Meldung der Tagesschau.]

Menschen demonstrieren vor der russischen Botschaft. (Quelle: rbb)Protest vor der russischen Botschaft (Quelle: rbb)

Proteste vor der russischen Botschaft in Berlin

Nach dem Tod Nawalnys sind weitere Demonstrationen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Regierung angekündigt worden. Die größte soll am Sonntagnachmittag vor der russischen Botschaft in Berlin stattfinden, teilte die Kampagne FreeNavalny in Deutschland am Samstag mit. Man rechne mit 500 oder mehr Teilnehmern, sagte der Koordinator der Kampagne, Eugene Nasyrov, der Deutschen Presse-Agentur.

Nach der Todesnachricht am Freitagnachmittag ist es zu Demonstrationen vor der russischen Botschaft in Berlin-Mitte gekommen. Die Polizei sagte dem rbb, es seien zwei Versammlungen angemeldet worden: eine von 14.00 bis 17.00 Uhr und eine von 17.00 bis 19.00 Uhr.

Gegen 18:30 Uhr hatten sich nach Polizeischätzungen rund 1.100 Menschen versammelt. Die Veranstaltung habe "Mahnwachen-Charakter". Auf Plakaten waren Sätze wie "We all know it's you who killed Navalny and we will not forgive" (Wir alle wissen, dass es ihr wart, die Nawalny getötet habt und wir werden nicht vergeben) zu lesen.

Der nördliche Fahrbahnbereich Unter den Linden sei für den Verkehr gesperrt worden, so die Polizei.

2020 einen Monat lang in Behandlung in Berlin

Vor dreieinhalb Jahren war Nawalny am 20. August 2020 auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zunächst wurde der Oppositionspolitiker nach einer Notlandung in einem Krankenhaus in Omsk behandelt.

Weil eine Vergiftung und eine mögliche Vertuschung vermutet wurden, drängten seine Anhänger und seine Familie auf eine Verlegung Nawalnys von Sibirien nach Berlin. Zwei Tage später wurde Nawalny dann auch zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht.

Nach seiner Einlieferung wurde er in ein künstliches Koma versetzt. Insgesamt wurde er einen Monat lang in Berlin behandelt - 24 der insgesamt 32 Tage verbrachte er auf der Intensivstation.

Alexej Nawalny, russischer Oppositionspolitiker, ist auf einem Fernsehbildschirm zu sehen, als er in einem vom russischen Föderalen Strafvollzugsdienst zur Verfügung gestellten Videolink aus dem Gerichtssaal erscheint (Quelle: AP/ Antonina Favorskaya)
Bild: AP

Untersuchungen eines Speziallabors der Bundeswehr zufolge wurde Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Labore in Frankreich und Schweden bestätigen den deutschen Befund. Moskau wies den Verdacht, den Oppositionspolitiker gezielt vergiftet zu haben, zurück. Nawalnys behandelnde Ärzte im sibirischen Omsk hätten zudem keine Giftspuren finden können.

Nach der Behandlung in der Charité hielt sich Nawalny noch länger in Berlin auf und wurde rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Am 17. Januar 2021 kehrte er dann nach Russland zurück - und wurde noch am Flughafen verhaftet.

Mit Medienpreis M100 in Potsdam ausgezeichnet

Im Jahr 2021 ging der Preis der Medienkonferenz M100 Sanssouci Colloquium an Nawalny und seine Antikorruptionsstiftung. Damit sollte laut Veranstalter ein deutliches Zeichen gesetzt werden - für die Bedeutung der Verteidigung europäischer Werte durch eine unabhängige Opposition und Zivilgesellschaft, faire Justizverfahren und das Recht auf Ausübung grundlegender Menschenrechte.

Nawalny wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hatten sich in den vergangenen Wochen immer wieder besorgt gezeigt und die russische Führung aufgefordert, über Nawalnys Verbleib zu informieren. Russland wies dies aber als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück.

"Der Tod von Alexej Nawalny zeigt einmal mehr, wie ungeheuerlich Putins Regime ist", teilte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auf X (vormals Twitter) mit: "Menschliches Leben ist in diesem Russland nicht viel wert. Mit Alexej Nawalny stirbt ein Teil des offenen, demokratischen, des europäischen Russlands." Der Tod sei auch eine Botschaft: "Wir Europäer müssen dringend wehrfähiger werden", so Wegner. Putins Regime mache vor nichts halt - außer vor einer glaubwürdigen und resoluten Abschreckung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.02.2024, 11:50 Uhr

 

Die Kommentarfunktion wurde am 16.02.2024 um 18:18 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

90 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 90.

    Verbreiten Sie eigentlich bewusst Putins Propaganda oder glauben Sie wirklich, was Sie schreiben? Dass Putin Friedensangebote gemacht haben soll, ist ja wohl ein schlechter Scherz. Er führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und ist nicht zu Verhandlungen bereit, außer er bekommt seinen Willen.

  2. 89.

    7 Jahre hat er vorher in einer Botschaft, umzingelt von Sicherheitskräften ausharren müssen. Für mich ist das Psychoterror, natürlich gibt es in Gaza und der Ukraine Massenmord, aber diese Behandlung widerspricht einfach meinem demokratischen Selbstverständnis.

  3. 88.

    Und deren Unterstützer:innen und kritisch berichtende Medienmacher müssen natürlich mit Verfolgung, Verurteilung und Straflager rechnen, oder was?
    Relativierer wie Sie, haben immer noch nicht gecheckt, wie extrem gewalttätig und völlig willkürlich das System Putin vorgeht.

  4. 87.

    Julian Assange ist nur ein Beispiel, dazu gehören auch Leonard Peletier, Mumia ABu-Jamal und diejenigen namenlosen Gefangenen, die zum Beispiel immer noch ohne Verhandlung und Urteil z.B. in Guantanamo einsitzen. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen...

  5. 86.

    Haben sie schon mal die Namen Julian Assange, Mumia Abu Jamal oder Leonard Peltier gehört?
    Was meinen sie in welchen Diktaturen die gefangen gehalten werden und wie es um deren Gesundheit bestellt ist.
    Diese Doppelmoral des Westens find ich echt zum k.....

  6. 85.

    ....Sie rennen bei dem Thema Assange bei mir offene Türen ein. Aber das ist ja nun wirklich nicht Inhalt diesen Artikels.

  7. 83.

    Was für ein vergleich, ein mediengeiler C-Prominenter und ein Verfolgter, von Verblendeten Id... mit einem aktiven Diktator und Kriegsverbrecher zu vergleichen.

  8. 82.

    ....würden Sie mir vielleicht verraten, wie Ihre Ausstellung heißt und wo sie momentan gerade ist, damit ich das recherchieren kann?

  9. 81.

    Die Ausstellung wurde letzte Woche eröffnet. Auch ich habe nur einen kleinen Ausschnitt "zu sehen" bekommen und aus diesem Grund maße ich mir kein Urteil über ein anderes Land an! Urteilen kann hier jeder schnell, das geht sehr einfach ...

    Was unternehmen Sie z.B. für die Freilassung von Assange? Am Dienstag und Mittwoch nächster Woche findet die vielleicht letzte Anhörung im Assange-Auslieferungsverfahren im Vereinigten Königreich statt. Hier geht es um Presse- und Meinungsfreiheit und das Leben von Julian Assange - übrigens seit 2019 in Isolationshaft. Weder die deutsche Außenministerin noch der Bundeswirtschaftsminister haben seit ihrer Amtseinführung öffentlich einen Finger für Assange gerührt. Beide hatten vor der Bundestagswahl 2021 behauptet, sich für seine Freilassung einsetzen zu wollen.

  10. 79.

    Toll das alle Welt weiß was Nawalny für Russland wollte
    "Nawalny galt als der größte politische Feind von Präsident Wladimir Putin" nur weil man in der Opposition ist bedeutet es nicht, das man grundsätzlich weltoffen und nicht nationalistisch ist.

  11. 78.

    Na Klar ist das Chaos der 1990er ein Trauma bei vielen Russen, Putin gelang es dieses Chaos zu beenden, dank steigender Rohstoff, besonders Energie, gab es ihm zusätzlich die Gelegenheit die Lebensumstände, auch für Normalbürger zu verbessern. Ist jetzt vorbei. Da versucht er es mit Krieg. Toll

  12. 77.
    Antwort auf [Fine] vom 16.02.2024 um 17:02

    "Täglich werden Kinder in Gaza getötet, gibt keine Meldung dazu. Alles Show für die Politik, nichts für uns" da geht es schließlich nicht um einen Putin, (Ressourcen von) Russland, die demokratieverliebte Ukraine, Guantánamo - dieser Tod bringt uns näher an den Abgrund wie sonst Nichts.
    Die Russen erkennen nun wohl, das sie mit ihren dilettantischen Giftanschlägen ihrer in der Welt nachweisbaren/bekannten/identifizierbaren Giftstoffe nicht weiter kommen.
    Tod mit 47 ist schon ungewöhnlich (Corona mal ausgeklammert).

  13. 75.

    Jepp. In Schuldzuweisungen und Vorverurteilungen sind wir alle relativ schnell dabei. Und wenn sich dann alles doch anders rausstellt? Wie gehen wir dann damit um? Ich erinnere an Gil opharum oder Lindemann von Rammstein. Da wurde keiner umgebracht, aber die schnelle und einseitige Vorverurteilung wurde dann ad absurdum geführt. Deshalb abwarten.

  14. 74.

    Traurig, Thermonukleare Zerstörung oder business as usual? Was für ein Blödsinn. Was jetzt unser Nachteil war, war lange Zeit ein beträchtlicher Wettbewerbsvorteil. Ein zurück ist nicht möglich. Jedenfalls nicht, wenn es fair zugeht.

  15. 73.

    R.i.P. !
    Die Freiheit wird siegen.

  16. 72.

    So geht eine Diktatur mit politischen Gegnern um. Jahrelang wegsperren und schlussendlich töten. Und hierzulande jammert es schon, wenn jemand Widerworte gibt. Heult leise.

  17. 71.

    So einfach kommen sie da dank westlicher Sanktionen gar nicht hin. Aber Leute, die das Land verlassen haben als Maßstab für ein objektives Russlandbild zu nehmen ist schon etwas blauäugig, finden Sie nicht ?

Nächster Artikel