Kommentar zur Debatte im Brandenburger Landtag - Erbärmlich, krank und korrupt - sind immer die Anderen

Do 22.02.24 | 18:08 Uhr | Von Thomas Bittner
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AfD Politiker am 22.02.2024 im Brandenburger Landtag. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 22.02.2024 | Nachrichten | Bild: rbb

Eine Landtagsdebatte im Brandenburger Parlament wurde am Donnerstag zu einem Schlagabtausch über die Demokratie. Die AfD hatte eine Debatte zum "Parteienstaat" beantragt. Ein Kommentar von Thomas Bittner

Die Brandenburger AfD wollte am Donnerstag in einer Landtagsdebatte über das sinkende Vertrauen in die Demokratie reden. Dazu gibt es ganz sicher Anlass. Denn das gesellschaftliche Miteinander wird derzeit einem gewaltigen Stresstest unterzogen. Alle spüren den hohen Veränderungsdruck, der Streit um die richtige Reaktion ist allgegenwärtig. Auf den Straßen und in den Parlamenten geht es hoch her.

Doch die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag hatte nicht wirklich vor, Ideen für demokratische Lösungen zur Debatte zu stellen. Sie wollte ihre Konkurrenten als Teil eines "Parteienstaates" diffamieren, den sie abschaffen will. Und sich selbst als Opfer darstellen, das mundtot gemacht werde. Von "parteipolitischer Monopolbildung bei der Willensbildung" war im Antrag die Rede.

Dies ist ein schräger Blick auf die politische Landschaft. Parteienmonopol? Ausgerechnet in dieser Zeit, in der sich oftmals gleich drei Parteien in einer Regierung zusammenraufen müssen, in der sich mehr Parteien als je zuvor die Parlamentssitze teilen, in der sich auch neue Parteien gründen? Dass Hans-Christoph Berndt das Land Brandenburg einen Weg in Richtung Vor-Gorbatschow-DDR einschlagen sieht, ist eine Verzerrung historischer Tatsachen.

Sprache ist verräterisch

Man muss bei der AfD genau zuhören. Wenn eine nach Wahlen und Koalitionsbildung zustande gekommene Regierungsmehrheit zu Entscheidungen kommt, nennt AfD-Fraktionschef Berndt das "erbärmliche Macht". Wenn ein Gesundheitsministerium per Haushaltsbeschluss zusätzliches Personal für die Krankenhausplanung zugesichert bekommt, bezeichnet er das als "Korruption". Wenn der Fraktionsvorsitzende einer konkurrierenden Partei die AfD kritisiert, spricht AfD-Geschäftsführer Hohloch von "geistigem Abwasser". Wenn der Verfassungsschutz prüft, wo die freiheitlich-demokratische Grundordnung angegriffen wird, erklärt man das als "krankes Denken". Wenn die Bundesinnenministerin ein Paket gegen Rechtsextremismus vorschlägt, wird das als "Putschplan" gegeißelt.

Die Sprache ist verräterisch. Erbärmlich, krank und korrupt sind immer die Anderen. Es ist die Verunglimpfung der demokratischen Institutionen, das Infragestellen ihrer Legitimation, mit der die AfD Zweifel an der Demokratie säen will.

Was Wahrheit und was Lüge ist, entscheidet die AfD

Und immer wieder blinkt durch, wie die AfD agieren würde, wenn sie selbst die Macht hätte. Die Landesregierung solle die Lügen öffentlich-rechtlicher Sender "abstellen", fordert sie. Und reagiert damit auf die Berichterstattung über das Treffen mit Rechtsextremisten in einem Potsdamer Gästehaus. Was Wahrheit und was Lüge ist, entscheidet in einem solchen Kosmos natürlich die AfD. Von Staatsferne und Pressefreiheit ist im Antrag nichts zu lesen.

Geld für Demokratie-Projekte will die Partei streichen, es werde mit der AfD "keine Steuergelder für linksradikale Vereine" geben. Wer als linksradikal gilt, das beurteilt in einer AfD-Welt natürlich auch die Partei.

Die AfD konnte ihre Positionen in der Landtagsdebatte in aller Öffentlichkeit präsentieren. Ihr schlug Widerspruch aus allen Fraktionen entgegen, egal ob Regierung oder Opposition. Aus einer geplanten Aktuellen Stunde wurde wegen der lebhaften Diskussion ein ganzer Debatten-Vormittag. Mundtot war dabei niemand.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.02.2024, 16 Uhr

Beitrag von Thomas Bittner

45 Kommentare

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  1. 45.

    Das Parteiprogramm ist für jeden zugänglich, es steht klar und deutlich drin, wohin der Kahn in Regierungsverantwortung steuern würde. Wer das gut findet ist entweder nicht ganz bei Trost oder selbst von den einschneidenden Veränderungen für die Mittelschicht, die Wenigverdiener oder die wirklich Bedürftigen nicht betroffen. Dazu brauche ich nicht auch noch die proklamierte Nähe zu Russland und die braune Grütze, um dem Laden meine Stimme zu verweigern.

  2. 44.

    >"Bisher scheint die AfD alles richtig zu machen. Ob si bei den Landtagswahlen die 40 % Grenze knacken kann?"
    Das steht zu befürchten. Aber nicht, weil das politische Programm so zukunftsweisend, sozial und wirtschaftsfördernd ist, sondern weil von mir geschätzt 80% deren Wähler rein nur aus Protest diese Partei wählen. Was oder wen sie wählen, möchten sie gar nicht wissen. Genauer Nachlesen und Schlussfolgern würde einige deren Wähler glaub ich auch irgendwie überfordern.

  3. 43.

    Das ist dann doch sehr einfach, ein Wahlergebnis als Beleg für das „Richtigmachen“ heranzuziehen. Ein Parteiprogramm kann verbrecherisch sein und dennoch zu erfolgreichen Wahlausgängen führen. Dadurch wird es nicht besser!

  4. 42.

    "Nein, es wird sich nichts ändern, es wird noch schlimmer."

    Es würde sich einiges ändern, aber nicht zum Guten...

  5. 41.

    Das war so klar, das ist leider typisch die AfD: Schuld sind die anderen, immer...wer nicht der Meinung der AfD ist, wird diffamiert, als Lügenpresse etc beschimpft.
    Klare Lösungsvorschläge hat die AfD noch nie gebracht. Leider denken aber immer noch sehr viele, dass wenn diese Partei an der Macht sitzt, und ich schreibe bewusst Macht, dass sich dann etwas ändert.
    Nein, es wird sich nichts ändern, es wird noch schlimmer.

  6. 40.

    Ich werde mich weiter bei Ihnen bedanken, wenn mir Ihre Kommentare gefallen und sie gefallen mir sehr häufig ;). Wenn also jemand etwas anderes schreibt, sich aber so nennt wie ich, werde ich es mit ziemlicher Sicherheit nicht sein.

  7. 39.

    Dass sich die Kirche so klar positioniert, ist notwendig, da Rechtsextremismus (und somit auch die afd) nicht vereinbar ist mit christlichen Werten.

  8. 38.

    Frei nach Eric Cantona: "Mit AFDlern diskutieren ist wie mit einer Taube Schachspielen:
    Egal, wie gut du bist, egal, wie sehr du dich anstrengst, am Ende wird die Taube aufs Spielfeld kacken, alles umschmeißen und umherstolzieren, als hätte sie gewonnen."

  9. 37.

    Lassen Sie sich nicht beirren, der Kommentar von 9:07 Uhr stammt nicht von mir, es hat sich nur mal wieder jemand einen Nick "ausgeborgt". Scheint gerade wieder ein beliebter "Sport" zu sein.

  10. 35.

    Das ist der durchschnittliche Zahlenwert der volatilen Ergebnisse der Umfragen. Diese bewegten sich zwischen 30% und 37 %, je nach dem wer die Erhebungen gemacht hat. Das Sie auf ein bestimmtes Datum abzielen, zeigt doch auch Ihr Kalkül, und wie weit es sich die Hitler- Hysterie in den letzten Jahren schon eingeschliffen hat.

  11. 34.

    Nur, wenn es genügend Menschen gibt, die Faschismus als Gesellschaftsmodell wünschen.

  12. 33.

    Tja. Der Höcke erwähnte mal was von "33+x" Prozent. Wie kommt er bloß gerade auf diese Zahl...?

  13. 32.

    Die katholischen Bischöfe sollten erstmal im eigenen Haus kehren und für Sauberkeit und Hygiene sorgen. Daran hapert es aber seit Jahren massiv. Dann können sie auch anderen eventuell Vorschriften machen. Auch sollten sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen, und sich nicht in die Politik einmischen. Die christlichen Kirchen haben genügend eigene Baustellen, wo man sich abarbeiten kann. Es ist aber bequemer und wohlfeiler, anderen unerwünschte Ratschläge zu erteilen.

  14. 31.

    "AfD sitzt auf der Oppositionsbank in Brandenburg, CDU auch."
    Moin, das stimmt nicht!
    Die CDU bildet zusammen mit SPD und Grünen die Regierung!

  15. 30.

    Ihre Hoffnung stirbt zuletzt, ich rechne da eher mit bunten Buchstaben wie im Google- Schriftzug. Was soll da besser werden, wenn alle der Bestimmer sein wollen? Das Ergebnis ist Uneinigkeit. Wenn man auf dem Höhepunkt der Parteienlandschaft steht, geht es nur noch in eine Richtung- bergab. Wer heute die Ampel nach 2,5 Jahren abschalten will, wird der nächsten Regierung noch schneller das Licht ausknipsen wollen.

  16. 29.

    Ich wäre ja schon mit weniger zufrieden, wenn beispielsweise Vorhersagen in Sachsen und Sachsen-Anhalt sich verfestigen würden, dass keine Ampelpartei mehr ins Parlament kommt.

  17. 28.

    Die Politiker, die von einem schwindenden Vertrauen in die Demokratie profitieren, beklagen sich über ein schwindendes Vertrauen in die Demokratie. Als nächstes beklagen sie sich noch über eine Spaltung der Gesellschaft. Oder das es Deutschland schlecht geht. Oder über Ausgrenzung.

    Nachtigall, ick hör dir trapsen.... Aber eigentlich... neee, eigentlich höre ich dich Kotzen. Über so viel - funktionierende - Dummdreistigkeit....

  18. 27.

    Der Zusammenhang mit dem Artikel besteht darin, dass der Vorwurf einer „Hofberichterstattung“ leicht entkräftet werden kann.
    Die von mir genannten Kennzahlen sagen unbestechlich die Wahrheit...wenn man das will. Insbesondere dann wenn Standortentscheidungen auf ihren Sinn hin beurteilt werden sollen...

    P.S. Sind Sie auch der Meinung, dass man es Extremisten nicht leicht machen sollte und sich intelligent damit auseinandersetzen sollte?

  19. 26.

    Bisher scheint die AfD alles richtig zu machen. Ob si bei den Landtagswahlen die 40 % Grenze knacken kann?

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